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Die Bundeswehr am Beginn des 21. Jahrhunderts

Rede des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Harald Kujat, auf der 38. Kommandeur-Tagung der Bundeswehr in Leipzig am 13. November 2000 (Auszüge)

Am 13. November 2000 hielt General Harald Kujat, der Generalinspekteur der Bundeswehr, seine Antrittsrede vor der 38. Kommandeurs-Tagung der Bundeswehr in Leipzig. Kujat war vor wenigen Monaten von Verteidigungsminister Scharping in dieses Amt gehievt worden, nachdem sein Vorgänger von Kirchbach überraschend diesen Posten abgeben musste. Kujat gilt als sehr enger Vertrauter von Scharping. Die reservierte Aufnahme der Rede von den anwesenden mehr als 600 höchsten Militärs - es rührte sich keine Hand zum Beifall! - muss wohl auch als Kritik an der Führung des Ministeriums insgesamt gewertet werden. Unklar ist indessen, was die versammelten Offiziere so unbotmäßig macht. Das Reformkonzept der Bundesregierung kann es eigentlich nicht sein, denn es bewegt sich, was Umfang und Ausrüstungsplanung betrifft, eher am oberen Rand der diskutierten Reduzierung der Bundeswehr. Inwieweit sich Einzelstreitkräfte benachteiligt sehen - so muss beispielsweise das Heer besonders viele Federn lassen - und deshalb ihren obersten Dienstherren abstrafen wollten oder ob es die allgemeine Planungsunsicherheit hinsichtlich Posten und Standorte ist, welche die Militärs verschnupft - darüber kann nur spekuliert werden.
Im folgenden dokumentieren wir die wichtigsten Passagen aus der insgesamt 70-minütigen Rede des Generalinspekteurs. Die Zwischenüberschriften stammen von uns.


„Die Bundeswehr am Beginn des 21. Jahrhunderts“

Rede des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Harald Kujat, auf der 38. Kommandeur-Tagung der Bundeswehr in Leipzig am 13. November 2000

Bundeswehr im Rahmen der NATO, EU und UNO
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Ausgangspunkt deutscher Sicherheitspolitik ist die Verpflichtung des Grundgesetzes, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen. Der Kernauftrag der deutschen Streitkräfte - Landesverteidigung und Beistandspflicht gegenüber unseren Verbündeten - leitet sich ebenfalls unmittelbar aus dem Grundgesetz ab.
Will Deutschland in Europa und darüber hinaus die Rolle spielen, die seiner Lage und seinen Interessen, dem Gewicht eines 80 Millionen Volkes in der Mitte Europas entspricht, dann müssen auch seine Streitkräfte von Größe, Umfang, Ausrüstung und Fähigkeit entsprechend ausgestaltet sein.
Das neue strategische Konzept der NATO und die Entscheidungen des Europäischen Gipfels von Helsinki haben für die Bundeswehr neue und höhere Maßstäbe gesetzt. Sie erfordern ein neues Fähigkeitsprofil mit veränderten Strukturen, Einsatzgrundsätzen und operativen Planungen.
Es gilt, das Gesamtsystem Streitkräfte zu einem schnell verfügbaren, flexiblen und hochwirksamen Instrument der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik weiterzuentwickeln.
Gefordert ist ein Kontinuum von Fähigkeiten für eine kollektive Verteidigung, die auf die neuen, strategischen Erfordernisse ausgerichtet sind, für die Beteiligung an multinationaler Konfliktprävention und Krisenbewältigung, bis hin zu nationalen hoheitlichen und territorialen Aufgaben.
Die mit der Streitkräfteplanung, auch der NATO-Streitkräfteplanung, eingeleiteten Veränderungen schaffen dafür im Einklang mit der operativen Planung die Grundlagen, insbesondere im Hinblick auf Reaktionsfähigkeit und Einsatzbereitschaft.
Die NATO hat mit der neuen Kommandostruktur wesentliche Voraussetzungen für die militärische Realisierung ihres neuen strategischen Konzeptes geschaffen.
Den veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen und den erheblichen Truppenreduzierungen des letzten Jahrzehnts wird Rechnung getragen durch
  • Konzentration auf regionale Aspekte,
  • flachere Führungshierarchien,
  • eine Mischung aus regionalen und funktionalen Hauptquartieren,
  • sowie größere Flexibilität und die Fähigkeit zur Verstärkung innerhalb und zwischen den Regionen.
Nach Abschluss der Streitkräfte-Strukturreform der NATO werden dem Bündnis neun verlegefähige Korpsstäbe, davon mindestens drei mit hoher Bereitschaftsstufe, und mindestens 27 Divisionen mit entsprechenden See- und Luftstreitkräften zur Verfügung stehen.
Die Bundeswehr beteiligt sich an vier multinationalen Korpsstäben mit unterschiedlicher Integrationstiefe. Das II. Korps wird als Streitkräfte-Hauptquartier für EU-Operationen zur Verfügung stehen. Die Luftwaffe wird einen Kernstab für die operative Führung von Luftstreitkräften aufstellen.
Hohe Priorität genießt die Zusammenfassung europäischer Streitkräfte in der Größenordnung eines Korps. Diese Kräfte sollen bis zum Jahr 2003 mit einer hohen Einsatzbereitschaft verfügbar und dann bei Bedarf innerhalb von 60 Tagen im Einsatzraum einsatzbereit sein.
Das Heer stellt dazu einen Divisionsstab mit Divisionstruppen und eine mechanisierte Brigade.
Die Luftwaffe trägt Kräfte der Luftverteidigung, des Luftangriffs, Lufttransport, Unterstützung und Führung bei, mit der Fähigkeit, verbundene Luftkriegsoperationen zu planen und zu führen.
Die Marine beteiligt sich mit einer Einsatzgruppe aus See- und Seeluftstreitkräften mit der Befähigung zur Über- und Unterwasserkriegführung einschließlich schwimmender Versorgung.
Die Streitkräftebasis stellt auf die jeweiligen Einsatzerfordernisse zugeschnittene Unterstützungspakete.

