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Banken und Versicherungen investieren in Atomrüstung

Internationalen Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) legte Studie vor: "Don´t Bank on the Bomb"


Anfang März 2012 veröffentlichte die Internationalen Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) eine viel beachtete 180 Seiten umfassende Studie über die Verflechtung des internationalen Bankenwesens in die Produktion von Nuklearwaffen. Dazu hat die IPPNW eine Erklärung herausgegeben, die wir im Folgenden dokumentieren - zusammen mit einer Liste der deutschen Banken sowie einer Liste der 20 wichtigsten Konzerne, die weltweit an der Produktion von Atomwaffen beteilgt sind.

Deutsche Banken unterstützen die Herstellung von Atomwaffen

Presseinformation der IPPNW, 5.3.2011

Deutsche Finanzinstitute unterstützen Unternehmen bei der Herstellung und Modernisierung von nuklearen Waffen. Nach einem neuen Bericht der Internationalen Kampagne für die Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) und ethisches Investment Firma Profundo investieren u.a. Deutsche Bank, Allianz, Commerzbank und BayernLB in die Hersteller von Atomwaffen.

Die 180-seitige Studie "Don´t Bank on the Bomb" (Die Bombe ist eine schlechte Investition) ist die erste globale Umfrage über Investitionen in Herstellerfirmen von Nuklearwaffen. Sie identifiziert mehr als 300 Finanzinstitute in 30 Ländern mit erheblichen Investitionen in Unternehmen, die US-amerikanische, britische, französische und indische Atomsprengköpfe sowie Raketen, Bomber und atomwaffenfähige U-Boote produzieren. Elf der Finanzinstitute sind in Deutschland ansässig.

"Jeder Einsatz von Atomwaffen ist völkerrechtswidrig und hätte katastrophale humanitäre Folgen. Durch die Investition in Hersteller von Atomwaffen erleichtern deutsche Finanzinstitute den Aufbau der nuklearen Streitkräfte. Dieses unterminiert alle Bemühungen um eine atomwaffenfreie Welt und erhöht das Risiko, dass diese ultimativen Massenvernichtungswaffen künftig noch einmal verwendet werden", sagte Tim Wright, ein ICAN-Aktivist aus Australien und Co-Autor des Berichts.

Laut Studie geben atomar bewaffnete Nationen mehr als 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Instandhaltung und Modernisierung ihrer nuklearen Streitkräfte aus, durch Unternehmen wie BAE Systems in Großbritannien, Lockheed Martin und Northrop Grumman in den Vereinigten Staaten, Thales in Frankreich und Larsen & Toubro in Indien. Finanzinstitute investieren durch langfristige Kredite und den Besitz von Aktien und Anleihen in diese Unternehmen.

"Deutsche Banken müssen aufhören, Unternehmen zu unterstützen, die an dieser gefährlichen und illegitimen Industrie beteiligt sind. Wir als KundInnen müssen fordern, dass unser Geld nicht für den Erhalt und die Modernisierung von Atomwaffen verwendet werden darf. Wenn die Banken nicht hören wollen, werden sie den Kundenverlust zu spüren bekommen", sagt Xanthe Hall, Sprecherin der Kampagne "atomwaffenfrei.jetzt" und Abrüstungsreferentin der IPPNW.

Der prominente südafrikanische Aktivist und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu unterstützt die Kampagne. "Wir müssen Banken und andere Finanzinstitutionen aufrufen, das Richtige zu tun. Sie sollen die Bemühungen um eine Beseitigung der Gefahr des Atomkrieges fördern statt behindern, indem sie ihre Investitionen von der unmoralischen Atomwaffenindustrie abziehen", schreibt er im Vorwort des Berichts. "Divestment* sei entscheidend gewesen für die Kampagne für die Beendigung von Apartheid in Südafrika. Heutzutage könne und müsse die gleiche Taktik eingesetzt werden, um die schlimmste Erfindung der Menschen herauszufordern: die Atombombe. Niemand dürfe von dieser schrecklichen Industrie des Todes profitieren, die die Menschheit bedrohe.

Die vollständige Studie finden Sie unter www.ippnw.de (pdf-Datei, externer Link)

