Baskische Sparatistenorganisation E.T.A. "hat beschlossen, vom 24. März 2006 an eine dauerhafte Waffenruhe zu erklären" / E.T.A. "ha decidido declarar un alto el fuego permanente"
Beginnt nun der lang ersehnte Friedensprozess in Spanien? Die Erklärung der ETA im Wortlaut (deutsch und spanisch)
Mit einem Video, auf dem eine vermummte, von zwei maskierten Männern flankierte Frau vor einer Eta-Fahne eine Drei-Minuten-Botschaft verliest, hat die baskische Separatistenorganisation ETA am 22. März einen "dauerhaften" Waffenstillstand angekündigt, der am 24. März in Kraft treten und "den Prozess der demokratischen Willensbildung im Baskenland" in Gang bringen soll.
Bereits vor einem Monat hatte Spaniens Premierminister José Luis Rodriguez Zapatero mit seiner Vorhersage, "der Anfang vom Ende der Eta" stehe unmittelbar bevor, für Spekulationen über Geheimkontakte zwischen der sozialistischen Regierung und der Eta-Führung gesorgt. Nach der Erklärung der ETA, die den von der Regierung als Voraussetzung für die Aufnahme direkter Kontakte genannten "dauerhaften Gewaltverzicht" enthält, steht nun Verhandlungen zwischen der Regierung und Eta-Abgesandten nichts mehr im Weg.
Die Verhandlungen werden nicht einfach sein. Josef Manola kommentiert im Wiener "Standard" den Prozess sehr nüchtern: "Der jetzt eingeleitete Friedensprozess ist - in den Worten von Premier Zapatero - voll von Tücken und Gefahren. Die Aufnahme von Verhandlungen wird zeigen, welche Zugeständnisse die Eta der Regierung abringen kann: von Hafterleichterung für verurteilte Terroristen bis hin zum Erlass von Strafen reicht ihr Forderungskatalog. Sollten die Eta-Unterhändler Zapateros Bereitschaft zu Kompromissen überschätzen, ist eine Rückkehr zur Gewalt nicht auszuschließen - schon einmal endete ein Eta-Waffenstillstand mit einer Bombenexplosion. (DER STANDARD, 23.03.2006)
Im Folgenden dokumentieren wir die historische Erklärung der ETA in einer deutschen Übersetzung (auf der Grundlage von APA/dpa) sowie im spanischen Original. Weiter unten folgt ein aktueller Artikel des jW-Korrespondenten Ralf Streck aus San Sebastian.
Botschaft von Euskadi ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit/ETA) an das baskische Volk:
ETA hat beschlossen, vom 24. März 2006 an eine dauerhafte Waffenruhe zu erklären.
Überlegung der ETA
Das Ziel dieser Entscheidung ist es, einen demokratischen Prozess
im Baskenland in Gang zu setzen, um einen neuen Rahmen zu
schaffen, in dem die Rechte, die uns als Volk zustehen, anerkannt
werden und im Hinblick auf die Zukunft die Möglichkeit der
Entfaltung aller politischen Optionen sicher zu stellen.
Am Ende dieses Prozesses müssen die baskischen Bürger das Wort
und die Entscheidung über ihre Zukunft haben.
Der spanische und der französische Staat müssen das Ergebnis
dieses demokratischen Prozesses ohne irgendwelche Einschränkungen
anerkennen. Die Entscheidung, die wir baskischen Bürger über
unsere Zukunft treffen, muss respektiert werden.
Aufruf der ETA
Wir rufen alle Handelnden auf, verantwortungsbewusst vorzugehen
und konsequent angesichts des ETA-Schrittes zu sein.
ETA ruft die Verantwortlichen in Spanien und Frankreich auf,
positiv auf diese neue Situation zu antworten und die
Unterdrückung einzustellen.
Schließlich richten wir einen Aufruf an die baskischen
Bürgerinnen und Bürger, sich an diesem Prozess zu beteiligen und
für die Rechte zu kämpfen, die uns als Volk zustehen.
Verpflichtung der ETA
ETA drückt ihren Wunsch und Willen aus, dass der eingeleitete
Prozess bis zu Ende geführt wird, um so eine wirkliche
demokratische Situation im Baskenland zu schaffen, und in dem der
langjährige Konflikt überwunden und ein auf Gerechtigkeit
fußender Friede hergestellt wird.
Wir bekräftigen die Verpflichtung, in Zukunft weitere Schritte im
Einklang mit diesem (oben genannten) Willen zu tun.
Die Beilegung des Konflikts, hier und heute, ist möglich. Dies
ist der Wunsch und Wille der ETA."
Euskal Herria, März 2006
Euskadi Ta Askatasuna
E.T.A.
Declaración de Euskadi Ta Askatasuna a Euskal Herria
ETA, organización socialista revolucionaria vasca de liberación
nacional, desea mediante esta Declaración dar a conocer la
siguiente decisión:
Euskadi Ta Askatasuna ha decidido declarar un alto el fuego
permanente a partir de las 00:00 horas del 24 de marzo de 2006.
Reflexión de ETA
El objetivo de esta decisión es impulsar un proceso democrático
en Euskal Herria para que mediante el diálogo, la negociación y
el acuerdo, el Pueblo Vasco pueda realizar el cambio político que
necesita.
