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Volle Granate

Verteidigungsminister Thomas de Maizière präsentiert neues Buch über Macht, Regieren und den verantwortlichen Umgang mit Waffen

Von Jan Greve *

Am Montag war es mal wieder soweit: Ein neues Buch ist erschienen, das dem interessierten Leser Einblicke in die große Politik geben soll. Diesmal war es Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der in Berlin das in Buchform herausgegebene Gespräch zwischen ihm und dem Journalisten Stefan Braun der Öffentlichkeit präsentierte. Es trägt den vielsagenden Titel »Damit der Staat den Menschen dient – Über Macht und Regieren«. Auf 384 Seiten berichtet de Mazière über seine Erfahrungen und resümiert über seine politische Karriere, wenngleich er nach wie vor im Amt ist.

Vorgestellt wurde das Werk von dem ehemaligen SPD-Chef und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering, der neben anerkennenden Kommentaren auch kritische Worte fand. So beschäftige sich de Maizière intensiv mit der »Kunst des Regierens«, die unter anderem darin bestehe, sich bei jeweiligen Sachfragen stets für »das Richtige« zu entscheiden. Inwiefern dieses Richtige bestimmbar und durchsetzbar sei, blieb allerdings unbeantwortet. Man müsse aufpassen, keine trügerische »Objektivität und Klarheit vorzutäuschen«, die es de facto nicht gebe, so Müntefering. Im großen und ganzen stimme er jedoch mit den Aussagen des Buches überein.

Zu dessen Themen gehören auch biographische Details, etwa aus de Maizières Bundeswehrzeit und den ihn stets begleitenden »Dienstgedanken«. So empfiehlt der Minister »der jetzigen Generation, die viel an Chillen und Karriere denkt, auch mal an Dienen zu denken und Dienen zu erleben«. Dieser Dienst bringe eine Vielzahl an Vorteilen mit sich, unter anderem »daß die Jungs plötzlich männlicher werden«, wie es im Buch heißt. Auch das Einordnen in bestehende Hierarchien sei eine gewinnbringende Erfahrung, ebenso wie das Schießen mit einem Gewehr oder das Werfen einer Handgranate. So werde »der verantwortliche Umgang mit Waffen« erlernt.

Als das Thema Bundeswehr bei der Buchvorstellung zur Sprache kam, ließen Fragen zu den Anfang des Jahres getroffenen Äußerungen des Ministers nicht lange auf sich warten. In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung hatte de Maizière vor dem Wehrdienst als »Gammeldienst« gewarnt und die mangelnde Bereitschaft deutscher Soldaten beklagt, sich für Auslandseinsätze zu begeistern. So gebe es hier und da eher eine »Sehnsucht nach dem Hotel Mama«. Dies brachte de Maizière einige Kritik ein, die er gestern jedoch nicht weiter kommentieren wollte. Eher abstrakt sprach er von der Notwendigkeit eines Mentalitätswechsels innerhalb der Bundeswehr, um die Rolle Deutschlands in sicherheitspolitischen Fragen auf internationalem Pakett weiter zu festigen.

Auf die Frage, wen man mit dem Buch erreichen wolle und warum man es überhaupt geschrieben habe, antwortete de Maizière schlicht: »Das frage ich mich auch.« Er wolle eine Streitschrift auf den Weg bringen, die demokratische Kreise zu Diskussionen anrege. Mögliche Themen könnten hier die Verteidigung des nationalen Interesses Deutschlands sein, wie auch die Herstellung und Wahrung von Sicherheit. Betont wurde zudem das Anliegen de Maizières, »die politische Klasse zu verteidigen«. Es gebe zwar auch unter Berufspolitikern negative Einzelbeispiele, doch sei ein Großteil der vorgetragenen Kritik nicht gerechtfertigt. Aber, so heißt es im besagten Buch: »Wer die Menschen nicht mag, wird kein guter Politiker.«

* Aus: junge Welt, Dienstag, 12. März 2013


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