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Nie wieder Krieg?

Prokla (Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft) 162 erschienen. Editorial und Inhaltsverzeichnis


Prokla-Redaktion: Editorial

Keine Wehrpflicht! Keine Soldaten!
Keine Monokel-Potentaten!
Keine Orden! Keine Spaliere!
Keine Reserveoffiziere!
Ihr seid die Zukunft!
Euer das Land!

Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband!
Wenn ihr nur wollt, seid ihr alle frei!
Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei!
Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg!
Nie wieder Krieg!

Theobald Tiger [Kurt Tucholsky]: Drei Minuten Gehör, 1922

Nie wieder Krieg! So lautete die Parole der Friedensbewegung der Weimarer Republik in den Jahren nach dem Weltkrieg, der damals noch nicht als der „Erste“ relativiert wurde. „Ohne uns!“ hieß es nach dem Zweiten Weltkrieg in West-Deutschland, als der Adenauer-Staat in das westliche Militärbündnis hinein wiederaufgerüstet wurde. „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ – diese Parole war Ende der 1970er Jahre auf Transparenten in Hochschulen oder als Graffito an Hauswänden zu lesen. Sie geht nicht etwa auf Brecht, sondern auf eine Gedichtzeile des US-amerikanischen Schriftsteller Carl Sandburg aus den 1930er Jahren zurück: „Sometime they’ll give a war and nobody will come.“

Tatsächlich ließe sich die Bundeswehr bis 1989 als absurde Armee bezeichnen: Die Bundesrepublik führte damals keinen Krieg und hätte angesichts der in Mitteleuropa festgefahrenen atomaren Blockkonfrontation auch keinen Krieg führen können, ohne sofort komplett vernichtet zu werden. Deutsche Soldaten starben in diesen Jahren am ehesten bei Übungen innerhalb ihrer eigenen Einheiten, so wie die mehr als 100 Starfighter-Piloten, die man in funktionsuntüchtige Bomber gesetzt hatte. Aber vielen in der deutschen Bevölkerung erschien es vorstellbar, dass die martialische Rhetorik mancher Politiker, die von der „nuklearen Teilhabe“ schwadronierten und „massive Vergeltung“ einforderten, dazu führen könnte, dass die Bundesrepublik sich dennoch an einem Angriffskrieg beteiligen würde. In diesem Fall hoffte man auf massenhafte Verweigerung.

Befand sich die Bundeswehr, wie der Militärhistoriker Wolfram Wette analysierte, in der Zeit des Kalten Krieges in einer „permanenten Wartestellung“ oder wie der Friedensforscher Gert Krell formulierte, in einem „spezifisch deutschen Verteidigungsdilemma“ (Krell 1989), so hat sich dies seit 1989/1992, seit der deutschen Einheit und dem Zusammenbruch der Sowjetunion, grundsätzlich geändert. Der Umbruch kam überraschend – wer hätte sich Mitte der 1980er Jahre vorstellen können, dass die Bundeswehr innerhalb weniger Jahre weltweit in bewaffnete Konflikte verwickelt sein würde? Und er stiftete kurzzeitig Verwirrung an allen Fronten: Friedensaktivisten und -forscher diskutierten Anfang der 1990er Jahre noch über die Verteilung einer „Friedensdividende“ und Sicherheitspolitiker wie Militärs waren einen historischen Moment lang erschrocken darüber, dass ihnen der Feind abhanden gekommen war. Allerdings lässt sich in der Rückschau nicht der große Bruch diagnostizieren, eher sind hier viele kleine Schritte zu erkennen: Der Umbau der Sicherheitsarchitektur und die tendenzielle Remilitarisierung der Außenpolitik des vereinigten deutschen Staates bezeichnete Joseph Fischer 1994, damals noch als Oppositionspolitiker im Bundestag, treffend als das Ergebnis einer „Salamitaktik“. Während sein grüner Parteigenosse Daniel Cohn-Bendit schon 1994 Kampfeinsätze der Bundeswehr verlangte, galt Fischer damals das mörderische Wüten der Wehr¬macht auf dem Balkan noch als Einwand gegen den Einsatz von deutschen Kampftruppen: „Für die Zukunft sehe ich die erhebliche Gefahr, daß die Bundesregierung, Koalition und Generalität nach den Gesetzen der Salami-Taktik Anlässe suchen oder Anlässe schaffen werden, um die Barrieren abzuräumen, die es gegenüber der Außenpolitik des vereinigten Deutschlands noch gibt. Als Vehikel dienen dabei die Menschenrechts- und Humanitätsfragen.“ (Zit. bei Ditfurth 2010) Genau diese Taktik war es dann, mit der er selbst 1999 den ersten Kriegseinsatz Deutschlands nach 1945 herbeiführte.

