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Obama: Neuer Plan für Klimawandel und Reduktion der CO2-Emissionen

von Charlene Porter *


Im Folgenden dokumentieren wir einen Text von Charlene Porter, Autorin im Büro für internationale Informationsprogramme des US-Außenministeriums, vom 25. Juni 2013. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte der Amerika Dienst.

Am 25. Juni stellte Präsident Obama seine jüngsten Vorschläge für einen Abbau der CO2-Emissionen in den Vereinigten Staaten sowie die Vorbereitung des Landes auf den Klimawandel vor. Gleichzeitig versprach er, dass die Vereinigten Staaten weltweit eine Vorreiterrolle für andere Nationen einnehmen würden, die auf saubere Brennstoffe umsteigen möchten, damit diese Generation die Erde sauberer und sicherer weitergeben kann.

„Unser Ziel muss es sein, weniger schmutzige Energiequellen zu nutzen, auf sauberere Energieressourcen umzusteigen und weniger Energie durch unsere Wirtschaft zu verschwenden“, sagte Obama vor Anhängern auf dem Campus der Georgetown University in Washington. „Dieser Plan wird uns schneller an dieses Ziel bringen.“

Die Reduktion von Treibhausgasemissionen aus kohlenstoffbasierten Brennstoffen sei eine Schlüsselstrategie, und Obama sagte, er werde die US-Umweltbehörde (Environmental Protection Agency – EPA) anweisen, Grenzwerte für die Emissionen neuer und bereits existierender Elektrizitätswerke festzusetzen. Informationen der EPA zufolge sind diese Anlagen für ein Drittel aller Emissionen verantwortlich und in den Vereinigten Staaten somit der größte Emittent von Treibhausgasen. Der Verkehrssektor und das Transportgewerbe stehen an zweiter und dritter Stelle.

Obama sagte, einige Versorger im Land würden bereits modernisiert, um die Emissionen zu reduzieren, und er deutete so an, dass die Bundesregierung lediglich mit den Kommunalpolitikern gleichziehe, die an der Eindämmung des Klimawandels arbeiteten. Der Präsident sagte, fast ein Dutzend US-Bundesstaaten entwickelten oder nutzten marktbasierte Programme, eines der wichtigsten Werkzeuge für den CO2-Abbau, die im Kyoto Protokoll beschrieben sind.

„Mehr als 25 [Bundesstaaten] haben sich energieeffiziente Ziele gesetzt, mehr als 35 haben sich Ziele für erneuerbare Energien gesetzt”, sagte Obama. „Mehr als 1.000 Bürgermeister haben Abkommen zum Abbau des CO2-Ausstoßes unterzeichnet."

Außerdem wird im Plan der Regierung anerkannt, dass sich das Klima bereits ändert, und dass einige Gemeinden von starken Stürmen oder einem steigenden Meeresspiegel betroffen sein werden. Schäden, die Ende 2012 im Nordosten der Vereinigten Staaten durch Hurrikane entstanden sind, hätten Stadtverwaltungen auf ihre Schwachpunkte aufmerksam gemacht, sagte Obama.

„Wir müssen eine intelligentere, widerstandsfähigere Infrastruktur aufbauen, mit der wir unsere Häuser und Unternehmen schützen und stärkere Stürme überstehen können“, sagte der Präsident.

Das dritte große Ziel der Klimawandelstrategie des Weißen Hauses besteht darin, dass die Vereinigten Staaten die internationalen Bemühungen zur Vorbereitung auf die Auswirkungen des Klimawandels anführen, die andere Länder und ihre Bürger bereits gefährden. Obama sagte, die Vereinigten Staaten müssten andere Nationen darin unterstützen, sauberere Energietechnologien zu nutzen, CO2-Emissionen zu reduzieren und gleichzeitig diese Maßnahmen auch im Inland ergreifen.

„Wir befinden uns mit [aufstrebenden Volkswirtschaften] in wirtschaftlichem Wettstreit, aber wir leben auf demselben Planeten. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen, damit die Erde bewohnbar bleibt, oder wir werden alle unter den Konsequenzen zu leiden haben“, sagte Obama.

Um diesen Übergang zu beschleunigen, werde die US-Industrie laut Präsident Obama mit anderen Regierungen zusammenarbeiten, um deren Nutzung von Erdgas zu steigern, einem Brennstoff, der sauberer verbrennt als Kohle und bereits vielerorts genutzt wird. Obama sagte, er rufe zu einem Ende der steuerlichen Förderung von Kohlekraftwerken im Ausland auf, es sei denn, sie nutzten Technologien zur Kohlenstoffbindung oder die effizientesten Kohletechnologien.

Die Vereinigten Staaten wollen auch die Unterstützung sauberer Projekte im Ausland durch private Gelder fördern, und Obama sagte, er rufe zum freien Handel mit umweltfreundlichen Gütern und Dienstleistungen auf, insbesondere mit sauberen Technologien, „um mehr Ländern dabei helfen zu können, die schmutzige Phase der Entwicklung hinter sich zu lassen und zu einer CO2-armen Volkswirtschaft zu werden.“

Das Publikum auf dem Campus applaudierte, als er sagte, die Regierungen der Entwicklungsländer „müssen nicht dieselben Fehler machen, die wir gemacht haben.“

Ein weiteres Element der Klimawandelstrategie ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit aufstrebenden Volkswirtschaften wie Indien und China, um die Nutzung von Substanzen mit umweltverschmutzenden Nebenprodukten zu verringern.

