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Empörend: Banker genehmigen sich 33 Mrd. an Bonuszahlungen - Dem Welternährungsprogramm fehlen 3 Mrd. / "We are actively cutting 3 billion dollars of our program"

Ein Kommentar - ein Artikel - und ein Bericht des World Food Programme: "World Struggles To Meet Urgent Hunger Challenge"


Tödliches Politikversagen

Von Martin Ling *

Es ist ein Armutszeugnis erster Güte: Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) muss seine Hilfe für die Hungernden dieser Welt einschränken, weil die Geberstaaten ihre Finanzzusagen nicht einhalten. Drei Milliarden Dollar fehlen für einen ausgeglichenen Etat, das ist fast die Hälfte des geplanten Budgets. Die Folgen sind todsicher: Viele der 108 Millionen bedürftigen Menschen, die auf der WFP-Liste stehen, werden nach Lage der Dinge leer ausgehen und blicken dem Hungertod entgehen. Dabei wurde schon ganz ohne Finanz- und Wirtschaftskrise die Zahl der an Unterernährung Sterbenden auf täglich 20 000 bis 100 000 geschätzt. Selbst wenn die Wahrheit in der Mitte liegen sollte oder im unteren Bereich, es bleibt eine beschämende Zahl.

Fast 33 Milliarden Dollar haben die neun größten US-Banken gerade für das Katastrophenjahr 2008 an ihre Mitarbeiter an Boni ausgeschüttet – mehr als das Zehnfache des WFP-Zusatzbedarfs! In die Billionen gehen die weltweit aufgelegten Bankenstabilisierungs- und Konjunkturprogramme und seit Jahr und Tag fließt weltweit mehr als eine Billion Dollar in die Rüstung. Kein Politiker entblödet sich mehr wie einst, von einer Friedensdividende nach Ende des Kalten Krieges zu fabulieren.

Rund eine Milliarde Menschen hungern derzeit. Diese Zahl wird steigen, wenn nicht die Weichen für eine globale Ernährungssicherheit gestellt werden. Das ist eine Frage des politischen Willens. Der ist nicht ansatzweise in Sicht. Weder gibt es genügend Geld für Nothilfe und schon gar nicht werden im Weltagrarhandel Strukturen gefördert, die dem Süden auf die eigenen Beine helfen. Das ist tödliches Politikversagen.

* Aus: Neues Deutschland, 1. August 2009


Bonuszahlungen "ohne Sinn und Verstand"

US-Banken zahlten 33 Milliarden Dollar bei 80 Milliarden Verlust und 175 Milliarden Staatshilfen

Von John Dyer, Boston **


Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo legt in einem Bericht die Bonuszahlungen der neun größten US-Banken an ihre Top-Manager offen. Sein Papier trägt den Titel: »Ohne Sinn und Verstand«.

Neun der größten amerikanischen Banken haben 2008 rund 33 Milliarden Dollar an Bonuszahlungen für ihre Manager ausgegeben, während sie gleichzeitig 80 Milliarden Dollar Verlust machten und 175 Milliarden Dollar Steuergelder aus dem Bankenrettungspaket der Regierung erhielten. Das geht aus dem jüngsten Bericht des New Yorker Generalstaatsanwalts Andrew Cuomo hervor.

Unter dem Titel: »Ohne Sinn und Verstand« macht Cuomo aus seiner Kritik keinen Hehl: »Als die Banken gut verdienten, wurden ihre Angestellten gut bezahlt. Als die Banken schlecht abschnitten, wurden ihre Angestellten immer noch gut bezahlt.«

Das Cuomo-Papier könnte Einfluss darauf haben, wie der Kongress die Wall-Street-Reform letztlich formuliert, die Präsident Barack Obama vorgeschlagen hat. »Die Daten, die der Generalstaatsanwalt herausgefunden hat, sind sehr viel detaillierter als irgendetwas, das wir aus den Finanzveröffentlichungen dieser Unternehmen herausfinden könnten«, sagte Paul Hodgson, Analyst bei der unabhängigen Marktforschungsfirma The Corporate Library.

Die im US-Kongress diskutierten Reformen umfassen Einschnitte bei den Managergehältern und Beschränkungen von Sonderzahlungen in Unternehmen, die Verluste machen oder das Finanzsystem gefährden könnten. Im Abgeordnetenhaus sind die Vorschläge schon abstimmungsreif. »Das Problem der Managerbezahlung liegt vom systemischen Standpunkt aus darin, dass es pervertierte Anreize gibt«, erklärte der demokratische Abgeordnete Barney Franks, Vorsitzender des Finanzausschusses im Repräsentantenhaus.

