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"EU soll voll interventionsfähig werden"

Friedensforscher Thomas Roithner zu den Auswirkungen der EU-Verfassung auf die Außen- und Sicherheitspolitik der Union und Österreichs (Interview)

Im Folgenden dokumentieren wir ein Interview, das der Wiener "Standard" in seiner Internetausgabe am 22. Februar 2005 veröffentlichte. Dr. Thomas Roithner ist Politikwissenschaftler beim ÖSFK - Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung, Wien/Stadtschlaining.


Die EU-Verfassung benötigt zum Inkrafttreten die Zustimmung aller Mitgliedstaaten. Das "Ja" Spaniens vom Wochenende gilt als positives Signal für die Referenden in zehn weiteren Mitgliedsstaaten. Einen zentralen Stellenwert nimmt im Gesetzeswerk die "Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitk" (GASP) ein. Thomas Roithner, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) sprach im derStandard.at- Interview mit Christa Hager über die Neuorientierung der Union in sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten, die zunehmend auf "militärischen Interventionismus" abziele.

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derStandard.at: Verteidigung spielt in der bislang unratifizierten EU-Verfassung eine wesentliche Rolle. Gegen welche Bedrohungen sollen sich die neuen militärischen Kapazitäten richten?

Roithner: „Verteidigung“ ist auch in der EU mittlerweile zum Orwell’schen Begriff geworden. Es geht nicht mehr um Verteidigung, sondern um militärischen Interventionismus. Es ist ziemlich einmalig, dass Staaten nun durch die EU-Verfassung verpflichtet werden, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern. Dazu wird eine „Europäische Verteidigungsagentur“ eingerichtet, die für die Entwicklung der „Verteidigungs“fähigkeiten, für Forschung, Beschaffung und Rüstung zuständig ist. Sie soll die Rüstungspläne der Mitgliedstaaten harmonisieren, damit die EU voll interventionsfähig wird.

In diese Richtung der Aufrüstung weisen auch nüchterne Zahlen: Im österreichischen Bundesheer wurde bereits 2001 ein Nachholbedarf von 10,9 Milliarden Euro festgestellt. Die deutsche Bundeswehr hat ihrerseits bis zum Jahr 2014 Projekte von 70 Milliarden Euro in der Schublade. Eine Graphik der EADS prognostiziert mit Hilfe von NATO-Daten, dass die Rüstungsausgaben der EU und der USA im Jahr 2010 um 50 Prozent höher sein werden als zu Hochzeiten des Kalten Krieges. Dies sind enorme Entwicklungen, die auch auf unsere Sozialbudgets zukommen.

derStandard.at: Ist nach der Währungsunion nun die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Schwerpunkt der Integration?

Roithner: Absolut. Die politischen und militärischen Eliten beklagen, die EU wäre ein ökonomischer Riese und ein militärischer Zwerg. Der Aufbau einer EU-Rüstungsindustrie soll mithelfen, dies zu verändern. Auch was die Zusammensetzung der Verteidigungsagentur betrifft, ist es wichtig zu hinterfragen, ob es die Politik ist, die bestimmte Richtungen vorgibt oder die Rüstungsindustrie, die bestimmte militärische Möglichkeiten schafft und dadurch Optionen für die Politik vorgibt. Und dies ist nicht nur eine Frage von Friedenspolitik, sondern auch von Demokratie. Klaus Naumann, einer der einflussreichsten europäischen Militärs, meinte es gäbe nur mehr zwei Währungen, die in der Welt gelten würden: wirtschaftliche Macht und militärische Mittel, sie durchzusetzen.

