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Globalisierung macht krank - Global Health Watch 2005-2006 / Sick of Globalisation

Frankfurter Hilfsorganisation medico international stellt auf Jahrespressekonferenz den ersten alternativen Weltgesundheitsbericht vor

Aus Anlass der Jahrespressekonferenz am 21.07.2005 stellte die Frankfurter Hilfsorganisation medico international den ersten alternativen Weltgesundheitsbericht vor. Wir dokumentieren im Folgenden die entsprechende Pressemitteilung sowie die Kurzfassung des Global Health Watch 2005 -2006. Den gesamten Bericht gibt es als pdf-Datei hier: Global Health Watch 2005–2006. An alternative world health report.
Weiter unten finden Sie noch einen Artikel über das zweite Treffen der Weltgesundheitsbewegung (People's Health Movement, PHM) im ecuadorianischen Cuenca: Sick of Globalisation, by Kintto Lucas .



Pressemitteilung

Der Global Health Watch 2005 - 2006 ist Ergebnis einer gemeinsamen weltweiten zivilgesellschaftlichen Anstrengung. 120 Ärzte, Gesundheitsarbeiter, Wissenschaftler und 70 gesundheitliche Nichtregierungsorganisationen haben Informationen und Berichte zur Verfügung gestellt. Der Report, der mit Unterstützung der Frankfurter Hilfsorganisation zustande kam, zeichnet ein auskunftsreiches Bild der Weltgesundheit aus der Perspektive der Betroffenen im Norden wie im Süden. Von anderen Weltberichten unterscheidet ihn nicht nur dieser „Blick von unten“, sondern auch die Beschäftigung mit globalen Gesundheitsakteuren von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bis zur Welthandelsorganisation (WTO). Der Report fordert unter anderem eine Reform der WHO. Den Herausforderungen der globalen Gesundheitskrise könne die WHO nur gerecht werden, wenn sie mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werde. Zugleich müsse die WHO sich demokratisieren und für die globale Zivilgesellschaft öffnen. Die Besetzung der Führungspositionen sollte nicht durch nationale Interessen sondern durch professionelle Qualifikationen bestimmt sein. Alle internationalen Wirtschaftsübereinkünfte müssten, so der Report, auf ihre gesundheitlichen Folgen hin von unabhängigen Experten überprüft werden. Hierzu sollte die WHO das Mandat erteilen werden. Der alternative Weltgesundheitsbericht richtet sich nicht nur an die internationalen Institutionen, sondern an alle im Gesundheitswesen Beschäftigte. Denn von ihnen müsse der Impuls ausgehen, dass die alte WHO-Losung „Gesundheit für alle“ ein zu verteidigendes und zu verwirklichendes öffentliches Gut wird.

Der Geschäftsführer von medico international, Thomas Gebauer, der gerade vom Treffen der Weltgesundheitsbewegung (People's Health Movement, PHM) in ecuadorianischen Cuenca zurückgekehrt ist, betonte, dass medico international sich bereits im vergangenen Jahr stärker globalen gesundheitspolitischen Themen angenommen habe. Dazu gehöre die Unterstützung einer globalen öffentlichen Vernetzung, wie sie das People´s Health Movement darstellt. Aus diesem lockeren Verbund von Gesundheitsbewegungen aus aller Welt könne eine neue Form von weltbürgerlicher Solidarität entstehen. Im vergangenen Jahr hat medico unter anderem auf dem Berliner Kongress „Armut und Gesundheit“ die Arbeit dieser weltweiten Bewegung vorgestellt. Daraus entstanden ist auch konkrete Hilfe. Viele Maßnahmen, die medico mit Partnern nach der Tsunami-Katastrophe durchgeführt hat, finden mit Organisationen des People´s Health Movement statt.

