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Bewaffnete Drohnen nicht ausgeschlossen

Verteidigungsministerin schiebt Entscheidung zum Parlament ab *

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigt sich offen für die Anschaffung bewaffneter Drohnen. »Ich will für bestmöglichen Schutz sorgen«, sagte sie dem Nachrichtengagazin »Focus«. Man dürfe »nicht dazu tendieren, die Anforderungen und auch die Gefahren zu verharmlosen, denen unsere Soldatinnen und Soldaten im Einsatz ausgesetzt sind«. Die Frage, ob die Bundeswehr neben Aufklärungsdrohnen auch über bewaffnete Drohnen verfügen sollte, werde im Sommer mit dem Parlament diskutiert.

Einen massenhaften Einsatz von Drohnen als Tötungsinstrument lehnt die Verteidigungsministerin jedoch ab. »Das Vorgehen der USA hat viel Schaden angerichtet und berechtigte Kritik ausgelöst«, sagte von der Leyen. Sie bestätigte Berichte, wonach ein Gutteil der Drohneneinsätze vom US-Luftwaffenstandort im deutschen Ramstein aus gesteuert werden. »Die Bundesregierung ist mit den Amerikanern darüber im Gespräch.«

Jüngst waren in deutschen Medien Details über ein Killersystem namens »Gilgamesh« bekannt geworden, mit denen die USA zielgenaue Drohnenangriffe führt. Dabei würden auch Ergebnisse aus Asylbewerber-Befragungen in Deutschland genutzt. Eine entsprechende Nachfrage des Linksfraktion-Vizechefs Jan Korte wurde von der Regierung ausweichend beantwortet. Das System »Gilgamesh« sei nicht bekannt und man sehe keine »Veranlassung zur Änderung der Übermittlungspraxis der Bundessicherheitsbehörden«. Korte gegenüber »nd«: »Wer so handelt, hält sich eben nicht – wie behauptet – streng an Recht und Gesetz, sondern beteiligt sich an extralegalen Hinrichtungen.« hei

* Aus: neues deutschland, Samstag 19. April 2014


Kampfdrohnen und Gabelstapler

René Heilig über Mandatsträger und deren Macht zur Täterschaft **

Als vor einem Jahr der Skandal mit der flugunfähigen Aufklärungsdrohne EuroHawk aufflog, bliesen die Abgeordneten des Bundestages gar mächtig die Backen auf. Sie wollten informiert sein, schließlich sei die Bundeswehr doch eine Parlamentsarmee. In Ordnung, sagte das Verteidigungsministerium, und so verweist dessen Chefin nun die Entscheidung über die Anschaffung von Kampfdrohnen an die gewählten Bürohocker. Sie weiß, die übergroße Mehrheit von denen zeichnet sich durch genügend Faul- und Feigheit aus. Die nicken alles ab und merken noch nicht einmal, wie sie sich selbst zu Tätern machen. Was soll sein, Immunität ist garantiert.

Natürlich hat von der Leyen recht, die Bundeswehr wird ihre Kampfdrohnen nicht so exzessiv als Killerroboter einsetzen wie die USA. Doch die Möglichkeit, den Knopf zu drücken, ist mit solchen Drohnen extrem vereinfacht. Hätte er solche ferngelenkten Waffen schon gehabt, wäre Oberst Klein die Überredungsarbeit mit US-Piloten in Afghanistan erspart geblieben. Klein selbst hätte die Zivilisten ins Höllenfeuer schickten können.

Doch eigentlich lautet die Frage nicht, ob man Kampfdrohnen kauft oder nicht. Auch jeder Gabelstapler, mit dem der Logistik-Weltmeister Bundeswehr irgendwo in der Welt Nachschub für den Tod entlädt, ist bei Lichte besehen eine Waffe. Deren Einsatz vom Parlament freigegeben wird.

** Aus: neues deutschland, Samstag 19. April 2014 (Kommentar)


Behauptete Transparenz

Rüstungsindustrie lassen Pläne der Koalition zu Berichtspflicht über Waffenexporte kalt ***

Die rot-schwarze Bundesregierung hat sich in der vergangenen Woche darauf verständigt, den Bundestag schneller über Rüstungsexporte zu informieren – auch wenn Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht genau diese Zugeständnisse an das Parlament verweigert hat (jW berichtete). Die deutsche Rüstungsindustrie bringt sich nun in Stellung und möchte bei der geplanten Änderung mitreden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa vom Freitag, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Georg Wilhelm Adamowitsch, die schnellere Information des Bundestags sei kein Wettbewerbsnachteil. Derzeit erhält die Öffentlichkeit mit ein bis zwei Jahren Verspätung Kenntnis von Rüstungsgeschäften. Künftig sollen Exportgenehmigungen innerhalb von zwei Wochen an den Bundestag gemeldet werden. Adamowitsch schränkte die ungewohnte Bereitschaft der Waffenhersteller zu Transparenz allerdings ein: »Für die Unternehmen ist wichtig, daß im Laufe der Verhandlungen Details der Verhandlungen nicht bekanntwerden.« Darauf legten insbesondere die Kundenländer wert. Adamowitsch geht nicht davon aus, daß die Regelungen zur Information über Rüstungsexporte noch weiter gelockert werden als jetzt geplant.

Genau das kritisierte der Vorsitzende der Linksfraktion, Gregor Gysi, in einem Interview zu den Ostermärschen, das die Fraktion auf ihrer Internetseite veröffentlichte. Demnach müsse Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erst von Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ermahnt werden, um seinen Pflichten gegenüber dem Parlament nachzukommen. Auch die geplante Information des Bundestages sei nicht ausreichend: »Die große Koalition erklärte, künftig die Entscheidungen des Bundessicherheitsrates öffentlich zu machen, allerdings ohne die sogenannten Voranfragen. Aber genau die machen das Gros der Entscheidungen des Bundessicherheitsrates aus. Die berüchtigten Panzerlieferungen nach Saudi-Arabien würden also auch weiter geheim bleiben.«

Gysi sprach sich dafür aus, Rüstungsausfuhren zu verbieten oder wenigstens einzuschränken: »Die angeblich strengen Rüstungsexport-Regeln aus dem Jahr 2000 sind so butterweich, daß sie den Aufstieg Deutschlands zum drittgrößten Waffenexporteur der Welt ermöglicht haben.«

*** Aus: junge Welt, Samstag 19. April 2014


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