Auch ein Zitat aus der Webpage des Bundesministeriums für Landesverteidigung verdeutlicht dies: „Für Österreich ist die Teilnahme an EU-Einsätzen mit großem Nutzen verbunden (...) Als wesentliche Zielsetzung der europäischen Sicherheitspolitik nennt Prof. DDr. Erich Reiter, Beauftragter für Strategische Studien des BMLV: (...) Kooperation mit den USA und mit Japan zum globalen Management von Konflikten und zwecks Zugangs zu strategischen Rohstoffen, der Aufrechterhaltung freien Handels und der Schiffahrt“. Hier stellt sich die Frage, welches Sicherheits- oder vielmehr Unsicherheitskonzept dahinter steckt, wenn westliche Armeen u.a. dafür zuständig sein sollen, den Rohstofffluss vom Süden in den Norden aufrechtzuerhalten.

derStandard.at: Warum ist die militärische Zusammenarbeit zu einem so wesentlichen Punkt in der Verfassung geworden?

Roithner: Die EU will in jeder Hinsicht ein weltpolitischer Akteur werden. Sie verfügt schon jetzt über eine einsatzbereit erklärte militärische Interventionstruppe von 60.000 SoldatInnen, die 4.000 Kilometer rund um die EU im gesamten „Petersberger Spektrum“ autonom eingesetzt werden kann und am Balkan und Afrika auch bereits eingesetzt wurde. Mittlerweile hat man diesen Radius auf weltweite Operationen ausgedehnt.

Ständige Fortschritte erzielt die EU auch in der rüstungspolitischen Zusammenarbeit. Es wurde ein EU-Militärausschuss, ein EU-Militärstab sowie ein Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee gegründet. Auch das EU-Parlament hat sich trotz der direkten Wahl durch die EU-BürgerInnen mehrheitlich nicht als Riegel gegen die Militarisierung der EU verdient gemacht, sondern diesen Prozess nach ihren Möglichkeiten gefördert und vorangetrieben.

Als zentrales Moment für die Militarisierung der EU gilt sicherlich der völkerrechtswidrige Kosovo-Krieg der NATO im Jahr 1999. Er war Katalysator dafür, diese 60.000 Mann starke Interventionstruppe ins Leben zu rufen. Auch das gegenwärtige Verhältnis zur einsamen Supermacht USA hat diese Entwicklung der militärischen Aufrüstung beschleunigt. Wirtschaftlich sind die USA und EU längst Konkurrenten geworden.

derStandard.at: Konkurrenz im Sinne einer „neuen Weltordnung“?

Roithner: Wesentliche politische Eliten beider Akteure haben in bestimmten Weltregionen ökonomisch und geopolitisch ähnliche Interessen. Ich denke hier beispielsweise an den Kaukasus. Global destabilisierende Macht- und Militärkonzentrationen zwischen der EU und den USA sind eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher wäre aber – unter Berücksichtigung regionaler Hegemonien – ein „Abstecken von Einflusszonen“, nämlich wer welche Region vom militärischen und ökonomischen Einfluss als seinen „Hinterhof“ bezeichnen kann.

Der Vorsitzende des EU-Militarausschusses, General Gustav Hägglund, hat 2002 erklärt: „Man hat gesagt, die USA werden den Krieg führen und die EU wird für den Frieden zuständig sein. (...) Das war so und bezieht sich auf die Vergangenheit, aber das stimmt für die Zukunft nicht“.

derStandard.at: Als Herausforderung an die GASP werden in der Sicherheitsstrategie vom Dezember 2003 Armut, Unterernährung, Krankheiten oder Kriminalität genannt. Wie ist diesen Problemen militärisch beizukommen?

