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"Sicherheitskabinett" der Bundesregierung für Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes

Im Wortlaut: Die Position des Bundeskanzlers sowie eine kritische Stellungnahme aus der Friedensbewegung

Im Folgenden dokumentieren wir
  1. die Presseverlautbarung des Bundeskanzleramts vom 27. August 2003 zur beabsichtigten Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan, darin eingeschlossen eine Erläuterung dessen, was das "Sicherheitskabinett" ist,
  2. eine Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag gegen diesen Einsatz,
  3. die Beschreibung der Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen von ISAF (in einer Selbstdarstellung der Bundesregierung), und
  4. die Beschreibung der Aufgaben der Bundeswehr im Rahmen von "Enduring Freedom" (ebenfalls in einer Selbstdarstellung der Bundesregierung).
Zur grundsätzlichen Kritik am Afghanistan-Einsatz im Rahmen von "Enduring Freedom" aus Sicht der AG Friedensforschung und der Friedensbewegung vgl. diverse Beiträge auf unserer Afghanistan-Seite, insbesondere von Oktober bis Dezember 2001.


Sicherheitskabinett für Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes

Mi, 27.08.2003

Das so genannte Sicherheitskabinett der Bundesregierung hat sich dafür ausgesprochen, das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan über Kabul hinaus auszuweiten. Der entsprechende Beschluss sieht vor, zusätzliche Bundeswehr-Soldaten nach Kundus in den Norden des Landes zu entsenden.

Bundeskanzler Gerhard Schröder erläuterte am 27. August 2003 vor der Presse, dass eine Ausweitung des Einsatzes zur Stabilisierung einer Zentralregierung in Afghanistan einerseits sinnvoll und notwendig sei, andererseits aber auch im Hinblick auf die Sicherheit der Soldaten verantwortet werden könne. Dies habe der Bericht des Erkundungsteams, das vergangene Woche in Kundus war, ergeben. "Deshalb werden wir dem Kabinett vorschlagen, eine solche Ausweitung zu machen", so Schröder.

Der Bundeskanzler befürwortete, ein Engagement über Kabul hinaus an das Mandat der internationalen Schutztruppe ISAF zu koppeln. "Wir wollen das auf der Basis der Erweiterung des ISAF-Mandates." Schröder zeigte sich zuversichtlich, dass eine entsprechende Mandatserweiterung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erreicht werden könne. Die Bundesregierung wünsche dies, "weil wir es in der Sache für gerechtfertigt und vernünftig halten", so der Kanzler. Auch andere europäische Partner hätten bereits ihr Interesse signalisiert, sich zu beteiligen. Der Kanzler unterstrich, die Missionen ISAF und Enduring Freedom müssten weiter auseinander gehalten werden.

Das Bundeskabinett wird in der kommenden Woche über eine mögliche Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes beraten. Der Bundestag muss dem Einsatz zustimmen.

Weitere Befriedung Afghanistans

Aufgabe der Bundeswehrsoldaten soll es sein, ein deutsches "regionales Wiederaufbauteam" (Provincial Reconstruction Team) zu schützen, dessen Kernaufgabe der zivile Aufbau - allen voran die Instandsetzung von Straßen, Schulen und Krankenhäusern - ist. Auftrag der deutschen Soldaten soll es insbesondere sein, die Sicherheit zu gewährleisten, um diesen zivilen Aufbau auch zustande zu bringen. "Ich lege Wert darauf, dass es zu einer starken zivilen Komponente kommt", betonte Schröder.

Die Bundesregierung sieht in ihrem Engagement in Afghanistan einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus - sowohl materiell wie auch militärisch. Bundeskanzler Schröder machte erneut deutlich, dass der Prozess der Demokratisierung und Stabilisierung Afghanistans keineswegs beendet sei. Es sei jedoch Aufgabe der internationalen Staatengemeinschaft, diesem Prozess zum Erfolg zu helfen.