Die Jahresbilanz von medico international für 2004 kann ein gleichbleibendes Spendenvolumen in Höhe von 2,1 Millionen Euro verzeichnen. Bemerkenswert ist dabei, dass die Anzahl der Fördermitgliedschaften weiter wächst. Insgesamt hat medico 4,7 Mio Euro für Projekte aufgewendet hat. Zu den größten Programmen zählten dabei die Minen-Aktions-Programme in Afghanistan, aber auch die Förderung von Basisgesundheit unter anderem in Guatemala. Besonders erfolgreich ist die Kunst- und Spendenkampagne, die medico gemeinsam mit dem Konzeptkünstler Peter Zizka durchführt. Die Bodeninstallation „Das virtuelle Minenfeld“ wurde vergangenes Jahr im Lichthof des Auswärtigen Amtes gezeigt und unter anderem von Tagesthemen-Moderatorin Anne Will unterstützt.. Die Installation wird gegen eine Spende im Internet virtuell geräumt. Die Kunst- und Spendenaktion hat bereits mehrere Preise erhalten. Nun auch den renommierten europäischen Preis des Art-Director Clubs.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Katja Maurer (Pressesprecherin)
(069) 9443829; (0171) 1221261


Global Health Watch 2005-2006

medico international stellt den alternativen Weltgesundheitsbericht vor

Der erste alternative Weltgesundheitsbericht, der Global Health Watch 2005 - 2006 stellt Informationen und Schlussfolgerungen vieler großer und kleiner Gesundheitsbewegungen, Nichtregierungsorganisationen, Ärzte und Wissenschaftler zusammen. Dieser Report kam unter anderem mit Unterstützung der Frankfurter Hilfsorganisation medico international zustande. Er zeichnet ein auskunftsreiches Bild der Weltgesundheit im Zeichen fortschreitender Globalisierung aus der Perspektive der Betroffenen im Norden wie im Süden. Der Global Health Watch 2005 –2006 hat dabei das Zeug ein vademecum für alle jene zu werden, die nicht nur jammern und hilflos zusehen wollen, wie sich das Menschenrecht auf Gesundheit langsam verabschiedet. Und er füllt eine Informationslücke. Denn er analysiert auch das Handeln internationaler Gesundheitsorganisationen, von der WHO und UNICEF, über die Weltbank, den IMF und die WTO.

Die folgende Zusammenfassung bündelt die wichtigsten Aussagen und Empfehlungen des Watches.

Gesundheit und Globalisierung

Die Globalisierung ist die treibende Kraft großer aktueller Veränderungen. Der zunehmende Kapital –und Warenaustausch zwischen den Ländern, wie auch die globalen und regionalen Auswirkungen von Entscheidungen, die beispielsweise von der Welthandelsorganisation (WTO) ausgehen, haben gravierende Folgen für die Gesundheit.

Der Watch stellt die Erfolgsstory, die die Akteure der aktuellen Globalisierung erzählen, in Frage. Er weist auf die eskalierende Armut in Afrika, Osteuropa, Zentralasien und Lateinamerika wie auch auf die zunehmende ungleiche Einkommensverteilung in vielen Ländern ( einschließlich der reichen Länder) in den letzten Jahren hin. Produzenten gerade in den Entwicklungsländern sehen sich einem wachsenden globalen Wettbewerb ausgesetzt. In Mexiko beispielsweise zog die Liberalisierung im Getreidesektor durch das Nordamerikanische Freihandelsabkommen eine Welle US-Amerikanischer Importe nach sich, die ihrerseits massiv subventioniert werden. Die mexikanische Getreideproduktion stagnierte zur gleichen Zeit. Die Preise brachen ein. Kleine Farmer wurden ärmer und circa 700.000 Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen Bereich gingen verloren. Die Armut auf dem Lande wuchs um 70%, die Mindestlöhne verloren 75% ihrer Kaufkraft, die Kindersterblichkeit unter den Armen stieg.

Solch ein Schaden macht deutlich, dass es eines klugen nationalen Managments bedarf, um die globalen ökonomischer Veränderungen zu bewältigen: Keine leichte Aufgabe für viele Entwicklungsländer, in denen der öffentliche Sektor oftmals heruntergekommenen und unterentwickelt ist.

