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Kenias "Mutter der Bäume" in aller Welt gewürdigt

Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai gestorben

Die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai ist tot. Die 71-Jährige erlag am Sonntag in Nairobi einer langen Krankheit.

Nairobi (dpa/ND). Pionierin, Umweltschützerin und Frauenrechtlerin: Die kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai ist am Sonntagabend einem langjährigen Krebsleiden erlegen. Die in ihrer Heimat als »Mutter der Bäume« bekannte Wissenschaftlerin sei umgeben von ihrer Familie in einem Krankenhaus in Nairobi gestorben, teilte die von ihr gegründete Grüngürtelbewegung (GBM) am Montag mit. Maathai wurde 71 Jahre alt.

Die Organisation würdigte die Aktivistin auf ihrer Webseite als »Vorbild und Heldin«, die versucht habe, die Welt zu einem »friedlicheren, gesünderen und besseren Ort« zu machen. Dafür sei ihr auf allen Kontinenten hoher Respekt gezollt worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel erinnerte an den »persönlichen Mut« und die »große Hartnäckigkeit« Maathais und betonte, ihr Lebenswerk werde überdauern.

Bekannt wurde die studierte Biologin und Veterinärmedizinerin vor allem, als sie Ende der 70er Jahre andere Frauen überzeugte, gegen die hemmungslose Abholzung der Wälder rund um die Hauptstadt Nairobi vorzugehen und neue Bäume anzupflanzen. Seit Maathai vor fast 35 Jahren die GBM gründete, wurden mehr als 30 Millionen Bäume angepflanzt.

Für ihr Engagement wurde Maathai 2004 als erste Afrikanerin mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. »Diejenigen unter uns, die das komplexe Konzept des Umweltschutzes verstehen, müssen die Last auf sich nehmen, zu handeln. Wir dürfen nicht müde werden, wir dürfen nicht aufgeben, wir müssen beharrlich weitermachen«, sagte sie damals. Der Chef des Osloer Nobelinstitutes und Komiteesekretär Geir Lundestad sagte gegenüber dpa: »Sie war eine warmherzige und optimistische Persönlichkeit. Es ist sehr traurig, dass wir ihr Lächeln nie wieder erleben können.«

Am 1. April 1940 in dem Ort Nyeri geboren, galt Maathai als Vorreiterin in ihrer Heimat: Sie war die erste Ostafrikanerin, die einen Doktortitel erwarb und die erste, die Leiterin einer Universitätsabteilung wurde. Sie setzte sich für die demokratischen und sozialen Rechte der Bevölkerung ein, gründete eine panafrikanische Frauenbewegung und kämpfte für die Meinungsfreiheit Oppositioneller.

Rund ein Dutzend Mal wurde sie festgenommen. Dennoch schaffte sie es, 2002 mit dem oppositionellen Wahlbündnis »National Rainbow Coalition« ins Parlament einzuziehen und wurde von Staatspräsident Mwai Kibaki zur stellvertretenden Umweltministerin ernannt. Kibaki bezeichnete sie am Montag als »globale Ikone« und »Kreuzritterin für Menschenrechte«, die »eine unauslöschbare Spur hinterlassen« habe.

Für ihre Arbeit erhielt Maathai, die unter anderem in Kansas und Pittsburgh (USA) studiert hatte, zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Alternativen Nobelpreis (1984) und den Orden der französischen Ehrenlegion (2006). Zudem schrieb Maathai mehrere Bücher.

* Aus: Neues Deutschland, 27. September 2011


Neue Wälder

Afrikas Wiederaufforstungsprogramme sind auch das Vermächtnis von Wangari Maathai, Kenias "Mutter der Bäume"

Von Ralf Ledebur **


Das World Future Council (WFC) ist ein loser Zusammenschluß von 50 namhaften Weltverbesserern. Der Teilchenphysiker Hans Peter Dürr ist darunter, dessen Neutrino-Witze Sie alle nächste Woche schon gehört haben, und erfreulich viele Afrikaner, die bekanntesten sind der Musiker Youssou N’Dour und Kenias am Sonntag im Alter von 71 Jahren verstorbene Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai.

1940 als erstes von sechs Kindern eines Bauern am Mount Kenya geboren, sprang Maathai in den 60ern auf den »Kennedy-Train« und konnte in den USA studieren. Nach der Rückkehr war sie die erste Frau, die in Ost- und Zentralafrika promovierte. Kenias Staatsgründer Jomo Kenyatta setzte ihr den Doktorhut auf. 1977 gründete die Biologin die Green Belt Movement (GBW), die bald in viele Länder Afrikas expandierte und bis heute eine Graswurzelbewegung ist. Als Symbol der Gründung pflanzte Maathai damals einen Baum – etwa 30 Millionen ließ die GBW bislang folgen.

Maathai hat auch das WFC mitgegründet, das vier Tage vor ihrem Tod im UN-Hauptquartier in New York seinen Future Policy Award verlieh – an ein Wiederaufforstungsprogramm im kriegstraumatisierten Ruanda. Mit Hilfe der lokalen Bevölkerung wurde die Walddecke hier in den letzten 20 Jahren um 37 Prozent vergrößert. Die Preisverleihung betont laut WFC-Generalsekretärin Alexandra Wandel die Bedeutung der Wälder »insbesondere für die rund 1,6 Milliarden Menschen, die direkt von ihnen abhängen«. Die Jury des WFC-Preises war auch von Kigalis Landbesitzreform zugunsten der Frauen und seinem landesweiten Plastiktütenverbot beeindruckt. Sie wies daraufhin, daß in Afrika insgesamt Entwaldung und Wüstenbildung foranschreiten und die Wälder weltweit im Jahr um etwa 13 Millionen Hektar schrumpfen.

Wangari Maathai hatte zur Preisverleihung noch erklärt: »Ruanda räumt seinen Wäldern nicht nur höchste nationale Priorität ein, sondern nutzt sie zur Revolutionierung der Frauenrechte«. Zwei staatliche Maßnahmen, denen die WFC-Jury zweite Preise zuerkannte, dürften einen ähnlichen Beifall der »Mutter der Bäume« gefunden haben. Das eine ist eine Gesetzgebung in Gambia, mit der den lokalen Gemeinden die Verantwortung für die von ihnen genutzten Wälder übertragen wurde. Es führte zu einer Netto-Wiederaufforstung von 8,5 Prozent und leistete seinen Beitrag zur Armutsbekämpfung. Laut Wandel entstanden »neue Märkte für den Verkauf von abgestorbenem Holz und anderer Waldprodukte, von denen vor allem die Frauen in ländlichen Gemeinden profitierten«.

Dritter Preisträger ist die Ergänzung des »Lacey Acts«, die 2009 in den USA in Kraft trat. Sie erschwert den Handel mit illegal produzierten Holz- oder Pflanzenprodukten. Die EU hat inzwischen ähnliche Gesetze entwickelt.

** Aus: junge Welt, 29. September 2011




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