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Guttenberg tritt nach Plagiatsaffäre zurück

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) stürzt über die Plagiats-Affäre. Knapp zwei Wochen nach dem Bekanntwerden der Affäre verkündete er heute seinen Rücktritt.

Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) tritt nach seiner Plagiatsaffäre als Verteidigungsminister zurück. Das teilte Guttenberg am Dienstag (1. März) in Berlin mit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist über diesen Schritt Guttenbergs vorab informiert worden. Er wolle damit "politischen Schaden" abwenden, sagte Guttenberg in Berlin.

"Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten", sagte er. "Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht." Der Verteidigungsminister machte deutlich, dass er sich mit seinem Rücktritt schwer getan habe. Dies sei "unbefriedigend, aber allzu menschlich". Man gebe nicht leicht ein Amt auf, "an dem das Herzblut hängt".

Guttenberg kritisierte eine "enorme Wucht der medialen Betrachtung" seiner Person. Der Tod und die Verwundung von Soldaten rückten in den Hintergrund. Dies sei eine "dramatische Verschiebung". Für das fordernde Amt des Verteidigungsministers brauche man ungeteilte Konzentration und fehlerfreie Arbeit. Er habe die größte Reform in der Geschichte der Bundeswehr angestoßen, betonte Guttenberg.

Guttenberg sagte, er ziehe die Konsequenz, die er auch von anderen verlangt habe. Er stehe zu seinen Schwächen und Fehlern. Es sei eine Frage des Anstandes gewesen, zunächst die drei in Afghanistan gestorbenen Soldaten zu Grabe zu tragen. Er werde sich an der Aufklärung der Vorwürfe gegen ihn in Zusammenhang mit seiner Doktorarbeit beteiligen.

Guttenberg hatte in seiner Doktorarbeit zu großen Teilen fremde Texte verwendet, ohne dies anzugeben. Er räumte schwere Fehler ein, bestritt aber einen Vorsatz. Die Universität Bayreuth erkannte seinen Doktortitel ab. Merkel hatte noch am Montag an Guttenberg festgehalten. Die Kritik an Guttenberg war auch aus den eigenen Reihen in den vergangenen Tagen immer massiver geworden.

Guttenberg will sich schnell staatsanwaltlichen Ermittlungen zu den Plagiats-Vorwürfen stellen. Er habe Respekt vor all jenen, die die Vorgänge strafrechtlich überprüft sehen wollen. "Es würde daher nach meiner Überzeugung im öffentlichen wie in meinem eigenen Interesse liegen, wenn auch die staatsanwaltlichen Ermittlungen etwa bezüglich urheberrechtlicher Fragen nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität, sollte dies noch erforderlich sein, zeitnah geführt werden können."

Die Parteichefin der Linken, Gesine Lötzsch, hat den Rücktritt von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als folgerichtig bezeichnet. "Der Rücktritt war die einzige richtige Entscheidung. Alles andere hätte den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter beschädigt", sagte Lötzsch der "taz" in einem am Dienstag vorab verbreiteten Interview.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi nannte den Rücktritt konsequent. Trotzdem habe der Versuch, das Ganze "herunter zu spielen", verheerende Folgen für den Wissenschaftsstandort Deutschland.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihr Bedauern über den Rücktritt von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geäußert. Sie habe dessen Rücktrittsgesuch "schweren Herzens" angenommen, sagte Merkel am Dienstag in Berlin. "Ich bedauere seinen Rücktritt sehr, habe aber auch Verständnis für seine Entscheidung." Merkel räumte ein, dass sie am Dienstagmorgen von dem Anruf Guttenbergs überrascht worden sei, in dem er ihr seinen Rücktrittswunsch mitteilte.

