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Ungebetene Überflieger

USA setzen offenbar Drohnen in Syrien ein *

Offiziell wiegeln die USA bei der Frage nach einer Militäroperation gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad ab. Ein internationaler Einsatz wie in Libyen sei noch keine Option, sagen Regierungsvertreter seit Wochen in Washington. Die Realität jedoch könnte bereits anders aussehen.

Nach einem Bericht des Fernsehsenders NBC setzen die US-Amerikaner längst ihre Drohnen in Syrien ein. Dabei gehe es zwar nur um Aufklärungsarbeit, habe ein ungenannter Pentagon- Vertreter klargemacht. Doch dass die unbemannten Flugzeuge überhaupt im syrischen Luftraum kreisen, wird schon an sich als eine Sensation gewertet.

Die US-Regierung wollte den Bericht nicht kommentieren. Sollte er stimmen, wäre dies ein weiterer Beweis für die massive Ausweitung der Drohneneinsätze unter Präsident Barack Obama. In immer mehr Ländern – und sicher meist ohne Erlaubnis der jeweiligen Regierungen – lassen der Geheimdienst CIA und die Streitkräfte ihre ferngesteuerten Flugroboter Raketen auf Ziele feuern oder Erkundungen machen. In der dreijährigen Amtszeit Obamas gab es allein in Pakistan rund 200 Angriffe mit fast 2000 Toten, unter ihnen viele Unschuldige, ermittelte die Stiftung New America Foundation. Doch Obama denkt weit über Pakistan hinaus. Mittlerweile fliegen US-Drohnen auch in Jemen, Irak, Afghanistan und Somalia. Ein Einsatz in Syrien wäre ein fatales Signal. Schon bei der NATO-Operation gegen den damaligen libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi feuerten sie laut Medienberichten rund 150 Mal auf Gebäude oder Truppen des Regimes.

Unterdessen hat China zu einem sofortigen Ende der Gewalt in Syrien aufgerufen. Bei einem Besuch in Damaskus appellierte Vizeaußenminister Zhai Jun am Wochenende an Regierung, Opposition und bewaffnete Kräfte in dem Land, »die Gewalttaten umgehend einzustellen«, wie das syrische Staatsfernsehen berichtete. Es sei wichtig, dass »so schnell wie möglich « wieder Ruhe im Land einkehre, sagte Zhai nach einem Treffen mit Syriens Staatschef Assad. China hoffe, dass ein geplantes Referendum über eine neue Verfassung und die bevorstehende Parlamentswahl friedlich verlaufen würden, zitierte das Staatsfernsehen den Pekinger Politiker.

Nach einem Treffen mit dem syrischen Vizeaußenminister Faisal Mekdad hatte Zhai zuvor betont, die internationale Gemeinschaft müsse Syriens Souveränität respektieren. China und Syrien hätten über Möglichkeiten beraten, ihre Zusammenarbeit in »dieser schwierigen Phase in Syrien« zu verstärken. China befürwortet im Syrien-Konflikt einen Dialog und lehnt eine Verurteilung der syrischen Führung ab. Die Volksrepublik verhinderte bereits zwei Mal gemeinsam mit Russland durch ihr Veto eine Resolution des UNO-Sicherheitsrates.

Erstmals seit Beginn der Unruhen in Syrien gab in der Hauptstadt Damaskus große Proteste gegen die Regierung. Rund 15 000 Menschen nahmen am Sonnabend nach Oppositionsangaben im Viertel Masseh am Rande der Innenstadt an einem Trauerzug für getötete Demonstranten teil. Dabei wurden vier Menschen zu Grabe getragen, die am Vortag in dem Viertel getötet worden waren. Nach Angaben der Lokalen Koordinierungskomitees waren es die bisher größten Oppositionsproteste in der Hauptstadt. Sicherheitskräfte sollen in den Trauerzug geschossen haben. Ein Demonstrant wurde demnach getötet, es gab mehrere Verletzte.

Im Stadtteil Masseh befinden sich zahlreiche Botschaften, Regierungsgebäude sowie die Redaktionen mehrerer staatlicher Zeitungen. Bisher gab es nur in Vororten wie Harasta oder Duma Proteste, während im Zentrum vor allem Kundgebungen für Präsident Baschar al-Assad stattfanden. Für Sonntag hatte die Opposition im Internet zu »zivilem Ungehorsam« in der Hauptstadt aufgerufen.

* Aus: neues deutschland, 20. Februar 2012 (Kommentar)


Nur eine Drohung?

Von René Heilig *

Die machen nichts, die wollen nur drohen, sagen die einen. Andere glauben nicht an einen puren Nervenkrieg gegen Iran und verweisen darauf, dass Israel schon mehrmals per Jagdbomber klar gemacht, dass es neben sich keine Atomwaffenmächte duldet. Und die Zeit ist günstig, die Region im Umbruch. Nachbar Syrien ist mit sich selbst beschäftigt, Russland und China sind wegen ihrer Veto-Demonstrationen im UN-Sicherheitsrat moralisch in die Ecke gestellt. Der »Verrückte« von Teheran muss bei der erreichten Stufe der Eskalation nicht mehr allzu viel staatliche Selbstbestimmung erkennen lassen, um Angriffsbereiten einen Angriffsgrund zu liefern. Schon die Tatsache, dass Iran zwei müde Marineschiffe ins Mittelmeer schickt, wird zur »Provokation«.

Die Sache mit Iran ist brandgefährlich. Das sieht man offenbar auch in Washington so und hat Teheran Mäßigung signalisiert, indem man die Navy aus dem Persischen Golf zurückgezogen hat. Zugleich schickte Obama zwei Geheimdienstchefs aus, um Israels Ambitionen als Regionalmacht im Zaume zu halten. Und was macht die EU? Die Gemeinschaft diskreditiert sich mal wieder selbst als Kraft der Vernunft und schneidet sich im Embargowahn selbst von der Ölzufuhr ab.

** Aus: neues deutschland, 20. Februar 2012 (Kommentar)


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