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Was wird aus dem umfassenden nuklearen Teststoppvertrag (CTBT)?

Droht statt Rüstungskontrolle ein neuer Rüstungswettlauf? Von Wolfgang Kötter

Im folgenden dokumentieren wir eine Analyse von Wolfgang Kötter über die Aktualität und Geschichte des umfassenden nuklearen Teststoppvertrags (CTBT - Comprehensive Test Ban Treaty). Angehängt sind frühere Texte des Autors aus den Jahren 2001 bis 2004, die sich mit demselben Thema befassten.



Schwere Aufgabe für Tibor Tóth

Stabwechsel in der Kontrollorganisation zum Atomteststoppvertrag

Dr. Wolfgang Kötter


Im geschwungenen Hochbau am Wiener Donauufer wird ein Führungsschreibtisch neu besetzt. Heute (1.8.05) ist der erste Arbeitstag für Tibor Tóth als Sekretariatschef der zukünftigen Kontrollorganisation zum umfassenden nuklearen Teststoppvertrag (CTBTO - Comprehensive Test-Ban Treaty Organization). Nach acht Jahren erfolgreicher Tätigkeit musste der bisherige Leiter Wolfgang Hoffmann auf Druck der USA den Hut nehmen. Anscheinend hatte sich der deutsche Diplomat zu engagiert für den Vertrag eingesetzt.

Der 51-jährige Berufsdiplomat aus Ungarn hat das Handwerk der multilateralen Abrüstungsdiplomatie von der Pike auf gelernt. In den achtziger Jahren gehörte er zu den ersten Teilnehmern des UNO-Stipendiums, das Nachwuchskräfte in den Abrüstungsforen Genf, Wien und New York auf ihre künftige Tätigkeit vorbereitet. Jahrelang vertrat Tóth dann seine Regierung auf internationaler Ebene und überstand auch die politische Wende in Ungarn ohne Karriereknick. Seine große Stunde schlug, als sich die internationale Staatengemeinschaft Anfang der neunziger Jahre entschloss, dem bisher zahnlosen Abkommen über das Verbot biologischer Waffen ein wirksames Kontrollinstrument hinzuzufügen. Mehr als neun Jahre leitete der aufstrebende Diplomat die Bemühungen mit viel Geschick und Geduld, sodass im Sommer 2001 endlich ein Ergebnis vorlag. Doch dann kam die böse Überraschung: Um niemanden in die Karten eigener Biowaffenprogramme gucken zu lassen, weigerten sich die USA plötzlich, das nahezu fertige Zusatzprotokoll zu akzeptieren und verlangten sogar die Auflösung der Verhandlungsgruppe. Andernfalls würden sie gänzlich aus den multilateralen Verhandlungen ausscheren. Erst nach mühsamen Vermittlungsversuchen gelang unter maßgeblicher Mitwirkung von Tóth ein Kompromiss. Bis zur nächsten Überprüfungskonferenz im kommenden Jahr finden drei unverbindliche Treffen zu spezifischen Problemkreisen des Abkommens statt, internationale Kontrollen hat sich Washington als Thema jedoch verbeten.

Nun steht der Ungar vor einer neuen Herausforderung, die nicht minder schwierig sein dürfte. Denn obwohl die technischen Voraussetzungen zur Kontrolle eines weltweiten Testverbots geschaffen sind, stehen die Chancen für das Inkrafttreten schlecht. Das Abkommen liegt seit Jahren auf dem Tisch, 175 Staaten haben unterschrieben und 122 sogar ratifiziert. Dennoch ist es bisher nicht rechtswirksam, weil 11 der 44 Staaten fehlen, die prinzipiell über das technische Know-how zum Atomwaffenbau verfügen und deren Mitgliedschaft Voraussetzung für das Inkrafttreten ist. Zu ihnen gehören auch die USA und diese nehmen nach einem 13-jährigen Moratorium deutlich Kurs auf die Wiederaufnahme der Testexplosionen. Der republikanisch dominierte Senat hatte die Ratifizierung des Vertrages schon unter der Vorgängerregierung abgelehnt und die Bush-Administration denkt nicht dran, eine erneute Abstimmung anzustreben. Washington votiert regelmäßig gegen die UNO-Resolutionen zum Testverbot und boykottiert die Konferenzen zur Unterstützung der Inkraftsetzung des Vertrages. Die USA verweigern die Finanzmittel für Vor-Ort-Inspektionen und haben für das kommende Jahr auch noch den Restbeitrag für die Kontrollorganisation um mehr als 7 Mio. Dollar gekürzt.

