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Diamanten fürs Supermodel

Naomi Campbell war Zeugin im Prozess gegen Charles Taylor

Supermodel Naomi Campbell hat am Donnerstag in Den Haag als Zeugin im Kriegsverbrecherprozess gegen den ehemaligen liberianischen Diktator Charles Taylor ausgesagt.

Die 40-jährige Campbell erklärte, sie habe 1997 nach einem Dinner in Südafrika zwei oder drei Diamanten erhalten. Sie sei aber nicht sicher, ob sie von Taylor stammten. Das Gericht geht der Frage nach, ob Taylor mit geraubten »Blutdiamanten« Waffen für den Bürgerkrieg in Sierra Leone finanzierte.

Campbell sagte aus, sie habe nach dem Dinner des damaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela, an dem auch Taylor teilnahm, von zwei Männern einen Beutel mit ein paar »sehr kleinen, schmutzig aussehenden Steinen« erhalten. Sie habe vermutet, dass sie von Taylor stammen. Sicher sei sie aber nicht. An dem Dinner nahm auch die Schauspielerin Mia Farrow teil, die am nächsten Montag gehört werden soll.

Die Diamanten will Campbell einem Vertreter des Nelson-Mandela-Kinderfonds übergeben haben, was die Organisation aber bestreitet. Das Tribunal hatte die Vernehmung Campbells angeordnet. Ihre Aussage wurde vom Gericht im Internet übertragen.

Die Menschenrechtsorganisation Medico International begrüßte das juristische Vorgehen gegen den heute 62-jährigen Taylor. Für Hunderte weiterer Täter sei aber vorschnell eine Generalamnestie erlassen worden, während Zehntausende Überlebende des Bürgerkriegs in Sierra Leone (1991-2001) unter den Folgen der Gewalt leiden. »Die Täter sind die Gewinner des Krieges und – durch Reintegrationsmaßnahmen – die Gewinner des Friedens«, sagte Medico-Sprecherin Anne Jung. »Die Opfer gingen leer aus.« Die RUF-Rebellen in Sierra Leone, die Taylor befehligt haben soll, galten als besonders grausam, da sie vielen Zivilisten Arme oder Beine abhackten.

Unterdessen geht der Handel mit Blutdiamanten der Medico-Expertin zufolge weiter. Er sei mit dem Kimberley-Abkommen, das durch staatliche Herkunftszertifikate den Handel mit solchen Edelsteinen verhindern soll, nicht komplett unterbunden worden, sagte Anne Jung. Als Blutdiamanten werden Steine bezeichnet, mit denen Kriege in Afrika finanziert wurden oder noch werden. Zwar seien die Kriege in Liberia und Sierra Leone inzwischen beendet, räumte Jung ein. In anderen afrikanischen Ländern wie Simbabwe begännen aber gerade neue Konflikte. »Und leider war es so, dass auch in Sierra Leone das Ende des Krieges nicht die Konfliktdiamanten in Friedensdiamanten umgewandelt hat«, erklärte die Politikwissenschaftlerin und verwies darauf, dass das Kimberley-System ein juristisch nicht bindendes Abkommen sei.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch bescheinigte dem von den Vereinten Nationen und Sierra Leone errichteten Sondertribunal professionelle Arbeit. Das Gericht, das sich durch freiwillige Beiträge von Staaten finanziere, leide aber unter Geldnot. Die Organisation appellierte an die Hauptgeberländer USA, Großbritannien und die Niederlande, sicherzustellen, dass der 2007 begonnene Taylor-Prozess zu Ende geführt werden kann. Bislang wurden mehr als 100 Zeugen gehört. Taylor, der von 1997 bis 2003 Präsident Liberias war, muss sich in elf Anklagepunkten vor dem Sierra-Leone-Tribunal verantworten. Darunter sind Morde, Vergewaltigungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er bekannte sich nicht schuldig. Taylor war nach seinem Sturz nach Nigeria ins Exil gegangen und 2006 festgenommen worden.

* Aus: Neues Deutschland, 6. August 2010


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