* Aus: Neues Deutschland (Online), 1. März 2011


Guttenberg bestürzt Merkel

Verteidigungsminister reichte Rücktritt ein / Kanzlerin gibt sich überrascht / Union sucht hektisch einen Nachfolger

Von Uwe Kalbe **


Zum Schluss war die Widerstandsfähigkeit des von seinen ärgsten Kritikern bereits zum »Selbstverteidigungsminister« degradierten Bundesministers für Verteidigung geringer als gedacht. Am Dienstag (1. März) hat Karl-Theodor von und zu Guttenberg seinen Rücktritt erklärt. Nach seinem Verschwinden von der politischen Bühne richten sich alle Augen auf die Bundeskanzlerin.

Als Guttenberg am Vormittag zu seiner letzten und entscheidenden Erklärung vor die Kameras trat, kam das trotz der in den vergangenen Tagen lauter gewordenen Spekulationen doch überraschend. Weder die jüngsten Stellungnahmen des Verteidigungsministers noch gravierend neue Erkenntnisse über die von ihm erschwindelte Doktorarbeit hatten darauf schließen lassen, dass es bereits soweit war. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte ihre schützende Hand über ihn gehalten, die CSU aus dem Mund ihres Vorsitzenden, Horst Seehofer, unverbrüchliche Solidarität erklärt. Doch Karl-Theodor zu Guttenberg war, wie er im letzten Satz seiner verlesenen Erklärung bekannte, am Ende seiner Kräfte.

Der Minister ist nicht wegen Glaubwürdigkeitsverlustes nach den Vorgängen um einen Luftwaffeneinsatz in Afghanistan zu Fall gekommen, nicht wegen des Einsatzes der Bundeswehr überhaupt – obwohl doch die Mehrheit der Bevölkerung diesen regelmäßig ablehnt. Die Bevölkerungsmehrheit hätte ihm zugleich weiter einen Bonus eingeräumt – eine der obskuren Folgen des Kräftespiels zwischen Politik und Medienöffentlichkeit. Guttenberg ist wegen des Skandals um seine Doktorarbeit zurückgetreten. Und er begründete dies mit der »Wucht der medialen Betrachtung meiner Person, zu der ich viel beigetragen habe«. Diese sei nicht ohne Wirkung auf ihn und seine Familie geblieben. Guttenberg weist den Medien damit so viel Schuld für seine abrupt gestoppte Karriere zu wie sich selbst. Eine letzte Ehrenrettung versuchte der Baron mit dem Hinweis, es sei für ihn eine Frage des Anstands gewesen, nicht länger zuzusehen, wieviel mehr Öffentlichkeit ihm zugedacht worden sei als jenen Soldaten, die an den Kriegsschauplätzen der Welt Leben und Gesundheit geopfert haben. Politisches Spurenverwischen.

Nun sind es bereits die Folgen, auf die sich alle Blicke richten. Welche Wirkung der Dissertationsbetrug auf seine Familie haben wird, auf die Glaubwürdigkeit etwa gegenüber den eigenen Kindern noch haben könnte, wird sich den Blicken der Öffentlichkeit hoffentlich entziehen. Welche Folgen die Affäre für die Bundeskanzlerin hat, steht dafür ab sofort im Mittelpunkt des medialen Interesses. Und die Kommentare sind einhellig: Guttenbergs Rücktritt richtet einen schwer kalkulierbaren, aber erheblichen politischen Flurschaden an – in diesem Superwahljahr und wenige Wochen insbesondere vor den Landtagswahlen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Angela Merkel hatte gehofft, den Fall Guttenberg aussitzen zu können. Dies wurde zum Politikum, weil kritische Stimmen vor allem aus der Wissenschaft sich mehrten. Weil inzwischen 30 000 Menschen einen Offenen Brief unterschrieben haben, der mehr als Guttenberg der Kanzlerin gilt. Eine »Verhöhnung« aller wissenschaftlichen Hilfskräfte sowie Doktoranden wird darin beklagt, und diese Klage gilt der Bemerkung Merkels, dass sie den Minister ja nicht als »wissenschaftlichen Mitarbeiter« eingestellt habe. Regierungsamtlich heruntergespielter Betrug ist ein besonders vor Wahlen schwer wiegender Vorwurf. Laut einer neuen Computerauswertung sind 8000 der 16 300 Textzeilen in Guttenbergs Arbeit abgeschrieben, nahezu die Hälfte also. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, Kulturrat oder die Hochschulrektorenkonferenz – wenn nur die Hälfte des Unmuts, der die Kanzlerin mittlerweile in Form von Stellungnahmen erreicht hat, sich in politischer Münze niederschlägt, muss Merkel, muss die Koalition in Berlin insgesamt sich Sorgen machen.

