Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Nach dem Irakkrieg: Perspektiven der Friedensbewegung aus österreichischer Sicht

Von Thomas Roithner*

Am 15. Februar 2003 - dem internationalen Aktionstag gegen den Krieg im Irak - zogen weltweit rund 15-20 Millionen Menschen durch die Straßen, um ihren Unwillen gegen den drohenden völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der "Allianz der Willigen" zum Ausdruck zu bringen. Erstmals war es in der Geschichte gelungen, einen tatsächlich weltweiten Protest - in rund 60 Staaten, 600 Städten und 5 Kontinenten - in einer breiten Unterstützung gegen den Krieg zu organisieren. Und dennoch gab es Krieg. "Am Beginn des 21. Jahrhunderts", so der Österreichische Gewerkschaftsbund anlässlich des Bundeskongresses 2003 "sehen wir uns mit einem Rückfall in den Kanonenboot-Imperialismus des 19. Jahrhunderts konfrontiert. Gleichzeitig jedoch waren die Aktionen gegen den Irak-Krieg auch ein erstes und für die ganze Welt wahrnehmbares Anzeichen für einen globalen und ernstzunehmenden Widerstand gegen eine militärische Neuordnung des Globus" (ÖGB 2003: 5).

Gerade in friedens- und sicherheitspolitischen Belangen repräsentieren die Mehrheit der politischen und militärischen Eliten der Nationalstaaten und besonders der EU nicht die Meinung der Bevölkerung. Auf länderübergreifende Proteste wird zum Teil mit einer Einschränkung der Reisefreiheit (z. B. Außerkraftsetzung des Schengener Abkommens), mit einer auf gewalttätige Ausschreitungen konzentrierter Berichterstattung in den Massenmedien oder unmittelbarer Kriminalisierung bzw. Aggression (von der Inhaftierung der österreichischen Volxtheaterkaravane in Italien bis zur Tötung eines Globalisierungskritikers in Genua 2001) reagiert, was auch die Grundlage für die Herausbildung einer veränderten Protestkultur ist.

Friede braucht Bewegung

In der öffentlichen Wahrnehmung ist es um die Friedensbewegung seit den großen Demonstrationen am 15. Mai 1982 und am 22. Oktober 1983 gegen die Stationierung von Atomwaffen in Europa und dem Widerstand gegen den Golfkrieg 1991 still geworden. Aus den Koordinationsbüros der Bewegung sind zu einem Teil kleinere regional arbeitende Initiativen geworden. Die einzelnen Gruppierungen haben sich in unterschiedlichsten Fragestellungen spezialisiert. Die zentralen Punkte sind dabei die immerwährende Neutralität Österreich, die (atomare) Abrüstung, die Frage der Gewaltfreiheit und friedenspädagogische Zugänge.

Abseits der medialen Berichterstattung konnte die Friedensbewegung durchaus Erfolge in den einzelnen Fragen für sich verbuchen. Von Österreich gingen wichtige Impulse für die Schaffung einer Internationalen Kampagne gegen Anti-Personen-Minen (APM) aus. Aufgrund einer Petition der Friedensbewegung wurde ein von allen Parteien unterstütztes Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich (Parlament 1999) verabschiedet. Die Wirkung der seit Beginn der 1990er Jahre verstärkten Arbeit für die Wiedererringung einer aktiven Neutralitätspolitik im Sinne einer aktiven Friedenspolitik auf die Bevölkerung ist schwer einzuschätzen. Der Kosovo-Krieg setzte jedoch die tiefe Spaltung der Bewegung zwischen den absoluten KriegsgegnerInnen und den "humanitären InterventionistInnen" fort, die seit dem Beginn des kriegerischen Zerfalls Jugoslawiens immer wieder an die Oberfläche kam. Die Versäumnisse wurden angesichts der Kriege in Jugoslawien für Teile der Bewegung augenscheinlich: ein mangelnder Reflexionsprozess der eigenen Arbeit sowie auch ein unprofessioneller Umgang mit Medien und Öffentlichkeitsarbeit (Roithner 2001). "Die Bewegung artikuliert sich nicht mehr vorrangig in Demonstrationen, Appellen und Manifesten, sondern in der Arbeit mit Menschen. Sie macht weniger Geräusch, aber tritt durchaus widerständig auf, wo Anpassung kontraproduktiv ist", so Horst-Eberhard Richter von den Internationalen ÄrztInnen gegen Krieg und Atomgefahren (IPPNW) im Jahr 2000.

