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Kein Automatismus

Länder des Südens fordern Mitsprache bei Besetzung des IWF-Topjobs. Südafrikanischer Finanzminister im Gespräch

Von Emad Mekay, IPS *

Das Vorpreschen Frankreichs und der EU bei der Neubesetzung des IWF-Topjobs hat im Süden für Verärgerung gesorgt. So kündigte die Gruppe der 24 (G-24) Widerstand gegen die Quasi-Nominierung von Dominique Strauss-Kahn zum Nachfolger von Rodrigo de Rato als Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds an. Die G-24, ein Zusammenschluß von Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, die sich den Interessen des Südens innerhalb von IWF und Weltbank verpflichtet fühlen, favorisieren offenbar den südafrikanischen Finanzminister Trevor Manuel als Gegenkandidaten.

Die Kritiker sehen hinter der einmütigen Unterstützung, die der ehemalige französische Superminister für Wirtschaft und Finanzen von den EU-Finanzministern erfährt, eine Fortsetzung der alten und vielfach kritisierten Traditionen bei der Besetzung der beiden Spitzenpositionen bei Weltbank und IFW.

Reform auf Eis

Die reichen kapitalistischen Hauptstaaten des Nordens hatten einen Deal: Während die USA stets den Weltbankpräsidenten stellten, kam der IWF-Chef aus Europa. Der Rest der Welt durfte zuschauen. Doch damit begnügen sich Staaten wie Indien, Argentinien, Brasilien, Mexiko oder Südafrika nicht mehr. Schon im April 2001 hatte eine gemeinsame Arbeitsgruppe der beiden Washingtoner Finanzinstitutionen dringend zu einer Reform der Auswahlkriterien geraten. Die Empfehlung wurde von Weltbank und Währungsfonds zwar angenommen, wartet aber bis heute auf ihre Umsetzung.

Formal hat das 24-köpfige IWF-Exekutivdirektorium versichert, daß die Auswahl des nächsten IWF-Oberhauptes transparent und demokratisch, nicht nach geographisch-politischen Präferenzen, sondern nach Eignung und im Konsens erfolgen solle. Seit der Name Strauss-Kahn gefallen ist, scheint das kaum noch glaubhaft. Auch in der Zusicherung, daß jedes der 185 IWF-Mitglieder einen Kandidaten präsentieren kann, sehen arme Länder und Beobachter eine Erklärung »pro forma«. Gleichwohl stehen einige der Länder des Südens hinter Südafrikas Finanzminister Manuel, wie IPS aus IWF-Kreisen erfuhr. Er hat sein Interesse öffentlich zwar noch nicht bekräftigt, gilt aber als geeigneter Kandidat und kann als langjähriger Vorsitzender des gemeinsamen Entwicklungsausschusses von Weltbank und Währungsfonds auf reiche Erfahrung zurückblicken.

Einziger offizieller Anwärter ist allerdings Strauss-Kahn, der Favorit des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und der EU. Er hat vor zwei Wochen auf einem Ministertreffen in Brüssel grünes Licht erhalten und wurde mit Lob überschüttet.

Der ehemalige »Superminister« der sozialistischen Regierung von Lionel Jospin hat bei der Privatisierung der französischen Telekom und der Euroeinführung eine große Rolle gespielt. Er gab sein Amt 1999, nach zwei Jahren, vorzeitig auf. Grund waren angeblich unzulässige Honorar- und Gehaltszahlungen. Allerdings wurde der Exminister von der Justiz in allen Punkten freigesprochen.

Kritik aus dem Süden

In einer Stellungnahme der G-24 vom Montag heißt es: »Ein Bekenntnis zu einem offenen, transparenten und multilateralen Auswahlverfahren wird die Legitimität und den Erfolg des kommenden Exekutivdirektors und der Institution zu einer Zeit stärken, in der der IWF vor grundlegenden Herausforderungen an die eigene Relevanz und Entwicklungsfähigkeit steht.« Für Aldo Caliari vom Centre of Concern (COC) in Washington verbirgt sich hinter der diplomatischen Wortwahl massive Kritik. »Diese Stellungnahme zeigt, daß die G-24 dem von den reichen Staaten vielbeschworenen Öffnungsprozeß beim IWF nicht traut.« Die ärmeren Staaten sähen eine nichteuropäische Führung des Fonds offenbar als höchst unwahrscheinlich an.

* Aus: junge Welt, 25. Juli 2007


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