Beinahe hilflos klangen am Dienstag die Reaktionen aus dem Guttenberg-Lager. In die Bekundungen des »Respekts« gegenüber dem entschlossenen Schritt Guttenbergs mischten sich Unsicherheit und der Beginn einer hektischen Suche nach einem Nachfolger. Für Westerwelle stellte sich das Problem als eines der Union dar. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nahm den Rücktritt »mit Bedauern und Respekt« zur Kenntnis, wollte sich aber nicht weiter äußern. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) war vor allem damit beschäftigt, Gerüchte zu zerstreuen, er könne Nachfolger Guttenbergs werden. »Meine Kinder sind zu klein, um jetzt nur noch in gepanzerten Wagen herumzufahren«, sagte er der »Rheinischen Post«. CSU-Chef Horst Seehofer bekundete, betroffen und erschüttert zu sein.

Auch aus der Bundeswehr klang Bedauern über den Verlust des Ministers. Doch auch hier könnten die Folgen vor allem politische sein. Guttenberg hat die seit Jahren angepeilte Reform der Bundeswehr zu seiner Sache gemacht. Wenn es hierbei zu Rückschlägen kommt, dürfte das die Mehrheit der Bevölkerung nicht berühren. Die Bundesregierung aber steht hier in der Pflicht gegenüber ihren NATO-Bündnispartnern. Vor diesem Hintergrund klingt Merkels Bedauern über den Ministerrücktritt doppelt schwermütig. Guttenbergs »herausragender politischer Begabung« und dessen »Leidenschaft«, »Tatkraft« und »Entschlossenheit« trauert sie darin nach.

Kanzlerin im Recht

»Ich habe keinen wissenschaftlichen Assistenten oder einen Promovierenden oder einen Inhaber einer Doktorarbeit berufen.« Diese Erklärung der Bundeskanzlerin, mit der sie eine Abberufung von Guttenbergs ablehnte, führte zu allerlei Kopfschütteln. Der LINKEN-Fraktionsvize Dietmar Bartsch lästerte, dass der Minister dann auch alkoholisiert Auto fahren könne, denn Merkel habe ihn nicht als Fahrer eingestellt. Doch Merkel blickte mit Recht voraus: Sie hat auch keinen Inhaber einer Doktorarbeit entlassen. jrs

Die Jecken trauern

Aus Sicht der Kölner Karnevalisten hat Karl-Theodor zu Guttenberg den Zeitpunkt für seinen Rücktritt als Verteidigungsminister nicht gerade günstig gewählt. Der schon fertige Motivwagen für den Rosenmontagszug mit einem riesigen Papp-Guttenberg müsse jetzt entweder umgerüstet oder ausgemustert werden, sagte Sigrid Krebs, die Sprecherin des Festkomitees, am 1. März. »Der ist jetzt obsolet.« Der Wagen sollte Guttenberg zeigen, wie er mit Karten um seinen Doktortitel spielt.
dpa



** Aus: Neues Deutschland, 2. März 2011


Vom Sonnyboy zum Buhmann

Selbst sein ausgezeichnetes Verhältnis zur Presse konnte Guttenberg nicht mehr retten

Von Fabian Lambeck ***


Lange Zeit galt Karl-Theodor zu Guttenberg als Liebling der deutschen Mainstream-Medien. Vor allem seine gute PR-Arbeit und die enge Kooperation mit der »Bild« verschaffte ihm überragende Popularitätswerte. Doch schließlich konnte ihn auch Springers Krawallblatt nicht mehr retten.

