Die Malediven machen es vor
Nach UN-Gipfel: 55 Länder haben inzwischen Absichtserklärungen zum Klimaschutz gemacht
Von Walter Schmidt, Bonn *
Bis Ende Januar sollten die Teilnehmer der jüngsten
Klimaschutz-Konferenz von Kopenhagen gegenüber den Vereinten Nationen
bekräftigen, wie stark sie ihren nationalen CO2-Ausstoß senken wollen.
55 Nationen haben sich nun erklärt.
Es wird den globalen Klimaschutz nicht sonderlich voranbringen, aber die
Malediven haben sich gegenüber dem Klimasekretariat der Vereinten
Nationen verpflichtet, bis zum Jahr 2020 ihren nationalen
Kohlendioxid-Ausstoß um 100 Prozent zu senken, also auf Null zu setzen -
freilich nur, soweit der aus fast 1200 Eilanden bestehende Inselstaat
südlich von Indien dies in der Hand hat.
Die derzeit rund 400 000 Einwohner dürfen selbstverständlich auch über
2020 hinaus weiteratmen und dabei in einem 75-jährigen Leben rund 17,3
Tonnen mehr Kohlendioxid freisetzen, als sie jeweils eingeatmet haben -
natürlich nur überschlägig berechnet, und zwar von Claus-Martin Muth,
einem Facharzt für Anästhesie an der Universitätsklinik Ulm.
Dass die Malediven sich laut einer offiziellen Erklärung »freiwillig und
bedingungslos« dem Klimaschutz verschrieben haben, hat einen simplen
Grund: Die Gruppe aus Atollen ragen nur 1,80 Meter aus dem Indischen
Ozean und werden von jedem Zentimeter, um den der Meeresspiegel als
Folge schmelzenden Festland-Eises steigen wird, in ihrer Existenz bedroht.
Doch nur wenige kleine Länder, die von den Folgen des Klimawandels stark
betroffen sind, haben gegenüber dem Bonner UN-Klimasekretariat nun ihre
Ziele erklärt. Bis vergangenen Sonntag sollten alle Teilnehmer der
jüngsten Klimakonferenz von Kopenhagen melden, wie stark sie ihren
Kohlendioxid-Ausstoß bis zum Jahr 2020 zu senken gedenken. In Kopenhagen
hatten sich die Teilnehmer-Staaten lediglich darauf einigen können,
daran zu arbeiten, die weltweite Durchschnittstemperatur maximal um zwei
Grad steigen zu lassen. Auf konkrete und vor allem verpflichtende
Reduktionsziele mochten sich die anwesenden Regierungen nicht festlegen,
was von vielen Beobachtern - vor allem Wissenschaftlern und
Umweltschützern - als sehr enttäuschend gewertet worden war.
Am 27. Januar hatte die Europäische Union ins Bonner Klimasekretariat
gemeldet, ihre Mitgliedsländer wollten den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20
Prozent gegenüber 1990 senken - um 30 Prozent nur dann, wenn andere
maßgebliche Industriestaaten sich zu ehrgeizigeren Klimaschutzzielen als
bisher verpflichteten.
Die bisher bekräftigten Zusagen sind schwer vergleichbar und laufen bei
weitem nicht in jedem Fall auf eine echte Verminderung beim Ausstoß des
bekanntesten Treibhausgases hinaus. Japan strebt weiterhin an, bis 2020
um 25 Prozent weniger CO2 auszustoßen als 1990. Die USA haben
mitgeteilt, ihre in Kopenhagen gemachte Zusage einhalten zu wollen, bis
2020 etwa 17 Prozent CO2 gegenüber dem Bezugsjahr 2005 einsparen zu
wollen - was einer Reduktion um drei Prozent gegenüber 1990 gleichkommt.
Brasilien strebt nach wie vor an, um ein gutes Drittel (36-39 Prozent)
unter jenem CO2-Ausstoß bleiben zu wollen, der bis 2020 ohne
Klimaschutzmaßnahen zu erwarten wäre. China hat am 27. Januar erneut
mitgeteilt, CO2-effizienter wirtschaften zu wollen, also seine Güter und
Dienstleistungen bis 2020 um 40-45 Prozent weniger klimaschädlich
herzustellen - was angesichts des chinesischen Wirtschaftswachstums im
vergleich zu heute dennoch deutlich höhere CO2-Emissionen hervorrufen
wird. Indien will sich im selben Sinne bemühen, um 20 bis 25 Prozent
weniger CO2-intensiv zu wirtschaften. Neuseeland wiederum hat keine
Zusage gemacht, weil die Vereinbarung nicht weltumspannend genug ist.
Alles in allem haben innerhalb der gesetzten Meldefrist plus eines
weiteren Tages 55 Nationen ihre unverbindlichen Absichtserklärungen
wiederholt. Zusammen zeichnen sie für 78 Prozent des zur
Energiegewinnung ausgestoßenen Kohlendioxids weltweit verantwortlich.
Yvo de Boer, Exekutivsekretär des Bonner-Klimasekretariats, bezeichnete
die Meldungen als »wichtige Bekräftigung der UN-Klimaverhandlungen«,
sagte aber auch, es seien noch »weitere Anstrengungen nötig, um dem
Ausmaß der Herausforderung gerecht werden zu können«.
* Aus: Neues Deutschland, 3. Februar 2010
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