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Bundeswehr baut auf im Innern

Proteste gegen Aufstellung neuer Reservistenverbände laufen schleppend an

Von Peter Nowak *

Die Bundeswehr will in allen Landkreisen der Bundesrepublik Reservistenkommandos aufstellen. Kritiker befürchten neue Freikorps.

»›Geheimnisverrat‹ ist es nicht, aber eine gute Nachricht für die Hanse- und Garnisonstadt: Der Bundeswehrstandort Lüneburg wird demnächst Heimat für eine neue Truppe werden.« So wird in der Reservistenzeitung »Heimat mobil« unter der Überschrift »Heimatschutz wird gestärkt« die Aufstellung neuer »Regionaler Sicherungs- und Unterstützungskräfte« (RSUKr) am 1. Juli angekündigt.

Diese Maßnahme ist Teil der Umstrukturierung der Bundeswehr, die seit mehreren Jahren läuft. Seit 2007 wurden in jedem Bundesland, in jedem Regierungsbezirk und in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt sogenannte Landes-, Bezirks-, und Verbindungskommandos installiert. Die Bezirks- und Kreisverbindungskommandos werden dabei jeweils von zwölf Reservisten gebildet. In den über 400 Landkreisen der BRD stehen so über 4000 Reservisten unter dem Kommando von Reserveoffizieren.

Die Indienststellung dieser Einheit ist Ländersache. In zahlreichen Bundesländern ist sie weitgehend unbemerkt von einer kritischen Öffentlichkeit vonstatten gegangen. Doch als die RSUKr am 14. Juni in Essen aufgestellt wurden, gab es erstmals Proteste von Gewerkschaftern und Antimilitaristen. Rund 50 Menschen beteiligten sich an einer Kundgebung vor der Zeche Zollverein. In einem Aufruf, den Gewerkschafter, die Bochumer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten und die Deutsche Friedensgesellschaft/Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen unterzeichneten, wird vor der Gefahr neuer Freikorps gewarnt. Die Korps hatten in der Weimarer Republik Streiks und Arbeiteraufstände blutig niedergeschlagen. Der antimilitaristische Aktivist Michael Wildmoser sagte gegenüber »nd«, dass die RSU-Einheiten ein Beispiel dafür sind, wie das Verbot eines Bundeswehreinsatzes im Innern immer mehr ausgehöhlt wird. Davor warnt auch die Informationsstelle Militarisierung e.V., die in ihrer Studie »Der neue Heimatschutz der Bundeswehr« schreibt: »Die strikte Trennung von innerer und äußerer Sicherheit, Armee und Polizei wird dabei als zu überwindendes Problem angesehen. Alle Behörden, Institutionen, Organisationen und Geheimdienste, die kritische Infrastrukturen schützen können, darunter auch die Bundeswehr, sollen zur Verfügung stehen, falls es für nötig erachtet wird.«

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag vor einigen Wochen präzisierte ein Sprecher der Bundesregierung das Interesse der Bundeswehr an den neuen Einheiten: »Es besteht das Interesse der Bundeswehr an funktionierenden und erprobten Kooperationsbeziehungen zu zivilen Stellen und mit Akteuren auf allen Ebenen.« Dabei wird gerne auf die Zusammenarbeit im Katastrophenschutz verwiesen. Vor einigen Wochen hatte sich bei der Bekämpfung des Hochwassers in Thüringen auch die neugegründete Reservistentruppe beteiligt.

In der Reservistenzeitschrift »loyal« wird allerdings klargestellt, dass sich die neuen Einheiten nicht als Katastrophenhelfer sehen: »Statt sich wie bisher in Feuerbekämpfung, ABC-Schutz oder Flugabwehr zu üben, steht für die RSUKr wieder der klassische militärische Auftrag im Mittelpunkt.«

Damit liefert sie ihren Kritikern gute Argumente. In Lübeck sei es allerdings nicht gelungen, ein Protestbündnis aufzubauen, bedauert Michael Wildmoser. Bei den weiteren Terminen für die Aufstellung der »Unterstützungskräfte« muss es nicht so ruhig blieben. Am 9. August sollen in der Potsdamer Havel-Kaserne, am 23. August im Schloss Biebrich in Wiesbaden und am 12. August in Burg in Sachsen-Anhalt neue Einheiten in Dienst gestellt werden.

* Aus: neues deutschland, Montag, 1. Juli 2013


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