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Entwicklungspolitische Rohstoffsicherung

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sieht sich als Mittler zwischen Nord und Süd

Von Knut Henkel *

Rohstoffpartnerschaften, Umweltberatung und Konfliktmanagement sind Stichpunkte, die für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) immer wichtiger werden. Kein Wunder, dass diese Themen die 16. Eschborner Fachgespräche bestimmten, die Mitte Juni in der GIZ-Zentrale nahe Frankfurt am Main stattfanden.

Für rund 50 Entwicklungsländer weltweit ist der Export von Rohstoffen ein Eckpfeiler der nationalen Wirtschaftsbilanz. Sie generieren zehn Prozent und mehr ihres Bruttoinlandsprodukts aus dem Export von Rohstoffen. »Einige dieser Länder, darunter Chile und Botswana, haben ihren Rohstoffreichtum im Laufe der letzten Jahre dazu genutzt, die Armut zu verringern«, so Hans-Jürgen Beerfeltz, Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Auch Peru, wenngleich mit Abstrichen, zählen die Experten im Entwicklungsministerium zu den rohstoffreichen Ländern, die es geschafft haben, den Bergbau zum Entwicklungsmotor ihrer Wirtschaft zu machen.

Das setze, so Beerfeltz (FDP), gute Regierungsführung, Transparenz und Respekt für die Grundrechte voraus. Genau das ist in vielen Ländern jedoch nicht gegeben und daher sieht der Liberale gute Ansatzpunkte für die deutsche Entwicklungspolitik. Die engagiert sich beispielsweise in Angola beim Ausbau des Bildungssektors, in Kenia bei der Wasseraufbereitung und in Mexiko im Bereich Abfall- und Umweltmanagement. Ansätze, die auch in anderen Ländern funktionieren könnten, denn Know-how und nachhaltige Technologien hat die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in vielen Bereichen zu bieten. Wenn auch immer weniger im Bergbau. »Aus dem habe sich die deutsche Industrie sträflich zurückgezogen«, so der Staatssekretär. Der würde liebend gern eine Rohstoffpartnerschaft mit Afghanistan eingehen, wie er in seiner Rede zur Eröffnung der 16. Eschborner Fachtage anklingen ließ.

»Rohstoffe und Ressourcen: Wachstum, Werte und Wettbewerb« lautete der Titel der Fachtage. Das Themenspektrum drängte sich gewissermaßen auf. Das liegt nicht nur daran, dass die steigende Nachfrage nach Rohstoffen Konflikte nach sich ziehen, sondern auch daran, dass Entwicklungspolitik ein Türöffner sein kann, um den Zugang zu Rohstoffen zu erleichtern. So wurde auf, neben und hinter dem Podium ebenso diskutiert, wie ein großes Verbraucherland wie Deutschland sich sicher versorgen und wie es zugleich die Rahmenbedingungen in den Lieferländern verbessern kann. Transparenz und sicherer Wettbewerb sind dabei wichtige Ziele, die die Bundesregierung auch im Kontext der internationalen Kooperation verfolgt. Projekte, die bei der Diversifizierung der Wirtschaft helfen, gehören in Botswana genauso zum GIZ-Programm wie Ausbildungsprojekte und das Management natürlicher Ressourcen. Eine Ausrichtung, die auch den einen oder anderen Anknüpfungspunkt für die ressourcenverarbeitende Industrie in Deutschland bietet. Dabei sieht sich die GIZ als Mittler, die die Interessen der Bundesregierung vertritt und für wichtige Kontakte sorgt. So befinden sich Chile und Peru beispielsweise auf der Liste der Länder, mit denen die Bundesregierung liebend gern eine Rohstoffpartnerschaft eingehen würde, wie mit Kasachstan oder der Mongolei bereits geschehen.

In Peru, wo in den letzten Jahren die Bergbaukonflikte merklich zugenommen haben, ist die GIZ beim Aufbau des Umweltministeriums genauso wie in der Konfliktprävention im Kontext der Rohstoffgewinnung im Einsatz. Gute Voraussetzungen für eine tiefergehende Kooperation. »Doch das Problem ist«, so der peruanische Jurist Juan Carlos Ruíz Molleda, »dass die Partizipation der Zivilbevölkerung bisher nur auf dem Papier existiert«. Es fehle an verbindlichen Regularien für den Bergbau, kritisiert Ruíz Molleda. Eine Einschätzung, die auch andere Experten wie der ehemalige kolumbianische Umweltminister Manuel Rodríguez Becerra teilen. Letzterer hält zudem wenig von freiwilligen Selbstverpflichtungserklärungen von Unternehmen wie dem deutschen Stromkonzern RWE, der Kohle aus Kolumbien importiert, und mit Initiativen vor Ort für mehr Akzeptanz für Umwelt und Menschenrechte schaffen möchte. »Wir brauchen eine radikale Reform der Bergbaugesetzgebung und mehr Transparenz«, mahnt der Universitätsprofessor.

Das sind Herausforderungen, denen viele Rohstoffstaaten, ob in Asien, Afrika oder Lateinamerika, kaum gewachsen sind. Ein Grund dafür ist, dass die Institutionen, die die großen Minenunternehmen kontrollieren sollen, oft kaum über die Mittel verfügen, zu den Minen zu gelangen, ein anderer, dass Korruption weit verbreitet ist. »So hat eine Wochenzeitung in Kolumbien gerade erst aufgedeckt, dass eine ganze Reihe von Bergbauunternehmen keine Steuern gezahlt haben. Sie haben nationales Recht gebrochen«, erklärt Rodríguez Becerra. Er plädiert für ein unabhängiges Monitoring und mehr internationalen Druck auf unwillige Regierungen wie die kolumbianische. Ein Ansatz, der in einigen afrikanischen Staaten durchaus funktioniert hat, wie die Initiative für Transparenz in der Rohstoffindustrie (EITI) belegt. Deren Ziel ist es, Korruption einzudämmen und für transparente Strukturen zu sorgen. Durchaus erfolgreich, denn immerhin zählen mittlerweile 39 Staaten und mehr als 80 Konzerne zu der von der Bundesregierung kofinanzierten Transparenzinitiative. Die hat allerdings, so kritisieren Entwicklungsexperten von Misereor und anderen Organisationen, noch lange keinen Strukturwandel im Bergbau nach sich gezogen. Der steht noch aus und da gibt es nicht nur aus entwicklungspolitischer Perspektive viele Ansatzpunkte für die Bundespolitik – Rohstoffsicherung hin oder her.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 2. Juli 2013


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