Superando el actual marco de negación, partición e imposición hay
que construir un marco democrático para Euskal Herria,
reconociendo los derechos que como pueblo le corresponden y
asegurando de cara al futuro la posibilidad de desarrollo de
todas las opciones políticas.
Al final de ese proceso los ciudadanos y ciudadanas vascas deben
tener la palabra y la decisión sobre su futuro, dando así una
solución democrática al conflicto.
ETA considera que corresponde a todos los agentes vascos
desarrollar ese proceso y adoptar los acuerdos correspondientes
al futuro de Euskal Herria, teniendo en cuenta su pluralidad y
totalidad.
Los Estados español y francés deben reconocer los resultados de
dicho proceso democrático, sin ningún tipo de injerencias ni
limitaciones. La decisión que los ciudadanos y ciudadanas vascas
adoptemos sobre nuestro futuro deberá ser respetada.
Llamamiento de ETA
Hacemos un llamamiento a todos los agentes para que actúen con
responsabilidad y sean consecuentes ante el paso dado por ETA.
Es tiempo de compromisos. Todos debemos asumir responsabilidades,
para construir entre todos la solución democrática que el Pueblo
vasco necesita. Es el momento de tomar decisiones de calado,
pasando de las palabras a los hechos.
ETA hace un llamamiento a las autoridades de España y Francia
para que respondan de manera positiva a esta nueva situación y
para que no pongan obstáculos al proceso democrático, dejando de
lado la represión y mostrando la voluntad de dar una salida
negociada al conflicto.
Finalmente, hacemos un llamamiento a los ciudadanos y ciudadanas
vascas en general y a los militantes de la Izquierda Abertzale en
particular, para que se impliquen en este proceso y luchen por
los derechos que como Pueblo nos corresponden.
Compromiso de ETA
ETA muestra su deseo y voluntad de que el proceso abierto llegue
hasta el final, y así conseguir una verdadera situación
democrática para Euskal Herria, superando el conflicto de largos
años y construyendo una paz basada en la justicia. Nos
reafirmamos en el compromiso de seguir dando pasos en el futuro
acordes a esa voluntad y de seguir luchando hasta lograr los
derechos de Euskal Herria.
La superación del conflicto, aquí y ahora, es posible. Ese es el
deseo y la voluntad de ETA. -
En Euskal Herria, marzo de 2006
Euskadi Ta Askatasuna
E.T.A.
ETA läßt das Bomben sein
Von Ralf Streck, Donostia/San Sebastián*
Die baskische Untergrundorganisation ETA hat einen dauerhaften Waffenstillstand verkündet. »Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit) hat entschieden, eine dauerhafte und unbefristete Waffenruhe ab dem 24. März 2006 auszurufen«, hieß es am Mittwoch in einer Erklärung und einem Video der Organisation. Ziel sei es, »einen demokratischen Prozeß im Baskenland in Gang zu setzen«, in dem ein »neuer Rahmen« bestimmt wird, der die Rechte der Basken anerkennt und sie »für die Zukunft sichert. Am Ende dieses Prozesses sollten die baskischen Bürger das Recht haben, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.
»Die Überwindung des Konfliktes ist heute und jetzt möglich«, hieß es in dem Kommuniqué vom Mittwoch weiter. »Dies ist der Wunsch und der Wille der ETA.« Auf dem Video sind drei vermummte Mitglieder der Untergrundorganisation unter ETA-Fahnen zu sehen. Eines der Mitglieder, eine Frau, kündigte den Waffenstillstand an. Sie forderte die Regierungen in Spanien und Frankreich auf, »positiv auf diese neue Situation zu reagieren und ihre Aggressivität zurückzustellen«. Die Entscheidung solle ohne Einschränkung anerkannt und die Repressionspolitik aufgegeben werden.
Die sozialistische spanische Regierung begrüßte am Mittwoch die ETA-Ankündigung. »Dies ist eine gute Nachricht für alle Spanier«, erklärte Vizeregierungschefin Maria Teresa Fernandez de la Vega. Allerdings sei »mehr denn je Vorsicht geboten«. Nach Angaben einer Regierungssprecherin war es angesichts der neuen Entwicklung nicht sicher, ob Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero am EU-Gipfeltreffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel teilnimmt. Der Premier hatte Gespräche mit der ETA unter der Bedingung in Aussicht gestellt, daß die Untergrundorganisation der Gewalt abschwört.
Zwei frühere Versuche der ETA aus den Jahren 1989 und 1999, über einen von ihr ausgerufenen Waffenstillstand zu Verhandlungen zu kommen, waren seinerzeit an der Blockadehaltung Madrids gescheitert. Die Untergrundorganisation kämpft seit fast vier Jahrzehnten gegen die spanische Zentralregierung und für die Unabhängigkeit des Baskenlandes. Bei Anschlägen der ETA kamen mehr als 800 Menschen ums Leben.
Derweil hat sich die Situation der mehr als 700 politischen Gefangenen in spanischen Haftanstalten weiter verschlechtert. Ende Februar kamen zwei baskische Häftlinge unter mysteriösen Umständen ums Leben. In der Folge kam es zu einem Streiktag im Baskenland und zu Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften. Anschließend wurden Führer der linken Unabhängigkeitsbewegung inhaftiert. Am Freitag soll Batasuna-Chef Arnaldo Otegi auf Antrag des Nationalen Gerichtshofs und der Staatsanwaltschaft für den Streikaufruf ins Gefängnis.
* Aus: junge Welt, 23. März 2006
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