Zusammenfassung der deutschen Ergebnisse *

  • Die Allianz verfügt über bedeutende Beteiligungen und/oder Bondholdings von neun US-amerikanischen, britischen und französischen Herstellern von Atomwaffen: Alliant Techsystems, BAE Systems, Boeing, General Dynamics, Honeywell International, Lockheed Martin, Northrop Grumman, Safran und Serco. Ihre größten Beteiligungen liegen bei Boeing (353 Millionen US-Dollar) und Northrop Grumman (339 Millionen US-Dollar), die atomar bestückte US-Langstreckenraketen herstellen, und Lockheed Martin (295 Millionen US-Dollar), die an britischen und US-amerikanischen Atomwaffen arbeitet.
  • Die BayernLB hat in den letzten Jahren sieben Herstellern von Atomwaffen Kredite in Höhe von schätzungsweise 900 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt: Babcock International, BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, Rolls-Royce, Serco Group. Diese Unternehmen sind in verschiedene Aktivitäten involviert, einschließlich der Herstellung von französischen Atomraketen und der Produktion einer neuen Flotte von bewaffneten britischen Atom-U-Booten.
  • Die Commerzbank hat in den letzten Jahren sieben Produzenten von Atomwaffen Kredite in Höhe von schätzungsweise 800 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt: BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, Rolls-Royce, Thales und Safran. Sie hat sich auch bei den jüngsten Anleiheemissionen von drei dieser Unternehmen beteiligt.
  • Die DekaBank besitzt Anleihen des Unternehmens EADS im Wert von 12,8 Millionen US-Dollar und Anleihen der französischen Firma Thales im Wert von 10,4 Millionen US-Dollar. Beide Firmen produzieren französische Atomraketen.
  • Die Deutsche Bank investiert stärker in Atomwaffen Unternehmen als jedes andere deutsche Finanzinstitut. Sie besitzt Aktien und Anleihen der folgenden 13 Produzenten von Atomwaffen und stellt ihnen Darlehen zur Verfügung: Alliant Techsystems, BAE Systems, Boeing, EADS, Finmeccanica, GenCorp, General Dynamics, Honeywell International, Lockheed Martin, Northrop Grumman, Rolls-Royce, Safran und Thales. Ihre größten Investitionen sind in BAE Systems (715.000.000 US-Dollar), Boeing (561.000.000 US-Dollar), Honeywell International (548.000.000 US-Dollar), Northrop Grumman (468.000.000 US-Dollar) und Thales (449.000.000 US-Dollar). Die Zahlen sind nur Schätzungen.
  • Die DZ Bank hat im April 2011 schätzungsweise 111 Millionen US-Dollar an EADS und ca. 92 Millionen US-Dollar im Jahr 2009 an Finmeccanica geliehen. Sie besitzt auch Anleihen von Thales im Wert von 8.000.000 US-Dollar. Alle diese drei Unternehmen sind an der Herstellung von französischen Atomraketen beteiligt.
  • Die Helaba hat schätzungsweise 111 Millionen US-Dollar an die EADS im April 2011 geliehen.
  • Die KfW hat EADS im April 2011 schätzungsweise 111 Millionen US-Dollar geliehen.
  • Die Landesbank Baden-Württemberg hat Finmeccanica im Juli 2008 geschätzte 92 Millionen US-Dollargeliehen.
  • Die Münchner RE besitzt BAE-Systems-Anleihen im Wert von 43 Millionen US-Dollar an.
  • Die Universal-Investment-Gesellschaft besitzt Aktien der Redhall Group im Wert von 740.000 US-Dollar, die häufig Aufträge für das britische AWE (Atomic Weapons Establishment) ausführt.
* Quelle: Website der IPPNW, www.ippnw.de

Auf einen Blick: Die 20 größten Hersteller von Atomwaffen

Alliant Techsystems (USA)
ATK ist an der Herstellung von US‐amerikanischen atomaren ballistischen Raketen beteiligt. Die Firma produziert Raketenantriebssysteme für seegestützte ballistische Trident‐II‐Raketen und Minuteman‐ III‐Interkontinentalraketen.

Babcock & Wilcox (USA)
Die Firma Babcock & Wilcox liefert nukleare Komponenten für US‐Verteidigungsprogramme. Sie ist die Betreiberfirma der Pantex‐Anlage der National Nuclear Security Administration (NNSA), wo Atomsprengköpfe modernisiert werden.

Babcock International (GB)
Babcock International ist an der Entwicklung eines neuen Typs von atomar bewaffneten U‐Booten für Großbritannien beteiligt. Die Firma trägt auch zur Instandhaltung der bestehenden britischen Flotte von Vanguard‐Atom‐U‐Booten bei.

BAE Systems (GB)
BAE Systems arbeitet zusammen mit anderen Unternehmen an der Entwicklung eines neuen Typs von atomar bewaffneten U‐Booten für Großbritannien, der die Vanguard‐Atom‐U‐Boote ersetzen soll. Die Firma nimmt auch teil an einem Jointventure zur Herstellung von ASMP‐Atomraketen für die französische Luftwaffe (MDBA).

Bechtel (USA)
Bechtel ist die Betreiberfirma für die nationalen Los‐Alamos‐ und Lawrence‐Livermore‐ Forschungslabore in den USA, wo Forschung, Design und Entwicklung von Atomwaffen stattfindet sowie die „Sicherheit und Verlässlichkeit“ des gesamten Atomwaffenarsenals überwacht wird.

