Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Rasant steigende Klicks

Demnächst gibt es die Online-Zeitung Huffington Post auch in Deutschland. In den USA hat sie schon 36 Millionen User pro Tag *

Frischer Wind aus Übersee: Die in den USA äußerst erfolgreiche Onlinezeitung Huffington Post bereitet gemeinsam mit der Burda-Tochter Tomorrow Focus eine deutsche Ausgabe vor. Sie soll im Herbst in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheinen, wie Tomorrow Focus in München mitteilte. Das deutsche »HuffPo-Team« soll laut Fachblatt Werben und Verkaufen zunächst zwölf bis 15 Journalisten umfassen. Blogger, aber auch Nachrichtenagenturen sollen Inhalte zuliefern.

Die kostenlose neue Website, die politisch leicht links von der Mitte einzuordnen sein dürfte, soll im Herbst online gehen. In den kommenden Monaten wird in München ein Redaktionsteam zusammengestellt, weitere Einzelheiten soll es auf einer Pressekonferenz am 15. Juli geben.

»Mit der deutschen Huffington Post wollen wir in fünf Jahren so viele User erreichen wie mit Focus online heute«, sagte Christoph Schuh, Vorstand von Tomorrow Focus, dem Blatt. Die Internetzeitung hatte zunächst von den USA nach Kanada und Großbritannien expandiert und danach Ausgaben für Frankreich, Spanien und Italien aufgemacht. Eine japanische Version soll in diesem Mai starten. Ähnlich der deutschen Seite werden dort die Auslandsausgaben zusammen mit lokalen Medienpartnern erstellt.

Die Internetseite bietet Nachrichten, Meinungsstücke und Blogs zu Politik, Kultur, Umwelt und Medien und wird nach eigenen Angaben in den USA monatlich von 36 Millionen Nutzern aufgerufen.

Das Internetportal wurde 2005 von Arianna Huffington gegründet. Anfangs bestand der Inhalt vor allem aus Blog-Einträgen Hunderter Autoren und Links zu Artikeln anderer Medien. Die Klickzahlen stiegen rasant. Im Februar 2011 kaufte der Internetkonzern AOL auf der Suche nach neuen Erlösquellen die Huffington Post für 315 Millionen Dollar (damals 230 Mio Euro).

Das Portal setzte früh auf die enge Einbindung von Kommentaren und sozialen Netzwerken. Im Jahr 2012 gewann sie für eine Serie über verwundete US-Soldaten einen Pulitzer-Preis, eine der höchsten Auszeichnungen im amerikanischen Journalismus, auf die sonst Flaggschiffe wie die New York Times abonniert sind.

Der Eintritt des finanzstarken US-Schwergewichts auf den deutschen Markt dürfte den Wettbewerb zwischen den Medienangeboten im Internet noch einmal verschärfen. Die Huffington Post kommt mit ehrgeizigen Zielen. Mitte März hatte Unternehmenschef Jimmy Maymann im Gespräch mit Horizont.net die Stoßrichtung für einen deutschen Ableger skizziert: »Wir wollen innerhalb von zwei Jahren Geld verdienen und nach drei bis fünf Jahren in die Top 5 der Nachrichtenangebote vorstoßen.« Geld solle ausschließlich mit Werbung verdient werden.

In den USA gehört die kostenlose Huffington Post inzwischen zu den wichtigsten Nachrichtenportalen. Kritiker halten allerdings Huffington und ihren Redaktionsteams vor, es mit dem »Aggregationsjournalismus« zu übertreiben, bei dem fremde Inhalte aus dem Netz wiederaufbereitet werden.

Interessant ist der Markteintritt auch mit Blick auf die aktuelle Debatte über den Aufbau von Bezahlschranken, auf die die Huffington Post verzichtet. Auch Tomorrow Focus hält – anders als etwa der Springer-Konzern – nichts von einer sogenannten Paywall für Angebote wie das Nachrichtenportal Focus Online. »Wir denken nicht, daß das funktioniert«, hatte Finanzvorstand Dirk Schmelzer schon Ende 2012 in einem dpa-Interview gesag. Dennoch beobachte man, was Rivalen wie etwa Welt.de machten.

Die Huffington Post setzt bei ihren Auslandsgründungen stets auf Partner an Ort und Stelle, in Frankreich etwa das Medienhaus Le Monde und in Italien die Gruppo Espresso, die la Repubblica herausgibt.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 2. Mai 2013


Zurück zur Medien-Seite

Zurück zur Homepage