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OVKS als Machtinstrument in Zentralasien

Von Ilja Kramnik *

Die Ergebnisse des OVKS-Gipfels in Kirgisien können für Russland auf zweierlei Art gelesen werden.

Einerseits als ein bedeutender Erfolg für Russland, das seinen Einfluss in Zentralasien gestärkt hat. Andererseits als Bestätigung der Widersprüche zwischen einigen Mitgliedern der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), die eine militärische und politische Führungsrolle im postsowjetischen Raum anstrebt.

Der Vertrag selbst kam am 15. Mai 1992 in Taschkent zustande und wurde neben Russland von Armenien, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan unterzeichnet. 1993 schlossen sich dem Vertrag Aserbaidschan, Georgien und Weißrussland an.

Georgien, Aserbaidschan und Usbekistan verlängerten allerdings nicht ihre OVKS-Mitgliedschaft. Dafür kehrte Usbekistan 2006 in die Organisation zurück.

2002 entstand auf der Grundlage des Vertrags die OVKS mit einer ständig arbeitenden Struktur. Sie wurde zu einem effektiven Instrument für Russland, das in das "große Spiel" um die Vorherrschaft in Zentralasien (wie vor anderthalb Jahrhunderten) erneut eintrat. Der Hauptrivale aber ist jetzt nicht das Britische Königreich, sondern die USA als Schrittmacher der angelsächsischen Zivilisation.

Mittlerweile transformiert sich die OVKS allmählich in ein vollwertiges Militärbündnis.

Ein Wendepunkt dieses Wandels war dieses Jahr der beim Gipfel in Moskau gefasste Beschluss über die Aufstellung einer Schnellen Eingreiftruppe der OVKS. Sie soll den Mitgliedern des Bündnisses bei äußeren Angriffen oder Krisensituationen eingesetzt werden.

Doch die Einrichtung dieser Sondereinheit stieß auf mehrere Hindernisse. Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko nahm im OVKS-Gipfel, bei dem die Gründung der Eingreifkräfte beschlossen wurde, nicht teil. Die weißrussische Führung lehnte sogar den Vorsitz in der OVKS ab, obwohl im Juni Minsk an der Reihe war.

Im Ergebnis gehörte Weißrusslands Teilnahme an den Eingreifkräften und anderen OVKS-Strukturen zu den zentralen Themen des Gipfels. Nach allem zu urteilen, haben die Seiten einen gewissen Kompromiss erreicht: Lukaschenko versprach, nicht nur bei der sich erst bietenden Möglichkeit das Abkommen über die Eingreiftruppe zu unterzeichnen, sondern auch den OVKS-Vorsitz zu übernehmen, was schon im Juni hätte geschehen sollen.

In Kirgisien wird eine weitere russische Truppeneinheit stationiert. Außerdem ist ein militärisches Ausbildungszentrum beider Länder eröffnet worden, das auch den anderen OVKS-Ländern offen steht. Gegenwärtig befindet sich im kirgisischen Kant ein russischer Luftwaffenstützpunkt, zudem gibt es einige andere Militärobjekte. In dem zentralasiatischen Land ist darüber hinaus eine US-Nachschubbasis für den Afghanistan-Einsatz beheimatet.

In Kant sind russische Hubschrauber, Transport- und Kampfflugzeuge basiert. Im Notfall kann der Stützpunkt Flugzeuge aller Klassen aufnehmen, selbst Langstreckenbomber.

Die geplante Truppengruppierung in der Größenordnung eines Infanterie- oder Luflandebataillons mit schweren Waffen soll auf diese Weise die russische Präsenz in Kirgisien flexibler machen. Dadurch kann auf jede Gefahr für Russland oder seiner Verbündeten in der Region schnell und adäquat reagiert werden.

Es muss beachtet werden, dass der Einfluss Russlands auf seine OVKS-Verbündeten in hohem Maße von jener Wirtschaftshilfe bestimmt wird, die dessen Partnern erhalten können. Im Ergebnis hängen Russlands politische Erfolge oft mit der Höhe der Gelder zusammen, die Moskau zu geben bereit ist.

Angesichts der Weltwirtschaftskrise geben gemeinsame Projekte - vom Straßenbau und Bau von Kraftwerken über die Instandsetzung von Flugapparaten bis zur gemeinsamen Waffenproduktion - die Möglichkeit, nicht nur den politischen Einfluss zu festigen, sondern auch die Wirtschaft gegenseitig anzukurbeln. Möglicherweise ist das heute eine der Hauptaufgaben der Zusammenarbeit im postsowjetischen Raum.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 7. August 2009; http://de.rian.ru

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