Das "Sicherheitskabinett"
Das sogenannte Sicherheitskabinett ist keine ständige Einrichtung. Wenn die Sicherheitslage oder die politische Situation es erforderlich macht, ruft der Bundeskanzler das Gremium zusammen. Mitglieder des Sicherheitskabinett sind der Außenminister, der Verteidigungsminister, der Innenminister und der Chef des Bundeskanzleramtes. Geleitet wird die Sitzung vom Bundeskanzler. Bei Bedarf können andere Vertreter anderer Ministerien oder Behörden hinzugezogen werden.
Das Sicherheitskabinett ist kein Kabinettsausschuss, wie zum Beispiel der Bundessicherheitsrat, sondern eine informelle Runde, die sich bei Bedarf und ohne feste Tagesordnung trifft. Der Zweck des Sicherheitskabinett ist es, in relevanten Fragen der inneren und äußeren Sicherheit schnell und direkt Informationen und Einschätzungen zwischen den für die innere und äußere Sicherheit wichtigen Ministern austauschen und das weitere Vorgehen abstimmen zu können.
Das Sicherheitskabinett kann nicht das Kollegialorgan Bundesregierung ersetzen, dass regelmäßig zu Kabinettsitzungen zusammentritt, um nach § 15 der Geschäftsordnung der Bundesregierung z.B. alle Angelegenheiten von allgemeiner innen- und außenpolitischer Bedeutung zu beraten und zu beschließen.

Von der Homepage der Bundesregierung (www.bundesregierung.de)


Friedensbewegung gegen Bundeswehreinsatz

Pressemitteilung
  • Friedensbewegung lehnt Bundeswehreinsatz in Kundus ab
  • Die Mittel sind besser bei wirklich humanitären Projekten aufgehoben
  • Kanzler-Entscheidung ein politisches Signal an Washington
  • Kundus-Entscheidung dient der Gewöhnung der Öffentlichkeit an Auslandseinsätze
Am 27. August 2003 sprach sich in Berlin das "Sicherheitskabinett" der Bundesregierung für die Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr aus. Für den Bundesausschuss Friedensratschlag gab dessen Sprecher Peter Strutynski hierzu folgende Erklärung ab:

Die Absicht der Bundesregierung, den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf Kundus zu erweitern, wird von bedeutenden Teilen der Friedensbewegung abgelehnt. Wenn es wirklich darum ginge, Land und Leuten in Afghanistan beim Aufbau ziviler Strukturen zu helfen, dann gibt es andere Möglichkeiten, als einen weiteren teuren Bundeswehreinsatz zu finanzieren. Es gibt in Afghanistan Regionen, in denen Hilfsorganisationen in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Dazu gehört z.B. Charikar, eine Stadt in der Provinz Parwan. Deren örtliche Behörden sind ausschließlich an Wiederaufbauarbeit und weniger an Militär interessiert. "Für die Sicherheit können wir selbst sorgen", wurde der Vizegouverneur Khawja Atta Mohammad Anfang August in der Presse zitiert (FR, 6.08.2003). Eine Entwicklungshelferin von der französischen Organisation Acted, Rebecca Heuberger, sagte: "Wir brauchen hier keine deutschen Soldaten", dies sei die "falsche Botschaft". Gerade gestern wurde bekannt, wie viele Hundert Millionen Euro allein die Bundeswehrpräsenz in Kabul kostet. Eine ähnliche Summe für eine fragliche Präsenz in Kundus könnte eingespart und bereits angelaufenen Infrastrukturprojekten in sicheren Gegenden Afghanistans zur Verfügung gestellt werden.

Kundus gilt als "relativ" sicher. Die Region steht unter dem Einfluss des amtierenden afghanischen Verteidigungsministers Fahim. Dennoch: Als paschtunische Enklave ist Kundus umgeben von tadschikischen und usbekischen Milizen. Dort wurde eine der letzten großen Schlachten des Afghanistan-Krieges 2001 geschlagen. Kundus war Ende November 2001 auch Schauplatz eines Massakers an gefangenen Taliban-Kämpfern. Es ist also nicht ganz auszuschließen, dass das Engagement der Bundeswehr in Kundus nur von begrenzter Dauer sein wird - herausgeschmissenes Geld!