Während insbesondere die reicheren Wirtschaftsräume über soziale Mechanismen, Steuerprogression, sowie Gesetze und Regeln verfügen, um die schlimmsten "Marktfehler" auf nationalem Niveau abzufedern, gibt es keinen "sozialen Vertrag", der die Schäden und Auswüchse der Globalisierung behebt.

Selbst dort, wo globale Mechanismen bestehen, verstärken sie oft noch die Probleme. Die Vereinbarungen der Welthandelsorganisation (WTO), die den Waren –und Dienstleistungshandel liberalisieren und die Rechte der Investoren schützen, erzeugen ungleiche Bedingungen für ärmere Nationen und engen den nationalen Handlungsspielraum ein. Die Kämpfe um die schlecht durchdachte WTO- Übereinkunft über geistige Eigentumsrechte ist nur ein Beispiel, das die negativen Folgen internationaler Regulationsmechanismen für die Gesundheit besonders deutlich macht. (Der Patentschutz überlebenswichtiger Medikamente macht sie für viele arme Menschen unerschwinglich. D. Übers.)

Reformen des globalen ökonomischen Regierens sind von vitalem Interesse für die Gesundheit. Alle globalen, bilateralen und regionalen Wirtschaftvereinbarungen sollten auf die Folgen für Gesundheit und Gleichheit überprüft werden. Als ersten Schritt fordert der Watch eine internationale Delegation aus Public-Health - und Wirtschaftsexperten, die mit dem Mandat ausgestattet ist, WTO-Verhandlungen zu begleiten und nationale Regierungen hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Folgen der Verhandlungsergebnisse zu beraten. Außerdem sollte die Delegation einen ausführlichen Bericht an die WHO erstatten. Bei der nächsten WTO-Ministerkonferenz im Dezember 2005 könnte dieser Prozess bereits beginnen.

Regierungen und internationale Behörden sollten einen globalen Sozialvertrag anstreben, der ihre Bemühungen um Hilfe und Schuldenerlass verstärkt – was nebenbei auch über die beim letzten G-8Gipfel verabredeten Maßnahmen hinausgehen würde. Das hieße unter anderem, dass die Entwicklungsländer nicht länger zu Handelsliberalisierungen gezwungen werden dürften und zugleich die Subventionen der G8-Ländern für die eigenen Produzenten zurückgefahren werden müssten Nötig sind neue Finanzierungsmodelle, um Gesundheit und Entwicklung zu fördern. Der Watch schlägt die Einrichtung einer internationalen Steuerbehörde vor, die privatwirtschaftliche Steuerhinterziehung (geschätzter Verlust 255 Milliarden US Dollar jährlich) kontrollieren und verhindern soll. Ebenso gilt es beispielsweise über die Erhebung von Steuern auf Finanztransaktionen, eine globale Ökosteuer oder eine Abgabe auf Flugbenzin nachzudenken.

Gesundheitsdienstleistungen -und Systeme

Gut organisierte und verwaltete Gesundheitssysteme sind von vitalem Interesse beim Kampf gegen die Armut. Sie reduzieren die Kosten von Krankheit für den Einzelnen und für die Gesellschaft. Sie bilden soziale Netze. Sie vermitteln das Gefühl von Sicherheit, ganz im Gegensatz zu dem Gefühl von Ohnmacht und Verwundbarkeit, das von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Spaltung produziert wird. Hunderte von Millionen in der Welt haben jedoch nicht einmal eine gesundheitliche Grundversorgung. In den meisten Regionen der Welt muss Gesundheitsversorgung aus der eigenen Tasche finanziert werden. Das führt regelmäßig dazu, dass die Menschen im Krankheitsfall in die Armut absinken.