Aufschwung der globalisierungskritischen Bewegung

Bei den Protesten gegen die Welthandelsorganisation (WTO) in Seattle im November 1999 wurde die globalisierungskritische Bewegung erstmals in einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Die zuvor geführte Diskussion um das MAI (Multilaterales Abkommen zum Schutz von Investitionen) ließ u.a. Seattle zu einem ersten über informierte Kreise hinaus wahrgenommenen Ereignis aufwachsen. "Nach Seattle", so Jean Ziegler, der Sonderberichterstatter der UN-Menschrechtskommission für das Recht auf Nahrung, "hat es die WTO nicht mehr gewagt, ihre Konferenzen in einem demokratischen Land abzuhalten" (Ziegler 2003: 255). Die Bewegung nützte zahlreiche Gipfel der Weltbank, des Währungsfonds (IWF) und der EU, um - mehrheitlich gewaltfrei - auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Die Nutzung der offiziellen Gipfelorte für alternative Veranstaltungen brachte entsprechende Berichterstattung - zusätzlich zur Verwendung des Internets in eigener Sache - in den Massenmedien.

Die nach dem 11.9.2001 von der US-amerikanischen Friedensbewegung lancierte Botschaft "War is no Answer" wurde weltweit übernommen. Der "Krieg gegen Terror" löste durch den 11.9. die "humanitäre Intervention" ab. Die Botschaft der Friedensbewegung - die Ursache dieser Terroranschläge verstehen und bearbeiten - wurde so gut wie selten zuvor zur zentralen Argumentation gegen die Anti-Terror-Aggressionskriege der USA und ihrer Verbündeten. Die arrogante Vorgehensweise der USA sorgte dafür, dass KriegsgegnerInnen unterschiedlichster gesellschaftlicher Strömungen weit über nationale Grenzen zusammenarbeiteten. Die US-freundlichen Medien taten ihr übriges, durch die völlige Überbewertung von Sicherheit vor Terror die nötige Betroffenheit für einen engagierten Widerstand unterschiedlichster Gruppen vorzubringen.

Jean Ziegler, unterscheidet bei den "globalen Widersachern" 6 Gruppen: Die ArbeiterInnen- und Gewerschaftsorganisationen, der Bäuerinnen- und Bauernbewegung, die Frauenbewegung, die indigenen Völker, die Umweltbewegung und jene Gruppen, die die planetarische Ordnung des Finanzkapitals als ganzes reflektieren (Ziegler 2003: 239 ff.). Die jeweiligen Besonderheiten hüten die Bewegungen wie ihren Augapfel (Ziegler 2003: 247).

Prozess der Sozialforen

2001 wurde erstmals im brasilianischen Porto Alegre der Alternativgipfel (zum Weltwirtschaftsforum) der GlobalisierungskritikerInnen mit 15 000 TeilnehmerInnen organisiert. Auch 2002 (50 000 TeilnehmerInnen aus 4900 Organisationen weltweit) und 2003 (120 000 TeilnehmerInnen aus über 100 Ländern) wurden die Weltsozialforen (WSF) zu den Dreh- und Angelpunkten kommunaler, regionaler, nationaler, kontinentaler und globaler Bemühungen um eine andere Globalisierung (Greif 2004). Das vierte WSF fand im Jänner 2004 im indischen Mumbai mit über 120 000 TeilnehmerInnen statt. Damit, dass Porto Alegre zum Synonym für Widerstand gegen eine militärische und neoliberale Globalisierung geworden ist, ist die Bewegung der Phase widerständigen event-hoppings entwachsen und hat einen Teil der Gestaltungsmacht über die Entwicklung der Welt in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung erlangt. An Hand von thematischen Achsen werden über unterschiedlichste Diskussions- und Aktionsformen Ideen ausgetauscht und Inhalte diskutiert. Die Themenpalette ist bei den globalen wie auch nationalen Sozialforen durch eine enorme Breite und Offenheit gekennzeichnet.

Auf europäischer Ebene wurde im November 2002 das erste Sozialforum in Florenz mit 60 000 TeilnehmerInnen organisiert (http://socialforum.at/sf/florenz) und im November 2003 fand das 2. ESF (European Social Forum) in Paris statt (http://www.fse-esf.org/). Das 3. ESF wird in London geplant. Rund 1 Million Menschen demonstrierten anlässlich des Forums in Florenz gewaltfrei gegen den drohenden US-Krieg im Irak. Am ESF Florenz wurde vereinbart, den 15.2.2003 zum Aktionstag gegen den Irak-Krieg zu machen. Das nach dem ESF organisierte WSF globalisierte die Pläne des Aktionstages am 15.2. Der Anti-Kriegsstimmung am Florentiner Sozialforum 2002 wohnte eine derartige Dynamik inne, dass sich weltweit und koordiniert Bündnisse zusammenfanden, die diesen 15.2.2003 zu einem ernstzunehmenden politischen Faktor in der Auseinandersetzung um Krieg und Frieden machten. Sicherlich hätte es auch ohne die Sozialforen öffentliche Manifestationen gegen den drohenden Krieg gegeben. Es ist jedoch zweifellos der Verdienst des Sozialforums, dass dieser unüberhörbar große Protest - durchaus auch im Gegensatz zu den Demonstrationen 1982/83 - tatsächlich global war.