Angesichts dieser Haltung liegt die Vermutung nahe, dass Funktionstests neu entwickelter Atomsprengköpfe unter Realbedingungen ermöglicht werden sollen. Das Pentagon will nämlich Atomwaffen großer Sprengkraft zu begrenzter wirkenden Waffen zum Einsatz gegen unterirdische Waffenlager oder Kommandozentralen umfunktionieren und macht deshalb Druck für die Schaffung von Miniatur-Atombomben, die bis zu 250 Meter tief in der Erde liegende Bunker knacken sollen. Einer Studie des Nationalen Forschungsrats der USA zufolge würden diese "Mini-Nukes" in dicht besiedeltem Gebiet mehr als eine Million Menschen töten. Zur Umsetzung des Programms fordert die Bush-Regierung für die nächsten zwei Jahre 22,5 Mio. Dollar. Gleichzeitig werden das Versuchsgelände modernisiert und die Vorbereitungszeit für eine Wiederaufnahme nuklearer Testexplosionen verkürzt. Spätestens in zwei Jahren müssten dann die täglich nach dem kleinen Ort Mercury im Nevada-Landkreis Nye pilgernden Nuklear-Touristen den Explosionen neuer Atomwaffen weichen. Vor den Konsequenzen warnt Oliver Meier von der Abrüstungsorganisation Arms Control Association: „‘Bunkerbuster‘ oder auch ‚Mininukes‘ sollen leichter einsetzbar sein. Zu befürchten ist, dass eine solche Ausweitung der Rolle von Nuklearwaffen neue Rüstungswettläufe in Gang setzt. Diejenigen Staaten, die sich potentiell auf der Zielliste der USA befinden, könnten ihrerseits versuchen, die USA mit Atomwaffen oder anderen Massenvernichtungswaffen abzuschrecken.“ Nicht nur das Schicksal des Teststoppvertrages wäre damit besiegelt, auch der nach der gescheiterten Überprüfungskonferenz ohnehin angeschlagene Atomwaffensperrvertrag, regionale Abkommen über kernwaffenfreie Zonen und andere Nuklearvereinbarungen gerieten in höchste Gefahr.

Bisherige Kernwaffenversuche

Land Anzahl Testgebiete
USA 1146 New Mexico und Südpazifik, später Wüste von Nevada
UdSSR/Russland 715 Nowaja Semlja, Semipalatinsk
Frankreich 215 Sahara, später Polynesieninseln Moruroa und Fangataufa
China 45 Wüste Lop Nor
Großbritannien 44 Südpazifik, später Wüste von Nevada
Pakistan 6 Chagai-Berge in Baluchistan
Indien 5 Thar-Wüste von Rajasthan
gesamt 2176



Verweigererstaaten
Zu den Ländern mit Nuklearkapazität, deren Beitritt zum Inkrafttreten des Teststoppvertrages noch erforderlich ist, gehören die Kernwaffenstaaten China, USA, Israel, Indien, KDVR und Pakistan; außerdem Ägypten, Indonesien, Iran, Kolumbien und Vietnam.


Eine leicht gekürzte Fassung des Beitrags erschien in: Neues Deutschland, vom 1. August 2005




Vorbereitungskommission für die Kontrollorganisation zum nuklearen Teststoppvertrag traf sich in Wien

Im Internationalen Kongresszentrum am Wiener Donauufer tritt heute (15.11.04) die Vorbereitungskommission für die Kontrollorganisation zum nuklearen Teststoppvertrag zusammen. Das Abkommen liegt seit acht Jahren auf dem Tisch und 119 Staaten sind ihm beigetreten. Dennoch ist es bisher nicht rechtswirksam, weil noch elf der 44 Staaten fehlen, die prinzipiell über das technische Know-how zum Atomwaffenbau verfügen und deren Mitgliedschaft Voraussetzung für das Inkrafttreten ist. Zu ihnen gehören die Kernwaffenmächte China, USA, Israel, Indien und Pakistan, außerdem Ägypten, Indonesien, Iran, Nordkorea, Kolumbien und Vietnam.

Ungeachtet dessen arbeitet in Wien bereits seit mehr als sieben Jahren das Provisorische Technische Sekretariat unter Leitung von Exekutivsekretär Wolfgang Hoffmann. Jetzt aber fordern die USA seine Ablösung, da angeblich eine Siebenjahresfrist für Mitarbeiter auch auf ihn anzuwenden sei. Zu engagiert scheint sich der deutsche Diplomat, der bereits an den langjährigen Verhandlungen führend beteiligt gewesen war, für den Vertrag einzusetzen. Ende Juli kommenden Jahres wird er aus seiner Funktion ausscheiden. Nach jahrelangem Mobbing und der Behinderung öffentlicher Auftritte bemühen die USA nun formale Gründe für den Rausschmiss, denn fachlich wären Vorwürfe an das Sekretariat völlig haltlos.