Darüber hinaus leisten wir im Rahmen der sogenannten „Stand-by-Arrangements“ Beiträge zu Friedensmissionen der Vereinten Nationen. Im wesentlichen sind das:
  • Land- und Lufttransport,
  • Pionier-, Sanitäts- und Fernmeldekräfte,
  • sowie logistische Unterstützung.
Die zukünftigen Einsatzszenarien erfordern zunehmend die Fähigkeit zur multinationalen Zusammenarbeit. Wesentliche Programme zur Erreichung dieses Ziels sind die Defense Capability Initiative und das European Headline Goal.
Ergänzend wird auch die bilaterale Zusammenarbeit intensiviert, um durch ein Gesamtpaket von Maßnahmen eine Verbesserung von wesentlichen strategischen Fähigkeiten zu erreichen, aber auch um den Aufwand für die Leistungserbringung zu reduzieren.
Die enorme Dynamik, mit der sich die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickelt, stellt uns vor große Herausforderungen. Bereits Anfang des nächsten Jahres wird das europäische Profil auch in Organisationen und Gremien in der EU sichtbar werden, was übrigens auch ein zusätzliches personelles Engagement erfordert.
Die Freude über diese positive Entwicklung darf jedoch nicht zu Fehlschlüssen hinsichtlich der tatsächlichen militärischen Fähigkeiten führen.
Die NATO bleibt das Fundament der gemeinsamen Verteidigung. Sie bleibt auch für Krisenoperationen die erste Adresse. Nur dann, wenn sich die NATO nicht als Ganzes in einer Krise engagiert, stellt sich für die Europäer die Frage, ob sie willens und fähig sind, militärisch einzugreifen.
Auch für Operationen in politischer und strategischer Verantwortung der Europäischen Union bleibt die Nutzung von Kräften und Mitteln der NATO die erste Option, der autonome Einsatz europäischer Kräfte die Rückfallposition.
Europa und Nordamerika sind eine Wertegemeinschaft, die uns in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts Frieden und Sicherheit gewährt hat. Ich sehe auch für die vor uns liegende Zukunft keinen Ersatz. Die Vereinigten Staaten und Kanada bleiben für die Sicherheit Europas unverzichtbar.