Karl-Theodor – der Sonnyboy unter den sonst eher farblosen Vertretern der deutschen Politikerkaste. Nahezu perfekt beherrschte der ambitionierte Minister die Klaviatur der Medien. Auch dank seiner adligen PR-Beraterin Anna von Bayern. Unvergessen der vorweihnachtliche Flug des Ehepaars Guttenberg ins umkämpfte Afghanistan. Im Tross der Reisegruppe befand sich mit Johannes B. Kerner sogar ein waschechter Talkshow-Moderator. Hofberichterstattung auf höchstem Niveau.

Selbst der sonst so kritische »Spiegel« widmete dem Traumpaar eine Titelstory: »Die Fabelhaften Guttenbergs«. Doch bei der medialen Hätschelei tat sich vor allem ein Blatt hervor: Springers »Bild«. Dort übernahm man die Medienpartnerschaft für »Gutti«, wie man ihn liebvoll nannte.

Aber das Mediengeschäft folgt eigenen Gesetzen. Die Begeisterung der Journalisten kann ebenso schnell umschlagen. Das musste auch Guttenberg erfahren. Kaum hatte die »Süddeutsche Zeitung« am 16. Februar die Plagiatsvorwürfe öffentlich gemacht, da rückten die Medien von ihm ab. Die Zeitungen überschlugen sich mit Meldungen über neue Plagiatsfunde in seiner Dissertation. Selbst ihm sonst so gewogene Blätter wie die »Frankfurter Allgemeine« (»Die von ihm vertretenen Werte sind beschädigt«) oder die »Zeit« (»Guttenberg verhöhnt das Leistungsprinzip«) gingen auf Distanz.

Lediglich »Bild« hielt in wahrer Nibelungentreue zum überführten Betrüger. »Ja, wir stehen zu Guttenberg!«, hieß es noch am vergangenen Donnerstag auf der Titelseite des Blattes. Eine von »Bild« initiierte Anruf- und Faxaktion mit über 260 000 Teilnehmern hatte angeblich ergeben, dass 87 Prozent für einen Verbleib des Ministers votierten. Dumm nur, dass ein zeitgleich im Internet durchgeführtes »Bild-Voting« ein ganz anderes Stimmungsbild zeichnete. Von den immerhin 640 000 Usern hatten sich 55 Prozent für einen Rücktritt des »Lügenbarons« ausgesprochen.

Letztendlich konnte auch »Bild« die verlorene Ehre des Ministers nicht wieder herstellen. Doch der Gestrauchelte erwies seinem Hausblatt noch einen letzten Liebesdienst und informierte zuerst die »Bild«-Redakteure über seinen unmittelbar bevorstehenden Rücktritt. Adel verpflichtet eben.

*** Aus: Neues Deutschland, 2. März 2011


In der Drehtür

Guttenberg tritt von Ämtern zurück

Von Arnold Schölzel ****


Wer in Drückerkolonnen Schund vertickt, muß hartnäckig sein. Besonders abgebrühte Exemplare der Hausiererspezies kommen zur Hintertür wieder herein, nachdem sie vorn rausgeworfen wurden. Das Verkaufsgenre Politik verlangt solch Unbeeindruckbarkeit mindestens in gleichem Maß wie das Aufdrängen von überflüssigen Versicherungen oder Schmuddelillustrierten, erst recht, wenn einer die Aufgabe erhält, für einen unpopulären Krieg endlich etwas Begeisterung zu wecken. Dabei halfen in diesem Fall Bild, Bild am Sonntag, Spiegel, Focus und das Privatfernsehen in beispielloser Weise orchestriert nach. Das ergab den »beliebtesten deutschen Politiker«.