Nach der deutschen Einheit waren es nicht mehr nur randständige Rechte, die den geschichtspolitischen Normalisierungsdiskurs führten und damit das interventionistische, neo-imperiale Umschwenken deutscher und deutsch dominierter europäischer Militär- und Außenpolitik flankierten. Botho Strauss‘ „Anschwellender Bocksgesang“ (Strauss 1993), Martin Walsers Rede in der Frankfurter Paulskirche 1998 und die sogenannte ‚Walser-Bubis-Debatte‘ sind nur drei Beispiele dafür, wie deutsch-nationale Positionen in der ‚Neuen Berliner Republik‘ wieder in den Vordergrund traten (vgl. Brumlik/Funke/Rensmann 2000). Im Rahmen dieser Normalisierungsoffensive berief man sich abermals auf überzeitliche militärische Werte, um Legitimität herzustellen. Mitten aus den etablierten politischen Kräften der bundesdeutschen Demokratie wurde seither das Vorhaben unterstützt, mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands positiv abzuschließen und sich geläutert auf die „Bühne der großen Weltpolitik“ zu begeben. Auch in militärischer Hinsicht sollten sich die Deutschen jetzt endlich wieder ganz „normal“ fühlen können. Dem stand allerdings entgegen, dass parallel dazu die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944“ erstmals eine breit geführte öffentliche Debatte zur militärischen Vergangenheit anstieß und mehr als 800.000 größtenteils junge Besucher anzog.

1998 erklärte der damalige Bundeswehrminister Rühe vor dem Hintergrund der NATO-Angriffsplanungen auf Serbien: „Wir machen alles das, was die anderen [Staaten] auch machen – müssen“ (10.6.98 in der Tagesschau um Fünf). Nach dem tatsächlichen Angriff und nach dem Regierungswechsel in Berlin trieb der Grüne und neue Außenminister Fischer die Erklärung noch weiter: „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“ Auf die Frage, ob er zwischen den Ereignissen im Kosovo und der Nazi-Ära eine direkte Parallele sehe, antwortete er: „Ich sehe eine Parallele zu jenem primitiven Faschismus. Offensichtlich sind die 1930er Jahre zurückgekehrt, und das können wir nicht hinnehmen.“ Deutschland beteilige sich demnach nicht trotz, sondern wegen Auschwitz am Angriffskrieg gegen eines der Länder, dessen Bevölkerung bereits knapp 60 Jahre zuvor von der deutschen Wehrmacht angegriffen und unter dem Vorwand der Bandenbekämpfung terrorisiert worden war.

Die Entwicklung nach 1989 bleibt freilich unverständlich, solange man sich von der Frage nach der Wiederkehr des berüchtigten preußisch-deutschen Militarismus in die Irre leiten lässt und mit einem engen Begriff von „Militarisierung“ ausschließlich auf längst überkommene Ausdrucksformen wie den öffentlichen Uniformenkult und die gesellschaftliche Totalmobilmachung abstellt. Dann bleibt es in der Tat ein Rätsel, warum Deutschland in nur zehn bis 15 Jahren zu einer wichtigen internationalen Militärmacht aufgestiegen ist, ohne neben seinen Bündnispartnern besonders aggressiv in Erscheinung zu treten. Die „unendliche Geschichte“ des deutschen Militarismus wird von Dorothea Schmidt demgegenüber in einem breiteren gesellschaftlichen Rahmen untersucht, bei dem es um das Verhältnis des Militärs zu Politik und Rüstungsindustrie sowie um das Innenleben des Militärapparats geht. Hier lassen sich Brüche, aber eben auch Kontinuitäten identifizieren, die den Prozess der Militarisierung nach 1990 verständlich machen. Selbst ohne Hurra-Patriotismus ist es für Deutschland derzeit möglich, Krieg zu führen.