Der Watch weist an vielen Beispielen über die nationalstaatlichen Grenzen hinweg nach, dass mehr privat finanzierte Gesundheitsversorgung zu schlechteren Gesundheitsdaten führt. Der Watch erklärt, wie die Kommerzialisierung bestehender Gesundheitssysteme die ungleichen Zugangsbedingungen noch verschärft, weniger Zugang zu hoch qualifizierter Versorgung für die Armen bewirkt und Ineffizienz, Verlust von ethischen Standards und Vertrauen befördert. Die Länder beim Aufbau von universellen, durch Steuern oder Sozialversicherungen finanzierten Gesundheitssystemen zu unterstützen, ist deshalb vordringlichste Aufgabe.

Die reichen Länder geben pro Jahr 10 Milliarden für Entwicklungshilfe im Bereich des Gesundheitswesen aus. Das ist ungefähr soviel wie die Europäer jährlich für Speiseeis ausgeben, oder etwa 10% des Budgets des britischen National Health Service. Doch sogar diese "kleine" Summe an Hilfsgeldern kann in den armen Ländern immense Probleme und manchmal sogar gravierende Schäden für das Gesundheitssystem insgesamt hervorrufen. Denn viele Geberprogramme finden unkoordiniert statt und fokussieren nur auf bestimmte Krankheiten. Noch dazu: Im Gegenzug für die Hilfe wird die Durchführung von Strukturanpassungsprogrammen und von einer neoliberalen Gesundheitspolitik erwartet. Das droht die Gesundheitsversorgung weiter zu kommerzialisieren. Der Watch schlägt die Rekonstruktion und Entwicklung eines Gesundheitssektors auf der Grundlage eines 10- Punkte- Forderungskatalogs vor. Dieser wendet sich an nationale und internationale Regierungen und Geberorganisationen:
  1. Bereitstellung ausreichender Finanzierung für Gesundheitssysteme.
  2. Besserer Schutz für Angestellte des öffentlichen Dienstes.
  3. Sicherstellung öffentlicher Gelder zur Unterstützung und Versorgung von Gesundheitseinrichtungen.
  4. Abschaffung von Behandlungsgebühren, die Menschen in Armut stürzen.
  5. Schaffung neuer Indikatoren für das Gesundheitssystem, die Ländern einen Anreiz geben, eher das Gesundheitssystem zu verbessern als lediglich einzelne Krankheiten zu behandeln.
  6. Abkehr von der Kommerzialisierung der Gesundheitssysteme durch legislative und regeltechnische Maßnahmen.
  7. Stärkung von Gesundheitsmanagement und die Einführung eines District Health Systems als Organisationsmodell für Gesundheitssysteme allgemein.
  8. Verbesserung der Geberaktivitäten im Gesundheitssektor.
  9. Stärkung der Kommunen, um Transparenz und Überprüfbarkeit in der Mittelvergabe und Gestaltung der Gesundheitssysteme zu sichern.
  10. Förderung von vertrauensbildenden Maßnahmen und ethischen Verhaltens, um die zerstörerischen Wirkungen zunehmender Kommerzialisierung des Gesundheitssystems zu bekämpfen.
Gesundheit für alle als Handelsmaxime

Die Erklärung von Alma Ata von 1978 (grundlegendes WHO-Dokument, das von allen damaligen Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurde) erkannte an, dass das Ziel "Gesundheit für alle" nur unter Berücksichtigung aller sozialen, wirtschaftlichen und umweltbedingten Faktoren zu erreichen sei. Der Global Health Watch zeigt, dass diese umfassende Herangehensweise nach wie vor aktuell und nötig ist. Er zeigt die gravierenden Folgen von unzureichendem Trinkwasserzugang, fehlender Schulbildung, von gewalttätigen Konflikten, Unterernährung und Klimawandel für die Gesundheit auf.

Denn bei aller Unterschiedlichkeit, gilt weltweit: Je ärmer die Menschen, desto anfälliger reagieren sie auf Veränderungen der Lebensbedingungen, insbesondere in Bereichen, die die Gesundheit sichern. Der rasche Klimawandel wird die Ärmsten am schärfsten treffen. Gewalttätige Konflikte schädigen Bewältigungsstrategien der anfälligsten Haushalte am meisten. Die Privatisierung von Wasser und Erziehung führt zu mehr Armut.