Roithner: Das Militär ist im Wesentlichen die falsche Antwort auf diese richtig festgestellten Herausforderungen. Im Gegensatz zur 60.000 SoldatInnen starken Interventionstruppe (durch Rotation kann man von mehr als 180.000 SoldatInnen ausgehen) stehen auf dem Papier nur 5.000 Menschen, 1.000 davon rasch einsetzbar, für zivile Aufgaben, wie für Polizeimissionen, für Rechtstaat, Zivilverwaltung und Zivilschutz, zur Verfügung. Ich glaube, dass es hier eine Umkehrung der Prioritätensetzung zwischen Militärischem und Zivilem geben muss. Zivile globale Herausforderungen brauchen zivile Antworten. Die EU hat hier eine enorme Verantwortung, dieses zivile Personal auch tatsächlich zu schaffen, auszubilden und in enger Abstimmung mit den Vereinten Nationen auch massiv einzusetzen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch zu überdenken, welche Politik die EU innerhalb der Weltbank und des Währungsfonds betreibt. Inwieweit die Strukturanpassungsprogramme, durch die viele Staaten der „Dritten Welt“ gezwungen sind, ihre Sozial- und Gesundheitsbudgets zu senken, Auslöser von armuts- und damit gewaltfördernden Maßnahmen sind. In diesem Zusammenhang sprechen wir nicht von militärischer Gewalt, sondern von der strukturellen Gewalt in den internationalen Beziehungen.

derStandard.at: Wer wird in der EU die Entscheidungen über künftige militärische Einsätze treffen?

Roithner: Es gibt in der Verfassung unterschiedliche Möglichkeiten für Militärinterventionen. Der Rat kann eine Staatengruppe beauftragen, eine bestimmte Operation durchzuführen. Diese Staatengruppe definiert sich natürlich sehr stark über die militärischen Fähigkeiten. Das EU-Parlament wird hierzu nur „gehört“ und „auf dem Laufenden gehalten“.

Die zweite Möglichkeit ergibt sich aus der „ständigen strukturierten Zusammenarbeit“. Dies ist eine festgelegte Gruppe von Staaten, die im Auftrag der EU tätig wird. Jene, die aus politischen oder militärischen Gründen nicht mitmachen wollen oder können, bleiben draußen. Das ist ein klares Kerneuropakonzept, ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ oder ein „Gravitationszentrum“. Für EU-Militärinterventionen gilt aber derzeit die Einstimmigkeit. Ich sehe die Aufgabe neutraler Staaten in der EU nicht darin, sich aus künftigen EU-Militärinterventionen für Rohstoffinteressen oder geopolitische Interessen herauszuhalten, sondern diese EU-Miltarisierung zu stoppen und gemäß der Tradition der Neutralen bestehenden zivilen Außenpolitikkonzepten durch gemeinsame Anstrengungen mehr Gewicht zu verschaffen.

derStandard.at: Ein wesentlicher Streitpunkt war lange Zeit die Frage nach der Beistandspflicht. Warum?

Roithner: Eine Beistandsverpflichtung ist ein zentrales Element eines Militärpaktes, beispielsweise der NATO. Sie steht im klaren Widerspruch zur Neutralität. 2003 wurde in der Verfassungsdiskussion noch davon ausgegangen, dass die Beistandspflicht nur ein Kerneuropa betrifft. Nun hat man sich geeinigt, dass alle Staaten an dieser Beistandsverpflichtung teilhaben, mit Ausnahme jener, die einen besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufweisen, wie beispielsweise die immerwährende Neutralität. Diesen besondern Charakter haben besonders Irland, Schweden und Finnland in die Verfassung eingebracht.

Nachdem ein klassischer militärischer Angriff auf die EU völlig unwahrscheinlich ist – und davon gehen auch die österreichische und die EU-Sicherheitsstrategie aus – ist auch eine Beistandsverpflichtung ein Militarisierungsschritt, der den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht gerecht wird, sondern kontraproduktiv ist.

derStandard.at: Dennoch zeigt gerade die österreichische Beteiligung an den Battle Groups klare Tendenzen, dass man immer mehr von einem solchen Sonderstatus innerhalb der EU abrückt.

Roithner: Das ist richtig. Die Bundesregierung höhlt die Neutralität auf allen Ebenen politisch wie juristisch aus, um die Bevölkerung vor vollendete Tatsachen zu stellen. Eine Volksabstimmung wird aufgrund der breiten Mehrheiten für das Konzept einer aktiven Friedens- und Neutralitätspolitik von den politischen und militärischen Eliten nicht in Erwägung gezogen. Die Battle Groups sind ein gutes Beispiel.

