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Kims zweiter Big Bang

Nordkorea zündet seinen zweiten Atomsprengsatz innerhalb von drei Jahren

Von Wolfgang Kötter *

Es geschah am Montag Vormittag (25.5.2009). Um 9.54 Uhr Ortszeit registrierten südkoreanische Seismologen im Norden des Nachbarlandes etwa 80 Kilometer nordwestlich der Stadt Kilchu ein "künstliches Erdbeben", das auf einen Nukleartest hindeutete. Laut der südkoreanischen Agentur Yonhap hatte es eine Stärke von 4,5. US-Wissenschaftler maßen sogar ein Beben der Stärke 5,3 in einer Tiefe von zehn Kilometern. Die Erschütterung kam aus derselben Provinz Nord-Hamkyong wie die Detonation eines Kernsprengsatzes am 6. Oktober 2006. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau setzte die unterirdische Explosion eine Energie von zehn bis 20 Kilotonnen frei. Die von den USA 1945 über Hiroshima abgeworfene Atombombe hatte eine Sprengkraft von rund 15 Kilotonnen. Der erfolgreiche Test sei Teil der „Maßnahmen zur Stärkung der atomaren Kräfte zur Selbstverteidigung“ gewesen, berichtete stolz die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Das Land habe damit die Sprengkraft und Präzision seiner Atombombe gesteigert.

Auch dieser Nukleartest erfolgte mit Ansage. Erst Ende April hatte die Führung in Pjöngjang mit einem weiteren Atomwaffenversuch und Raketentests gedroht. Grund sei, dass der UN-Sicherheitsrat den Test einer Rakete mit größerer Reichweite verurteilt hatte. Nordkorea verlangt eine Entschuldigung sowie die Rücknahme von Sanktionen und kündigte den Ausstieg aus den Sechs-Staaten-Atomverhandlungen mit Südkorea, Japan, China, Russland und den USA an.

Über das Motiv sind sich die meisten Beobachter einig: Nordkorea wolle mit dem neuerlichen Atomtest Stärke demonstrieren, um weitere Zugeständnisse zu erreichen und die USA möglicherweise zu bilateralen Direktverhandlungen zu veranlassen. "Der Zweck ist, den Druck auf die Weltgemeinschaft zu erhöhen, damit Nordkorea erreicht, was es will und braucht", sagte die Nordkorea-Expertin des Shanghaier Instituts für internationale Beziehungen Yu Yingli.

Medienberichten zufolge hat Nordkorea gestern ebenfalls drei Boden-Luft-Rakete mit einer Reichweite von 130 Kilometern getestet. Die Flugkörper seien aus der nahe des Japanischen Meers gelegenen Stadt Musudan Ri aus abgefeuert worden.

Der Rest der Welt reagiert besorgt. US-Präsident Barack Obama bezeichnet den Atomtest als „Bedrohung für den internationalen Frieden". Obama kündigt eine Reaktion der internationalen Gemeinschaft an. Das Vorgehen Pjöngjangs sei zwar keine Überraschung, aber "Grund zu tiefer Besorgnis für alle Nationen". Frankreich fordert härtere UN-Sanktionen gegen Nordkorea. Die Europäische Union hat den Atomtest ebenfalls scharf verurteilt. „Diese unverantwortlichen Handlungen rechtfertigen eine harte Antwort der internationalen Gemeinschaft“, heißt es in einer Erklärung des EU- Außenbeauftragten Javier Solana in Brüssel.

Auch die Ärzteorganisation IPPNW kritisiert die nordkoreanische Regierung für ihren heutigen Atomtest. Dieser Test gefährde nicht nur Umwelt und Gesundheit, sondern auch die Abrüstungsinitiativen von Barack Obama. IPPNW-Abrüstungsreferentin Xanthe Hall erklärt dazu: „Obwohl dieser Test nicht ganz überraschend erfolgte, ist er eine große Enttäuschung für die Befürworter einer atomwaffenfreien Welt. Gerade zu dem Zeitpunkt, als die Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York mit neuer Zuversicht der Abrüstungsexperten zu Ende gegangen ist, torpediert Nordkorea diese Hoffnungen. Der Test sollte uns eine Lehre sein, die Atomkonflikte mit Nordkorea und dem Iran friedlich und schnell zu lösen, um die Abrüstung weiter voran zu treiben. Eine weitere Eskalation wäre fatal.“ Gerade jetzt müssten diplomatische Initiativen ergriffen werden, fordert ebenfalls die Psychotherapeutin und IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen: „Man sollte nicht diejenigen bedrohen, die bereits jetzt am meisten um ihre Sicherheit bangen.“

Japan forderte unverzüglich eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Sie begann noch am selben Abend um 22.00 Uhr unter russischem Vorsitz im New Yorker UNO-Hauptsitz.

Dieser Beitrag erschien - mit wenigen Änderungen - unter dem Titel "'Künstliches Erdbeben' mit Ansage" im "Neuen Deutschland" vom 26. Mai 2009

Weitere Meldungen/Stellungnahmen

Ban deplores DPR Korea's underground nuclear test

25 May 2009 – Secretary-General Ban Ki-moon strongly deplored the conduct of an underground nuclear test by the Democratic People's Republic of Korea (DPRK), in “clear and grave” violation of resolutions of the United Nations Security Council which is set to hold emergency talks on the matter today.