Dass Bundeskanzler Schröder nicht bis zur Entscheidung des Bundeskabinetts in der nächsten Woche warten wollte, um seinen Beschluss über die Ausweitung des Einsatzes bekanntzugeben, ist ungewöhnlich. Ebenso ungewöhnlich ist die Einberufung des "Sicherheitskabinetts" von heute: ein informelles Gremium, das vom Kanzler zusammengerufen wird, "wenn die Sicherheitslage oder die politische Situation es erforderlich macht" (vgl. Homepage der Bundesregierung). Für diese Eile bestand überhaupt keine Notwendigkeit. Zu vermuten ist daher, dass es dem Kanzler um eine politische Geste gegenüber Washington geht: Einerseits sollen die US-Truppen in Afghanistan entlastet werden - sie werden verstärkt im Irak gebraucht! -; andererseits bekundet Deutschland seine militärische Solidarität mit den USA, auch wenn es sich zu Recht weiterhin weigert, Truppen in den Irak zu entsenden.

Bundeskanzler Schröder hat mit der Entscheidung des "Sicherheitskabinetts" auch deutlich gemacht, dass die Bundeswehr in jedem Fall nach Kundus gehen wird, also auch wenn es kein erweitertes UN-Mandat für ISAF geben sollte. Er sprach zwar davon, dass er sich eine Teilnahme der Bundeswehr im Rahmen von ISAF "wünsche", er hat dieses Mandat aber nicht zur Bedingung für den Bundeswehreinsatz gemacht. Mit anderen Worten: Wichtig für die Bundesregierung ist allein das Prinzip Bundeswehreinsatz, nicht der konkrete politische und militärische Auftrag.

Die Entscheidung des "Sicherheitskabinetts" ist ein weiterer Schritt zur Gewöhnung der Öffentlichkeit an Bundeswehrauslandseinsätze, ganz im Sinne der im Mai von Verteidigungsminister Struck erlassenen "Verteidigungspolitischen Richtlinien". Der Bundesausschuss Friedensratschlag appelliert an Regierung und Bundestag, diesen gefährlichen und kostspieligen Weg deutscher Soldaten in alle Welt nicht weiter zu unterstützen, sondern umzukehren.

Bundesausschuss Friedensratschlag
Kassel, den 27. August 2003



Einsatz der Bundeswehr innerhalb der UN-Friedensmission ISAF

(in einer Selbstdarstellung der Bundesregierung)

Seit dem 10. Februar 2003 führt der deutsche Generalleutnant Norbert van Heyst die internationale ISAF-Schutztruppe in Afghanistan. Insgesamt sind 4600 Soldaten aus 30 Nationen an der Mission beteiligt, darunter 2500 Angehörige der Bundeswehr und 638 niederländische Soldaten.

Das Hauptquartier der internationalen ISAF-Friedenstruppen (International Security and Assistance Force) im Zentrum der afghanischen Hauptstadt Kabul wird seit dem 10. Februar durch ein deutsch-niederländisches Kommando geführt. Der deutsche Generalleutnant Norbert van Heyst übernahm in einer feierlichen Zeremonie die Befehlsgewalt über insgesamt 4600 Soldaten vom türkischen Vorgänger Generalmajor Hilmi Akim Zorlu. Damit werden bis August Deutschland und die Niederlande als "Lead Nations" die militärische Verantwortung für die UN-Mission innehaben. Die Deutsche Bundeswehr verdoppelt mit bis zu 2500 Soldaten ihre bisherige Personalstärke in Afghanistan.

Am 27. November 2002 hatte der Sicherheitsrat mit der Resolution 1444 entschieden, daß ISAF für weitere zwölf Monate in Kabul und Umgebung stationiert bleibt. Vorausgegangen war am 21. November 2002 ein Angebot der Aussenminister Deutschlands und der Niederlande, Joschka Fischer und Jaap de Hoop Scheffer, dass beide Nationen die Führung der Schutztruppe übernehmen wollten. Bisher waren Grossbritannien und zuletzt die Türkei mit der Kommandogewalt betraut gewesen.