Dass die Bundeswehr seit den 1990er Jahren konsequent verkleinert wurde, kann so gesehen ebenfalls kaum als eine Form der Entmilitarisierung interpretiert werden. Stattdessen agiert die Bundeswehr, wie Florian Flörsheimer zeigt, heute selbst zunehmend als „modernes“ Wirtschaftsunternehmen: Die Orientierung auf Auslandseinsätze und damit einhergehende Prozesse der Umstrukturierung der Truppe gingen einher mit marktorientierten Konzepten des New Public Management, die Eingang in den militärischen Staatsapparat fanden. Vor diesem Hintergrund sind die Aussetzung der Wehrpflicht 2011 und die Einführung einer Freiwilligenarmee denn auch nicht als Abrüstung, sondern als Modernisierung gemäß den Erfordernissen ausgeweiteter Kriegführung und unter dem Diktat der Kosteneffizienz zu beurteilen. Ob dies tatsächlich zu verringerten Militär-Ausgaben führen wird, bleibt noch abzuwarten.

Was die Wiederkehr des Militärischen in den 1990er Jahren freilich von früheren deutschen Großmachtambitionen unterscheidet, ist die bis heute anhaltende Orientierung auf eine enge Bündnispolitik mit anderen EU-Staaten und mit der NATO. Als bewaffneter Arm der westlich-kapitalistischen Staaten zog diese nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Konsequenz, nunmehr auch out of area, also weltweit militärisch zu intervenieren. Peter Strutynski stellt diese Entwicklung in ihren konzeptionell-strategi¬schen Voraussetzungen und Auswirkungen auf die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands bis heute dar. Für die Bundesrepublik ging es von Anfang an um die Wiedergewinnung der uneingeschränkten Souveränität als eigenständiger Staat. Dafür verabschiedete sie sich von dem im Grundgesetz verankerten Anspruch, wonach die Armee nur defensiv eingesetzt werden darf. Was ursprünglich als Recht zur Verteidigung gegen Angriffe auf das Territorium und seine Bewohner gemeint war, wurde nun flexibel umgedeutet als Verteidigung relativ beliebig interpretierbarer Interessen. Die Bundesregierung verkündete, ein vereinigtes Deutschland stehe in der Pflicht, auch international „Verantwortung“ zu übernehmen – von einer Beteiligung an Kriegen war fürs erste offiziell nicht die Rede. In Militärzeitschriften hieß es allerdings bereits Anfang der 1990er Jahre, nun gelte es, die „Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr“ mit allen Mitteln zu fördern. Verteidigungsminister Rühe erließ 1992 „Verteidigungspolitische Richtlinien“ (VPR), in denen viel vom Frieden gesprochen, aber auch eine deutliche Absage an das bisherige Verständnis von Verteidigung formuliert wird: „Krisenmanagement wird als künftige Schwerpunktaufgabe an die Stelle der bisherigen Ausrichtung auf die Abwehr einer großangelegten Aggression treten.“ (VPR 1992: Pkt. 48) Gleichzeitig wird ein Freibrief für weltweite Interventionen erteilt, da diese Sicherheitspolitik sich „weder inhaltlich noch geographisch eingrenzen“ lässt (Pkt. 24). Zu den „vitalen Sicherheitsinteressen“ Deutschlands gehöre unter anderem die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Weltwirtschaftsordnung“ (Pkt. 8). Für die „Kampfaufträge“ der Soldaten bedeute dies: „Im Zentrum des soldatischen Leitbildes steht weiterhin der Wille, Deutschland zu schützen und dazu notfalls auch sein Leben einzusetzen.“ (Pkt. 53)

