Neuer Schlag gegen die baskische Linke
Jüngste Verhaftungen könnten das Vorspiel für ein Verbot der Gewerkschaft LAB sein
Von Ralf Streck, San Sebastián *
Erneut hat der Nationale Gerichtshof in Spanien einen Schlag gegen die baskische Linke geführt.
Der spanische Ermittlungsrichter Baltasar Garzón ließ nun auch den Ex-Generalsekretär der
linksnationalistischen Gewerkschaft LAB verhaften. Es ist eine der wenigen Organisationen der
linken Unabhängigkeitsbewegung, die noch nicht verboten wurde. Neben Rafa Díez Usabiaga wurde
in der LAB-Zentrale in San Sebastián auch Arnaldo Otegi, der ehemalige Sprecher der Partei
Batasuna (Einheit), verhaftet, die 2003 in Spanien verboten worden war.
Insgesamt wurden in der Nacht zu Mittwoch im Baskenland zehn Menschen verhaftet. Sie stehen
unter Kontaktsperre und in den 5 bis 13 Tagen, so der UNO-Sonderberichterstatter für
Menschenrechte, Martin Scheinin, findet nicht selten Folter statt. Die Anschuldigung lautet nebulös,
die Verhafteten hätten eine neue Parteiführung aufgebaut. Das war auch der Vorwurf, unter dem
Garzón vor fast genau zwei Jahren zwei Dutzend Führungsmitglieder von Batasuna verhaften ließ,
die seitdem in Untersuchungshaft sitzen. Damit drehte man in Madrid nach dem Scheitern der
Friedensverhandlungen mit der Untergrundorganisation ETA an der Repressionsschraube.
Jene, die den Friedensprozess auf den Weg brachten, wurden plötzlich beschuldigt, sogar ETAMitglieder
zu sein. Jetzt wird den Verhafteten vorgeworfen, einen Prozess »Bateragune« auf den
Weg gebracht zu haben, was auf Baskisch »Vereinigungspunkt« heißt. Es war kein Geheimnis, dass
die linke Unabhängigkeitsbewegung neue Vorschläge für die friedliche Beilegung des Konflikts
machen würde. Erst vor fünf Tagen hatte Rafa Díez für diesen Herbst angekündigt: »Wir müssen die
Variablen der politischen Konfrontation ändern, die Blockade überwinden und die politischen
Instrumente bieten, um ein demokratisches Szenario zu schaffen, das reale politische und soziale
Veränderungen erlaubt.« Seine Nachfolgerin Ainhoa Etxaide erklärte zu den Verhaftungen, Madrid
wisse, dass »die Unabhängigkeitsbewegung bereit ist zu neuen Schritten und neuen politischen
Angeboten« und antworte darauf mit Repression.
Eine der Variablen ist das Verhältnis zur Gewalt der ETA. Sie wird von Vielen im Baskenland als
Hindernis gesehen, damit sich die Kräfte vereinen können, die für ein souveränes und vereintes
Baskenland eintreten. So war zu erwarten, dass sich auch Batasuna-Führer erstmals von ETA
distanzieren würde, um das Projekt eines »Pols für die Souveränität« voranzubringen. Doch offenbar
will Madrid nicht, dass Batasuna das macht, was bislang stets Madrid von Batasuna gefordert hatte.
Die Partei wurde schließlich verboten, weil sie die Anschläge der ETA nicht verurteilte. So erklärte
Joseba Egibar, Führer der großen Baskisch-Nationalistischen Partei: »Wenn bekannt ist, dass diese
Leute auf einen politischen Weg setzen, dann ist augenfällig, dass sie nicht der ETA beitreten
wollen, sondern genau das Gegenteil.«
Auch der Chef der großen baskischen Gewerkschaft ELA sieht eine politische Intention hinter dem
Vorgang, »um herausragende Personen der linken Unabhängigkeitsbewegung von der Bildfläche
verschwinden zu lassen«, die für eine friedliche Konfliktlösung eintreten. Es wird befürchtet, dass
dies nur das Vorspiel ist, um bald auch die Gewerkschaft LAB zu verbieten.
* Aus: Neues Deutschland, 15. Oktober 2009
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