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Chemiewaffen müssen weltweit geächtet werden

Verbotskonvention in Den Haag überprüft

Von Hubert Thielicke *

In Den Haag ging jetzt die 3. Überprüfungskonferenz der Konvention über das Verbot chemischer Waffen zu Ende. Sie bilanzierte die 16 Jahre seit Inkrafttreten und legte Prioritäten für die nächste Zeit fest.

Bisher wurden etwa 80 Prozent der gemeldeten C-Waffen-Vorräte vernichtet, 188 Staaten gehören der Konvention an, das Kontrollsystem arbeitet erfolgreich - Ahmet Üzümcü, Generaldirektor der Organisation für das Verbot der chemischen Waffen (OPCW), konnte auf durchaus positive Ergebnisse verweisen. Der Fall Syriens zeige jedoch, dass nach wie vor die Gefahr der Anwendung chemischer Waffen durch Staaten und terroristische Gruppen bestehe. Es bleibe wichtig, das Verbot wirksam umzusetzen. Das fand seine Widerspiegelung in den Debatten der Konferenz und in ihrem am vergangenen Freitag verabschiedeten Schlussdokument.

Das bekräftigt die »eindeutige Verpflichtung« der Vertragspartner zum globalen Verbot der chemischen Waffen. Die noch außerhalb stehenden Staaten - Ägypten, Israel und Syrien im Nahen Osten, Angola, Myanmar, Nordkorea, Somalia und Südsudan - werden aufgerufen, der Konvention rasch beizutreten. Die Vernichtung bestehender Vorräte soll so rasch wie möglich abgeschlossen werden. Dabei geht es vor allem um die Restbestände Russlands und der USA sowie kleinere Vorräte in Libyen und Irak. Die etwa 100 Staaten, die das noch nicht getan haben, sind aufgefordert, die nötigen innerstaatlichen Maßnahmen zu treffen, um das Abkommen vollständig umzusetzen.

Die OPCW soll in die Lage versetzt werden, künftige Herausforderungen zu meistern, insbesondere hinsichtlich neuer wissenschaftlich-technischer Entwicklungen. Betont wurde die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft. Deren großes Interesse zeigte sich darin, dass allein 47 Organisationen nach Den Haag kamen. Erstmals erhielten sie das Recht, direkt auf der Konferenz aufzutreten.

Die Erörterung zweier Hauptprobleme zog sich bis zur letzten Stunde hin: die Interpretation der von der Konvention für die Herstellung der öffentlichen Ordnung gestatteten Chemikalien und die chemischen Waffen Syriens. Deutschland, die Schweiz, Großbritannien und viele weitere Staaten sprachen sich dafür aus, die Konvention so zu stärken, dass unter dem Deckmantel »gestatteter Zwecke« keine neuen chemischen Waffen entwickelt werden.

»Für die Herstellung der öffentlichen Ordnung dürfen nur Mittel wie Tränengas eingesetzt werden, wie in der Konvention vorgesehen«, meint Rechtsexperte Walter Krutzsch. »Leider haben Staaten wie die USA und Russland einer solchen engen Interpretation bisher nicht zugestimmt.« Sie verfügten offensichtlich noch über »handlungsunfähig machende Chemikalien«, die das zentrale Nervensystem angreifen und schon zu Todesopfern führten. »Wenn die Konferenz zur Folge hat, dass die OPCW dieser Frage künftig größere Aufmerksamkeit schenkt, wäre das ein großer Fortschritt.«

Syrien ist zwar kein Vertragspartner; sein erklärter C-Waffen-Besitz und die angebliche Anwendung solcher Waffen im Bürgerkrieg lösten jedoch eine Diskussion auf der Konferenz aus. Das Schlussdokument betont, dass der Einsatz chemischer Waffen in jedem Fall den internationalen Normen widerspricht. OPCW und UNO sollen bei der Aufklärung solcher Fälle eng zusammenarbeiten.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 23. April 2013


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