Es handelt sich um 13 Gruppen zu jeweils 1.500 SoldatInnen und Österreich beteiligt sich mit 200 SoldatInnen in Form von Infanterie, Pionieren und ABC-Einheiten. Es ist eine Aufgabe dieser Battle Groups, das Feld für die größere 60.000 Mann Interventionstruppe aufzubereiten. Sie sind auch nur relativ kurz im Einsatz und deren Einsatzgebiete sind u.a. Wüsten, Hochgebirge und Dschungel. Die SoldatInnen werden hierfür speziell ausgebildet.

Auch die Bundesheerreformkommission geht eindeutig in diese Richtung des militärischen Interventionismus: Hauptaufgabe sind Auslandseinsätze im Rahmen der EU. Dies hat mit klassischer Verteidigung an sich nichts mehr zu tun. Der deutsche Verteidigungsminister Struck denkt wahrscheinlich genau an diese Battle Groups, wenn er sagt dass deutsche Sicherheit künftig auch am Hindukusch verteidigt wird.

derStandard.at: Spiegelt sich in den Battle Groups nicht auch der Kerneuropa-Gendanke wieder?

Roithner: An den Battle Groups zeigt sich eine Hierarchisierung der Mitgliedstaaten innerhalb der EU: Es gibt Staaten, die an den Battle Groups und am sicherheitspolitischen Kern teilnehmen und auch wirtschaftlich – von ihren Rüstungsindustrien – mehr einzubringen haben. Jenen wird auch ein entsprechendes politisches Gewicht in der Außen- und Sicherheitspolitik der EU beigemessen. Die Battle Groups sind auch jene Truppenteile innerhalb der EU, bei denen die Distanz zu einem Mandat des UN-Sicherheitsrates am größten ist. Klaus Naumann erklärte 2003 für Deutschland: „Die Bundeswehr muss die Soldaten wieder mit dem Tod vertraut machen.“

derStandard.at: Es können also in Zukunft Kampfeinsätze ohne UN-Mandat durchgeführt werden?

Roithner: Die EU hat seit 1999 Schritt für Schritt eine Distanzierung vom Völkerrecht vorgenommen. Von einem absolut zwingenden Mandat, wird überhaupt nicht mehr gesprochen. Das ist eine klare Abwertung der UN und damit auch ein Beitrag zur Unordnung in den internationalen Beziehungen. Auch die OSZE wird Schritt für Schritt an den sicherheitspolitischen Rand gedrängt. Leider ist hier eine politische Aufwertung der Selbstmandatierung statt einer Stärkung eines effektiven Multilateralismus festzustellen.

derStandard.at: Wie sind die Battle Groups überhaupt mit der österreichischen Neutralität vereinbar? In der Debatte um ein UN-Mandat beharrt die SPÖ auf einem solchen.

Roithner: Im Zuge der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages wurde der Artikel 23f mit den Stimmen der SPÖ, ÖVP und seinerzeit auch des Liberalen Forums in die Verfassung gebracht. Er besagt, dass insbesondere im oberen Bereich der Petersberger Aufgaben Bundeskanzler und AußenministerIn ohne das Parlament vorher zu befragen entscheiden können, ob derartige EU-Einsätze mit österreichischer Beteiligung stattfinden. Aus den Erläuterungen des Artikels geht eindeutig hervor, dass Österreich an Einsätzen, auch wenn kein Mandat der Vereinten Nationen vorliegt, teilnehmen kann.

Gleichzeitig ist in der österreichischen Verfassung auch die immerwährende Neutralität verankert. Hier haben sich unterschiedliche juristische Grundlagen entwickelt, die auch verschieden interpretiert werden. Was die Diskussion um ein UNO-Mandat bei den Battle Groups betrifft, beharrt die ÖVP auf den Artikel 23f.

derStandard.at: Inwieweit richtet sich Österreich generell nach den Kriterien der EU?

