ETA mit neuer Entspannungsgeste
Baskische Untergrundorganisation bietet Verhandlungen über Entwaffnung an
Von Ralf Streck, San Sebastián *
Die baskische Untergrundorganisation
ETA hat einen weiteren Friedensschritt
angekündigt: Sie will mit den
Regierungen Spaniens und Frankreichs
über die Niederlegung ihrer
Waffen verhandeln.
Es war ein neuer Paukenschlag,
mit dem in Spanien außer im Baskenland
niemand gerechnet hatte.
Nur drei Wochen nachdem die
baskische Untergrundorganisation
ETA erklärte, ihren bewaffneten
Kampf einzustellen, hat sie in einem
Interview mit der baskischen
Tageszeitung »Gara« festgestellt,
die »Entwaffnung auf der Agenda
der Verhandlungen« zu haben.
Damit interveniert die ETA nicht
mit tödlichen Anschlägen in den
Wahlkampf, sondern mit einer
neuen Entspannungsgeste.
Vor vier Jahren hatte die ETA
noch mit der Ermordung eines sozialistischen
Lokalpolitikers im
Wahlkampf versucht, Druck auf
Madrid auszuüben. Nach 52 Jahren
zeigt sie sich nun zur Auflösung
bereit. Damit will die ETA die
Konfliktparteien an den Verhandlungstisch
bringen. Schon die »Internationale
Friedenskonferenz«
in Donostia-San Sebastián, an der
auch der ehemalige UN-Generalsekretär
Kofi Annan teilnahm,
hatte im Oktober Spanien und
Frankreich zu Gesprächen »ausschließlich
über die Konsequenzen
des Konflikts« aufgefordert.
Die spanische Regierung unter
dem Sozialdemokraten José Luis
Rodríguez Zapatero war bisher
aber nicht einmal zu einer Geste
bereit. Alle baskischen Parteien
und Gewerkschaften fordern, sofort
die schwer kranken Gefangenen
zu entlassen und mit deren
Verlegung ins Baskenland zu beginnen,
was Gesetze ohnehin vorsehen.
Zapatero, der in der Waffenruhe
2006 mit der ETA verhandelte,
will die Entscheidung
aber der Regierung überlassen, die
am 20. November gewählt wird.
Seine baskische Sektion (PSE) wird
das bei den Wahlen mit weiteren
Stimmenverlusten bezahlen.
Zapatero ist nicht nur in der
Wirtschaftspolitik gescheitert, er
verschläft auch diesen Prozess.
Weder die Regierung noch seine
Partei, die PSOE, hatten Vertreter
zur Friedenskonferenz entsandt.
Damit brüskierten sie internationale
Vermittler wie den ehemaligen
US-Präsident Jimmy Carter,
den britischen Expremier Tony
Blair und dessen irischen Kollegen
Bertie Ahern.
PSE-Chef Jesús Egiguren, der
an dem Treffen teilnahm, erklärte
danach: »Ich bin total verärgert,
denn in diesem Prozess bin ich auf
wenig Verständnis in meiner Partei
gestoßen.«
Die ETA plädiert für einen Dialog,
an dem auch die internationalen
Vermittler teilnehmen, die die
ETA-Waffenruhe überprüfen. Darin
soll es nicht nur um ihre Entwaffnung
gehen, sondern ebenso
um die »Rückkehr der Gefangenen
und Exilierten ins Baskenland und
dessen Demilitarisierung«. Ob sich
Madrid darauf einlässt, ist allerdings
höchst fraglich.
* Aus: neues deutschland, 12. November 2011
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