Die rund 270 Mitarbeiter haben bei den technischen Vorarbeiten zur Kontrolle des Testverbots beeindruckende Leistungen vollbracht. So errichten sie ein Netzwerk von insgesamt 337 Beobachtungsposten in 89 Ländern, das den gesamten Erdball lückenlos abdeckt. Mehr als die Hälfte der Stationen überwacht schon jetzt unterirdische Erschütterungen, die Zusammensetzung und mögliche Infraschallwellen in der Atmosphäre sowie Geräusche in den Weltmeeren, um gegebenenfalls heimliche Nukleartests zu registrieren. Satelliten übermitteln die Informationen zum Internationalen Datenzentrum, wo sie gespeichert, analysiert und an die Vertragsparteien übermittelt werden. Das Weltraum gestützte Globale Kommunikationsystem lieferte außerdem mehr als Hunderttausend detaillierte Angaben über Erdbeben, Vulkanausbrüche, Bergwerksunglücke, Flugzeugzusammenstöße sowie auffällige Umwelt- und Wettererscheinungen. Zur Klärung von Zweifelsfällen dienen zusätzlich vertrauensbildende Transparenzmaßnahmen, Konsultationen und Vor-Ort-Inspektionen. Obwohl also die technischen Voraussetzung zur Kontrolle eines weltweiten Testverbots weitgehend geschaffen sind, ist fraglich, ob das Abkommen jemals in Kraft treten wird.

Denn die Bush-Regierung verfolgt ganz andere Pläne. Zwar hatte der damalige USA-Präsident, Bill Clinton, das Testverbot einen „gigantischen Schritt vorwärts“ genannt, als er am 24. September 1996 als erster Staatsmann den Vertrag unterzeichnete. Doch es sind vor allem die USA, die ständig neue Steine in den Weg rollen. Vor fünf Jahren lehnte der Senat die Ratifizierung ab und die Bush-Administration rührte bisher keinen Finger, um eine erneute Abstimmung zu erreichen. Washington votiert regelmäßig gegen die UNO-Resolutionen zum Testverbot, boykottiert die Konferenzen zur Unterstützung der Inkraftsetzung des Vertrages und verweigert seit drei Jahren sogar die Finanzmittel für Vor-Ort-Inspektionen der Wiener Kontrollbehörde.

In den USA stehen nach einem 13-jährigen Moratorium die Zeichen deutlich auf Wiederaufnahme der Testexplosionen. Die für das sogenannte „Stockpile Stewardship Program“ ausgegebenen Mittel wurden in diesem Jahr auf 6,4 Milliarden Dollar aufgestockt, um Funktionstests neue entwickelter bunkerbrechender Atomsprengköpfe zu ermöglichen. In Los Alamos entsteht eine Fabrik für Plutoniumsprengköpfe, die von 2007 an 80 Sprengköpfe pro Jahr herstellen soll. Außerdem erfolgt eine Modernisierung des Testgeländes etwa 100 km nordöstlich von Las Vegas. Inzwischen hat der Kongress die Vorbereitungszeit für eine Wiederaufnahme nuklearer Testexplosionen von 36 auf 18 Monate verkürzt und so könnten bereits in knapp zwei Jahren in der Wüste von Nevada wieder Nuklearexplosionen zur Erprobung der neuen „Mininukes“ gezündet werden. Die Aufrüstungspolitik der Bush-Administration bleibt jedoch nicht ohne Widerspruch. Selbst der einflussreiche republikanische Kongressabgeordnete Dave Hobbes aus Ohio nennt sie „vor allem eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Waffenkonstrukteure, die einen neuen weltweiten Rüstungswettlauf auszulösen droht.“ Erneute Kernwaffenversuche würden das endgültige Aus für den Teststoppvertrag bedeuten und wahrscheinlich ein erneutes nukleares Wettrüsten auslösen. Außenminister aus 42 Staaten riefen deshalb am Rande der in New York tagenden UNO-Vollversammlung zum Beitritt der Nachzügler auf und auch Nichtregierungsorganisationen fordern eine dringende Aktion zur Rettung des Vertrages: Alle interessierten Mitgliedstaaten sollen ein Sonderprotokoll vereinbaren, mit dem sie den Vertrag provisorisch in Kraft setzen. Rebecca Johnson vom Londoner Acronym Institute for Disarmament Diplomacy hat bereits einen entsprechenden Text formuliert. Dieser Schritt, so die Verfasserin, würde den politischen Druck auf die Verweigerer enorm erhöhen und „ein einmütiges Signal setzen, dass die internationale Gemeinschaft weitere Nukleartests nicht tolerieren wird.“



Teststoppvertrag auf dem Totenbett? Vor 50 Jahren startete Washington auf dem Bikini-Atoll ihren größten Atomwaffenversuch der Geschichte

„Bravo“, nannten die USA-Militärs ihren größten Atomwaffentest aller Zeiten. Sie zündeten die Wasserstoffbombe auf den Tag genau vor 50 Jahren am 1. März 1954 auf dem Bikini-Atoll im Südpazifik. Mit 15 Megatonnen entwickelte sie die tausendfache Vernichtungskraft der über Hiroshima im Sommer 1945 abgeworfenen Atombombe, die 200 000 Menschenleben forderte. Selbst vor Ort anwesende Experten waren von dem gewaltigen Blitz und dem schier endlos wachsenden Feuerpilz überrascht, denn durch einen Rechenfehler der Atomwissenschaftler im Entwicklungslabor von Los Alamos übertraf die Explosion die erwartete Stärke bei weitem. Der unvorhergesehen nach Südost drehende Wind trieb die radioaktive Wolke direkt über die benachbarten Marshall-Inseln Rongelap, Rongerik und Utirik und fügte deren Bewohnern schmerzhafte Verbrennungen zu. Auch die 23 ahnungslosen Matrosen, auf dem fast 200 km entfernten japanischen Fischerboot „Fukurya Maru“ – „Glücksdrachen“ wurden von dem atomaren Ascheregen heimgesucht. Während der Funker Kuboyama wenige Monate später starb, siechten die übrigen Besatzungsmitglieder an den Folgen der radioaktiven Verseuchung dahin. „Unser Schicksal droht der ganzen Menschheit. Sagen Sie es denen, die verantwortlich sind – und gebe Gott, dass sie auch hören“, mahnte der Fischer Misaki, eines der verstrahlten Opfer.