Als Aktionsformen der "Widersacher der Weltherrscher" nennt Jean Ziegler u.a. die Veranstaltung von großen Märschen, Besetzungen oder die Wiederaneignung des öffentlichen Raumes (Ziegler 2003: 258 ff.). Die Erfahrungen mit diesen Aktionsformen in Europa zeigen, dass Menschen aus unterschiedlichen Lebenszusammenhängen und Kulturen auch unterschiedliche Möglichkeiten der Partizipation brauchen. Beispielsweise bleibt der Euromarsch hinsichtlich der Beteiligung und der Publizität weit hinter den Märschen der Landlosenbewegung in Lateinamerika zurück. Die Beteiligung der österreichischen Friedensorganisationen am globalen Prozess der Sozialforen, seinen Zugängen und Arbeitsformen ist für die österreichische Bewegung nicht zuletzt aufgrund der selbstkritischen Einschätzung, die Arbeit sei stark eurozentristisch (Roithner 2001: 228), notwendig und innovativ.

Wie alle gesellschaftlichen Bewegungen sind auch die Beteiligten am Prozess der Sozialforen keine homogene Gruppe. Neben den zahlreichen unterschiedlichen Zugängen zum Thema gibt es vor allem den "reformistischen" und den "radikaleren" Flügel. "So nahm ein großes Netzwerk, Peoples Global Action (PGA), am ESF nicht teil. Differenzen zwischen PGA und anderen Gruppen wie ATTAC schwelen bereits seit längerem, über die Positionierung zur Abschaffung oder Reform der großen internationalen Institutionen wie der Weltbank, der WTO oder des IWF und über die Frage des Einsatzes von Gewalt bei Demonstrationen. Ein anderer Part der Bewegung veranstaltete in Florenz unter dem Namen Eu@ction Projekt sein eigenes Sozialforum" (Rogmann 2003: 17). Auch am indischen Weltsozialforum 2004 wurde gleichzeitig das politisch radikalere "Mumbai Resistance 2004" organisiert. Gerade in der Frage der Gewaltfreiheit ist die Stimme der Friedensbewegung im Prozess des Sozialforums besonders wichtig, um beispielsweise auf die Traditionen und Praktiken der gewaltfreien Bewegung oder des zivilen Ungehorsams hinzuweisen.

Prozess der Sozialforen und die Friedensbewegung

Ende Mai 2003 fand in Hallein das erste Austrian Social Forum (ASF) statt (http://www.socialforum.at). Die Gruppe zur Vorbereitung des ASF hat in Österreich die Aktivitäten um den internationalen Aktionstag gegen den Irak-Krieg am 15.2. organisiert. Eine der Arbeitsgruppen beschäftigt sich mit dem Engagement gegen den Krieg. Gefordert wurde von der österreichischen Bundesregierung die Verurteilung des Angriffskrieges, das Wahrnehmen politischer und diplomatischer Mittel zur Durchsetzung der Neutralität, das Nein zur Militarisierung Österreichs und der EU, der Austritt aus der NATO-Partnerschaft für den Frieden, die Unterstützung der humanitären Hilfe vor Ort sowie das Bleiberecht von Kriegsflüchtlingen in Österreich und der EU.

Im Schatten des 11.9.2001 und des Prozesses der Sozialforen versuchten die unterschiedlichen Organisationen der österreichischen Friedensbewegung ihre Rolle in diesem Prozess zu definieren und ihren Beitrag dazu einzugrenzen. Von der Dynamik des Kasseler Friedensratschlages angesteckt, wurde von friedensbewegter und friedenswissenschaftlicher Seite der Prozess des "Österreich_Forum.Frieden&Gewaltfreiheit" ins Leben gerufen. Unter dem Titel "Widerstand dem globalen Krieg - Allianzen für den Frieden bilden" wurde im Oktober 2002 an der Universität Graz das erste dieser Foren zum Austausch über Friedensthemen organisiert (Österreichische Friedensdienste 2003). Als VeranstalterInnen traten zahlreiche Friedensorganisationen aus Wien, Linz, Graz und Salzburg auf. Dieses Forum ist als ständiger Austauschprozess der österreichischen Friedenskräfte konzipiert, der mindestens einmal jährlich - nämlich zum Nationalfeiertag - an jeweils wechselnden Orten in Österreich stattfinden soll. Ziel des Forums ist es u.a. die Schwerpunkte der Bewegung zu formulieren, mit einer Aktionsorientierung zu verknüpfen und mit den aktuellen Diskursen aus den Sozialwissenschaften, den politischen Wissenschaften, den Religionswissenschaften sowie den Wirtschafts- und Rechtswissenschaften abzugleichen. Das 2. Forum im Herbst 2003 an der Universität Wien trug den Titel "Strategien des globalen Krieges und die ‚neue' Friedensbewegung".