Der Deutsche Bundestag machte mit grosser Mehrheit am 20. Dezember 2002 den Weg für die erweiterte militärische Beteiligung der Bundesrepublik frei. Insgesamt votierten 565 der 576 Abgeordneten für Einsatz der deutschen Soldaten. Zuvor hatte Bundesaußenminister Fischer erklärt, dass es zum internationalen Engagement in Afghanistan keine Alternative gäbe. Verteidigungsminister Peter Struck hob die zentrale Bedeutung der Stabilisierung des Landes für den Erfolg im Kampf gegen den Terror hervor.

Der Einsatzbeschluss des Deutschen Bundestages sieht die Entsendung von bis zu 2500 deutschen Soldaten nach Kabul und auf den usbekischen Luftstützpunkt Termez, der als sichere Nachschubbasis dient, vor. Vorher waren in Kabul und Termez etwas mehr als 1.200 Frauen und Männer stationiert.

Nach zwei Jahrzehnten Krieg ist die Infrastruktur Afghanistans stark beschädigt und daher unzureichend. Die Bundeswehr muss alles, was für den Einsatz bei ISAF benötigt wird, auf dem Luftweg nach Afghanistan bringen. Insbesondere schweres Gerät, wie zum Beispiel der Waffenträger WIESEL und der minensichere Truppentransporter DINGO, werden durch gecharterte ukrainische Großraumtransportflugzeuge der Typen Antonow AN-124 und Ilyushin IL-76 auf der Luftbrücke Köln-Wahn nach Kabul - insgesamt 8000 Kilometer Flugstrecke - transportiert. Allein 2002 konnten so in 369 Flügen 16400 Tonnen Material in die afghanische Hauptstadt geschafft werden. Die Kosten dafür beliefen sich auf 53,5 Millionen US-Dollar. Zusätzlich sind Transportflugzeuge der königlich niederländischen und der deutschen Luftwaffe eingesetzt. Als bewährtes und äußerst zuverlässiges "Arbeitspferd" gilt die Transportmaschine C-160 "Transall".

Binationale Führung

Nach Großbritannien und der Türkei führen jetzt Deutschland und die Niederlande als "Lead Nations" die Friedenstruppe an. Den Leitnationen obliegt in erster Linie die militärische Führung der Mission. Daneben sind sie für die Organisation des Lufttransports und die Bereitstellung sowie den Betrieb der Fernmeldekapazitäten im Einsatzgebiet zuständig. Außerdem gehört die Koordinierung des Einsatzes mit der afghanischen Regierung und den ebenfalls in Afghanistan befindlichen US-amerikanischen Einheiten zu ihren Aufgaben.

Generalleutnant van Heyst hat als neuer Befehlshaber zur Bewältigung dieser umfangreichen Aufgabe seine "Hausmannschaft" zur Verfügung. Im "normalen Leben" ist der 58 Jahre alte General Kommandeur des I. Deutsch/Niederländischen Korps aus Münster. Genau dieses Korps stellt 600 Angehörige des Stabes für das Hauptquartier in Kabul. Der stellvertretende ISAF-Kommandeur, der niederländische Brigadegeneral Robert Bertholee, ist normalerweise Chef des Stabes in Münster und somit ein enger Mitarbeiter van Heysts. Deutsche und Niederländer bilden seit 1995 zu gleichen Teilen den Korpsstab, dem in Deutschland und den Niederlanden 40000 Soldaten unterstehen.

Erst im November 2002 wies der binationale Grossverband bei der NATO-Übung "Cannon Cloud 02" seine Eignung als "High Readiness Force (Land) Headquarters" nach. Die Überprüfung durch hohe Offiziere aus dem Hauptquartier der NATO-Streitkräfte in Europa (SHAPE) hatte ergeben, dass das Korps die NATO-Standards für operationelle und taktische Einsatzführung voll erfüllt. Der Test auf dem Truppenübungsplatz Baumholder gilt als abschliessender Prüfstein für die inzwischen durchgeführte Übernahme der ISAF-Mission.