Viele wichtige öffentliche Dienstleistungen in der ganzen Welt sind vom Einsparungsdruck auf die öffentlichen Haushalte betroffen. Gemeinsame Anstrengungen in Bildungs-, Wasser- und Gesundheitsfragen sollten in Kampagnen gipfeln, die die vom IWF und der Weltbank auferlegten Ausgabenbeschränkungen im öffentlichen Sektor bekämpfen, die Transparenz der öffentlichen Ausgaben fordern und die die Privatisierung der staatlichen Grundversorgung verhindern.

Für mehr Transparenz sorgen

Der Watch geht weiter als alle anderen Weltberichte zur Gesundheit und Entwicklung, denn er untersucht auch die Handlungsweisen von globalen Institutionen, Regierungen und der Privatwirtschaft. Bei aller Unterschiedlichkeit zeigen sich auch hier zentrale Gemeinsamkeiten: Als erstes darf an dieser Stelle der Geiz genannt werden. So ist in den letzten vierzig Jahren ein wachsender Wohlstand in der entwickelten Welt zu verzeichnen. Gleichzeitig sind Entwicklungshilfeausgaben auf dem Niveau von 1960 stehen geblieben ist. Trotz bereits erfolgter Rückzahlungen an die entwickelten Länder in Milliardenhöhe werden die Bürgerinnen und Bürger der Entwicklungsländer bis heute von einer enormen Schuldenlast erdrückt.

Hinzu kommt das Demokratiedefizit. Der Watch kommt zu dem Ergebnis, dass es eine Krise des globalen "Regierens" gibt. Die internationalen Institutionen wie WHO, UNICEF, die Weltbank und der Internationalen Währungsfonds, ebenso wie die Welthandelsorganisation sind von Versuchen der reichen Nationen geprägt, die internationale Ordnung zu ihrem Vorteil zu beeinflussen,.

Die Berufung von Paul Wolfowitz als Weltbank und Ann Veneman als Unicefchefin sind Symptome dieser Krise. Der Watch schlägt eine ausgeglichenere Neubalancierung der Einflusssphären vor.

Der Watch thematisiert Organisationsschwächen, Missmanagement und verzerrte Prioritätensetzung, die Grund für die Verzweifelung vieler sind, die in oder mit internationalen Gesundheitsorganisationen arbeiten. Ein bewusst langes Kapitel, das sich der WHO widmet, beleuchtet nicht nur die äußerst widrigen äußeren Bedingungen, unter denen sich die WHO beweisen muss, sondern beschäftigt sich auch mit dem internen Missmanagement und der organisatorischen Lähmung der Organisation selbst.