Der "permanente Krieg" gegen die "Schurkenstaaten" im Jahre 2003

Die Terroranschläge des 11. September 2001 sind nicht Auslöser für die Doktrin des "permanenten Krieges" und der Politik gegenüber den "Schurkenstaaten", sondern ein Katalysator zum bisherigen Trend des Ausbaus der Militärpotenziale. Schon vor dem 11.9.2001 - dem Tag nachdem angeblich nichts mehr so ist, wie es einmal war - analysiert Noam Chomsky: "Nun gab es keine sowjetische Bedrohung mehr und die USA konnten, zusammen mit ihrem treuen Jagdhund, Großbritannien, freier agieren als je zuvor, und auch dem Einsatz von Gewaltmaßnahmen waren nun keine Grenzen mehr gesetzt" (Chomsky 2001: 68).

Nicht nur durch den Prozess des Sozialforums kam es auch in Österreich zu breiten öffentlichen Manifestationen gegen den drohenden Irak-Krieg. Durch die politische und gesellschaftliche Zusammensetzung des Bündnisses gelang es auch, eine beeindruckende Palette von Aktionsformen gegen den Krieg weiter zu entwickeln bzw. neu zu beleben. Neben den klassischen Protestformen wie Demos, Mahnwachen, Besetzungen und Protestbriefaktionen wurden auch weniger häufig gebrauchte Formen des Widerstands gegen den Krieg organisiert. Die vielen AktivistInnen aus der Kirche organisierten Friedensgebete und Schweigemärsche. Zahlreiche Gruppierungen - darunter auch Menschen aus Österreich - sind als lebende Schutzschilder in den Irak gefahren. Eine internationale Bewegung hat sich auch dem Widerstand zum menschenverachtenden Embargo gegen den Irak verschrieben. Sie brachen die teils absurden Embargo-Bestimmungen und führten Hilfsgüter in den Irak ein. Die Pace-Fahnen wurden inzwischen zum Symbol gegen die militärische Globalisierung. Durch die vielfältigen Angebote traditioneller und neuerer Formen des Protests konnten unterschiedliche Bevölkerungsschichten spezifische Anknüpfungspunkte für ein eigenes Engagement finden. Es "versuchen die verschiedenen Gruppen innerhalb der globalisierungskritischen Bewegung bewusst, die Paradigmen, Sprache und Methoden des Widerstands zu verändern (...) Mit direkten Agitationsformen und subversiven Spaßaktionen (wie antikapitalistische Karnevals, Straßenparties, aktionistisches Theater) sowie politischer Bildungsarbeit wird nicht nur auf die zunehmende Mediatisierung von Politik reagiert, die von der Skandalisierung und von medienwirksamen Auftritten lebt. (...) Vom Konzept des Avantgardismus und der Massen [wird] Abschied genommen (...) und zwar in einem stärkeren Ausmaß als dies bei den neuen sozialen Bewegungen oder der neuen Linken der Fall war" (Fischer u.a. 2003: 11). Das Engagement gegen den Irak-Krieg 2003 hat jedoch andererseits auch gezeigt, dass gerade die (Massen-)Demonstrationen des 15.2.2003 und einige friedenspolitisch aktive Gruppen als organisatorischer und inhaltlicher Planungskern einen großen Teil des Erfolges ausmachten.

Die mancherorts in der Bewegung festgestellte mangelnde Leidenschaft blühte auch durch die Beschäftigung mit veränderten Zugängen zur Protestkultur wieder auf, wenngleich mit diesen auch eine kritische Auseinandersetzung einher geht. Auch aufgrund dieser vielfältigen Protestformen im Zusammenhang mit dem drohenden Krieg gegen den Irak war es möglich, die zentralsten Kriegsgründe für die Mehrheit der Menschen zu verdeutlichen und unmissverständlich nachvollziehbar zu machen. Die Frage nach den Ursachen für Terror und die ökonomischen Hintergründe von Kriegen sind mittlerweile Teile der friedenspolitischen Alphabetisierung der Menschen geworden.

Anti-Kriegstag in Wien 2003

Über 100 Organisationen unterstützten den Aufruf zur Demonstration am 15.2.2003 in Wien. Die Breite des Bündnisses - und dies ist ebenfalls ein zentrales Kennzeichen für diesen Aktionstag - ging weit über den Kreis der VeranstalterInnen friedenspolitischer Kundgebungen und Infoveranstaltungen hinaus. Die UnterstützerInnen kamen neben der Friedensbewegung aus dem Bereich der Gewerkschaften, der Entwicklungspolitik, der Kirche, der Umweltbewegung, unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, Kulturinitiativen, der globalisierungskritischen Bewegung, StudentInnen und SchülerInnengruppen, politischen Parteien u.v.a. (http://socialforum.at/sf/demo/20030215). Rund 25 000 - 30 000 Menschen folgten in Wien dem Aufruf des Bündnisses. Trägerin des Bündnisses war die Vorbereitungsgruppe für das "Austrian Social Forum" (ASF).