Roithner: Wie die Bundesheerreformkommission zeigt, ist die Entwicklung auf nationalstaatlicher Ebene das Abbild der Entwicklung auf EU-Ebene. Die von Österreich angekauften „Black Hawk“-Hubschrauber – und künftig auch die Eurofighter – entsprechen den Aufgaben von künftigen EU-Militärinterventionen und sollen die Teilnahme Österreichs garantieren.

Schon 1999 sagte der Leiter der Luftabteilung des Bundesheers, Erich Wolf, dass die Grundlage der Rüstungspolitik der militärische Bedarf sei. „Wir rüsten ja nicht für den Katastrophenfall“. Das Truppenaufenthaltsgesetz, das Kriegsmaterialiengesetz und das Strafgesetz über Neutralitätsgefährdung wurden im Zuge der Anpassung Österreichs an die EU-Sicherheitspolitik geändert. Aus dem Kriegsmaterialiengesetz wurden beispielsweise die Neutralitätsvorbehalte ersatzlos gestrichen.

Auch die potenziellen Einsatzgebiete des österreichischen Bundesheeres im Rahmen der EU sowie die Reduzierung der Truppenstärke von ca. 110.000 SoldatInnen auf ca. 50.000 sind im europäischen Kontext zu betrachten. Das Budget des Bundesheeres beläuft sich derzeit auf ca. 0,8 Prozent des BIP. Die Bundesreformkommission geht davon aus, dass es in Zukunft zwischen 1,11 und 1,18 Prozent betragen wird, was einen enormen Anstieg von rund 40 Prozent bedeutet. Dazu kommen noch die Verkäufe von Heereseigentum, die in diesen Zahlen nicht berücksichtigt sind. Auch die Eurofighter werden nicht aus dem Verteidigungsbudget gezahlt, sondern aus dem Sonderbudget. Es ist ein EU-weiter Trend von quantitativer Abrüstung (weniger SoldatInnen) zu qualitativer Aufrüstung (teureres und effizienteres Kriegsgerät) feststellbar.

derStandard.at: Eine eigenständige Sicherheits- und Verteidigungspolitik zählt also nun zur Vergangenheit?

Roithner: Dass es eine akkordierte Außenpolitik innerhalb der Union geben soll, ist verständlich und wichtig. Globale Herausforderungen können nicht von einzelnen Staaten gelöst werden. Man mag auch den Eindruck gewinnen, dass Differenzen in der Außenpolitik, wie beispielsweise der Irak-Krieg, durch Einigkeit in der Militärpolitik kompensiert werden. Das bedeutet einen Schritt Richtung Militärmacht. Was die EU-Verfassung betrifft, fehlt jedoch ein wichtiger Punkt: Nirgendwo geht hervor, dass Krieg kein zulässiges Mittel der Politik ist. Natürlich verpflichtet man sich in einer unverbindlichen Präambel zu Menscherechten, der nachhaltigen Entwicklung und der Gleichberechtigung von Religionen, Geschlechtern und Rassen. Das ist gut und richtig – die konkrete Politik wird jedoch vorwiegend militärisch durchdekliniert.

Durch den Gedanken, dass 25 Staaten mit einer Stimme sprechen sollen und kein Blatt Papier mehr dazwischen passt, vergibt die EU auch riesige Chancen. Vielmehr sollte es in der EU eine Pluralität auch in der Außen- und Sicherheitspolitik geben, durch die unterschiedliche Stärken, Schwerpunkte und historisch gesammelten Erfahrungen der Länder ausgespielt werden können. Das bloße Abgeben nationaler sicherheitspolitischer Entscheidungsgewalt Richtung Brüssel beschert uns ein Demokratiedefizit in der Sicherheitspolitik und keine Zivilmacht.

Der Standard, Online-Ausgabe, 22. Februar 2005 (www.derStandard.at)


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