Diesen Worten hat die Bundesregierung Taten folgen lassen: Bereits im Zweiten Golfkrieg war die Bundeswehr 1990/91 an AWACS-Aufklärungsflügen beteiligt und 1995 waren deutsche Soldaten in Bosnien-Herzegowina stationiert. 2001 leitete Deutschland in Mazedonien erstmals selbst einen NATO-Einsatz. Deutsche Soldaten wurden und werden im Libanon und vor den Küsten Afrikas eingesetzt. Heide Gerstenberger untersucht, wie sich die Piraterie und ihre militärische Bekämpfung im Rahmen der EU-Operation Atalanta entwickelt hat, und inwiefern dieses Vorgehen verfassungsrechtliche Probleme aufwirft (der Beitrag kann aus Platzgründen leider erst in der nächsten Ausgabe der PROKLA, in Nr. 163, im Juni erscheinen). Die koloniale Vergangenheit des Kontinents führte dazu, dass Afrika im vergangenen Jahrzehnt zu einem weiteren Exerzierplatz wurde, auf dem sich Deutschland militärpolitisch „emanzipieren“ und die EU sich als neue Militärmacht erproben konnte, so Werner Ruf in seinem Beitrag. Seit 2002 stehen Kontingente der Bundeswehr in Afghanistan und beteiligen sich an den dortigen Kämpfen, wobei das deutsche Kontingent bis Anfang 2011 auf 4.600 Soldaten erhöht wurde und innerhalb des UN-mandatierten ISAF-Einsatzes agiert. Nicht UN-mandatiert ist hingegen die Operation Enduring Freedom der US-Army, doch wirken beide Einsätze immer mehr zusammen. Der frühere Verteidigungsminister Jung sprach stets von einem „Unterstützungseinsatz“, der allerdings von Anfang an viele Zivilisten das Leben kostete. Besonders dramatische Folgen hatte die Entscheidung des deutschen Oberst Klein, im September 2009 zwei in einem Flussbett feststeckende Tanklastwagen bombardieren zu lassen. Der Luftangriff forderte mehr als 140 Tote – fast ausschließlich Bewohner der umliegenden Dörfer, die sich an den Tanklastern mit Benzin versorgen wollten. Dabei setzte sich das deutsche Einsatzkommando über Vorschriften und Befehlsketten hinweg, um anschließend eine Desinformationskampagne zu betreiben, die das Kriegsverbrechen verschleiern sollte. Die Verantwortlichen gingen nach kurzem Prozess straffrei aus. Es handelt sich hier nicht um einen skandalösen Einzelfall, sondern um die logische Konsequenz einer Kriegsbeteiligung, bei der sich der Mythos vom sauberen bzw. humanitären Krieg rasch entlarvt hat. Verteidigungsminister zu Guttenberg nutzte die Gelegenheit zur diskursiven Flucht nach vorne und bezeichnete den Einsatz als das, was er ist: als Krieg. Diesen Krieg werden die NATO und Deutschland nach Einschätzung von Gerhard Armanski und Jens Warburg, wie sie mit Blick auf die Geschichte fremder Invasoren in diesem Land ausführen, nicht gewinnen.

Die Haltung der deutschen Öffentlichkeit zum Afghanistan-Krieg ist äußerst widersprüchlich. Während im Bundestag Ende Januar mehr als 70% der Abgeordneten dafür stimmten, das Bundeswehr-Mandat zu verlängern, sprechen sich ungefähr ebenso viele Bürgerinnen und Bürger dagegen aus. Gleichzeitig gilt zu Guttenberg nach dem ZDF-Politikbarometer vom Januar 2011 aber immer noch als beliebtester deutscher Politiker.

Der Verteidigungsminister befindet sich mittlerweile im Dauereinsatz, um die Akzeptanz des Krieges zu befördern. Fast wöchentlich besucht er die deutschen Truppen, fallweise auch in Begleitung seiner Frau oder des TV-Moderators Kerner, und weiß die Kurztrips medienwirksam zu inszenieren. Doch Guttenbergs Glamour-Effekt könnte angesichts von Skandalen innerhalb der Bundeswehr und von Ungereimtheiten bei seiner militärischen Führung schnell an Brillanz einbüßen. Längerfristig wirksam dürften die kontinuierlichen Maßnahmen der Jugendoffiziere in den Schulen, der Rekrutierungsstellen in Arbeitsämtern und auf Jobmessen, die Publikationstätigkeit der Bundeswehr im Internet und in Jugendzeitschriften sowie die Militarisierung des Katastrophenschutzes sein. Sie dienen allesamt einem doppelten Zweck: Zum einen geht es um Akzeptanzbeschaffung bzw. Absicherung der Militärpolitik durch Symbolpolitik und zum anderen um die Ausweitung der Rekrutierungsbasis für Kriegseinsätze. Markus Euskirchen und Martin Singe beschreiben diese Aktivitäten der Bundeswehr im eigenen Hinterland als gesellschaftliche Militarisierung. Nicht zuletzt gehört dazu auch der politische Umgang mit den tot aus den Einsatzgebieten zurückkehrenden Bundeswehrsoldaten. Eugen Januschke analysiert den neu entstandenen Kult um die Helden der Bundeswehr und wie dieser dazu beiträgt, Sinn zu generieren und damit die mit der Kriegspolitik unvermeidlich verbundenen Todesfälle in der Bundeswehr zu bewältigen.