Obwohl die Republikaner die Gesetzentwürfe ablehnen, weil sie eine starke Einmischung der Regierung in die Wirtschaft befürchten, geben sie zu, dass die amerikanischen Bürger Schritte erwarten, die sicherstellen, dass Manager keine übermäßigen Risiken eingehen dürfen, ohne dafür geradestehen zu müssen. »Politisch gesehen war es sehr schwer, gegen dieses Gesetz zu kämpfen«, sagte der republikanische Abgeordnete Spencer Bachus (Alabama).

Die Zahlen im Cuomo-Report sind Anlass zum Ärger. Neun der Finanzhäuser, die die größten staatlichen Rettungszahlungen erhielten, gaben demnach 5000 Managern Boni von mehr als jeweils einer Million Dollar. Das Durchschnittsgehalt in US-Banken liegt bei 50 000 Dollar jährlich. Die Banken nahmen zu den vorgelegten Zahlen keine Stellung.

Die von der Citigroup bezahlten Boni verärgern Bankenkritiker besonders. Die Citigroup überwies 740 Angestellten Bonuszahlungen von mindestens einer Million Dollar, auch nachdem sie knapp 19 Milliarden Verlust gemacht hatte und mit 45 Milliarden an Staatshilfe ausgestattet wurde. Durch die Rettungsaktion gehört sie inzwischen zu einem Drittel dem Staat.

Die Bank of America aus North Carolina erhielt ebenfalls 45 Milliarden vom Staat und zahlte 3,3 Milliarden an Boni, wobei rund 175 Manager jeweils mindestens eine Million Dollar erhielten. Merril Lynch gab noch 3,6 Milliarden an Bonuszahlungen weg, als die Bank of America das in Not geratene Unternehmen übernahm. v Auch bei JPMorgan Chase standen die Bonuszahlungen 2008 in krassem Widerspruch zur offenkundigen Gefahr eines Finanzkollapses. Die 200 höchstbezahlten Manager erhielten 1,12 Milliarden, die Top 200 bei Goldman Sachs rund eine Milliarde.

** Aus: Neues Deutschland, 1. August 2009

World Struggles To Meet Urgent Hunger Challenge

In many developing countries food prices are higher today than they were a year ago.

With a billion people on the planet going hungry every day, the world’s response to the urgent hunger needs of the most vulnerable is flagging, with the result that critical food assistance is already being cut.

WASHINGTON, DC – The World Food Programme, which aims to feed 108 million hungry people in 74 countries this year, is facing “dangerous and unprecedented” funding shortfalls, the UN agency's Executive Director Josette Sheeran said here on Wednesday.

“Our budget for this year of assessed and approved needs is US$6.7 billion and we expect from our projections and working with government to come in at 3.7 billion,” Sheeran said at a press briefing ahead of meetings at the White House. Effects of the shortfall

WFP was aiming to feed 5 million hungry people in Bangladesh this year. We are now aiming to reach only 1.4 million. Read more

“We are actively cutting 3 billion dollars of our program – which means a reduction in rations and programs throughout the world, including those to the world’s most vulnerable people,” she added.

Fewer meals for children

In Bangladesh, home to some of the world’s hungriest people, a WFP programme set up to give meals to 300,000 children in school will now reach only 70,000.

In Guatemala, funding shortfalls could mean that in August, around 100,000 children under the age of 5, and 50,000 pregnant and lactating women are going to lose their supply of Vitacereal – a highly nutritious blend of maize, soy and micronutrients.

Sheeran said the world is “rightly” looking for sustainable solutions to the world hunger problem and she commended the G8’s recent $20 billion pledge to boost global food security. She said the pledge, which focused in particular on agricultural development, showed the industrialized world “takes the food security issue seriously”.

“At the same time, we must also keep pace with growing emergency needs,” Sheeran said. “The problem is not all about agricultural yields; the challenge is people cannot get access to food – whether because of poor infrastructure or because they can’t afford it.

Crisis compounded

WFP analysis confirms that the food crisis is not over in the developing world. In fact, the situation is more alarming in many countries than it was a year ago as the impact of high food prices is compounded by the recent financial crisis.

New data from the UN Food and Agriculture Organization suggests food prices are higher today than a year ago – at the height of the global food crisis - in more than 80 percent of developing countries.

Sheeran, who praised the Obama Administration for prioritizing the issue of food security, was in Washington to urge policymakers to keep focused on urgent hunger needs as they seek to craft long-term solutions to hunger.

Looking forward to September’s G20 meeting in Pittsburg, which will be chaired by President Obama, she said WFP was calling upon the group “to take action not only on the financial crisis, but also on hunger.”

Source: Website of the World Food Programme, 30 july 2009; www.wfp.org




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