Dem ISAF-Hauptquartier unterstellt ist die Multinationale Brigade Kabul (KMNB). Seit Dezember 2002 stand sie unter Führung des deutschen Brigadegenerals Werner Freers. Am 17. Juli 2003 übergab dieser an den kanadischen Brigadier Peter Devlin. Der Brigade zugeordnet sind zwei deutsche und eine französische "Battlegroup" (Kampfgruppe) in Bataillonsstärke. Zusätzlich steht eine multinationale Pioniereinheit unter italienischem Kommando bereit. Insgesamt gehören rd. 4.600 Soldaten aus 29 Ländern zu der Schutztruppe für Afghanistan. Darunter befindet sich Personal aus Albanien, Mazedonien (FYROM), Litauen, Lettland und Neuseeland. Die ISAF-Truppen am Internationalen Flughafen in Kabul und ein multinationaler Pionierverband sind ebenfalls an das Hauptquartier angegliedert.

Völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Grundlagen

Dem Beschluss für die UN-Friedensmission vorausgegangen war die Resolution 1386 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen (UNO) vom 20. Dezember 2001. Diese Resolution ist auf Grundlage des Artikels VII der Charta der Vereinten Natiponen verabschiedet worden.

Der Deutsche Bundestag hat dem Antrag der Bundesregierung für einen Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan in einer Sondersitzung am 22. Dezember 2001 mit großer Mehrheit (538 Ja, 35 Nein, 8 Enthaltungen) zugestimmt. Das Bundeskabinett hatte zuvor am 21. Dezember die Beteiligung Deutschlands an der internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe beschlossen.

Verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz deutscher Soldaten in dieser Friedensmission ist Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes. Dieser regelt das Vorgehen im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Gleichzeitig hat die Bundeskabinett die Resolutionen 1471,1444,1386, 1383 und 1378 des Sicherheitsrates zugrunde gelegt.

Auftrag der deutschen Kontingents innerhalb der ISAF-Mission

Die "Petersberger Konferenz" vom 27. November bis zum 5. Dezember 2001 endete mit einer "Vereinbarung über provisorische Regelungen in Afghanistan bis zum Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen" (Bonn Vereinbarung). Danach hat am 22. Dezember eine vorläufige Regierung die Geschäfte in Afghanistan aufgenommen. Für den Aufbau demokratischer Strukturen ist die Präsenz der Bundeswehr als Teil einer internationalen Friedenstruppe notwendig, um diesen Prozess zu unterstützen. Gleichzeitig soll dem Aufbau eigener Sicherheitskräfte zum Schutz des Landes geholfen werden und die Arbeit des Personals der UNO in sicherem Umfeld gewährleistet werden. Dabei erfüllen deutsche Soldaten folgende Aufgaben:
  • Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in Kabul und Umgebung in Zusammenarbeit mit afghanischen Sicherheitskräften
  • Minenräumen/Kampfmittelbeseitigung (bisher sind mehrere Millionen Munitionsteile aller Art beseitigt worden)
  • Beitrag zur Information der einheimischen Bevölkerung (Rundfunkprogramme, gedruckte Informationsmittel)
  • Zusammenarbeit mit afghanischen Sicherheitsorganen
  • Logistische Unterstützung anderer ISAF-Nationen (Lufttransport, Fernmeldeverbindungen, medizinische Hilfe)
  • Unterstützung beim Aufbau der afghanischen Nationalgarde in den Bereichen Fernmeldeverbindungen, Erste Hilfe und Logistik
  • Beiträge im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit (CIMIC) beim Wiederaufbau der Infrastruktur
  • Unterstützung deutscher Polizeikräfte beim Aufbau der afghanischen Polizei mit Verpflegung, medizinischer Betreuung, Feldpost und Mitflügen