Effizienz und Wirtschaftlichkeit
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über die Zukunft der Bundeswehr sprechen heißt, nicht nur Klarheit über das gemeinsame Ziel, sondern auch Einigkeit über den Weg dorthin. Es geht nicht um Teilanpassungen, sondern um die Erneuerung des Gesamtsystems Bundeswehr von Grund auf.
Unser erstes Leitmotiv ist die Ausrichtung des künftigen Fähigkeitsprofils der Streitkräfte auf den verfassungsmäßigen Auftrag, auf das erweiterte Aufgabenspektrum und auf unsere internationalen und multinationalen Verpflichtungen.
Dieses bedeutet zuallererst die Beseitigung von Fähigkeitslücken, wie sie in der Defence Capabilities Initiative der NATO identifiziert wurden. Dazu hat sich Deutschland politisch verbindlich verpflichtet. Im Zuge der Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind die Forderungen im Zusammenhang mit dem European Headline Goal zu nennen. Auch hier sind politische Verpflichtungen einzulösen.
Daraus ergibt sich als zweites Leitmotiv: Wir haben alle Fähigkeiten in einen multinationalen bzw. Bündniskontext zu stellen und die nationalen Bemühungen auf nahtlose Kompatibilität mit den Bündnispartnern auszurichten.
Dieser Ansatz erlaubt funktional begründete Beschränkungen in einzelnen Bereichen. Angesichts der Rolle und Verantwortung unseres Landes, unserer Wirtschaftskraft und unseres politischen Gestaltungswillens sind dennoch erhebliche Anstrengungen zur Optimierung der Streitkräfte insgesamt unausweichlich.
Nur mit einem streitkräftegemeinsamen Ansatz können drittens die einsatzorientierten Fähigkeiten erreicht werden.
Dazu müssen wir uns von einem verengten Teilstreitkraft-Denken lösen und die Duplizierung von Fähigkeiten vermeiden. Die Teilstreitkräfte werden sich auf ihre Kernfähigkeiten konzentrieren und so Synergieeffekte erzielen, bei gleichzeitiger Optimierung für den Einsatz. Unterstützungsleistungen, z. B. der weitreichende Fernmeldeverkehr, die Folgeversorgung für die Verbände, auch Großverbände, und die Führung und Durchführung von Verlegeoperationen, werden zur Entlastung der Teilstreitkräfte weitgehend zentralisiert.
Viertens: Effizienz und Wirtschaftlichkeit müssen und können – das haben die Erfahrungen der letzten Monate gezeigt – gesteigert werden. Die Betriebskosten müssen weiter gesenkt, der Investitionsanteil des Haushalts kontinuierlich erhöht werden. Dabei werden sich die Streitkräfte auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und in enger Kooperation mit der Wirtschaft Leistungen identifizieren, die dort besser und preiswerter erbracht werden können.
Bei der Ausrüstungsplanung wird fünftens konsequentes Systemdenken verwirklicht. Waffensysteme müssen mit der Einführung über angemessenes Leistungspotential verfügen. Die zeitlich getrennte Beschaffung von Plattformen und ihrer Bewaffnung und Munition ist nicht mehr als eine Option auf militärische Fähigkeiten. Mit Optionen kann man im Einsatz nicht bestehen. Mit Optionen können wir die uns gestellten Aufgaben nicht erfüllen.