Besondere Empfehlungen für eine andere Weltgesundheitsorganisation

Empfehlungen zur allgemeinen Weltgesundheitslage
  • Die finanzielle Ausstattung der WHO muss steigen. Dabei muss mehr Geld in die Kernbereiche der WHO fließen, verbunden mit weniger Auflagen seitens der Geberländer. Die WHO muss ihr globales Mandat mit einem Zweijahresbudget von wenig mehr als 2 Milliarden Dollar erfüllen - dies ist angesichts der zu bewältigenden Aufgaben völlig unangemessen. Mehr finanzielle Ressourcen müssen rationaler eingesetzt werden, mit größeren Summen für die Kernbereiche. Energieraubende Konkurrenz zu anderen Programmen anderer internationaler Gesundheitsorganisation muss verhindert werden.
  • Eine offene Debatte über die Schlüsselfunktionen der WHO muss begonnen werden , um einen breiten Konsens innerhalb und auch über die Organisation heraus zu entwickeln.
  • Die Rolle der WHO auf nationaler Ebene muss gestärkt werden. Sie sollte das Mandat haben, die Regierungen dabei zu beraten, die globalen, bilateralen und internationalen NGO-Gesundheits-Initiativen zu verbessern und zu koordinieren.
Eine Organisation der Menschen, nicht nur der Regierungen
  • Die gegenwärtigen Bemühungen mehr Verbindung zur Zivilgesellschaft, insbesondere in den Entwicklungsländern herzustellen, sollten intensiviert werden. Es sollte eine klare Differenzierung zwischen jenen zivilgesellschaftlichen Organisationen geben, die öffentliche Interessen im Gegensatz zu rein privatwirtschaftlichen vertreten.
  • Die hohe Politisierung bei den Wahlen zur Führung der WHO sollte verändert werden – mögliche Lösungswege beinhalten hier eine Erweiterung des Wahlrechts auf internationalen Gesundheitsexperten und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen. Etwaige Kandidaten sollten aufgefordert werden, ein Manifest zu schreiben und dies auch öffentlich vorzustellen und zu vertreten.
Verbesserung des Managements der Organisation
  • Um den heutigen Herausforderungen der globalen Gesundheit gerecht zu werden, bedarf es einer anderen personellen Zusammensetzung bei der WHO – weg von einer Ärzte orientierten Verfasstheit, hin zu einer breiteren Spannbreite von im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen, einschließlich Sozial –und Wirtschafts- und Politikwissenschaftlern, Juristen und Pharmazeuten. Die Entwicklungsländer sollten stärker vertreten sein und mehr mit qualifizierten Regionalbüros verbunden sein.
  • Der Nachweis effizienter Führungs- und Managementqualitäten sollte auf höheren Ebenen das entscheidende Kriterium für die Personalauswahl sein.
  • Die Kapazitäten und Unabhängigkeit der Personalabteilungen der WHO sollten verstärkt werden, um effektivere Mechanismen zur Bekämpfung von Korruption, Seilschaften und Missbrauch des Personalapparats zu entwickeln und durchzuführen.

Quelle: Homepage von medico international:
www.medico-international.de



HEALTH: Sick of Globalisation

by Kintto Lucas

CUENCA, Ecuador, Jul 21 (IPS) - Alternative reports on global health, presented at the second People's Health Assembly in Ecuador this week, question the free- market, neoliberal economic model and view it as the cause of many of the health problems facing humanity today.

These include the indiscriminate use of toxic products in agriculture, pollution caused by the oil industry, the consumption of transgenic crops, the destruction of the urban environment by pollution, and the commercialisation of health services.

The reports by the Global Health Watch and the Observatorio Latinoamericano de Salud see a healthy life as a fundamental human right, the enjoyment of which depends on economic, political and social factors.

The Global Health Watch is a broad collaboration of public health experts, non-governmental organisations, civil society activists, community groups, health workers and academics.

Mexican academic Laura Juárez Sánchez, who took part in drawing up the reports, said that by generating increasing unemployment, poverty and rural migration, the "capitalist economic model" is the main cause of the return of illnesses that had been basically eradicated and of deaths from easily curable ailments.

Juárez Sánchez pointed to the reappearance of cholera and deaths of people from scabies, typhoid fever, diarrhea, tonsillitis and pneumonia.

These illnesses are expanding as a result of "malnutrition and the lack of access to and deterioration of basic social services like health care, education and housing," said Juárez Sánchez, a researcher at the Universidad Obrera, a Mexican university.

"Rural and urban families are forced to live in overcrowded conditions without piped water or plumbing, to share collective bathrooms, and to live under roofs of corrugated iron or cardboard," she said.

Alex Zapata, who wrote the chapter of the Global Health Watch report - also known as the Alternative World Health Report - that deals with the "mercantilisation" of water, said "capitalist globalisation" has led to the privatisation of sewage and water services.

That means water is becoming a marketable commodity or merchandise to which only those who can afford it have access, which will have a negative impact on the public health of a large part of the global population, he said.

The reports were presented Wednesday at the Jul. 17-23 second People's Health Assembly in the city of Cuenca in southern Ecuador.