Boeing (USA)
Boeing arbeitet an der Instandhaltung der ca. 500 atomar bestückten Minuteman‐IIIInterkontinentalraketen des US‐Arsenals. Die Firma ist für Lenkung, Flug, Flugsteuerung, das Verwahren der Codes, das Testen von Waffensystemen und Technik zuständig.

EADS (NL)
Die European Aeronautic Defence and Space Company (EADS) ist eine Firma mit Sitz in den Niederlanden. Sie produziert seegestützte Atomraketen für die französische Marine und hält sie instand. Zudem nimmt sie teil an einem Jointventure zur Herstellung von ASMP‐Atomraketen für die französische Luftwaffe (MDBA).

Finmeccanica (IT)
Die Firma Finmeccanica S.p.A. hält 25% Anteil an dem Rüstungsunternehmen MDBA S.A.S., ein Jointventure zur Herstellung von ASMP‐Atomraketen für die französische Luftwaffe. Die Raketen sollen vom Mirage 2000N sowie Rafale Kampfflugzeug abgefeuert werden.

GenCorp (USA)
GenCorp beteiligt sich am Design, an der Entwicklung und an der Herstellung von boden‐ und seegestützten ballistischen Atomraketen für die USA. Aktuell produziert die Firma Raketenantriebsysteme für Minuteman‐III‐ und Trident‐D5‐Atomraketen.

General Dynamics (USA)
General Dynamics bietet Instandhaltung, technische Unterstützung und Maschinenbau für US‐Atom‐ U‐Boote. Die Firma hat die Ohio‐U‐Boote für die US‐Marine gebaut, von denen viele Trident‐ Atomraketen tragen.

Honeywell International (USA)
Rund 85% der nichtnuklearen Komponenten in US‐Atomwaffen werden von Honeywell International produziert. Die Firma beteiligt sich an simulierten Atomtests und dem Betriebsverlängerungsprogramm der Trident‐II‐Atomraketen der US‐Marine (Navy).

Jacobs Engineering (USA)
Jacobs Engineering hält ein Drittel der Anteile an Atomic Weapons Establishment (AWE), wo das Design, die Herstellung und die Wartung von Atomsprengköpfen für britische Atomwaffen stattfinden.

Larsen & Toubro (IND)
L&T ist an Entwicklung und Bau von fünf Atom‐U‐Booten für die indische Marine beteiligt. Jedes UBoot wird mit zwölf Raketen ausgestattet. Die Firma testete auch ein Startsystem für indische Atomraketen.

Lockheed Martin (USA)
Die Lockheed Martin Corporation ist an der Herstellung und Wartung von Atomwaffen für die USA und Großbritannien beteiligt. Das Konzern ist für den Bau der seegestützten Trident‐II‐D5‐ Atomrakete zuständig.

Northrop Grumman (USA)
Die Northrop Grumman Corporation führt ein gemeinsames Projekt für die Herstellung und Instandhaltung der Minuteman‐III‐Interkontinentalraketen für die USA. Rund 500 dieser Raketen bilden den Kern des landgestützten US‐Nuklearwaffenarsenals.

Redhall Group (GB)
Die Redhall Group arbeitet mittels verschiedener Verträge innerhalb der Atomwaffenindustrie. Sie führt mechanische und elektroingenieurstechnische Arbeiten am Atomic Weapons Establishment (AWE) in Aldermaston und Burghfield aus.

Rolls‐Royce (GB)
Rolls‐Royce ist Teil eines britischen Jointventures zur Entwicklung von Successor, einer neuen Klasse atomwaffenbestückter U‐Boote. Rolls‐Royce ist auch an der Instandhaltung der bestehenden Flotte von Vanguard‐Atom‐U‐Booten beteiligt.

Safran (FR)
Safran ist Teil eines Jointventures zur Herstellung der neuen seegestützten M51‐Atomraketen für die französische Marine, die jeweils mehrere Atomsprengköpfe tragen. Safrans Tochterunternehmen Snecma und Sagem liefern die Antriebs‐ und Navigationssysteme für diese Raketen.

Serco Group (GB)
Serco hält ein Drittel am Jointventure AWE‐ML, welches das British Atomic Weapons Establishment betreibt. Serco ist für die Produktion und Instandhaltung der Nuklearsprengköpfe für Großbritanniens U‐Bootflotte verantwortlich.

Thales (FR)
Thales ist Teil eines Jointventures zur Herstellung der neuen seegestützten M51‐Atomraketen für die französische Marine, die jeweils mehrere Atomsprengköpfe tragen. Die EADS‐Tochter Astrium ist der Hauptunternehmer, wohingegen Thales der Hauptsubunternehmer ist.




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