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Rechtsextreme in Uniform

Wehrbeauftragter: 66 "besondere Vorkommnisse" bei der Bundeswehr *

Die Anzahl rechtsextremistischer Vorkommnisse bei der Bundeswehr ist nach Jahren des Rückgangs 2012 wieder leicht gestiegen. Und das, obwohl die Truppe nun nur aus handverlesenen Freiwilligen besteht.

Bis Mitte Dezember wurden in der Bundeswehr 66 Vorfälle mit Verdacht auf einen rechtsextremistischen Hintergrund gemeldet, berichtet dpa. 21 der Verdachtsfälle wurden bereits bestätigt, die anderen werden noch geprüft.

Bei den aktuellen Verdachtsfällen handelt es sich fast ausschließlich um sogenannte Propagandadelikte. Darunter versteht man gewöhnlich das Hören rechter Musik, das Zeigen des Hitlergrußes, »Sieg Heil«-Rufe oder Hakenkreuz-Schmierereien. Erfahrungsgemäß ist die Dunkelziffer hoch. Entweder werden neonazistische Umtriebe nicht erkannt, nicht gemeldet oder finden außerhalb der Kasernen statt.

In seinem Bericht zum Jahr 2011 hatte der Wehrbeauftragte Hellmuth Königshaus (FDP) 63 derartige »besondere Vorkommnisse« vermerkt. Das war der niedrigste Stand seit Anfang der 1990er Jahre. Bis 2009 wurden dagegen Jahr für Jahr mehr als 100 rechtsextremistische Vorkommnisse registriert. Auch jetzt sieht Königshaus in den Zahlen keinen Grund zur Beunruhigung. »Die Bundeswehr geht nach meinem Eindruck angemessen mit dem Problem Rechtsextremismus um«, sagte er. »Alle Phänomene, die es in der Gesamtgesellschaft gibt, bleiben auch der Bundeswehr nicht völlig erspart.«

In den vergangenen Jahren hatte es vonseiten der Verantwortlichen immer geheißen, die Bundeswehr sei nur ein Spiegelbild der ganzen Gesellschaft. Das Argument gilt nun nicht mehr, denn die Bundeswehr ist eine Freiwilligenarmee. »Seit der Aussetzung der Wehrpflicht hat man die Chance, sich die Leute genauer anzusehen, die in die Truppe kommen«, sagte auch Königshaus. »Wenn solche Fälle entdeckt werden, wird auch konsequent reagiert. Wenn sich herausstellt, dass jemand eine rechtsextremistische Gesinnung hat, dann fliegt der raus.«

Der Untersuchungsausschuss des Bundestages, der zu den Verbrechen des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) ermittelt, hat bereits mehrere Verantwortliche des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) als Zeugen geladen. Dabei wurden zahlreiche aktuelle Mängel bei der Abwehr und der Verfolgung von Rechtsextremisten in der Bundeswehr offenkundig.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 29. Dezember 2012


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