Einstufungen solcher Art bedeuten zweierlei: Zum einen, daß Popularität bis an die Grenze der Hysterie für eine auf Verfassung und Völkerrecht pfeifende Kriegspolitik hierzulande wieder einmal in ziemlich kurzer Zeit zu organisieren ist. Zum anderen: Wer dafür ausgesucht wurde, die neue deutsche Stärke weltweit militärisch zu repräsentieren, darf sich getrost als unantastbar, als jenseits der bürgerlichen Rechtsordnung stehend betrachten. Daran hat sich durch den sogenannten Rücktritt zu Guttenbergs nichts geändert. Er gehört fest zu jener ebenso durchgeknallten wie abgehobenen Kaste, deren Fassade von Stabilität und Paternalismus woanders gerade etwas bröckelt, an deren Verfügungsgewalt über obszöne Reichtümer und Macht sich aber bislang wenig geändert hat. Wenn einzelne Figuren fallen, ändern sich die Verhältnisse noch lange nicht. Dementsprechend schrieb der Herr weder in seine Erklärung bei der Rückgabe seines Doktortitels noch in seine gestrige zum Rücktritt von seinen politischen Ämtern das Wort »Entschuldigung«. Es kommt nicht vor. Warum auch? Zu Guttenberg hat geklaut, was eventuell strafrechtlich relevant ist. Aber die CSU hat schon jemanden zum Minister gemacht, der betrunken einen Menschen totfuhr. Der »Bürgerkönig« (Spiegel) hat seinen Doktorvater aufs Gemeinste getäuscht. Na und? Die Bevölkerung steht hinter ihm, schallt es aus den Talk-Shows. Nur die Verkäuferin, die sich unbefugt ein Stück Bienenstich nimmt, muß gehen. Also zog zu Guttenberg in seiner Rede am Dienstag den richtigen Schluß: Er ist Opfer der Medien, der Opposition. Er kommt nicht durch die Hinterpforte zurück, sondern wartet in der Drehtür. In dem Land ist z.B. rechts noch Platz für einen wie ihn. Dort könnte er seine zweite Chance erhalten. Sein Text zum Rücktritt besagt: Er arbeitet daran, sie zu nutzen.

**** Aus: junge Welt, 2. März 2011 (Kommentar)


Kurve kriegen

Standpunkt von René Heilig *****

Zu Guttenberg? War das nicht dieser adlige Strahlemann aus Franken, der versucht hat, auf Minister zu machen ...? Schneller als er es selbst befürchten kann, werden Unionsfreunde Distanz bringen zwischen sich und ihrem ehemaligen Hoffnungsträger. Denn schon vor dem gestrigen Rücktritt des Verteidigungsministers von all seinen politischen Ämtern war klar: Die eigentliche Verliererin ist die Kanzlerin. Sie und die gesamte schwarz-gelbe Mehrheit sind schwer angeschlagen. Die Union verliert eine Glaubwürdigkeit, die der Koalitionspartner FDP schon gar nicht mehr hat. Guttenbergs Fall belastet die kommenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz, in Sachsen-Anhalt und weiteren drei Ländern.

Was wird Merkel jetzt tun? Wagt sie den einzig möglichen Ausweg? Lässt sie sich auf eine große Kabinettsumbildung ein? Hat sie überhaupt passendes Personal, das wenigstens halbwegs nach Ehrlichkeit und Neuanfang ausschaut? Selbst in vorwärts orientierten Unionskreisen zuckt man mit den Achseln und schaut ängstlich auf steigende Umfragewerte für die Opposition.

Doch auch wenn Merkel noch einmal die Kurve bekommt, die Politik ihrer Regierung wird sich nicht grundlegend wandeln. Was also ändert sich beispielsweise für einen Bauern in Afghanistan? Nichts. Ob der Minister zu Guttenberg, Dr. X oder Dr. No heißt – deutsche Soldaten werden weiter Krieg führen. Selbst wenn die Mehrheit der Bevölkerung den nicht will.

***** Aus: Neues Deutschland, 2. März 2011 (Kommentar)


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