Den Erfolg für diesen Aktionstag kann das gesamte Bündnis für sich verbuchen. Die Friedensbewegung ist Teil dieses Bündnisses - wenn auch ein sehr wichtiger. Die Arbeit der Friedensbewegung fand stets auch abseits der großen öffentlichen Auftritte auf lokaler Ebene in unterschiedlichen Formen der Bewusstseinsarbeit statt. Die Strukturen der Friedensbewegung - vor allem in den Bundesländern - sorgten dafür, dass der 15.2.2003 innerhalb Österreichs nicht nur in Wien ein Erfolg war, sondern auch die vielen dezentral im Vorfeld organisierten Kundgebungen und Aktivitäten vor diesem Datum haben dieses Großereignis noch verstärkt. Die engagierte Zusammenarbeit brachte letztlich den großen Erfolg. Die Friedensbewegung hat in diesem Prozess ihre organisatorischen, koordinatorischen, dialogstiftenden und inhaltlichen Aufgaben. Ein Verschmelzen mit anderen sozialen Bewegung - beispielsweise mit der globalisierungskritischen Bewegung - ist trotz der teils vorhandenen personellen Überschneidungen nicht sinnvoll. Die Friedensbewegung brachte in dieses Bündnis das Know-how und umfassende Verständnis über die Dynamik und "Logik" von Kriegen und Militärinterventionen mit. Die Kernthemen wie z.B. weltweite (nukleare) Abrüstung, Militarismus, zivile Konflikttransformation, Methoden der Gewaltfreiheit und des zivilen Ungehorsams waren unverzichtbare Bestandteile des Erfolges der Bewegung und des Prozesses der Sozialforen. Diese Elemente in den öffentlichen Aktionen zur Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins national und international zu verankern wird die Position der Friedensbewegung weiter stärken. Ein zentraler Punkt für die künftige Arbeit der Friedensbewegung innerhalb des Prozesses der Sozialforen ist also, die Eigenständigkeit und ihre spezifischen Zugänge zu bewahren und inhaltlich weiterzuentwickeln. In der alltäglichen politischen Zusammenarbeit ist die Schärfung des Blickes auf diese Zugänge in den gegenwärtig - z.B. in Fragen des Irak-Krieges - unklarer werdenden und dynamischen Konturen zwischen Friedensbewegung und globalisierungskritischer Bewegung vorzunehmen. Die wissenschaftliche Definition dieser Bewegung rund um den 15.2.2003 ist aufgrund ihrer Dynamik schwer zu fassen. Manche sprachen sogar von einer "Neuen Friedensbewegung". Die Eigenständigkeit der Friedensbewegung ist nicht nur - aber hier besonders - gegenüber den Regierungen und der EU deutlich zu machen, sondern auch gegenüber politischen Parteien. Die Friedensbewegung hat sich mit ihrer Arbeit rund um den 15.2.2003 wieder vermehrte Anerkennung erworben.

Vor allem durch die internationalen Aktivitäten gegen den Krieg berichteten die österreichischen Medien von der Arbeit und den Strukturen vor Ort. Die professionellere Medienarbeit - im ASF wurde eine eigene Gruppe dafür ausgewählt - war zumindest in Teilen eine entsprechende Berichterstattung zu erreichen. Dieser mediale Arbeitsbereich ist auch künftig eng mit der inhaltlichen Arbeit zu verbinden. Wenn Fragen von Krieg und Frieden zu einer zentralen politischen Entscheidungsfrage werden sollen, müssen diese an Medien und auch Parteien herangetragen werden. Durch die teils sehr professionelle Nutzung neuer Medien konnte auch das Informationsmonopol großer Zeitungen und TV-Stationen gelockert werden. Auch wenn große Medien an der Bewegung um den 15.2.2003 nicht vorbeigehen konnten, darf dies den Ausbau alternativer Kommunikations- und Informationsformen nicht stoppen.

Die Möglichkeit, sich in die internationale Bewegung für ein Irak-Tribunal einzubringen, könnte für die weitere Beschäftigung mit dem von den USA angekündigten "permanenten Krieg" zentral werden. Aufbauend auf die gegenwärtige Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung in Europa, dass Bush und Blair die Menschen angelogen haben, um den Krieg zu legitimieren, müssen künftige Kriegsgründe im "Krieg gegen Terror" weiter bearbeitet werden. Dazu zählt auch die Frage der US-Atomwaffen und jene in Großbritanniens und Frankreichs Beständen.

Die hinter der öffentlichen Debatte befindlichen Differenzen im Prozess der Sozialforen manifestierte sich auf seine Weise auch im Bündnis zur Vorbereitung des internationalen Aktionstages gegen den Irak-Krieg in Wien. Auch im Vorbereitungsprozess zu den Aktivitäten gegen den Krieg offenbarten sich - wie auch im gesamten Prozess der Sozialforen - die Schwierigkeiten zwischen "reformistischen" und "revolutionären" Kräften. Dies äußerte sich beispielsweise in der Beurteilung der Neutralität Österreich. Im Aufruf zur Demonstration wurde sehr deutlich eine aktive Neutralität eingefordert.