“The Secretary-General is deeply concerned that this act will negatively affect regional peace and stability as well as the global nuclear non-proliferation regime,” his spokesperson said in a statement.

Mr. Ban “trusts that the Security Council will take up this matter to send out a strong and unified message, conducive to achieving the goal of de-nuclearization of the Korean peninsula and peace and security in the region,” the statement added.

Discussions in the Council are scheduled to begin at 4 p.m. and will be chaired by Russia, which holds the rotating presidency of the 15-member body for the month of May.

Following DPRK's claims to have conducted a nuclear test in October 2006, the Council had demanded that it “not conduct any further nuclear test or launch of a ballistic missile” and imposed sanctions against the country.

Most recently, both Mr. Ban and the Council spoke out after the East Asian nation, against strong international appeals, carried out rocket launches.

They also called for the early resumption of the Six-Party Talks, involving DPRK, Republic of Korea, Japan, China, Russia and the United States.

In today's statement, Mr. Ban urged DPRK to refrain from taking further actions that would increase tensions in the region, and insisted that the country comply with its obligations and restart dialogue with the parties concerned without delay.

Source: UN News Centre, 25 May 2009; www.un.org


IPPNW: Atomkonflikt mit Nordkorea gefährdet neue Abrüstungsvision

Konfliktlösung bleibt erste Priorität für die Atomwaffenpolitik, nicht die Eskalation

IPPNW-Presseinfo, 25. Mai 2009

Die Ärzteorganisation IPPNW kritisiert die nordkoreanische Regierung für ihren heutigen Atomtest. Dieser Test gefährdet nicht nur Umwelt und Gesundheit, sondern auch die Abrüstungsinitiativen von Barack Obama.

Heute früh um 01:54 Uhr (CET) wurde im Nordosten von Nordkorea ein Erdbeben in der Höhe von 4,7 auf der Richterskala gemessen. Einige Zeit später erklärte die nordkoreanische Regierung, sie habe erfolgreich unterirdisch eine Atombombe getestet. Er sei Teil von Pjöngjangs "Maßnahmen, um die nukleare Abschreckung zur Selbstverteidigung zu stärken".

IPPNW-Abrüstungsreferentin Xanthe Hall erklärt dazu: "Obwohl dieser Test nicht ganz überraschend erfolgte, ist er eine große Enttäuschung für die Befürworter einer atomwaffenfreien Welt. Gerade zu dem Zeitpunkt, als die Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York mit neuer Zuversicht der Abrüstungsexperten zu Ende gegangen ist, torpediert Nordkorea diese Hoffnungen. Der Test sollte uns eine Lehre sein, die Atomkonflikte mit Nordkorea und dem Iran friedlich und schnell zu lösen, um die Abrüstung weiter voran zu treiben. Eine weitere Eskalation wäre fatal."

Nordkorea hatte bereits kurz vor der Prager Rede Barack Obamas, in der er zu einer atomwaffenfreien Welt aufrief, mit einem Langstreckenraketentest die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gelenkt. Befürworter einer atomwaffenfreien Welt sind der Meinung, dass Atomkonflikte, wie die mit Nordkorea und Iran, mit Priorität zu behandeln sind. Nur wenn wir diese Konflikte erfolgreich lösen, können wir auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt voranschreiten. Die IPPNW glaubt, dass militärische Aktionen hier kontraproduktiv sind. "Gerade jetzt müssen diplomatische Initiativen ergriffen werden. Man sollte nicht diejenigen bedrohen, die bereits jetzt am meisten um ihre Sicherheit bangen", so die Psychotherapeutin und IPPNW-Vorsitzende Dr. med. Angelika Claußen.


Amtliche Erklärung Nordkoreas

Die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte am 25. Mai 2009 eine Mitteilung, die den Atomtest als großen Erfolg Nordkoreas feiert. Im Folgenden dokumentieren wir den vollständigen Text in einer deutschen Übersetzung.

Die Demokratische Volksrepublik Korea [DPRK] hat am 25. Mai erfolgreich einen weiteren unterirdischen Atomtest vorgenommen als Teil der Maßnahmen mit dem Ziel, seine abschreckende atomare Selbstverteidigung in jeder Weise zu stärken, so wie es von seinen Wissenschaftlern und Technikern gefordert wird.

Der aktuelle Atomtest wurde sicher durchgeführt auf einem höheren Niveau hinsichtlich seiner Sprengkraft und Kontrolltechnologie, und die Ergebnisse halfen zufriedenstellend, die wissenschaftlichen und technologischen Probleme zu lösen, die bei der Steigerung der Kraft von Atomwaffen und der ständigen Weiterentwicklung von Atomtechnologie auftreten.

Der erfolgreiche Atomtest inspiriert die Armee und das Volk der DPRK außerordentlich umfassend bei der 150-Tage-Kampagne und intensiviert den Antrieb für die Umsetzung einer neuen revolutionären Erhebung, die einer gedeihenden Nation das Tor öffnen soll.

Der Test wird dazu beitragen, die Souveränität des Landes und der Nation und den Sozialismus zu verteidigen und Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel und in der umliegenden Region zu garantieren mit der Macht der Songun.

Quelle: www.n-tv.de




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