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Extra-Orden des Pentagon für Drohnenkrieger

Neue Auszeichnung für US-Soldaten auf dem Computer-Schlachtfeld *

»Distinguished Warfare Medal« heißt die neueste militärische Auszeichnung der USA, die der scheidende Pentagon-Chef Leon Panetta jetzt in Washington präsentiert hat. Das Besondere der »Medaille für herausragende Kriegführung«: Sie soll an Soldaten verliehen werden, die an Computerbildschirmen über Leben und Tod entscheiden. Neben digitalen Angriffen im sogenannten Cyber-Krieg geht es dabei vor allem um die Steuerung unbemannter bewaffneter Flugzeuge. »Unser Militär hat die höchsten Auszeichnungen für jene reserviert, die Tapferkeit und Mut in Aktionen bewiesen haben, in denen ihr Leben in Gefahr war«, sagte Panetta. Das werde auch weiterhin so sein. »Aber wir sollten auch die Möglichkeit haben, andere Aktionen auszuzeichnen, die entscheidend für Kampfhandlungen sein können.« Denn auch wenn die Drohnen und die Internetangriffe vom Computer aus gesteuert würden, so »entfernen sie doch Feinde vom Kampffeld«.

Washington setzte seit 2004 Drohnen gegen das Terrornetzwerk Al Qaida in Pakistan ein. Unter Präsident Barack Obama wurde die Zahl der Angriffe dann massiv erhöht. In immer mehr Ländern lassen der Auslandsgeheimdienst CIA und die US-Streitkräfte ihre ferngesteuerten Flugroboter auf Erkundung gehen oder Raketen auf vermeintliche Terroristen abfeuern. Nach Angaben der New Amerika Foundation und der Webseite longwarjournal.com habe es in den acht Jahren der Bush-Präsidentschaft 44 Angriffe mit etwa 400 Toten gegeben. Unter Obama seien es allein in der ersten Amtszeit und nur in Pakistan fast 300 Flüge und 2000 Todesopfer gewesen, darunter immer wieder unschuldige Zivilisten. Laut »New York Times« befinden sich gegenwärtig rund 7000 Drohnen in den Pentagon-Arsenalen, vor zehn Jahren seien es lediglich 50 gewesen. Im Haushalt der Obama-Regierung standen dafür im Vorjahr rund fünf Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro) bereit.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 15. Februar 2013


Computer-Killer

Von Olaf Standke **

Es ist die erste neue Auszeichnung des US-Militärs für Kampfeinsätze seit 1944. Und als Schlachtfeld gilt der Computerbildschirm. Die Cyber-Krieger, die das Pentagon künftig für ihren heldenhaften Einsatz ehren will, entscheiden im Fall der Fälle über Leben und Tod, ohne ihr eigenes Leben riskieren zu müssen. Allen voran jene, die an der Ostküste der USA am Joystick Raketen unbemannter Flugzeuge lenken, mit denen vermeintliche Terroristen getötet werden. Nun ja, Kollateralschäden gibt es auch, Zivilisten, die eben Pech haben, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Der Zweck des Anti-Terrorkriegs heiligt auch unter einem Präsidenten Barack Obama offensichtlich jedes Mittel.

Mehr noch. Es ist dieser Friedensnobelpreisträger, der Hinrichtungen per Fernsteuerung ohne Gerichtsverfahren, ohne Urteil zur neuen Strategie erklärt hat, wobei unter Aushebelung der Verfassung auch eigene Staatsbürger auf fremdem Territorium zum Opfer werden können. Unter Obamas Ägide wurde die Drohnenflotte massiv ausgebaut; Tausende Flugroboter sollen sich heute in den Arsenalen des Pentagon befinden. Längst werden in den USA mehr Joystick-Killer als Piloten für Kampfflugzeuge ausgebildet. Laut unabhängigen Zählungen gehen auf ihr Konto inzwischen bis zu 3300 Todesopfer, nicht nur in Pakistan, auch in Jemen oder Somalia. »Kriegsverbrechen« nannten das empörte Demonstranten während einer Senatsanhörung des designierten CIA-Direktors John Brennan, der als Chefarchitekt der neuen Strategie gilt.

** Aus: neues deutschland, Freitag, 15. Februar 2013 (Kommentar)


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