Zusätzliche AktivistInnen konnte die Friedensbewegung durch die Proteste gegen den Irak-Krieg kaum gewinnen. Viele Menschen - insbesondere junge Leute - fühlen sich hinsichtlich des Engagements an traditionelle Organisationen nicht mehr entsprechend gebunden. In unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen bilden sich langsam neue Organisationsbedürfnisse heraus. Vielfach konnte festgestellt werden, dass das Bedürfnis nach ausgewogener Information durch die Friedensbewegung zwar befriedigt wird, durchaus Bereitschaft zum Engagement besteht, dies jedoch thematisch und organisatorisch nicht zu sehr gebunden ist. Das Engagement scheint sich an aktuellen Sachfragen und weniger an organisatorischen Zusammenhängen zu orientieren. Der Irak-Krieg war für viele Menschen eine Möglichkeit, ein Teil des Weges mit der Friedensbewegung zu gehen. Für ATTAC wurde hinsichtlich des Engagements festgestellt: "Die rasant steigenden Mitgliederzahlen zeigen, dass hier ein milieuübergreifender Rahmen für neue Organisationsbedürfnisse angeboten wird, in dem Räume für eine Selbstverständigung und Diskursproduktion einerseits und eine alternative Öffentlichkeit andererseits entstehen. ATTAC will bewusst einen Rahmen für politische Organisierung, Bildung und Aktion für jene schaffen, die sich in den traditionellen Formen des politischen Handelns nicht mehr wiederfinden. (...) Wiewohl verschiedenste NGOs Mitglieder von ATTAC sind, versucht das Netzwerk die spezifische Organisationsweise von NGOs und ihr Prinzip der ‚Anwaltschaft' und Lobbypolitik zu vermeiden" (Fischer u.a. 2003: 10).

Durch die umfassende Kooperation mit anderen politischen Bewegungen ist auch die Friedensbewegung angehalten, sich mit dem eigenen Friedensbegriff zum Zwecke der Stärkung der Bewegung auseinanderzusetzen. Die Unterscheidung in einen "positiven" und einen "negativen" Friedensbegriff kann von der Friedensbewegung in der Öffentlichkeit für ein umfassenderes Verständnis von Frieden genützt werden (z.B. durch spezifische Beiträge zur nachhaltigen Energie- und Entwicklungspolitik). Mit der verstärkten Besetzung eines "positiven" Friedensbegriffs kann auch der Kritik entgegengewirkt werden, die Friedensbewegung sei nur eine Anti-Kriegsbewegung und lebe politisch nur in Kriegszeiten auf. Auch durch das massive Engagement der Bewegung bereits lange Zeit vor dem Kriegsausbruch ist es gelungen, Möglichkeiten und Alternativen zur Kriegspolitik aufzuzeigen und öffentlich zu transportieren.

Künftiger EU-Militärinterventionismus und sein Widerstand

Die Ursachen der Terroranschläge des 11.9.2001 sind u.a. in der gegenwärtigen US-Außen-, Militär- und Wirtschaftspolitik zu suchen und der damit im engen Zusammenhang stehenden globalen ungleichen Ressourcenverteilung. Daher muss auch für die EU die Frage aufgeworfen werden, ob die Union außenpolitisch dem Kurs der ökonomischen und militärischen Polarisierung der Welt entgegenwirkt oder ihn stattdessen fördert. Das Einschwenken der EU auf US-Bedrohungsbilder (EU-Sicherheitsdoktrin) und die Drohung mit Gewalt gegenüber unliebsamen Staaten treibt die EU in eine weitere Militarisierung, statt ihre Mitglieder in einem kooperativen System nachhaltig sicherer zu machen. Die Herausbildung eines weiteren militärisch potenten westlichen Machtblocks findet nicht überall auf diesem Globus Zustimmung.