Informations- und Führungsfähigkeit: Ein eigenes Satellitensystem

Das neue Fähigkeitsprofil der Streitkräfte orientiert sich strukturell und materiell an folgenden Leitlinien:
  • Herstellung von strategischer und operativ/taktischer Informationsüberlegenheit.
  • Verbesserung der Führungsfähigkeit, national, international und integriert.
  • Herstellung strategischer Verlegefähigkeit sowie größerer Flexibilität und Mobilität im Einsatz.
  • Verbesserung der Wirksamkeit im Einsatz.
  • Bessere Durchhaltefähigkeit und effektivere logistische Unterstützung.
  • Verbesserung der Sicherheit und Überlebensfähigkeit.
Die Forderung nach Informationsüberlegenheit ist eine unmittelbare Folge unseres umfassenden Ansatzes von Sicherheitspolitik. Sie ist für ein angemessenes Krisenmanagement und für die Teilnahme an friedensichernden Einsätzen unabdingbar.
Militärische Macht ist nur ein Mittel der Sicherheitspolitik unter anderen, beispielsweise politischen und ökonomischen, wenngleich ein wichtiges und unverzichtbares.
Wenn der Einsatz der Streitkräfte die ultima ratio der Sicherheitspolitik ist, wenn Krisenprävention und Konfliktbewältigung den Einsatz von Streitkräften überflüssig machen sollen, brauchen wir wirksame Mittel, um die Entstehung und den Verlauf von Krisen frühzeitig zu erkennen und in ihren Folgewirkungen – nicht zuletzt auf unsere eigene Sicherheit – zu beurteilen.
Die politische und militärische Führung muss rechtzeitig über ein unabhängiges na-tionales Lagebild verfügen, um urteils- und entscheidungsfähig zu sein und um deutsche Interessen in internationalen Organisationen angemessen vertreten zu können.
Wir müssen eine Situation vermeiden, in der wir über die Teilnahme der Bundeswehr an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Maßnahmen entscheiden müssen, ohne selbst beurteilen zu können, welche Risiken unsere Soldaten im Einsatzland erwarten.
Und auch hier gilt: Wir müssen international kooperationsfähig werden. Nur wer selbst Informationen anbieten kann, wird an den Erkenntnissen der Partner teilhaben können. Abhängigkeit von Informationen anderer beschränkt die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit.
So wie die politische und militärische Führung, braucht auch die Truppe im Einsatz ein aktuelles und umfassendes Lagebild. Ihre Wirksamkeit, der Gefechtswert, ihre Fähigkeit zur Auftragserfüllung und nicht zuletzt ihr Schutz im Einsatzraum werden wesentlich durch die Qualität der Informationsversorgung bestimmt.
Die operativen Erfordernisse bestimmen den Informationsbedarf. Diese Maxime muss sich durchsetzen.
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Deshalb werden Kräfte und Mittel der Fernmelde-/Elektronikaufklärung mit den Kapazitäten zur satellitengestützten abbildenden Aufklärung in einem Kommando „Strategische Aufklärung“ zusammengefasst. Damit werden diese Kräfte komplementär und teilstreitkraftübergreifend gebündelt, effizient genutzt und in der Durchhaltefähigkeit gestärkt.
Mit der Beschaffung eines Radar-Satellitensystems wird eine eigenständige satellitengestützte Aufklärung geschaffen. Europäische Kapazitäten werden gebündelt, die gewonnenen Erkenntnisse über eine europäische Auswertekapazität auch anderen Verbündeten zur Verfügung gestellt.
Die Weichen für die Verbesserung unserer Fähigkeit im operativen und im taktischen Bereich sind ebenfalls gestellt. Investitionen werden die zum Teil seit Jahren bestehenden Lücken schließen.
Informationsüberlegenheit in Verbindung mit sicheren und zeitverzugslosen Informations- und Kommunikationssystemen ist eine wesentliche Voraussetzung, um unsere Führungsfähigkeit zu verbessern. Die Aufstellung des Einsatzführungskommandos schafft die notwendigen strukturellen Voraussetzungen.
Wir verfolgen damit drei Ziele:
Erstens: Wir stellen Kompatibilität mit multinationalen und integrierten Führungsstrukturen her. Das Einsatzführungskommando wird eng mit den regionalen NATO-Hauptquartieren zusammenarbeiten; seine Aufstellung ist die Antwort auf die 1997 abgeschlossene Reform der NATO-Kommandostruktur.
Zweitens kann Deutschland der Europäischen Union ein Hauptquartier für die Planung, Vorbereitung und Führung von Einsätzen zur Verfügung stellen. Es ist weder militärisch sinnvoll, noch politisch wünschenswert, dass die Europäische Union Parallelstrukturen zur integrierten Führungsstruktur der NATO aufbaut. Wenn die Europäische Union nicht auf NATO-Fähigkeiten und -mittel einschließlich NATO-Hauptquartieren zurückgreift, müssen die größeren Mitgliedsstaaten nationale Hauptquartiere zur Verfügung stellen.
Und drittens braucht die Bundeswehr auch für nationale Führungsaufgaben einen Stab, der teilstreitkraftübergreifend Einsätze planen, vorbereiten und führen kann.
Der jeweilige Befehlshaber im Einsatz wird dem Einsatzführungskommando direkt unterstellt. Die Stabsabteilung V im Führungsstab der Streitkräfte – Einsatz Bundeswehr – stellt die ministerielle und strategische Planungskompetenz sicher.
Damit können endlich konzeptionelle Einsatzplanung, Bundeswehrplanung und NATO-Streitkräfteplanung eng koordiniert werden. Die bestehenden Defizite werden beseitigt. Wir verwirklichen einen ganzheitlichen Planungsansatz.
Schließlich steht dem Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt mit dem Einsatzrat ein effektives Beratungsgremium zur Seite, dem in konsequenter Anwendung des Joint-Ansatzes der Generalinspekteur vorsitzt. Das trägt auch der Tatsache Rechnung, dass dieser der militärische Berater der Bundesregierung ist.
Mit einer deutlichen Straffung der Strukturen, durch flachere Hierarchien und durch Konzentration der Organisationsbereiche auf die jeweiligen Kernaufgaben werden Professionalität und Leistungsfähigkeit verbessert und wir kommen dem Prinzip „Führung aus einer Hand“ näher.
Die Herausnahme der Führungsebenen Korps im Heer und der Kommandos in der Luftwaffe sind dafür ein Beispiel; die Marine verfügt bereits über eine solche Struktur.

