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NATO-Erweiterung soll Bündnis stärken

Verteidigungsminister Struck spricht im Bundestag über die NATO und die neuen "Verteidigungspolitischen Richtlinien"

Als eine "historische Chance" bezeichnete Verteidigungsminister Struck im Bundestag die für 2004 geplante Erweiterung der NATO um sieben Staaten. Zugleich kündigte Struck neue Verteidigungspolitische Richtlinien an.

Mit der für 2004 geplanten Erweiterung der NATO um Bulgarien, Rumänien, Slowenien, die Slowakei, Estland, Lettland und Litauen wird "ein weiterer Schritt zu einem ungeteilten Europa" vollzogen. Das erklärte der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Peter Struck, am 9. Mai im Deutschen Bundestag. Struck betonte, die Aufnahme neuer Mitglieder sei eine historische Chance und werde das nordatlantische Bündnis weiter stärken.

Die NATO hatte im November letzten Jahres in Prag beschlossen, die baltischen Staaten sowie die vier mittel- und osteuropäischen Länder zum Beitritt einzuladen. Bis 2004 sollen die Ratifizierungsurkunden vorliegen (der Beitritt neuer Mitglieder muss von allen Staaten gebilligt werden, siehe Artikel 10 des Nordatlantikvertrags*).

Der Bundestag beriet in erster Lesung über die größte Erweiterung in der Geschichte des Bündnisses: Die "Neuen" haben derzeit rund 300.000 Soldaten unter Waffen. Bereits seit 1999 sind Polen, Tschechien und Ungarn Mitglieder der NATO.

Struck kündigte zugleich neue Verteidigungspolitische Richtlinien (VPR) an. "Noch in diesem Monat" sollen sie vorliegen, und die alten VPR aus dem Jahr 1992 ersetzt. Laut Struck verdeutlicht das Papier, dass der Auftrag der Landesverteidigung nicht mehr vorrangig die Struktur der Bundeswehr bestimmen wird. Der Verteidigungsminister erklärte, auf Grundlage der künftigen VPR kämen alle Beschaffungsvorhaben auf den Prüfstand. Bereits jetzt ist vorgesehen, zahlreiche Kampfflugzeuge vom Typ Tornado, Schnellboote und Leopard- Kampfpanzer außer Dienst zu stellen. Andere kostspielige Projekte wie die Anschaffung des Transportflugzeugs A400M** seien dagegen geplant. Die VPR sind das zentrale sicherheitspolitische Grundsatzdokument der Bundesrepublik. Sie beschreiben auf Basis des Grundgesetzes den Auftrag der Bundeswehr und die Grundsätze der Verteidigungspolitik - so jedenfalls heißt es in der Presseerklärung des Hauses Struck. In Wirklichkeit hat die neue "Armee im Einsatz" nichts mehr mit Landesverteidigung zu tun hat und verlässt damit eben das Grundgestz (Art. 87a: Die Bundesrepublik stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.)



* Article 10
The Parties may, by unanimous agreement, invite any other European State in a position to further the principles of this Treaty and to contribute to the security of the North Atlantic area to accede to this Treaty. Any State so invited may become a Party to the Treaty by depositing its instrument of accession with the Government of the United States of America. The Government of the United States of America will inform each of the Parties of the deposit of each such instrument of accession.

Artikel 10
Die Parteien können durch neinstimmigen Beschluss jeden anderen europäischen Staat, der in der Lage ist, die Grundsätze dieses Vertrags zu fördern und zur Sicherheit des nordatlantischen Gebiets beizutragen, zum Beitritt einladen. Jeder so eingeladene Staat kann durch Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika Mitglied dieses Vertrags werden. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika unterrichtet jede der Parteien von der Hinterlegung einer solchen Beitrittsurkunde.
(Vgl. Nordatlantikvertrag vom 4.4.1949)


** 60 neue Transportflugzeuge für die Luftwaffe

Voraussichtlich ab 2010 wird die deutsche Luftwaffe mehr Fracht weiter und schneller transportieren können: Die Bundeswehr will 60 Maschinen vom Typ A400M beschaffen.

Die Bundesluftwaffe soll 60 neue Transportflugzeuge vom Typ A400M erhalten. Nach Abstimmung zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesministerium der Verteidigung wird die Beschaffungsvorlage im Mai im Haushaltsausschuss beraten. Der Systempreis pro Maschine liegt bei rund 127 Millionen Euro. Der Bundesrechnungshof hat jüngst wieder die Beschaffung als zu teuer kritisiert.

Der A400M ist eine europäische Gemeinschaftsentwicklung. Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Spanien und die Türkei haben insgesamt 180 Maschinen bestellt.

Erste Maschinen soll die deutsche Luftwaffe ab 2010 bekommen. Mit Einführung des "Militär-Airbus" werden sich die Transportfähigkeiten der Bundeswehr deutlich verbessern. So kann der A400M mit 20 Tonnen Fracht nonstop 7250 Kilometer weit fliegen. Das derzeitige "Arbeitstier" der Luftwaffe, die C-160 Transall aus den sechziger Jahren, stößt schon bei 16 Tonnen Nutzlast über knapp 1200 Kilometer an ihre Grenzen. Außerdem ist der A400M mit 700 Stundenkilometer mehr als doppelt so schnell wie die Transall - und kann in der Luft betankt werden. Weil die Kapazitäten der Transall nicht ausreichen, müssen gegenwärtig teure Antonov-Maschinen in der Ukraine gechartert werden.




Im Wortlaut: "Verteidigungspolitische Richtlinien"
Erlassen vom Bundesverteidigungsministerim am 26. November 1992 (12. März 2003)
Die Rohstoffkriege der Wirtschaftsmächte
Die "Verteidigungspolitischen Richtlinien" von 1992 sollen überarbeitet werden (12. März 2003)
Global Player Bundeswehr
Entwurf der Verteidigungspolitischen Richtlinien aus dem Hause Struck - Eine Kritik von Tobias Pflüger (IMI e.V. Tübingen) (26. April 2003)


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