Kräfte der Bundeswehr vor Ort

In Kabul und Termez befinden sich im Einsatz:
  • Infanteriekräfte für Sicherungs- und Patrouillenaufgaben (Fallschirmjäger und Gebirgsjäger)
  • Heeresflieger (mit mittleren Transporthubschraubern des Typs Sikorsky CH-53G)
  • Pioniere
  • Sanitäter
  • Feldjäger (Militärpolizei)
  • Logistikpersonal
  • Lufttransport- und Luftumschlagkräfte
  • Kräfte für die zivil-militärische Zusammenarbeit (CIMIC)
  • Kräfte der Operativen Information (Information für die Bevölkerung)
  • Kräfte für die Beteiligung an internationalen Hauptquartieren
  • Verbindungsorgane zu Regierungs- und anderen internationalen Organisationen.
Soldaten des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) sind im Rahmen der Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan zur Bekämpfung des Terrorismus eingesetzt. Der Führer dieser Kräfte im Einsatzland untersteht nicht ISAF, sondern direkt dem Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam, Generalleutnant Friedrich Riechmann. Das Einsatzführungskommando ist für die Einsätze der Bundeswehr im Ausland zuständig.

Bei ISAF dienen Berufsoldaten und Soldaten auf Zeit, freiwillig längerdienende Grundwehrdienstleistende und Reservisten. Wehrpflichtige werden nicht eingesetzt.

Status und Rechte

Die Sicherheitstruppe ist autorisiert zur Durchsetzung der Resolution 1386 alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt zu ergreifen, um den Auftrag durchzusetzen. Die Wahrnehmung des Rechts zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung bleibt davon unberührt. Den im Rahmen dieser Operation eingesetzten Kräften wird auch die Befugnis zur Wahrnehmung des Rechts auf bewaffnete Nothilfe zugunsten Jedermann erteilt.

Einsatzgebiet

Einsatzgebiet ist Kabul und Umgebung. Im übrigen Gebiet Afghanistans dürfen die deutschen Streitkräfte über die Wahrnehmung des individuellen und kollektiven Selbstverteidigungsrechts und des Nothilferechts hinaus nur zum Zwecke des Zugangs und der Logistik mit der erforderlichen Eigensicherung sowie für Abstimmungsgespräche eingesetzt werden.

Im Anschluss an ein Treffen mit Hamid Karsai, dem Vorsitzenden der Übergangsverwaltung von Afghanistan, signalisierte Bundeskanzler Gerhard Schröder am 14. März 2002 in Berlin, er stehe einer räumlichen Ausdehnung des Schutzmandates über Kabul hinaus mit Skepsis gegenüber. Erst kürzlich sprach sich am Rande der feierlichen Kommandoübergabe am 10. Februar der Bundesminister der Verteidigung Peter Struck deutlich gegen eine Ausweitung des Verantwortungsbereiches der ISAF aus.

Finanzierung

Die einsatzbedingten Ausgaben werden im Haushaltsjahr 2003 voraussichtlich 409,6 Millionen Euro betragen. Darin eingeschlossen ist ein Mehraufwand für die Übernahme der ISAF-Leitfunktion in Höhe von 112,4 Millionen Euro. Die niederländische Regierung plant zwischen 45 und 50 Millionen Euro für ihre Beteiligung am ISAF-Kommando ein.

Quelle: Homepage der Bundesregierung
Letzter Stand: Do, 17.07.2003



Bundeswehreinsatz im Rahmen von "Enduring Freedom"

(in einer Selbstdarstellung der Bundesregierung)

Der von der Bundesregierung beschlossene Antrag zum Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den internationalen Terrorismus (Operation "Enduring Freedom"), dem der Deutsche Bundestag im November 2001 zugestimmt hat, ist am 15. November 2002 für ein weiteres Jahr verlängert verlängert worden. Er sieht die Bereitstellung von bis zu 3.900 Soldaten als Obergrenze vor.