Verlegefähigkeit und taktische Mobilität

Strategische Verlegefähigkeit und taktische Mobilität sind zentrale Elemente des neuen Fähigkeitsprofils der Bundeswehr.
Die Einsatzkräfte müssen in die Lage versetzt werden, ihre Einsatzräume rechtzeitig erreichen zu können – auch bei unzureichender Infrastruktur oder unter Bedrohung. Verlegungen werden streitkräftegemeinsam geplant und durchgeführt. Ihre konzep-tionelle Ausgestaltung ist daher eine Kernaufgabe der Streitkräftebasis. Die Teilstreitkräfte wirken mit und bringen ihre Erfahrung und ihre spezifischen Fähigkeiten in diesen Prozess ein.
Wichtige Weichenstellungen sind schon vorgenommen worden. Mit der Umrüstung von vier A-310 erwirbt die Luftwaffe kurzfristig eine erste Befähigung zur Luftbetankung. Auch dies trägt zur Verbesserung der strategischen Verlegefähigkeit bei und erhöht die Flexibilität im Einsatz.
Mittelfristig erreichen wir mit dem künftigen Transportflugzeug im Zusammenwirken mit unseren Bündnispartnern dringend benötigte Fähigkeiten. Wir wollen diese Flugzeuge aber nicht nur gemeinsam beschaffen. Wir haben die feste Absicht, sie in ein europäisches Lufttransportkommando einzubinden.
Diese Initiative entspricht unserem Ziel, Ressourcen zu optimieren. Sie ist erfolgversprechend und befindet sich auf einem guten Weg.
Unabhängig davon wird auch in Zukunft die Masse unseres Materials auf dem Seeweg in das Einsatzgebiet verlegt und auf der Schiene und der Straße transportiert werden müssen. Deshalb gilt es, auch die Fähigkeit zum strategischen Seetransport aufzubauen, sowie mit Verbündeten zusammenzuarbeiten, die bereits Erfahrungen auf diesem Gebiet haben.
Die Strategische Verlegefähigkeit wird ergänzt durch operative Flexibilität und taktische Mobilität. Die Einsatzkräfte müssen zu raschem Schwerpunktwechsel fähig sein – und sie müssen taktisch beweglich sein, auch und gerade bei gering entwickelter Infrastruktur.
Mit der Zusammenführung von querschnittlichen Aufgaben, insbesondere des Sanitätsdienstes, der Logistik, der TSK-übergreifenden Führungsunterstützung, von Fernmelde-/Elektronik- und Elokakräften und weiteren Aufgabenbereichen entlasten wir die TSK von Unterstützungsaufgaben und erschließen Synergien durch den Abbau von Redundanzen. Heer, Luftwaffe und Marine erhalten so die Chance, sich auf ihre Hauptaufgabe als „Force-Provider“ zu konzentrieren.
Den gewonnenen Spielraum benötigen wir zur Verbesserung unserer Wirksamkeit im Einsatz. Die zusammengefassten Kräfte eines Aufgabenbereiches können besser und effizienter für einen konkreten Einsatzfall modular zusammengestellt werden als bisher.
Durchsetzungsfähigkeit setzt die Verfügbarkeit moderner Präzisions- und Abstandsbewaffnung voraus. Das Fehlen dieser Mittel schränkt die Möglichkeiten zur Teilnahme an multinationalen Operationen ein oder schließt sie gar aus.
„Jointness“ konzeptionell betonen und Effizienz stärker als bisher in den Vordergrund stellen heißt, einen Schritt nachvollziehen, den wichtige Partner bereits gegangen sind. Auch dies stärkt unsere Bündnisfähigkeit.
In der weiteren Feinausplanung, in die eine ganze Reihe von Ihnen – auch außerhalb des Ministeriums – eingebunden sein wird, aber auch bei der späteren Umsetzung von Organisationsmaßnahmen, bedarf es Ihrer aller Unterstützung in der Bewältigung dieser Neuausrichtung.
Dazu gehört in hohem Maße die Identifizierung mit den konzeptionellen Vorstellungen.
Ich betone dieses insbesondere mit Blick auf den Aufwuchs der beiden zentralen Organisationsbereiche, der Streitkräftebasis und des Zentralen Sanitätsdienstes. Es geht nicht darum, den Teilstreitkräften etwas wegzunehmen, es geht darum das Gesamtsystem Streitkräfte leistungsfähiger zu machen.
Der Einsatz auf dem Balkan verdeutlicht, dass Durchhaltefähigkeit derzeit nur unter großer Kraftanstrengung und mit erheblichen Einschränkungen bei Betrieb und Ausbildung der Streitkräfte im Inland gewährleistet werden kann.

