Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Mehr und mehr "Verantwortung" in der Welt

Schlaglichter auf die Militarisierung der BRD-Außenpolitik

Von David Meienreis *
  • 1991:
    Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) finanziert den US-Krieg gegen den Irak mit und erklärt: »Deutschland hat mit seiner Geschichte abgeschlossen, es kann sich künftig offen zu seiner Weltmachtrolle bekennen und soll diese ausweiten.«
    Die Regierung schickt Sanitäter nach Kambodscha.
  • 1992:
    Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) erläutert angesichts der Ablehnung von Kriegseinsätzen in der Bevölkerung: »Deswegen müssen wir Schritt für Schritt vorgehen. Es geht auch nicht nur darum, die Soldaten, sondern die ganze Gesellschaft auf diese neuen Aufgaben vorzubereiten.«
    Die Verteidigungspolitischen Richtlinien beschreiben als Aufgabe der Bundeswehr: »Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zuganges zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt«.
    Die Marine beteiligt sich an der Seeblockade gegen Jugoslawien (bis 1996).
  • 1993:
    Die Luftwaffe setzt das Flugverbot über Bosnien-Herzegowina mit durch.
    Die Regierung schickt 1700 Soldaten nach Somalia.
  • 1996:
    Die Regierung stationiert bis zu 3000 Soldaten in Bosnien (heute 800).
    Im Bundeswehr-Magazin Truppenpraxis schreibt Generalstabsoffizier Herden: »Das 21. Jahrhundert wird die Ära eines neuen Kolonialismus sein (…) Die Kolonien der Zukunft werden vor allem Ressourcenlieferanten und Absatzmärkte für die Kolonialmächte sein.«
  • 1999:
    Die 1998 gewählte SPD-Grünen-Regierung stellt Tornado-Flugzeuge zur Bombardierung Jugoslawiens bereit; damit beteiligt sich die BRD zum ersten Mal seit 1945 an einem Angriffskrieg. 2000 Zivilisten werden ermordet. Die Regierung stationiert bis zu 4000 Soldaten im Kosovo (heute 2800).
  • Die Regierung stimmt der neuen NATO-Strategie zu, die den Pakt zu Angriffskriegen außerhalb der Bündnisstaaten ermächtigt.
  • 2000:
    Die Regierung beschließt eine Bundeswehrreform. In Zukunft sollen 150000 Soldaten weltweit einsetzbar sein: dreimal so viele wie vorher.
  • 2001:
    Die Regierung schickt Soldaten nach Mazedonien.
    Nach den Anschlägen in New York und Washington erzwingt Bundeskanzler Schröder (SPD) unter Androhung seines Rücktritts die Beteiligung am US-»Krieg gegen den Terror«.
    Die Regierung stationiert bis zu 3000 Soldaten in Afghanistan.
  • 2002:
    Bundeskanzler Schröder erklärt in der Frankfurter Rundschau, mittlerweile stelle die Bundeswehr nach den USA das zweitgrößte Truppenkontingent in internationalen Einsätzen.
  • 2003:
    Die Regierung erläßt neue Verteidigungspolitische Richtlinien, die erklären, daß sich Bundeswehreinsätze »weder hinsichtlich ihrer Intensität noch geografisch eingrenzen lassen«.
    Die Regierung schickt Soldaten in den Kongo.
  • 2004:
    Die Regierung schickt Soldaten in den Sudan.
  • 2006:
    Die Marine beteiligt sich an der Seeblockade gegen den Libanon.
    Nach 15 Jahren bestätigt das neue Weißbuch: »Die Bundeswehr ist heute weltweit im Einsatz.« Es erklärt die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen und die militärische Kontrolle der Rohstoffversorgung zu zentralen Aufgaben der Streitkräfte.
* Aus: junge Welt, 21. Mai 2007


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