Der von der Bundesregierung beschlossene Antrag zum Einsatz der Bundeswehr im Kampf gegen den internationalen Terrorismus (Operation "Enduring Freedom"), den der Deutsche Bundestag am 15. November 2002 um ein Jahr verlängert hat, sieht die Bereitstellung von bis zu 3.900 Soldaten vor. Dabei werden folgende Fähigkeiten zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus von der Bundesregierung bereitgestellt:

Kapazitäten von bis zu 250 Soldatinnen und Soldaten zur medizinischen Evakuierung

Seit dem 23. November 2001 ist ein Airbus A310 MEDEVAC in einer Zwölf-Stunden-Bereitschaft verfügbar. Er ist für den Transport von verwundeten, verletzten und schwer erkrankten Soldaten vorgesehen.

Lufttransportkapazitäten im Umfang von bis zu 500 Soldatinnen und Soldaten

Mit Ablauf des 10. Januar 2002 wurden die seit dem 26. November 2001 erfolgten Einsätze zur Lufttransportunterstützung für die amerikanischen Streitkräfte eingestellt. Täglich waren bis zu drei Transall-Maschinen für logistische Transporte nach Incirlik in die Türkei geflogen. Für Service und Betrieb waren dazu auf einem Zwischenlandeplatz in Istanbul 100 Soldaten eingesetzt.

Die freigewordenen Transall-Maschinen werden derzeit für den Transport und die logistische Unterstützung des deutschen Kontingents der internationalen Friedenstruppe für Afghanistan (ISAF) benötigt.

ABC-Abwehrkräfte in Kuwait im Umfang von bis zu 800 Soldatinnen und Soldaten

Die USA haben Deutschland ersucht, ABC-Abwehrkräfte als Beitrag zu einem multinationalen Einsatzverband in Kuwait bereitzustellen. Die Verlegung des insgesamt rund 250 Soldatinnen und Soldaten umfassenden Einsatzkontingents für ABC-Abwehr erfolgte im Februar 2002.

Die deutschen Kräfte nahmen an mehreren gemeinsamen Übungen teil. Diese erfolgten mit dem Ziel, die Abläufe innerhalb des multinationalen Stabes zu optimieren, die internationale Zusammenarbeit der Truppe einzuüben, Verfahren aufeinander abzustimmen, die Einsatzbereitschaft herzustellen und am Ende der Truppenübung zu überprüfen. Nach Abschluss der Übungen wurden im März 2002 die Hauptkräfte (189 Soldaten) nach Deutschland zurückverlegt. Sie wurden in einer 72-Stunden-Verlegebereitschaft gehalten, um innerhalb von 96 Stunden die Einsatzbereitschaft in Kuwait herstellen zu können.

Das gesamte Material des Einsatzkontingentes blieb vorausstationiert in Kuwait, ebenso ein Teilkontingent von 59 Soldaten (Initial Reaction Capability). Anfang März 2003 wurde dieses Kontingent auf 90 Soldaten aufgestockt. Dabei handelte es sich um eine Unterstützung zur Wartung des Materials und der sechs ABC-Spürpanzer "Fuchs". Das Material unterliegt in Kuwait besonderen Witterungsbedingungen, die intensiven Wartungsbedarf erforderlich machen.