Überragende Bedeutung der Logistik

Durchhaltefähigkeit hat eine strukturelle und eine logistische Dimension. Einsätze über längere Zeit erfordern Einheiten und Verbände, die gleich strukturiert, gleich ausgebildet und gleich ausgerüstet sind. Sie können in der Einsatzbereitschaft abgestuft sein, aber sie müssen über ein Kontinuum von Fähigkeiten für das gesamte Einsatzspektrum verfügen. Deshalb wird es künftig nur noch Einsatzkräfte geben, die Differenzierung nach KRK und HVK wird aufgehoben.
Die Logistik der Zukunft erfordert Strukturen, Verfahren und Arbeitsabläufe, die sich weitgehend unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen denen eines gewerblichen Logistikdienstleisters angleichen, ohne die militärischen Anforderungen und Besonderheiten zu vernachlässigen.
Kennzeichnend für die Neuausrichtung der Logistik ist die Differenzierung in Basislogistik Inland und Basis Einsatzgebiet sowie organische Einsatzlogistik der Großverbände und Verbände.
Für die Basislogistik ist künftig die Streitkräftebasis verantwortlich. Hier werden alle bisher parallel wahrgenommenen querschnittlichen Aufgaben zusammengefasst.
Der Inspekteur Streitkräftebasis trägt damit u.a. Verantwortung für:
  • die vollständige Folgeversorgung der eingesetzten Kräfte,
  • die teilweise Unterstützung des Ausbildungs- und Friedensdienstbetriebes im Inland und
  • die Einsatzfähigkeit der Waffensysteme durch Bereitstellung der erforderlichen Ersatzteile.
Mehr als bisher können gewerbliche Dienstleister herangezogen werden, wenn sie in der Lage sind, Leistungen wirtschaftlicher zu erbringen.
Dies ermöglicht eine Konzentration der Teilstreitkräfte auf die Logistik im Einsatzraum und die Waffensystemlogistik, d. h. auf ihren Kernauftrag. Die Zusammenführung bündelt knappe Kräfte, vermeidet Redundanzen und entlastet insgesamt die Teilstreitkräfte und den Sanitätsdienst.
Die organischen Logistikkräfte der Teilstreitkräfte, auf den Einsatz optimiert, wirken bei der Leistungserbringung im Frieden im Rahmen ihrer Kapazitäten mit und bilden dabei die Verfahren und Abläufe ab, die sie für den Einsatz benötigen.
Der Verantwortung der Inspekteure wird Rechnung getragen. Sie richten Vorgaben und Forderungen an die Basislogistik und behalten die Befugnis, in waffensystemspezifischen Angelegenheiten Prioritäten bei der Bedarfsdeckung und Leistungserbringung zu setzen. Sie setzen ihre eigenen logistischen Kapazitäten ein, fordern logistische Leistungen ab und verfügen über die erforderlichen Haushaltsmittel.
Das Produkt der Logistik als Ganzes, die materielle Einsatzbereitschaft der Streitkräfte, wird durch das Zusammenwirken der Basislogistik mit der Einsatzlogistik sichergestellt.
Das Logistikzentrum der Bundeswehr wird im Sinne eines Supply Chain Management verantwortlich für die zentrale Disposition aller logistischen Leistungen der Basislogistik. Dort findet der an den modernen Managementmethoden der Wirtschaft und den Erfordernissen neuer DV- und Informationstechnik orientierte Ansatz der Prozessorientierung ebenso seine konkrete Ausprägung wie die intensive Koopera-tion mit der Wirtschaft. Es ist die Durchführungsplattform für die militärisch-gewerbliche Zusammenarbeit und die zentrale Ansprechstelle für Großverbände, logistische Einrichtungen, Einsatzkontingente und Partner.
Das Logistikzentrum der Bundeswehr ist verantwortlich für Kostentransparenz und Qualitätskontrolle, stellt Leistungen wirtschaftlich und unternehmensorientiert sicher und ist die Basis für zivil-militärische Kooperation.
Einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, Innovationsfähigkeit und Investition leisten die auf der Grundlage des Rahmenvertrags mit der Wirtschaft eingerichtete Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (GEBB) sowie die eingeleiteten Pilotprojekte der Organisationsbereiche.
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Personal, Standorte und Investitionen