In der EU ließen Politik und Medien den plötzlich an der Tagesordnung befindlichen "transatlantischen Streit" öffentlich diskutieren. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld teilte Europa in ein "altes" und ein "neues" Europa, wobei das alte Europa das kriegskritische und das neue Europa einen Teil der "Allianz der Willigen" verkörpern sollte. Der Irak-Krieg war letztlich nur der Katalysator für den transatlantischen Streit um eine neue Weltordnung. Zu möglichen künftigen sicherheitspolitischen Instabilitäten bemerkt der Journalist und Friedensforscher Andreas Zumach: "Die Militarisierung der EU wird in einigen Jahren zu neuen Bedrohungswahrnehmungen zumindest in Moskau führen, möglicherweise auch anderswo" (Zumach 2001: 36). Gerald Mader, Präsident des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung, führt dazu aus: "Wenn die EU gemeinsam mit der NATO auf offensive Militärstrukturen umrüstet, die sie zu weltweiten militärischen Interventionen und Kriegen befähigen, dann wird es zu solchen Interventionen auch kommen. Irgendwo findet sich dann immer ein Reich des Bösen oder ein Schurkenstaat, der Anlass hiezu bietet" (Mader 2001: 53). "Primäres Ziel dieser militärischen Interventionen", so Mader weiter, "ist die Durchsetzung von Macht- und Wirtschaftsinteressen" (Mader 2001: 55). Treibender Motor dafür ist gegenwärtig ein deutsch-französischer Kern innerhalb der EU. Die politische Entwicklung (ohne die ursprünglichen Herausforderungen völlig zu verwerfen) weist von Verteidigung hin zum Interventionismus und zum "robusten Eingreifen", von klassischem UN-peace-keeping zum möglichen selbstmandatierten enforcement, vom Slogan "Nie wieder Krieg" zur verfassungsmäßig verankerten Aufrüstungsverpflichtung und vom Konsensprinzip zum militärischen Kerneuropa. Die USA befürchten bei ihrem gegenwärtigen außen- und militärpolitischen Kurs, dass die EU künftig - trotz aller gegenwärtigen nationalstaatlich geprägten Konzepte - sicherheitspolitische Ansprüche formuliert, die mit US-Interessen in Konkurrenz stehen. Vorerst sind die politischen und militärischen Einflusszonen zwischen den USA und der EU eindeutig abgesteckt (Roithner 2003: 78 ff.). Künftiges EU-Konfliktpotenzial erscheint im militärischen Bereich angesichts mangelnder militärischer Bedrohungen weniger durch Angriffe auf die EU und damit der Ausrufung eines Verteidigungsfalls als durch Interventionismus zu entstehen. Die Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist "ein wunderbares Stück Friedensarbeit", so Johan Galtung aber die "Europäische Union ist eine andere Sache, das ist eine kommende Supermacht, die vielleicht schon eine ist" (Galtung 2003: 282). Ekkehard Krippendorff beschreibt die sicherheitspolitische Entwicklung der EU in seiner "Kritik der Außenpolitik" wie folgt: "Aber es ist ein gewalttätiges Europa, das da im Entstehen ist, - ein Europa, das jeden Zweifel an dem Nutzen des Militärs für die Gestaltung einer zivilen politischen Ordnung erstickt" (Krippendorff 2000: 223). Im Verteidigungsministerium in Wien nach diesen Hintergründen recherchiert, kann man auf der Homepage auf folgende Aussage stoßen: "Für Österreich ist die Teilnahme an EU-Einsätzen mit großem Nutzen verbunden (...) Als wesentliche Zielsetzung der europäischen Sicherheitspolitik nennt Prof. DDr. Erich Reiter, Beauftragter für Strategische Studien des BMLV: (...) Kooperation mit den USA und mit Japan zum globalen Management von Konflikten und zwecks Zugangs zu strategischen Rohstoffen, der Aufrechterhaltung freien Handels und der Schiffahrt" (BMLV 2001). Zur Frage der Entwicklung des Charakters der Außenpolitik der EU hat der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, General Hägglund, ausgeführt: "Man hat gesagt, die USA werden den Krieg führen und die EU wird für den Frieden zuständig sein. (...) Das war so und bezieht sich auf die Vergangenheit, aber das stimmt für die Zukunft nicht" (Spinat 2002). Robert Cooper, führend im MitarbeiterInnenstab von Javier Solana meint: "Illusionen geben sich jene hin, die von Deutschland oder Europa als einer ‚zivilen Macht' sprechen" (Cooper 2003: 35).

Die politischen und militärischen Interventionsmöglichkeiten der EU liegen weit hinter den Fähigkeiten der USA. Die EU setzt im Unterschied zu den USA in ihrem unmittelbar geografischen Einflussraum Mittel- und (Süd-)Osteuropa neben der militärischen Karte auch auf den Stabilitätspakt oder die Erweiterung(-soption). Wenn jedoch große Teile der politischen und militärischen Eliten der EU diese zu einem sicherheits- und militärpolitisch gleichwertigen Partner zu den USA als Gegenpol hochzurüsten versuchen, so ist dies nicht nur aus finanziellen Gründen ein Projekt gegen die EU-Bevölkerung und ein Angriff auf die Sozialstaatlichkeit, sondern auch aus friedenspolitischer Sicht nicht wünschenswert. Die Frage der Militarisierung der EU bei gleichzeitigem Abbau der verfassungsmäßig festgeschriebenen immerwährenden Neutralität ist seit dem Beitritt der EU ein zentrales Thema der österreichischen Friedensbewegung. Nicht nur durch den aufgrund von Machtfragen gescheiterten Versuch der Implementierung einer Verfassung für die EU ist die Diskussion um Alternativen zur dieser geplanten EU-Verfassung auch in sicherheitspolitischer Hinsicht breiter geworden. Gemeinsam mit friedenspolitischen Initiativen wurde von globalisierungskritischen Bewegungen und Umweltgruppen ein Diskussionsprozess angestoßen. Bislang ist es auch dem Prozess der Sozialforen nach zahlreichen ProponentInnen zu wenig gelungen, die Frage der Militarisierung der EU in die öffentliche und veröffentlichte Debatte zu bringen. Am ESF Paris im November 2003 bestand Einigung in der Frage, die Verfassung der EU aus v.a. wirtschafts-, sozial-, und friedenspolitischen Gründen in einer europaweiten Kampagne zu Fall zu bringen. Erste Aktivitäten dazu sind bereits angelaufen.

