Spielen auf Zeit
Ratifizierung des START-Vertrags mit Rußland noch 2010 gefährdet. US-Republikaner verzögern Abstimmung
Wegen des Widerstands der Republikaner droht sich die Ratifizierung des zwischen Rußland und den USA vereinbarten START-Abrüstungsvertrags zu verzögern. Der republikanische Senator Jon Kyl erklärte am Dienstag (16. Nov.), er rechne nicht vor 2011 mit einer Abstimmung im Senat. Die Regierung, die bei dem Votum auf die Unterstützung der Republikaner angewiesen ist, warnte vor einem Scheitern der Ratifizierung.
Die Regierung von Präsident Barack Obama ist daran interessiert, den START-Vertrag noch dieses Jahr vom Senat ratifizieren zu lassen. Die Demokraten hatten in den vergangenen Tagen noch einmal intensiv um die Zustimmung der Republikaner geworben. Vertreter des Weißen Hauses führten dazu am Dienstag intensive Gespräche mit Kyl. Er ist der stellvertretende Minderheitsführer der Republikaner im Senat.
Die Republikaner haben derzeit 41 Sitze im Senat, die Demokraten 59. Da zur Ratifizierung des Abkommens eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, benötigen die Demokraten die Stimmen republikanischer Senatoren. Sollte sich die Abstimmung bis Januar verzögern, wenn der neu gewählte Senat seine Arbeit aufnimmt, wird eine Ratifizierung noch schwieriger. Denn in der neuen Parlamentskammer haben die Demokraten nach der Kongreßwahl von Anfang des Monats dann sechs Sitze weniger als bisher.
US-Vize-Präsident Joe Biden erklärte, sollte die Ratifizierung des Abkommens in diesem Jahr nicht gelingen, sei die nationale Sicherheit in Gefahr. Ohne das Abkommen könnten keine US-Experten die russischen Atomaktivitäten überwachen. Es gebe dann weniger Zusammenarbeit zwischen den Ländern, die 90 Prozent der Atomwaffen der Welt in ihrem Besitz haben, und keine durch Überprüfungen sichergestellte Reduktion der Arsenale.
Kyl sieht dagegen vor der Abstimmung noch »nicht gelöste Probleme«. Zudem sei das Programm des Kongresses für dieses Jahr bereits voll. Die Republikaner fordern von der US-Regierung Zusicherungen über eine Modernisierung des US-Atomwaffenarsenals. Zudem verlangen sie eine Klarstellung, daß der START-Vertrag die US-Pläne zur Raketenabwehr nicht beeinträchtigt.
Ein hoher Vertreter des US-Außenministeriums äußerte »Enttäuschung« über Kyls Haltung. Er kündigte an, Außenministerin Hillary Clinton werde am Mittwoch diese Frage im Gespräch mit Senatoren ansprechen. Der Geheimdienstkoordinator James Clapper sagte, aus seiner Sicht gelte für die Ratifizierung: je früher, desto besser.
Der Vertrag soll den im Dezember abgelaufenen START-Vertrag von 1991 ersetzen. Er sieht eine Obergrenze von je 1550 einsatzbereiten Atomsprengköpfen in Rußland und den USA vor. Die Zahl der Trägersysteme – Raketen, U-Boote und Flugzeuge – soll auf 800 pro Land sinken. US-Präsident Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew hatten das Abkommen im April unterzeichnet. (AFP/jW)
* Aus: junge Welt, 18. November 2010
US-Republikaner blockieren START
Ratifizierung des Abrüstungsvertrages mit Russland könnte sich bis 2011 verzögern **
Wegen des Widerstands der US-Republikaner droht sich die Ratifizierung des zwischen Russland und den USA vereinbarten START-Abrüstungsvertrages zu verzögern.
Der republikanische Senator Jon Kyl erklärte, er rechne nicht vor 2011 mit
einer Abstimmung im Senat. Die Regierung, die bei dem Votum auf die Unterstützung der Republikaner angewiesen ist, warnte vor einem Scheitern der Ratifizierung.
