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Katalonien setzt auf Sezession

Einigung über Vorgehen im Parlament

Von Ralf Streck, San Sebastián *

Noch in diesem Monat wird im katalonischen Parlament eine Erklärung verabschiedet, um die Unabhängigkeit von Spanien auf die Tagesordnung zu setzen.

Die konservativen katalanischen Nationalisten (CiU), die die Regionalregierung in Barcelona stellen, einigten sich mit den Linksrepublikanern (ERC) auf den Text für eine Erklärung, mit der Katalonien seine politische Souveränität proklamieren soll. Eine dreiseitige Erklärung wurde am Freitag an die im Parlament von Barcelona vertretenen Parteien weitergeleitet. Am 23. Januar soll die »demokratische Souveränität« Kataloniens als »politisches und juristisches Subjekt« beschlossen werden. In dem Papier wird der Willen ausgedrückt, »das Recht auf Selbstbestimmung« auszuüben und »Katalonien als neuen Staat innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu konstituieren«.

Das hatten beide Parteien im Wahlkampf zu den vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen November versprochen, nachdem am 11. September in Barcelona fast zwei Millionen Menschen dafür auf die Straße gegangen waren. Die linke ERC drängte in den Gesprächen zur Regierungsbildung darauf, einen klaren Fahrplan aufzustellen. Die ERC-Generalsekretärin Marta Rovira hat am Wochenende in der katalanischen Metropole erklärt, es handele sich bisher noch um ein »Arbeitspapier«. Sie forderte im Fernsehen alle Parteien, die für das Selbstbestimmungsrecht eintreten, zu »Beiträgen und Stellungnahmen« auf. Gesucht werde ein breiter Konsens. Der wesentliche Inhalt der Erklärung dürfe allerdings nicht verwässert werden, sagte Rovira. »Dieses Dokument soll die Basis für die Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht in unserem Land schaffen.«

Es soll von allen Parteien, die sich als demokratisch verstehen, geteilt werden. Da sich die in Spanien regierende Volkspartei (PP) und die kleine Regionalpartei Ciutadans entschieden gegen das Selbstbestimmungsrecht stellen, erhielten sie das Dokument nicht. Kritisiert werden darin auch die Versuche der Rezentralisierung durch die spanische Regierung, womit Autonomierechte und »soziale, finanzielle, kulturelle und linguistische Kompetenzen« ausgehöhlt würden.

Im fernen Madrid drohte nach der Kabinettssitzung das PP-Führungsmitglied Soraya Sáenz de Santamaría den Katalanen offen. Die Regierungssprecherin sagte: »Wir wollen in aller Klarheit deutlich machen, dass wir als Regierung der Nation und in Erfüllung unserer verfassungsmäßigen Aufgabe dafür sorgen werden, dass die Verfassung und die Gesetze eingehalten werden.« Das Referendum, mit dem 2014 über die Unabhängigkeit von Spanien abgestimmt werden soll, sei »illegal«. Man verfüge über viele Mechanismen, um es zu verhindern.

In Katalonien sieht man sich allerdings im Einklang mit dem Völkerrecht. Das sieht das Selbstbestimmungsrecht ausdrücklich vor. In Kosovo und in Mazedonien hat auch die EU die Unabhängigkeit von Serbien gefördert und beide neuen Staaten - anders als Spanien - anerkannt. Zudem verweist man in Barcelona auf Schottland. Dort hat Großbritannien einer Volksabstimmung 2014 ohne Federlesen zugestimmt.

* Aus: neues deutschland, Montag, 14. Januar 2013


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