US-Außenminister John Kerry hat die Agenda des Präsidenten zum internationalen Engagement für das Klima bereits vor der Rede in Washington gefördert. Am 23. Juni hatte Kerry in Indien gesagt, Wissenschaftler hätten kürzlich einen höheren CO2-Gehalt in der Atmosphäre festgestellt als jemals zuvor – 400 µg/kg –, und dass die Beweise für eine Erderwärmung klar seien.

„Wenn die Gletscher des Himalaya schmelzen und somit die Wasserversorgung für fast eine Milliarde Menschen bedroht ist, müssen wir alle mehr tun“, sagte Kerry.

Obama beendete seine Rede, indem er seine Kritiker dazu aufrief, sich das Urteil der zukünftigen Generationen über die Entscheidungen vorzustellen, die wir heute treffen.

„Eines Tages werden unsere Kinder und Enkelkinder uns in die Augen sehen und fragen, ob wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, als wir die Gelegenheit dazu hatten … ihnen eine sauberere, sicherere und stabilere Welt zu hinterlassen“, sagte Obama. „Und ich möchte sagen können: ‚Ja, das haben wir.‘ Wollen Sie das nicht auch sagen können?“

* Originaltext: Obama Has New Plan for Climate Change, Carbon Reduction
Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten



Klimaretter Obama?

Interview mit Jürgen Rochlitz *

Jürgen Rochlitz; Chemiker und Grünenpolitiker; Berater des Umweltministers.

US-Präsident Barack Obama hat Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung angekündigt. Was ist davon zu halten?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass all diejenigen, die ernsthaft an Klimaschutz interessiert sind, das ernst nehmen. Obama hat schon so viel angekündigt – und es ist nie etwas daraus geworden, man denke nur an Guantanamo. Er vermag nicht zu erklären, wie er seinen neuen nationalen Klimaaktionsplan durch den Kongress bekommen will.

Nehmen wir an, es gelänge ihm: Was würde Obamas Aktionsplan für die internationale Klimadiplomatie bedeuten, die ja lange durch eine Blockadepolitik der USA gekennzeichnet war?

Ich sehe da keinen wirklichen Fortschritt.

Aber immerhin will Obama die Kohlekraftwerke modernisieren, die für 40 Prozent der US-Treibhausgase verantwortlich sind.

Es ist mir völlig unverständlich, wieso Obama ausgerechnet die Kohlekraftwerke in den Mittelpunkt stellt. Die USA wären fantastisch geeignet für Solarenergie im großen Stil – von Kalifornien über Texas und den ganzen Sun Belt strahlt doch die Sonne ohn' Unterlass, viel stärker als in Deutschland. Gleiches gilt für die Windverhältnisse. Obama müsste endlich die regenerativen Energien massiv ausbauen. Doch statt nach vorne zu schauen, zäumt er den Klimaschutz an der völlig falschen Stelle auf.

Kann man Kohlekraftwerke überhaupt par ordre du mufti zur Klimafreundlichkeit zwingen?

In Deutschland würde das nicht so ohne Weiteres funktionieren, da bräuchte es ein Gesetz. Und solch ein Gesetz fände das Big Business wahrscheinlich nicht so toll, weder in Deutschland noch in den USA.

Und technisch betrachtet ...?

Da ginge natürlich einiges. Die Effizienz der Kraftwerke ließe sich steigern – dann würde pro Kilowattstunde erzeugtem Strom weniger Kohle eingesetzt und entsprechend weniger C02 emittiert. Es wäre aber besser, Kohlekraftwerke durch Sonnen- und Windanlagen zu ersetzen statt sie zu modernisieren.

Am umstrittenen Fracking will Obama festhalten. Er stellt die Förderung von Schiefergas sogar als Klimaschutzmaßnahme dar. Überrascht Sie diese Haltung?

Überhaupt nicht. Schauen Sie sich nur die euphorischen Berichte aus den USA zum Thema Fracking an. Obama will vom heftigen Boom profitieren. Doch Fracking gefährdet Wasser und Böden erheblich, das Zerstörungspotenzial ist immens.

Ein US-Bürger erzeugt im Schnitt gut 18 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr, ein Deutscher knapp zehn, des Deutschen Katze 2,2, ein Inder 1,25 und ein Chinese bald fünf. Wie können wir das Klimaproblem global gerecht lösen?

Die regenerativen Energien müssen sich durchsetzen, das Wirtschaftswachstum muss entkoppelt werden vom Wachstum von Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Generell müssen wir auf die Bremse treten, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Arbeitsplätze schafft es eh nicht mehr, meist ist das Gegenteil der Fall. Wir müssen nicht zuletzt unseren Lebensstil ändern, insbesondere erheblich weniger Autofahren und Fleisch verzehren.

Interview: Marcus Meier

** Aus: neues deutschland, Freitag, 28. Juni 2013


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