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Ein übergewichtiges U-Boot als Millionengrab

Spaniens teuerstes Rüstungsprojekt braucht noch mehr Geld, damit es beim ersten Tauchgang nicht versinkt

Von Ralf Streck, San Sebastián *

Spaniens neues Unterseeboot kommt den Krisenstaat teuer zu stehen. Sein mit 2,2 Milliarden Euro größtes Rüstungsprojekt wird mindestens 209 Millionen zusätzliche Euro verschlingen.

Das Übergewicht beim ersten U-Boot der neuen Baureihe ist enorm. Bisher ging man davon aus, dass es 70 bis 100 Tonnen zu schwer sei. Doch die spanische Waffenschmiede Navantia, mit der die Marine im Frühjahr den Vertrag vereinbart hat, verrechnete sich sogar um 120 Tonnen, acht Prozent zu viel. Die gravierenden Konstruktionsfehler zeitigen fatale Effekte, wie die US-Firma Electric Boat analysiert hat. Allein ihre Ermittlung kosten die spanischen Steuerzahler zusätzlich 14 Millionen Euro. Electric Boat ist nun für die Überarbeitung und die Überwachung des weiteren Baus zuständig.

Die Experten hatten einen »Kreiseleffekt« ausgemacht, wonach sich das neue U-Boot durch den Antrieb um seine eigene Achse drehen würde. Das enorme Übergewicht hätte dazu geführt, dass es beim Tauchgang auf den Boden sinken und nicht wieder auftauchen würde. Spanien hätte also ein Einweg-U-Boot fabriziert. Um die Probleme zu lösen, soll das U-Boot um sieben bis zehn Meter verlängert werden. Die teuren Pläne sehen vor, den Prototyp »Isaac Peral« (S-81) zunächst auf Eis zu legen, da er schon zu 70 Prozent fertiggestellt ist. Das knapp halb fertiggestellte Modell S-82 (Narciso Monturiol) soll modifiziert weitergebaut werden.

Eigentlich hätte das S-81 den Streitkräften schon im Vorjahr übergeben werden sollen. Nun ist klar, dass die spanische Marine vor 2017 keinesfalls über ein neues U-Boot verfügen wird. Experten schätzen, dass sich bis dahin die Zusatzkosten auf 800 Millionen Euro summieren werden. Geplant war, dass vier U-Boote insgesamt 2,2 Milliarden Euro kosten sollen. Nun will die Marine erst nach den Tests mit dem S-82 entscheiden, ob sie überhaupt weitere Boote bestellt. Der Kostenrahmen wäre schon jetzt gesprengt.

Bereit 2004, als das Projekt unter der Regierung des Konservativen José María Aznar aufgelegt wurde, kritisierte man es als »waghalsig«. Schließlich habe Navantia noch nie allein ein U-Boot gebaut, sondern nur in Kooperation mit dem französischen Unternehmen DCN. Doch die Konservativen hatten hochtrabende Pläne. Spanien sollte das »modernste U-Boot weltweit« bauen, um den Weltmarkt aufzumischen. Bisher hat man sich mit den Ingenieurleistungen allerdings blamiert. Die Vereinte Linke (IU) fragte schon im Parlament, ob man das U-Boot »nicht dem Feind schenken könnte, um den nächsten Krieg zu gewinnen«.

Neben explodierenden Bau- fallen nun weitere Zusatzkosten an – und das in einem Land, in dem Aznars Parteifreund und Nachfolger Mariano Rajoy überall den Rotstift ansetzt, da er das Haushaltsdefizit nicht in den Griff bekommt. Statt in Richtung drei Prozent zu sinken, stieg es 2012 sogar auf 10,4 Prozent weiter an. Damit man über operative U-Boote verfügt, müssten die derzeit eingesetzten für mindestens 30 Millionen Euro pro Stück renoviert werden.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 16. Oktober 2013


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