Doch die Verantwortlichen hörten nicht. Die USA und Großbritannien unternahmen im Südpazifik und später in der Wüste von Nevada 1146 bzw. 44 Nukleartests. Die UdSSR erprobte auf der Insel Nowaja Semlja und im kasachischen Semipalatinsk 715 Sprengsätze. Nach dem Verlust des kolonialen Testgeländes in der Sahara zündete Frankreich die meisten seiner 215 Atombombenversuche auf den Polynesieninseln Moruroa und Fangataufa. China führte 45 Nukleartests in der Lop Nor Wüste durch. Indien erprobte sechs atomaren Sprengsätze in der Thar-Wüste von Rajasthan, und Pakistan unternahm fünf Versuche in den Chagai-Bergen von Baluchistan. Die Langzeitwirkungen der Nukleartests rufen bis heute massenhaft Leukämie, Schilddrüsen- und andere Krebserkrankungen hervor, sie verursachen genetische Schäden, Erbkrankheiten und Schwächungen der Immunsysteme. Zu den Strahlungsopfern gehören vor allem die Ureinwohner der Testgebiete - die Maori und Malayos in Mikronesien und Polynesien, die Uiguren im chinesischen Sinkianggebiet, die Schoschonen in Nevada, die Tschuktschen auf den Nördlichen Eismeerinseln, die Bauern in den Steppen Kasachstans und schließlich auch die Einwohner im indischen Pokharan und in Chaghi in Pakistan. Nach Angaben der Organisation „Ärzte gegen den Atomkrieg“ (IPPNW) wird jeder jetzt und in den nächsten Zehntausenden von Jahren lebende Mensch von Nukleartests herrührende radioaktive Elemente in sich tragen, die das Krebsrisiko erhöhen.

Erst seit dem Jahre 1963 sind oberirdische Kernwaffenversuche, ebenso wie Nukleartests im Weltraum und unter Wasser verboten. Mehr als drei weitere Jahrzehnte dauerte es, bis im September 1996 ein umfassender Teststoppvertrag abgeschlossen wurde. 109 Staaten gehören ihm inzwischen an, aber zum Inkrafttreten fehlen noch 12 Länder mit relevanten Nuklearaktivitäten: USA, China, Indien, Pakistan und Nordkorea, außerdem Ägypten, Indonesien, Iran, Israel, Kolumbien, Kongo und Vietnam. Obwohl in Wien seit Jahren eine arbeitsfähige Kontrollorganisation für einen umfassenden Teststopp bereit steht und ein weltweites Überwachungsnetzwerk von insgesamt 321 Beobachtungsposten in 89 Ländern errichtet wird, stehen die Aussichten schlecht. Nach einem zwölfjährigen Moratorium laufen in den Vereinigten Staaten die Vorbereitungen für einen Neustart nuklearer Testexplosionen. Auf 6,4 Milliarden Dollar steigen in diesem Jahr die Ausgaben für das „Stockpile Stewardship Program“. Offiziell dient das Programm der Sicherheitsüberprüfung des bestehenden Kernwaffenarsenals, wahrscheinlicher ist allerdings, dass Funktionstests neuentwickelter Atomsprengköpfe ermöglicht werden sollen. Denn für eine neue Kernwaffe „brauchst du wahrscheinlich einen Nukleartest“, räumte der im Pentagon bis vor kurzem für Nuklearfragen zuständige Fred Celec ein. Dementsprechend wird zur Zeit das Versuchsgelände in Nevada für 25 Millionen Dollar modernisiert, und der US-Kongress verkürzte die Warmlaufphase für die Wiederaufnahme der Kernwaffenversuche von 36 auf 18 Monate. Gleichzeitig schufen die Parlamentarier freie Bahn für die Entwicklung von nuklearen Bunkerbrechern und “Mini-Nukes”. Wenn die USA die Kernwaffenversuche wieder aufnehmen, werden andere Staaten mit großer Wahrscheinlichkeit folgen. Nicht nur das Schicksal des Teststoppvertrages wäre damit besiegelt, auch der Atomwaffensperrvertrag, regionale Abkommen über kernwaffenfreie Zonen und andere Vereinbarungen auf nuklearem Gebiet gerieten in Lebensgefahr. "Die nukleare Rüstungskontrolle liegt bereits auf der Intensivstation“, warnt Daniel Plesch vom britischen Royal United Services Institute, „die Entwicklung neuer Atomwaffen und erneute Atomtests würden die atomare Abrüstung in die Leichenhalle verlegen."