Ihnen allen sind die Ergebnisse der Grobausplanung, so wie sie am 11. Oktober im Kabinett und im Parlament vorgestellt wurden, bekannt. Ich gehe davon aus, dass noch in diesem Monat in einem weiteren Schritt die Entscheidungen hinsichtlich der Stationierung der höheren Kommandobehörden bekannt gegeben werden können.
Unser Ziel ist es, die Feinausplanung bis zum Jahresende und gegen Ende des I. Quartals 2000 auch die Stationierungsplanung abzuschließen.
Ich bin mir bewusst, dass gerade diese Planungsphase für Sie, aber auch für die Soldaten und zivilen Mitarbeiter in Ihrem Verband und für Ihre Familien besonders wichtig und auch belastend ist. Ich weiß auch, dass Sie in Ihren Standorten mit Fragen nach der Zukunft konfrontiert werden.
Bei allem Verständnis ist es wichtig, dass zuerst die Strukturplanungen abgeschlossen werden. Nur auf dieser Grundlage können Standortentscheidungen getroffen werden, die langfristig Bestand haben.
Sie können sich darauf verlassen, dass die Stationierungsentscheidungen sorgfältig vorbereitet und auf einer ausgewogenen, alle Aspekte umfassenden Grundlage getroffen werden. Es gilt, militärische, ökonomische und soziale Kriterien gleichermaßen zu berücksichtigen. Und die Bundeswehr wird auch weiterhin in der Fläche präsent bleiben.
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Bereits mit dem Haushalt 2001 ist es gelungen, den seit Beginn der neunziger Jahre andauernden Investitionsstau aufzubrechen. Auch der Einzelplan 14 leistet seinen Beitrag zur notwendigen Konsolidierung des Bundeshaushalts. Dennoch ist der Tiefstand von rund 21 Prozent Investitionsquote Mitte der neunziger Jahre überwunden und ein Anteil von mehr als 25 Prozent erreicht.
Ermöglicht wird dies unter anderem durch neue Finanzierungsarten, Effizienzsteigerung bei den Betriebskosten, sowie durch Erlöse aus Vermietung, Verpachtung und Verkauf bis zu einer Höhe von 1 Mrd. DM im nächsten Jahr und bis zu 1,2 Mrd. DM in den Folgejahren, die wieder investiert werden können.
Es ist meine feste Absicht, die Investitionsquote in den folgenden Jahren um jeweils 0,7 bis 1 Prozent zu steigern und letztlich einen Wert von 30 Prozent zu erreichen.
Auch bei der Modernisierung der Ausrüstung gilt es, in der Kategorie „Teilstreitkraftübergreifende Fähigkeiten“ zu denken und streitkräftegemeinsam vorzugehen.
Das neue Verfahren für die Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung wird die Beschaffungszeiten erheblich verkürzen und trägt dazu bei, risikoreiche, aber auch redundante Entwicklungen zu vermeiden.
Vor allem wird damit sichergestellt, dass die Bedarfsermittlung in der Analysephase strikt dem fähigkeitsorientierten Ansatz in meiner gesamtplanerischen Verantwortung folgen wird. Der Führungsstab der Streitkräfte hat bereits in der Übergangsstruktur die Kapazität erhalten, Fähigkeitsanalysen für die Gesamtstreitkräfte, eine zentrale Bedarfsermittlung, sowie die Priorisierung der Ausrüstung und Bewaffnung vorzunehmen.
Schließlich darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass der Aufbau eines Leitungscontrollings dazu beitragen wird, schneller und besser auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können als bisher.
Mit der Entscheidung zur vorhabenübergreifenden Einführung von SAP R/3 zur Unterstützung aller administrativen und logistischen Prozesse in der Bundeswehr reagieren wir auf die unbefriedigende Situation, in der wir durch die vielen aufgaben- und funktionsbezogenen Insellösungen der letzten Jahrzehnte geraten sind. Der Weg aus dieser verhängnisvollen Sackgasse führt nur über eine konsequente informationstechnische und organisatorische Prozessorientierung.
Strukturen und Prozesse wirtschaftlicher zu gestalten bedeutet, Verantwortung konsequent zu delegieren, die bewährte flexible Budgetierung in den Streitkräften weiter auszubauen und so Auftrag und Mittel in einer Hand zusammenzufassen.
Unsere Soldaten und zivilen Mitarbeiter verfügen über ein großes Reservoir an Kenntnissen und Fähigkeiten. Es gilt, ihre Kreativität weiter zu erschließen und Leistungen positiv motivierend zu fördern. Die verstärkte Nutzung des „Kontinuierlichen Verbesserungsprogramms“ (KVP) im Rahmen der Kosten-Leistungs-verantwortung (KLV) ist ein Instrument, das dafür sehr gut geeignet ist.
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Nachwuchsförderung und Integration der Frauen

Wenn es um das Vertrauen in Einrichtungen des öffentlichen Lebens geht, steht die Bundeswehr nach dem Bundesverfassungsgericht an zweiter Stelle. Ich habe aber den Eindruck, dass es noch nicht gelungen ist, aus dieser positiven Grundhaltung in unserer Nachwuchswerbung Kapital zu schlagen. Die Bewerberlage bei Offizieren, Unteroffizieren und längerdienenden Mannschaften ist weiterhin angespannt. Die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten ist rückläufig. Diese Entwicklung darf sich nicht fortsetzen – im Gegenteil, wir wollen die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten schrittweise auf 200.000 erhöhen.
Leistungsbereite und geeignete jungen Menschen müssen in der Bundeswehr einen attraktiven und zukunftsträchtigen Arbeitsplatz finden, mit Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für den weiteren zivilen Lebensweg. Die Nachwuchswerbung muss ansprechend, vertrauensvoll und vor allem zuverlässig im Hinblick auf die gemachten Zusagen sein.
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Ein Bündel von Maßnahmen soll dazu dienen, den Dienst in den Streitkräften attraktiver zu machen und die notwendigen Strukturreformen auf eine gesunde personelle Grundlage zu stellen.
In der Kabinettsitzung am 14. Juni 2000 hat die Bundesregierung einen Katalog von Besoldungs- und Laufbahnverbesserungen beschlossen, die gestaffelt ab 2001 in Kraft treten sollen. Die notwendigen gesetzlichen Initiativen sind eingeleitet; die Gesetzgebungsverfahren könnten noch im Laufe des nächsten Jahres abgeschlossen werden.
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Die unausgewogene Altersstruktur muss daher ... dauerhaft bereinigt werden.
Dazu möchten wir die Möglichkeit schaffen, dass die Personalführung Berufssoldaten der überbesetzten Jahrgänge mit deren Einverständnis ab dem 50. Lebensjahr in dem Maße zur Ruhe setzen kann, wie der Geburtsjahrgang über dem Soll des PSM liegt. Die Versorgungsbezüge sollen dem im Normalfall Erreichbaren entsprechen, sich also an der allgemeinen Laufbahnperspektive orientieren.
Für Soldaten, die bis 2008 als Zeitsoldat mit einer Verpflichtungszeit von 13 bis 20 Jahren ausscheiden, soll eine auf die tatsächliche Dienstzeit berechnete Übergangsbeihilfe gezahlt werden.
Für die dargestellten Maßnahmen ist ein Gesetz erforderlich, das frühestens im Laufe des Jahres 2001 in Kraft treten kann, so dass im Jahr 2002 erste Versetzungen in den Ruhestand stattfinden können. Spürbare Auswirkungen sind allerdings erst im Jahr 2003 zu erwarten.
Wir wissen, dass sich die Attraktivität des Dienstes nicht im Materiellen erschöpft. Natürlich müssen Laufbahngestaltung und finanzielle Vergütungen den Fähigkeiten und dienstlichen Leistungen angemessen sein. Ganz entscheidend trägt aber das Betriebsklima auf der Grundlage eines zeitgemäßen kooperativen Führungsstils in den Einheiten und Verbänden zur Berufszufriedenheit bei. Hier sind wir alle gemeinsam als Vorgesetzte ganz besonders gefordert.
Ab 1. Januar 2001 können Frauen als Freiwillige in die Unteroffizier- und Mannschaftslaufbahn eingestellt werden, ab dem 1. Juli auch in die Offizierlaufbahn. Ich begrüße diese Entscheidung ausdrücklich und bin mir sicher, dass dies ein Gewinn für die Streitkräfte sein wird. Mittel- bis langfristig kann mit etwa 7 - 8 Prozent weiblichen Berufs- und Zeitsoldaten gerechnet werden.
Ich erwarte, dass sich alle Vorgesetzten um eine faire und gerechte Behandlung und Aufnahme kümmern. Wir werden vom ersten Tag an im Rampenlicht stehen.
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Nach Abschluss aller Maßnahmen werden rund 80.000 bis 90.000 Dienstposten für zivile Mitarbeiter in der Bundeswehr erforderlich sein. Diese Zielgröße wird allerdings erst mittel- bzw. langfristig erreicht werden.
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Wehrpflicht