Biologist Elizabeth Bravo of Ecuador, who provided information on the effects of transgenic food crops, said the introduction of genetically modified seeds is giving certain transnational corporations control over food production worldwide, "as is already occurring in the case of soy beans."

"The global market for transgenic soy is the monopoly of a single company, the U.S.-based Monsanto, which sells seeds that are resistant to its Roundup herbicide," she said.

"The (Roundup Ready) seeds are not more productive," said Bravo. "The only thing they do is make farmers dependent on a weed control model based on intensive use of an herbicide."

According to the biologist, the expansion of transgenic crops, besides creating dependency, promotes monoculture farming with the subsequent decline of essential food crops and the loss of diversity and food sovereignty.

Bravo also said the effects of transgenic crops are extremely negative for the poor rural population, which in turn has repercussions on public health.

"The expansion of soy in Argentina has displaced other crops like rice, corn, sunflowers and wheat, and has pushed other farming activities into marginal areas. Since 1988, the number of farms has shrunk by 24.5 percent, with the disappearance of 103,400 family farms.

"Thousands and thousands of families migrate from the countryside to urban slums every year," said the biologist.

Bravo admitted that more research is needed into the health effects on humans of transgenic foods, but stressed that studies have found negative consequences for animals living near fields where genetically modified crops are grown.

The alternative health reports also point to the violence plaguing different regions and threatening the local populations, mentioning Colombia, in the grip of a four-decade armed conflict, and the U.S.-led war on Iraq, launched in March 2003.

Physicians taking part in the People's Health Assembly noted that the thousands of Iraqi civilians who have fallen victim to the violence over the past two years included many health professionals.

"In 2004 alone 71 medical professors have been killed or have been intimidated to leave the country. There is complete insecurity in Iraqi hospitals that has resulted in many casualties," said Dr. Salam Ismael, secretary-general of the organisation Doctors for Iraq.

Ismael urged the more than 1,500 delegates from over 70 countries who are taking part in this week's Assembly to demand support from the World Health Organisation (WHO) to put an end to the violence and killing in his country.

He also proposed the creation of an international commission to investigate war crimes and bring to light the horrors that his people are suffering.

Hospitals in Iraq are raided and wounded suspects are arrested without the least respect for their human rights and the Geneva Convention, said the Iraqi doctor.

What is happening in Iraq is "a war crime of the first order," said Dr. Bert De Belder, coordinator of Medical Aid for the Third World (MATW), a health solidarity agency of the Belgium-based International Action for Liberation (Intal).

Professor Qasem Chowdhury of Bangladesh praised the alternative reports and underlined the connections between health movements from all continents that made the second annual People's Health Assembly possible.

Argentine Dr. Mirta Roses, director of the Pan American Health Organisation, said the right to a healthy life should be linked to recognition of cultural, ethnic and linguistic diversity.

This recognition, besides taking into account universal access to health care and social participation, must also take into consideration traditional medicine, traditional healers and collective intellectual property, she said.

The origins of this week's gathering date back to 1978, during the WHO annual assembly, when 134 governments, in response to pressure by social movements, signed the Declaration of Alma Ata in Kazakhstan (former Soviet Union), committing themselves to achieving an acceptable level of health for all people of the world by the year 2000.

The initial enthusiasm on the part of governments gradually waned, prompting civil society organisations, minorities, indigenous peoples and other groups involved in health questions to take up the banner of "health for all".

The first People's Health Assembly, held in Savar, Bangladesh in December 2000 under the theme "To Hear the Unheard", drew more than 1,500 participants from 75 countries.

One of the achievements of the meeting in Bangladesh was the approval of the People's Health Declaration, based on a vision of a better and healthier world - a starting point for a global health movement, said Dr. Jaime Breilh with the Health Research and Advisory Centre, one of the groups that organised the Assembly.

Source: Inter Press Service News Agency (IPS) - July 22, 2005
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=29594



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