Die durch den Beginn des Irakkrieges eingetretene Situation erforderte erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und veränderte auch die Sicherheitslage für die deutschen Soldaten. Am 21. März 2003 waren deshalb weitere ABC-Abwehrkräfte zum Schutz des eigenen Kontingents nach Kuwait verlegt worden. Diese zusätzlichen Kräfte waren Bestandteil des bisherigen Kontingents für Enduring Freedom, die sich zuvor in Deutschland in Bereitschaft befanden. Insgesamt hatte sich die Zahl der Bundeswehrsoldaten in Kuwait auf bis zu rund 200 erhöht. Der Einsatz der ABC-Abwehrkräfte diente auch dem Schutz der kuwaitischen Bevölkerung. Nachdem die Kampfhandlungen im Irak weitestgehend eingestellt worden sind und die Bedrohung durch terroristische Anschläge mit chemischen Kampfstoffen nicht mehr gegeben ist, wurde in der Woche vom 5. bis 9. Mai 2003 die Zahl der eingesetzten Kräfte wieder auf 60 reduziert. Diese Stärke stellte eine erste Reaktionsfähigkeit sicher. Gleichzeitig wurden auch die Spürpanzer "Fuchs" von 6 auf 2 reduziert. Ca. 200 Soldaten blieben in Deutschland in Bereitschaft. Der Bundesminister der Verteidigung hat Anfang Juni entschieden, dass der Auftrag, die Operation "Enduring Freedom" mit ABC-Abwehrkräften zu unterstützen, beendet ist. Die letzten Bundeswehr-Soldaten der ABC-Abwehreinheit sind am 01. Juli 2003 nach Deutschland zurückgekehrt. Die Bereitschaft der 200 Soldaten ist ebenfalls aufgehoben worden. Mitte Juli werden die ABC-Spürpanzer "Fuchs" zurückerwartet.

Seestreitkräfte am Horn von Afrika im Umfang von bis zu 1.800 Soldatinnen und Soldaten

Am 31. Mai 2003 übernimmt Deutschland nun zum zweiten Mal das Kommando über die Task Force 150. Diese Task Force unterstützt den Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Rahmen der Operation ENDURING FREEDOM. Einsatzgebiet ist das südliche Rote Meer, der Golf von Aden und die Gewässer entlang der Küste Somalias. Zur Zeit beteiligt sich Deutschland mit der Fregatte "Brandenburg" und zwei Bordhubschraubern vom Typ "Sea Lynx" an der multinationalen Task Force. Neben deutschen Schiffen gehören dem Einsatzverband auch regelmäßig Einheiten aus Frankreich, Italien, Spanien und den USA an. Der Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" wird mit zwei Hubschraubern vom Typ "Sea King" ab dem 11. Juni den Verband unterstützen. Die "Frankfurt am Main" ist das größte Schiff der Bundesmarine. Sie verfügt über ein Marine-Einsatz-Rettungszentrum, das bis zu 50 Verletzte aufnehmen kann. Ein Hubschrauberlandeplatz komplettiert die Ausstattung.

Neben der Beteiligung an der Task Force 150 ist Deutschland mit dem Tender "Donau" in Djibouti sowie drei Seefernaufklärungsflugzeugen des Typs "Breguet Atlantic" in Mombasa (Kenia) in der Region präsent. Das Marinekontingent wird damit von derzeit 575 auf 775 Soldaten aufwachsen.

Die deutsche Marine hatte am 5. Mai 2002 zum ersten Mal den Oberbefehl über die Task Force 150 des alliierten Flottenverbandes der Operation "Enduring Freedom" übernommen. Ein halbes Jahr nach der Übernahme gab sie am 30. Oktober 2002 die Führung der Task Force 150 an Spanien ab. Sie übernimmt jetzt das Kommando von Italien.

AWACS Flugzeuge im Einsatz

Zusammen mit den ersten Maßnahmen der NATO innerhalb von "Enduring Freedom" wurden auch deutsche Soldaten in AWACS-Flugzeugen (Airborne Warning And Control System) der Allianz eingesetzt. Zur Unterstützung der USA wurden fünf E-3A AWACS der NATO auf den Luftwaffenstützpunkt Tinker Air Force Base bei Oklahoma City verlegt. Ca. 50 Soldaten und Zivilbeschäftigte aus Deutschland waren im Einsatz. Die NATO hatte am 30. April 2002 entschieden, den Einsatz zu beenden.

Insgesamt waren über 800 Soldaten aus 13 NATO-Staaten an den Einsätzen beteiligt. Aufgrund von Umstrukturierungen in der amerikanischen Luftüberwachung sind diese Einsätze nun nicht mehr notwendig. Damit geht der erste Einsatz des Bündnisses zur Unterstützung der USA in deren eigenen Hoheitsbereich zu Ende.

Quelle: Homepage der Bundesregierung
Letzter Stand: 10. Juni 2003



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