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Freiheit der Drohnen

Die USA machen ihre unbemannten Flugkörper von Landstützpunkten unabhängig. Am Mittwoch landete die X-47 B ohne menschliche Beteiligung auf einem Flugzeugträger

Von Knut Mellenthin *

Am Mittwoch landete zum ersten Mal ein unbemannter Flugkörper (UAV) mit den Ausmaßen eines Düsenjägers auf einem vor der US-amerikanischen Atlantikküste schwimmenden Flugzeugträger. Die X-47B ist ein ausschließlich für diese Testreihe entworfener Prototyp, der vom Rüstungsunternehmen Northrop Grumman produziert wurde. Mit einer Flügelspannweite von knapp 18,92 Metern und einem Leergewicht von 6350 Kilo ist die X-47B größer und erheblich schwerer als die derzeitige Standard-Drohne Predator. Deren entsprechende Daten sind 14,80 Meter und 512 Kilo. Das maximale Startgewicht des neuen Prototyps ist mit 20215 Kilo rund zwanzig Mal so groß wie das der Predator, die es »nur« auf 1020 Kilo bringt. Das heißt unter anderem, daß die X-47B auch eine größere »Nutzlast« an Waffen – beim gegenwärtigen Stand rund 2000 Kilo, zehnmal so viel wie die Predator – mit sich führen kann. Angestrebt wird ein weiterentwickelter Typ mit einem Waffengewicht von 4500 Kilo und einer Flügelspannweite von über 50 Metern.

Schon jetzt ist die Reichweite der X-47B mit 3 900 Kilometern mehr als dreimal so groß wie die der Predator. Darüber hinaus wird an der Technik gearbeitet, die Drohne der Zukunft auch in der Luft auftanken zu können, was ihre Reichweite noch mehr ausdehnen würde. Ihre maximale Flughöhe liegt bei 12200 Metern, die der Predator bei 7600 Metern.

Die X-47B ist ein nicht zu übersehendes Argument gegen die Vorstellung, daß die Zukunft der UAVs hauptsächlich in der Miniaturisierung, also in der Entwicklung von immer kleineren Drohnen liege. Ein künstlicher Flugkörper von der Größe eines Kolibri kann zwar die Phantasie beflügeln und mag für Spezialaufgaben tauglich sein, eignet sich aber beim heutigen Stand der Technik nicht als Waffe mit einem Massenvernichtungspotential. Eine einzige Hellfire-Rakete hat immerhin ein Gewicht von 46 Kilo und eine Länge von gut 1,60 Meter.

Die Landung auf einem Flugzeugträger gilt als besonders schwierig und setzt normalerweise sehr gute Piloten voraus. Beim Test am Mittwoch erfolgte der ganze Vorgang ausschließlich computergesteuert, also ohne Beteiligung eines menschlichen Operators. Damit gehört die X-47B bereits zur nächsten Drohnen-Generation. Lediglich beim Abschuß der Bordwaffen würden auch künftig in jedem Fall Menschen die letzte Entscheidung treffen, beteuern Militärsprecher. Der erste Versuchsstart der X-47B von einem Flugzeugträger hatte bereits am 14. Mai stattgefunden. Dabei wurde die Drohne ganz wie ein traditionelles Kampfflugzeug mit einem Katapult vom Schiffsdeck gestartet, landete jedoch auf einem Stützpunkt der Marineluftwaffe.

Für die Entwicklung der X-47B wurden Northrop 1,4 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. Um den Zuschlag für das zu entwickelnde Nachfolgemodell bewerben sich auch drei andere Unternehmen. Diese Drohne soll ab 2020 einsatzbereit sein. Die USA könnten dann ihre UAVs weltweit auch ohne Erlaubnis ausländischer Regierungen einsetzen. Zur Bedeutung dieser Neuerung zitierte die Nachrichtenagentur AP am 15. Mai 2013 den Kommandeur der Luftstreitkräfte der USA-Marine im Atlantik, Rear Admiral Ted Branch: »In einer Zeit, wo unser Zugang zu Häfen, Operationsstützpunkten und Lufträumen im Ausland rund um die Welt abnimmt, steigt der Wert der Flugzeugträger und ihrer Flugkörper immer mehr. Deshalb ist heute – gemeint war der erste Start der X-47B von einem Flugzeugträger – ein historisches Datum.«

* Aus: junge Welt, Samstag, 13. Juli 2013


Drohnenkrieg noch schöner

Von Klaus Joachim Herrmann **

Drohne X-47B kehrte zurück. Toll. US-Marineminister Ray Mabus sagt, er habe die Zukunft gesehen, einen wunderbaren Tag für die Luftfahrt. Starten, in der Luft auftanken und nun sogar auch auf einem Flugzeugträger landen, wenn sie genug spioniert, Raketen abgefeuert, Bomben geworfen hat. Der Radius des Kriegsgerätes weitet sich. Mit der Drohne um die Welt, für die neue kann die Freiheit grenzenlos sein. Das Schiff trägt sie überall hin, wo Wasser ist, und sie kommt wieder. Freilich ist die Drohne auch damit keine Arbeitsbiene. Ihre Natur ist kriegerisch.

Aber ob nun zu Lande oder zu Wasser gestartet oder gelandet: Keine Grenze, kein Recht hindert ihre Lenker – nicht am Drohnenflug, nicht an Zielaufklärung. Alles bleibt sauber. In die Umgebung von Elektronik gehören nicht Ziegelstaub noch Pulverdampf, schon gar kein Todesschrei und Verwesungsgestank. Das wird alles bleiben, wo und so lange Drohnen gegen Menschen und nicht gegen Drohnen kämpfen.

Wirkliche Verbesserung ließe sich aber für Frau oder Mann am Bildschirm erreichen. Die sind gezwungen zum Computerspiel mit Joystick. Sitzen sie aber allzu lang am Bildschirm, droht Verspannung. Da übernähme doch besser gleich die NSA. Die Computer der Geheimdienstzentrale wissen schließlich am allerbesten, was gut und böse ist, wer wo und vor allem was tut. Drohne Marsch!

** Aus: neues deutschland, Samstag, 13. Juli 2013 (Kommentar)


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