Die in der Linken (und auch den meisten Heftbeiträgen) vorherrschende Auffassung, die aktuellen Militär-Reformen würden zu einer auslands- und kampfgeeigneten Truppe führen, wird von Manfred Lauermann grundsätzlich in Frage gestellt. Die Beteiligung am Krieg in Afghanistan sieht er eher als Ausnahme an. Die Bundeswehr war in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft keine kriegstaugliche Armee sein – so die These.

Größere Protestbewegungen gegen die „Bundeswehr im Einsatz“ blieben bisher aus, anders als es sie gegen die Militarisierung der Weimarer Republik, gegen die westdeutsche Wiederbewaffnung in den 1950er Jahren oder gegen die atomare Aufrüstung im Rahmen des NATO-Doppelbeschlusses um 1980 gegeben hat. Zwar stellen viele Beobachter fest, die deutschen „Wutbürger“ zeigten in den letzten Monaten eine zunehmende Lust am Ungehorsam, wie er in den Protesten gegen Stuttgart 21, gegen Castor-Transporte oder auch beim Streit um die Hamburger Schulpolitik zum Ausdruck komme. Die wachsende Bedeutung des Militärischen ist dagegen sehr viel seltener Thema. Kampagnen und Aktionen, seien sie linksradikal-antimilitaristisch, friedensbewegt oder – wie der Vorschlag einer Militärsteuerverweigerung aus Gewissensgründen – radikal-reformistisch orientiert, spielen in der Öffentlichkeit bisher eher eine marginale Rolle. Dieses Heft möchte dazu beitragen, das zu ändern.

An dieser Ausgabe wirkten unser Beiratsmitglied Gudrun Trautwein-Kalms sowie Markus Euskirchen als Gastredakteure mit. Wir danken ihnen ganz herzlich für ihr Engagement, ihre Ideen und ihre Anregungen, ohne die das Heft so nicht hätte erscheinen können. Wir möchten an dieser Stelle auch an Jörg Huffschmid erinnern, der 2009 verstarb. Er war nicht nur Ökonom, sondern auch Experte für Fragen der Rüstung und Abrüstung. Bei einer ihm gewidmeten Konferenz Anfang 2010 sind die ersten Ideen für dieses Heft entstanden.

Literatur
  • Brumlik, Micha; Funke, Hajo; Rensmann, Lars (2000): Umkämpftes Vergessen. Walser-Debatte, Holocaust-Mahnmal und neuere deutsche Geschichtspolitik, Berlin.
  • Ditfurth, Jutta (2010): So grün war mein Traum, Teil 5, www.linkezeitung.de, 23.1.2010
  • Krell, Gert (1989): Die Ostpolitik der Bundesrepublik Deutschland und die deutsche Frage, HSFK-Report 7/1989, Frankfurt/M.
  • Strauss, Botho (1993): Anschwellender Bocksgesang; in: Der Spiegel 6/1993, 202-207

Beiträge zum Heftschwerpunkt

  • Dorothea Schmidt: Deutscher Militarismus – eine unendliche Geschichte? Markus Euskirchen, Martin Singe: Gesellschaftliche Militarisierung. Die Bundeswehr und ihr Einsatz im eigenen Hinterland
  • Peter Strutynski: Uneingeschränkte Solidarität: Das neue strategische Konzept der NATO und die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland
  • Werner Ruf: Die militärpolitische Emanzipation Deutschlands – Afrika als Exerzierplatz?
  • Manfred Lauermann: Zum Frieden verdammt – Bundeswehr 2011
  • Gerhard Armanski, Jens Warburg: Warum die NATO den Krieg in Afghanistan nicht gewinnen wird
  • Florian Flörsheimer: Die Bundeswehr als „modernes“ Wirtschaftsunternehmen

Die Zeitschrift PROKLA erscheint regelmäßig mit vier Nummern im Jahr und einem Gesamtumfang von mindestens 640 Seiten. Das Einzelheft kostet 14 Euro.
Jedes Heft kostet im Jahresabonnement 9,50 Euro.


Verlagsadresse:
Verlag Westfälisches Dampfboot, Hafenweg 26a, 48155 Münster
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