Die Regierung von Präsident Barack Obama dringt darauf, dass der START-Vertrag noch dieses
Jahr vom Senat ratifiziert wird. Die Demokraten hatten in den vergangenen Tagen noch einmal
intensiv um die Zustimmung der Republikaner geworben. Vertreter des Weißen Hauses führten dazu
am Dienstag (Ortszeit) intensive Gespräche mit Kyl. Er ist der stellvertretende Minderheitsführer der
Republikaner im Senat.
Die Republikaner haben derzeit 41 Sitze im Senat, die Demokraten 59. Da zur Ratifizierung des
Abkommens eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist, benötigen die Demokraten die Stimmen
republikanischer Senatoren.
Sollte sich die Abstimmung bis Januar verzögern, wenn der neu gewählte Senat seine Arbeit
aufnimmt, wird eine Ratifizierung noch schwieriger. Denn in der neuen Parlamentskammer haben
die Demokraten nach der Kongresswahl Anfang November dann sechs Sitze weniger als bisher.
US-Vizepräsident Joe Biden erklärte, sollte die Ratifizierung des Abkommens in diesem Jahr nicht
gelingen, sei die nationale Sicherheit in Gefahr. Ohne das Abkommen könnten keine US-Experten
die russischen Atomwaffenarsenale überwachen. Es gebe dann weniger Zusammenarbeit zwischen
den Ländern, die 90 Prozent der Atomwaffen der Welt in ihrem Besitz haben, und keine durch
Überprüfungen sichergestellte Reduktion der Bestände.
Kyl sieht dagegen vor der Abstimmung noch »nicht gelöste Probleme«. Zudem sei das Programm
des Kongresses für dieses Jahr bereits voll. Die Republikaner fordern von der US-Regierung
Zusicherungen über eine Modernisierung des US-Atomwaffenarsenals. Zudem verlangen sie eine
Klarstellung, dass der START-Vertrag die US-Pläne zur Raketenabwehr nicht beeinträchtigt.
Ein hoher Vertreter des US-Außenministeriums äußerte »Enttäuschung« über Kyls Haltung. Er
kündigte an, Außenministerin Hillary Clinton werde am Mittwoch (Ortszeit) diese Frage im Gespräch
mit Senatoren ansprechen. Der Geheimdienstkoordinator James Clapper sagte, aus seiner Sicht
gelte für die Ratifizierung: je früher, desto besser.
* Aus: Neues Deutschland, 18. November 2010
Drohender Fehl-START
Von Olaf Standke ***
Vor ein paar Tagen noch zeigte sich Barack Obama optimistisch: Bis zum Jahreswechsel werde das neue Atomabrüstungsabkommen mit Russland im Senat ratifiziert sein. Schließlich sei der START-Nachfolgevertrag vom dortigen Auswärtigen Ausschuss gebilligt worden und genieße bei Demokraten wie Republikanern starke Unterstützung.
Schon das klang ein wenig wie das sprichwörtliche Pfeifen im Walde. Denn nach der Schlappe bei den Kongresswahlen hat sich die Situation der Präsidentenpartei im Parlament deutlich verschlechtert. Im 100 Mitglieder großen Senat sind 67 Stimmen für eine Ratifizierung erforderlich. Schon heute benötigt Obama mindestens acht konservative Stimmen, um den nicht nur bilateral so wichtigen Vertrag durch den Kongress zu bringen. Nachdem die demokratische Mehrheit in der zweiten Kammer drastisch geschrumpft ist, wären es im neuen Senat ab Anfang nächsten Jahres sogar 14. Und einer der republikanischen Meinungsführer hat nun angekündigt, er wolle nicht für die Billigung des Abkommens stimmen. Das wäre dann auch ein Signal für seine Parteikollegen – und aus dem erhofften internationalen Erfolg für den innenpolitisch so gebeutelten Präsidenten würde ein glatter Fehl-START in die zweite Halbzeit seiner Amtszeit werden.
*** Aus: Neues Deutschland, 18. November 2010 (Kommentar)
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