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Bundeswehr bildet Putschisten aus

Guinea-Junta ist kein Einzelfall - Außenamt verteilt Einladungen quer durch die Welt

Von René Heilig *

Die Bundeswehr bildet noch immer Offiziere aus Guinea aus. So wie einst den Putschistenchef Moussa Camara, der Proteste der Opposition mörderisch niederschlagen ließ. Der Skandal ist leider nicht so einzigartig, wie mancher jetzt tut.

Irgendwer hat das Gerücht in die Welt gesetzt, Günter Nooke (CDU) sitze zwar als Regierungsbeauftragter für Menschenrechte im Auswärtigen Amt, er sei aber kein Diplomat - soweit richtig -, sondern ein »Polterkopp«. Wäre das auch richtig, dann hätte man schon lange seinen Faustschlag auf den Schreibtisch vermischt mit dem Ausruf »Jetzt langt's!« durch das Außenamt sowie die Ministerien für Verteidigung und Inneres hallen hören müssen.

Denn dass der 45-jährige Oberst Moussa Dadis Camara zwischen 1996 und 2005 unter anderem an der Bundeswehr-Offiziersschule Dresden sowie an der Nachschubschule in Bremen ausgebildet wurde, ist nicht erst am Montag durch das ARD-Magazin »Fakt« bekannt geworden. Auch dass der Christ Camara - der sich 2008 einen Tag vor Heiligabend an die Macht des muslimisch geprägten Landes putschte - an seinem roten Barett das Abzeichen der deutschen Fallschirmjäger trägt, ist vielfach dokumentiert.

Doch nicht nur Camara wurde in Deutschland gedrillt. Der Finanz- und der Sicherheitsminister lieben Deutschland gleichfalls aus eigener Anschauung als Azubi, bestätigte »Fakt«. Nicht ohne Grund sprach man davon, dass »die Deutschen« geputscht haben.

Die UNO macht Camara und seinen Klüngel unter anderem für ein Massaker in der Hauptstadt Conakry verantwortlich. Das Militär ging mit Gewehren und Bajonetten gegen friedliche Demonstranten vor. Mehr als 150 wurden im September vergangenen Jahres getötet. Am 3. Dezember 2009 verübte ein Gefolgsmann ein Attentat auf Camara. Er lebt derzeit in Burkina Faso.

Warum Deutschland überhaupt Militärs aus Guinea ausbildet? Womöglich ist Bauxit ein wichtiges Argument. Guinea ist nämlich der weltgrößte Exporteur dieses Aluminium-Rohstoffes. Das Land wird von Giganten umworben, russische und chinesische Konzernchefs geben sich die Klinke in die Hand. Da kann es sicher nicht schaden, wenn man im Militär größenwahnsinnige Typen an der Hand hat. Solche wie Camara, der bekennt: »Ich habe in Deutschland meine Grundausbildung gemacht. Gruppenführer, Zugführer, bis zum Fallschirmspringer-Lehrgang ...« Und der von der Kanzlerin wie ein richtiger Präsident empfangen werden will.

Derzeit werden bei der Bundeswehr etwa 600 Militärs aus mehr als 70 Staaten geschult, darunter Soldaten aus 20 Ländern des afrikanischen Kontinents. Das Programm mit Guinea ist dem Verteidigungsministerium zufolge Ende 2009 eingestellt worden. Laufende Projekte werden zu Ende gebracht. Man gibt gibt sich unschuldig. Seit Mitte der 1960er Jahre werden Angehörige »befreundeter Streitkräfte« aus- und weitergebildet. Da war schon so mancher Putschist aus Afrika oder Südamerika darunter. Selbst innerhalb der NATO blieben Verbindungen zu Junta-Mitgliedern nicht aus.

Koordiniert wird diese Kooperation vom Auswärtigen Amt, das zielgerichtet Einladungen verteilt. Womit wir wieder bei Nooke wären. Auch wenn der nun seinen Platz für einen FDP-Mann von Westerwelles Gnaden räumen muss - angeblich wechselt Nooke ja nur ins Entwicklungshilfeministerium. Um dort als Afrika-Beauftragter zu schweigen.


»Im Rahmen der militärischen Ausbildungshilfe werden in großem Umfang Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen an Ausbildungseinrichtungen oder bei Truppenteilen der Bundeswehr angeboten, die langfristig die Beziehungen festigen und demokratische Wertvorstellungen in den Streitkräften der Kooperationspartner verankern.«
Aus dem Weißbuch zur Sicherheitspolitik Deutschlands (2006)



* Aus: Neues Deutschland, 24. Februar 2010


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