Eine Geheimkonferenz der Atomwaffenlobby erst im vergangenen Monat eine Wiederaufnahme der Kernwaffenversuche. Sollten ihre Pläne umgesetzt werden, könnten bereits in knapp zwei Jahren in der Wüste von Nevada wieder Nuklearexplosionen zur Erprobung der neuen „Mininukes“ gezündet werden.

Aus: Neues Deutschland, 1. März 2004

Kaum Chancen für den Teststoppvertrag. USA bereiten neue Kernwaffenversuche vor

In der UNO-City am Wiener Donauufer beginnt heute (3.9.03) die dritte Sondertagung zum Nuklearen Teststoppvertrag. Unter Leitung des finnischen Außenministers Erkki Tuomioja wollen die 108 Vertragsstaaten erneut nach Wegen suchen, wie das umfassende Verbot aller Nuklearexplosionen zur Erprobung von Atomwaffen sieben Jahre nach Vertragsunterzeichnung endlich völkerrechtlich wirksam werden kann.

Damit würde eines der finstersten Kapitel des nuklearen Wettrüstens geschlossen. Über 2000 Kernwaffenversuche hinterließen im kasachischen Semipalatinsk und auf der russischen Insel Nowaja Semlja, in den USA-Bundesstaaten Nevada und New Mexico, im Südpazifik und in der chinesischen Sinkiang-Provinz unzählige strahlungsbedingte Erkrankungen und riesige Flächen radioaktiv verseuchten Bodens. Nach Angaben der Organisation „Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) werden die Menschen als Folge bisheriger Tests noch zehntausende von Jahren radioaktive Elemente in sich tragen, die das Krebsrisiko erhöhen. Bis zur Jahrhundertwende starben 430000 Personen allein an den Strahlenfolgen der oberirdischischen Kernwaffenversuche, insgesamt wird sogar eine Zahl von 2,4 Millionen Testopfern erwartet.

Meldungen über nukleare Zwischenfälle und die gefährlichen Folgen atmosphärischer Atomwaffenversuche alarmierten bereits in den fünfziger Jahren nicht nur die Bevölkerung in den betroffenen Ländern. Warnend äußerten Wissenschaftler ihre Besorgnis über die genetischen Langzeitfolgen und klimatischen Auswirkungen erhöhter Radioaktivität. Der weltweiten Anti-Atomwaffenbewegung konnten sich auch die Regierungen nicht auf Dauer entziehen. Sie vereinbarten 1963 zunächst den Teilteststoppvertrag, der oberirdische Kernwaffenversuche ebenso wie Nukleartests im Weltraum und unter Wasser verbot. Mehr als dreißig weitere Jahre brauchte es, bis der parziellen Ächtung schließlich im Jahre 1996 ein umfassender Teststoppvertrag folgte. Bedingung für sein In-Kraft-Treten ist jedoch der Beitritt von 44 Ländern, die substanzielle Nuklearprogramme unterhalten bzw. über die technische Kapazität zur Atomwaffenproduktion verfügen. Indien, Pakistan und Nordkorea haben das Abkommen allerdings gar nicht unterschrieben, außerdem fehlen die Ratifikationen der Nuklearmächte China und USA. Zu den 12 Verweigerern gehören ebenfalls Ägypten, Indonesien, Iran, Israel, Kolumbien, Kongo und Vietnam.

Bereits seit sechs Jahren arbeitet in Wien eine Vorbereitungskommission für die zukünftige Organisation (Comprehensive Test-Ban Treaty Organization – CTBTO). Unter Leitung von Exekutivsekretär Wolfgang Hoffmann errichten die 271 Mitarbeiter zur Kontrolle des Testverbots ein weltweites Netzwerk von insgesamt 337 Beobachtungsposten in 89 Ländern. Diese überwachen unterirdische Erschütterungen, die Zusammensetzung der Atmosphäre und Geräusche in den Weltmeeren, um gegebenenfalls heimliche Nukleartests zu registrieren. Satelliten übermitteln die Informationen zum Internationalen Datenzentrum, wo sie gespeichert, analysiert und an die Vertragsparteien übermittelt werden. Gegenwärtig arbeiten bereits 284 Kontrollstationen und 16 Untersuchungslabors. Das Weltraum gestützte Globale Kommunikationsystem bringt auch in anderen Bereichen Nutzen. So lieferte es in den vergangenen Jahren zahlreiche Informationen über Erdbeben, Vulkanausbrüche, Bergwerksunglücke, Flugzeugzusammenstöße sowie auffällige Umwelt- und Wettererscheinungen. Die technischen Überwachungen werden ergänzt durch vertrauensbildende Transparenzmaßnahmen, Konsultationen zur Klärung von Zweifelsfällen und Vor-Ort-Inspektionen. Doch obwohl die materiellen Voraussetzung zur Kontrolle eines weltweiten Testverbots weitgehend geschaffen sind, mehr als 80% aller Staaten den Vertrag unterschrieben und über die Hälfte auch ratifiziert haben, ist fraglich, ob das Abkommen jemals in Kraft treten wird.