Die öffentliche Diskussion der neuen Personalstruktur der Bundeswehr hat sich in letzter Zeit vermehrt auf die Frage nach der Wehrgerechtigkeit konzentriert. Ich denke, dass einige Erläuterungen notwendig sind, um diese Diskussion zu versachlichen.
Seit Jahren leistet etwa ein Drittel eines jeden Jahrgangs junger Männer Zivildienst, ein Drittel ist vom Wehrdienst ausgenommen – aus gesundheitlichen Gründen, wegen des Dienstes bei der Polizei, beim BGS, der Feuerwehr usw. – ein Drittel leistet Wehrdienst. Die Handhabung des verfassungsmäßigen Ausnahmerechtes empfinden die jungen Männer heute als eine de facto – Wahlmöglichkeit zwischen Wehrdienst und Zivildienst – auch wenn uns das nicht gefällt.
Wenn es darum geht, dass alle jungen Männer eines Jahrgangs irgendeinen Dienst für die Gemeinschaft leisten, sei es Zivildienst oder Wehrdienst, dann ist das Dienstgerechtigkeit.
Wehrgerechtigkeit ist unter den heutigen Bedingungen dann gegeben, wenn alle geeigneten und zum Wehrdienst bereiten jungen Männer eingezogen werden. Dies ist auch in der Vergangenheit nie zu 100 Prozent der Fall gewesen.
Tatsache ist, bis zum Jahre 2010 werden jährlich deutlich mehr als 90 Prozent der jungen Männer, die in den Geburtsjahrgängen verfügbar und geeignet sind, auch zum Wehrdienst eingezogen. Maßgeblich sind nicht nur die 53.000 Dienstposten für Wehrpflichtige, die angesichts einer auf neun Monate verringerten Dienstzeit einen größeren jährlichen Ergänzungsbedarf begründen. Zu berücksichtigen ist auch, dass wir auch unsere Zeit- und Berufssoldaten rekrutieren müssen. Zudem werden wir auf absehbare Zeit das Fehl bei den Zeitsoldaten teilweise durch die Einberufung zusätzlicher Wehrpflichtiger ausgleichen müssen. Alle diese Faktoren werden dazu führen, dass wir jährlich mehr als 110.000 junge Männer zum Grundwehrdienst einberufen werden, also den weit überwiegenden Teil derjenigen, die zur Verfügung stehen.
Gegen Ende dieses Jahrzehnts wird sich das Aufkommen an 18-jährigen jungen Männern in Deutschland drastisch verringern. Dann wird sich die Frage stellen, ob wir noch genügend geeignete Wehrpflichtige einziehen können. Das Personalstrukturmodell ist für etwa 15 Jahre ausgelegt. Es ist hinreichend flexibel, um die Schwankungen in den Jahrgangsstärken aufzufangen. Und es ist, wenn man alle Aspekte berücksichtigt, gerecht gegenüber unseren jungen Männern.
Ich würde es sehr bedauern, wenn die Wehrpflicht zu einem Faktor parteipolitischen Kalküls würde.
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