In den USA laufen vielmehr die Vorbereitungen für eine Beendigung des 11-jährigen Moratoriums und zur Reanimation nuklearer Testexplosionen. Die für das sogenannte „Stockpile Stewardship Program“ ausgegebenen Mittel werden im kommenden Jahr auf 6,4 Milliarden Dollar aufgestockt. Offiziell dient das Programm zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der bestehenden Kernwaffenarsenale. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass Funktionstests neueentwickelter bunkerbrechender Atomsprengköpfe ermöglicht werden sollen. Außerdem erfolgt eine Modernisierung des Versuchsgeländes etwa 100 km nordöstlich von Las Vegas. Presseberichten zufolge forderte eine Geheimkonferenz der Atomwaffenlobby erst im vergangenen Monat eine Wiederaufnahme der Kernwaffenversuche. Sollten ihre Pläne umgesetzt werden, könnten bereits in knapp zwei Jahren in der Wüste von Nevada wieder Nuklearexplosionen zur Erprobung der neuen „Mininukes“ gezündet werden. Sie würden den Teststoppvertrag endgültig in Makulatur verwandeln.

Die Kommission mit einem Jahresbudget von 94,5. Mio. Dollar (2004) konnte die technischen Vorarbeiten zur Kontrolle des Testverbots inzwischen weit voran bringen. Die zukünftige Organisation besteht aus der Konferenz aller Vertragsstaaten, einem 51 Mitglieder umfassenden Exekutivrat und einem Technischen Sekretariat mit Sitz in Wien, dem ein Internationales Datenzentrum zugeordnet ist. Exekutivsekretär Wolfgang Hoffmann und seine 266 Mitarbeiter (davon sind knapp 1/3 Frauen) aus 68 Staaten können nach vierjähriger Tätigkeit beeindruckende Resultate vorweisen. Sie errichten ein weltweites Netzwerk von Beobachtungsposten in insgesamt 90 Ländern. Im Zentrum steht ein globales System von 170 seismischen Stationen. Es kann eventuelle unterirdische Nuklearexplosionen registrieren und von den jährlich etwa 50 000 natürlichen Erdbeben unterscheiden. 80 Radionuklid-Detektoren und 60 Infraschallgeräte, darunter auch die bereits arbeitende Station Haidmühle in Niederbayern, beobachten außerdem die Atmosphäre, während 11 hydroakustische Systeme die Weltmeere kontrollieren. Die technischen Überwachungen werden ergänzt durch Transparenzmaßnahmen, Konsultationen zur Klärung von Zweifelsfällen und Vor-Ort-Inspektionen. Das Internationale Datenzentrum, das die Informationen sammelt und auswertet, verfügt bereits über 16 Untersuchungslabors und 270 Kontrollstationen.

Doch nach insgesamt mehr als 2000 Nukleartests fehlt immer noch der politische Wille einiger Regierungen, endgültig auf Kernwaffenversuche zu verzichten. Eine erste Sonderkonferenz hatte bereits im Oktober 1999 statt gefunden. In ihrer Schlusserklärung unterstrichen die Teilnehmer die Bedeutung des Teststoppabkommens, hoben die besondere Verantwortung der Kernwaffenmächte hervor und appellierten an die noch abseits stehenden Staaten, den Vertrag zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Alle Regierungen wurden aufgefordert, die Bestimmungen bereits vor dem Inkrafttreten zu respektieren und den Aufbau der CTBTO zu unterstützen. Doch die Verweigerer ließen sich kaum beeindrucken und greifbare Ergebnisse blieben bisher aus. Ob der nun in New York tagenden Konferenz mehr Erfolg beschieden sein wird, muss bezweifelt werden.

Die Ursachen für diese Situation führen zurück in die komplizierte Verhandlungsgeschichte. Um einseitige militärische Vorteile für nukleare Außenseiter zu verhindern, wollte man damals durch eine Liste aller Staaten mit relevanten Nuklearaktivitäten einen politischen Druck zum Beitritt auf die entsprechenden Regierungen ausüben. Doch die Taktik schlug fehl, denn mit einer derartigen Verknüpfung bekamen die Teststoppgegner ein Blockierungsinstrument gegen das völkerrechtliche Wirksamwerden des Testverbots in die Hand. Hinzu kam, daß die Nuklearmächte jegliche weitergehende Abrüstungsverpflichtung ihrer eigenen Kernwaffen ablehnten und sich zudem Schlupflöcher für deren qualitative Vervollkommnung offenließen. Als Reaktion darauf war Indien kurz vor Fertigstellung des Textes aus den Verhandlungen ausgestiegen und verweigerte wie dann auch der Nachbar Pakistan die Unterzeichnung. Der Vertrag sei diskriminierend, denn während er allen übrigen Staaten das Überschreiten der nuklearen Schwelle verbiete, erlaube er den Atommächten die Weiterentwicklung ihrer Kernwaffen durch „subkritische“ Tests und Computersimulationen. Beide Staaten verschafften sich dann im Mai 1998 mit eigenen nuklearen Testexplosionen Eintritt in den exklusiven Fünferclub der Kernwaffenmächte, erklärten jedoch später ihre prinzipielle Bereitschaft, sich dem Teststoppvertrag anzuschließen.

Anfang Oktober 1999 fand eine Sonderkonferenz statt. Sie sollte einen gangbaren Weg aus dem Dilemma finden und alternative Wege zum Inkrafttreten beraten. Dafür gäbe es mehrere Alternativen: Optimal wäre sicherlich, durch Verhandlungen und gegenseitige Kompromisse, die erforderlichen Ratifikationen zu erreichen, damit der Vertrag in Kraft treten kann. Zu erwarten ist also, daß die Konferenz alle noch ausstehenden Staaten zum Beitritt auffordert und ihnen möglicherweise finanzielle, technische und administrative Unterstützung anbietet. Rechtsexperten diskutieren außerdem die Möglichkeit, daß diejenigen Staaten, die bereits ratifiziert haben, die Vertragsbestimmungen jeweils für sich als rechtwirksam erklären und damit individuell in Kraft setzen. Schließlich würde ein Beschluß über die provisorische Durchführung der im Abkommen vorgesehenen Verifikationsbestimmungen das Testverbot einschließlich seiner Kontrolle de facto beginnen lassen.

Als vor gut zwei Jahren der Vertrag über die vollständige Einstellung der Kernwaffenversuche abgeschlossen wurde, erschienen die Aussichten für sein Inkrafttreten ziemlich düster. Rechtswirksam wird das Verbot nämlich erst, nachdem ihm 44 namentlich aufgeführte Staaten mit relevanten Nuklearaktivitäten beigetreten sind. Kurz zuvor aber war Indien als einer der genannten Staaten mit fundamentaler Kritik an fehlenden Verpflichtungen zur nuklearen Abrüstung in letzter Minute aus den Verhandlungen ausgestiegen und verweigerte wie dann auch der Nachbar Pakistan die Unterzeichnung. Der Vertrag sei diskriminierend, denn er erlaube den Kernwaffenmächten die Weiterentwicklung ihrer Kernwaffen durch „subkritische“ Tests und Computersimulationen. Die Ironie der Geschichte könnte nun dazu führen, daß ausgerechnet durch die Nuklearversuche Indiens und Pakistans im vergangenen Frühjahr die Chancen für das Inkrafttreten des Testverbots gewachsen sind. Nach weltweiter Verurteilung und Wirtschaftssanktionen verkündeten die Premierminister Sharif und Vaijpayee auf der laufenden 53. UNO-Vollversammlung die Absicht Islamabads und Delhis, den Teststoppvertrag zu unterzeichnen. Diesen Schritt haben 155 andere Staaten bereits vollzogen, und zu den 56 vorliegenden Ratifikationen gehört seit August 1999 auch die der Bundesrepublik. Ebenso haben alle Kernwaffenmächte den Vertrag unterschrieben, allerdings nur Russland, Frankreich und Großbritannien bisher ratifiziert. Als einzige der „Problemfälle“ fehlt aber immer noch das Signum Nordkoreas. Bereits in der Vergangenheit hat Pjöngjang in den Nuklearverhandlungen mit den USA jedoch gezeigt, daß es sich den Argumenten von Zuckerbrot und Peitsche auf Dauer nicht verschließt. Damit wären dann die Voraussetzungen zum Erfolg der für den September kommenden Jahres geplanten Vertragskonferenz über das Inkraftsetzen des Abkommens erheblich verbessert.

Eine gekürzte Fassung des Beitrags erschien in: Neues Deutschland, vom 2. September 2003




Trübe Aussichten für Teststoppvertrag

UN-Sondersitzung in New York / Nach Terroranschlägen denken USA an neue Kernwaffenversuche

Von Dr. Wolfgang Kötter

Im Hauptsitz der Vereinten Nationen begann gestern eine Sonderkonferenz zum Nuklearen Teststoppvertrag, die wegen der Terrorangriffe in New Yorker verschoben worden war. Unter der Präsidentschaft von Mexikos Außenminister Jorge Castañeda wollen die Vertragsstaaten nach Wegen suchen, damit das Abkommen, das alle Nuklearexplosionen zur Erprobung von Kernwaffen verbietet, endlich rechtswirksam werden kann. Das nach jahrzehntelangen Bemühungen 1996 zu Stande gekommene umfassende Testverbot sollte ursprünglich zu einem zentralen Stützpfeiler im weltweiten Regime der Nichtverbreitung von Atomwaffen werden, denn immer noch gilt ein erfolgreicher Kernwaffenversuch als Eintrittskarte in den exklusiven Club der Nuklearmächte. Doch obwohl bereits 84 Staaten den Vertrag ratifiziert und weitere 77 unterzeichnet haben, ist er nicht in Kraft getreten. Erforderlich ist der Beitritt von 44 namentlich genannten Ländern. Indien, Pakistan und Nordkorea verweigern bisher jedoch ihre Unterschriften. Außerdem fehlen die Ratifikation der Nuklearmächte China und USA. Zu den 13 Säumigen gehören zudem Algerien, Ägypten, Indonesien, Iran, Israel, Kolumbien, Kongo und Vietnam.

Schuld an der verfahrenen Situation ist eine politische Fehlkalkulation während der Vertragsverhandlungen. Um einseitige militärische Vorteile für Schwellenmächte auszuschließen, hoffte man durch eine dem Vertrag angefügte Liste aller Staaten mit relevanten Nuklearaktivitäten politischen Druck auf die entsprechenden Regierungen auszuüben. Doch statt des erhofften Beitritts erhielten die Teststoppgegner durch dieses Junktim ein Vetorecht gegen den Vertrag. Hinzu kam, dass die Nuklearmächte die Aufnahme weitergehender Abrüstungsverpflichtungen in den Text ablehnten und sich zudem Schlupflöcher für eine qualitative Vervollkommnung ihrer Kernwaffen durch so genannte subkritische Tests offen ließen. Als Reaktion verweigerten Indien und Pakistan die Unterzeichnung. Beide Staaten überschritten im Mai 1998 mit eigenen Testexplosionen die nukleare Schwelle.

In den USA erhöht nun die Testlobby in der nach den Terrorattacken patriotisch aufgeheizten Atmosphäre den Druck gegen das Verbot. So wurde bereits damit begonnen, die Einsatzbereitschaft des Atomtestgeländes in Nevada zu überprüfen. Angeblich könnten neue Versuche notwendig werden, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der nuklearen Gefechtsköpfe zu prüfen. Trotz der Dementis aus dem Weißen Haus ist es ein offenes Geheimnis, dass die Bush-Administration nach einem Weg sucht, um sich ohne allzu großen Gesichtsverlust aus dem von Amtsvorgänger Clinton unterzeichneten Vertrag endgültig zu verabschieden. Presseberichten zufolge soll nun gemeinsam mit China eine Wiederaufnahme unterirdischer Kernwaffenversuche angestrebt werden. Washington kürzte schon mal das Geld für die Vorbereitungskommission zur »Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization« (CTBTO), dem speziellen Kontrollorgan des Vertrages, um 900.000 Dollar und nimmt auch nicht an der Konferenz teil.

Die Kommission mit einem Jahresbudget von 83,5 Millionen Dollar konnte die technischen Vorarbeiten zur Kontrolle des Testverbots inzwischen weit voran bringen. Die zukünftige Organisation besteht aus der Konferenz aller Vertragsstaaten, einem 51 Mitglieder umfassenden Exekutivrat und einem Technischen Sekretariat mit Sitz in Wien, dem ein Internationales Datenzentrum zugeordnet ist. Exekutivsekretär Wolfgang Hoffmann und seine rund 250 Mitarbeiter aus 69 Staaten können nach vierjähriger Tätigkeit beeindruckende Resultate vorweisen. Sie errichten ein weltweites Netzwerk von Beobachtungsposten in insgesamt 90 Ländern. Im Zentrum steht ein globales System von 170 seismischen Stationen. Es kann eventuelle unterirdische Nuklearexplosionen registrieren und von den jährlich etwa 50000 natürlichen Erdbeben unterscheiden. 80 Radionuklid-Detektoren und 60 Infraschallgeräte, darunter auch die bereits arbeitende Station Haidmühle in Niederbayern, beobachten außerdem die Atmosphäre, während elf hydroakustische Systeme die Weltmeere kontrollieren. Die technischen Überwachungen werden ergänzt durch Transparenzmaßnahmen, Konsultationen zur Klärung von Zweifelsfällen und Vor-Ort-Inspektionen. Das Internationale Datenzentrum, das die Informationen sammelt und auswertet, verfügt bereits über 16 Untersuchungslabors und 265 Kontrollstationen.

Doch nach insgesamt mehr als 2000 Nukleartests fehlt immer noch der politische Wille einiger Regierungen, endgültig auf Kernwaffenversuche zu verzichten. Eine erste Sonderkonferenz hatte bereits im Oktober 1999 stattgefunden. In ihrer Schlusserklärung unterstrichen die Teilnehmer die Bedeutung des Teststoppabkommens, hoben die besondere Verantwortung der Kernwaffenmächte hervor und appellierten an die noch abseits stehenden Staaten, den Vertrag zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Alle Regierungen wurden aufgefordert, die Bestimmungen bereits vor dem Inkrafttreten zu respektieren und den Aufbau der CTBTO zu unterstützen. Doch die Verweigerer ließen sich kaum beeindrucken, und greifbare Ergebnisse blieben bisher aus. Ob der nun in New York tagenden Konferenz mehr Erfolg beschieden sein wird, muss bezweifelt werden.

Aus: Neues Deutschland, 12. November 2001


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