Die ÖsterreicherInnen reagierten auch auf die Terroranschläge des 11.9.2001 mit dem Wunsch nach den bewährten Konzepten aktiver Friedenspolitik. 72 % der Menschen gaben in einer Umfrage an, dass sich Österreich im Krieg gegen den Terror neutral verhalten soll und die USA nicht unterstützen darf. Lediglich 20 % der Befragten gaben an, dass sich Österreich an die Seite Amerikas stellen soll (Format 39/2001, Seite 7.). Im völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des Militärpaktes NATO gegen Jugoslawien sprachen sich in einer Umfrage 81 % der ÖsterreicherInnen für die Beibehaltung der Neutralität aus. Im Irak-Krieg hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel aus innenpolitischen Gründen seine kritische Haltung gegenüber dem US-Krieg mit der Neutralität argumentiert.

Eine auf nationalstaatlicher Ebene basierende Neutralität bietet bei der gegenwärtigen Militarisierung der EU ein "friedenspolitisches Faustpfand". Die Preisgabe von nationalstaatlicher sicherheitspolitischer Entscheidungsgewalt Österreichs würde gegenwärtig nicht zur Entwicklung einer europäischen Friedenspolitik mit friedlichen Mitteln, sondern zu einer weiteren Militarisierung der EU führen. Der Prozess der militär- und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit in Europa und der Welt ist nicht nur zu begrüßen, sondern zu fördern. Zentral sind jedoch die Bedingungen und die tatsächlichen Interessen. Die Tendenz zum Interventionismus politischer und militärischer Eliten wird nicht durch das Abgeben nationalstaatlicher sicherheitspolitischer Verantwortung von Wien nach Brüssel gelöst, sondern durch den Druck der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft auf die nationalen Regierungen, zu einer europäischen Sicherheitspolitik zu finden, die auch mit den Grundsätzen einer aktiven Neutralität und einer ernstgemeinten zivilen Außenpolitik zu vereinbaren ist.

Durch das ESF in Paris wurde die Kampagne gestartet, sich mit dem neoliberalen Wirtschaftsmodell der EU und ihren Auswirkungen zu beschäftigen. Die Friedensbewegung - besonders in Österreich - hat eine lange Tradition mit der thematischen Auseinandersetzung zu EU-Fragen. Das in der Einleitungsphase befindliche Friedensvolksbegehren ist ein Beitrag dazu. Anders als in der Frage um Krieg oder Frieden im Irak finden sich in der Medienlandschaft und vor allem im Parlament kaum Kräfte, die eine ernsthafte kritische Auseinandersetzung mit der Militarisierung der EU suchen. Neben den friedenspolitischen Handlungsansätzen ist in der Arbeit der Bewegung auch die Asymmetrie der medialen und politischen Machtverteilung in dieser Frage klar zu deuten und zu benennen.

In der Frage des militärischen Interventionismus ist die künftige Rolle der Vereinten Nationen von großer Bedeutung. Gerade die neutralen Staaten der EU haben sich in der Vergangenheit in der UNO überdurchschnittlich engagiert. Die Vereinten Nationen sind im Sinne eines umfassenden Friedensverständnisses viel mehr als ein mittlerweile hinterfragenswürdig zusammengesetzter Sicherheitsrat. Die Alternative zur US-Instrumentalisierung der UNO ist nicht ihre "Reform" in Richtung schwindender Bedeutung, sondern das politische, finanzielle und personelle Engagement sowohl der Staatenwelt als auch der Zivilgesellschaft zur Stärkung des Völkerrechts.

Literatur
  • Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) (2001): "Sicherheit mit moderner Technik", in: http://www.bmlv.gv.at/archiv/a2001/akt_20010112_sicherheit.shtml.
  • Buro Andreas: Totgesagte leben länger. Die Friedensbewegung. Von der Ost-West-Konfrontation zur zivilen Konflitbearbeitung, Komzi-Verlag, Idstein 1997.
  • Chomsky Noam: War against People. Menschenrecht und Schurkenstaaten, Europa Verlag, Hamburg - Wien 2001.
  • Cooper Robert: Macht und Ohnmacht aus europäischer Sicht, in: Internationale Politik, Heft 5/2003, Seite 31 - 38.
  • Fischer Karin, Jäger Johannes, Faschingeder Gerald, Alexandra Strickner: Die GlobalisierungskritikerInnen und ihre Perspektiven für Gesellschaftsveränderung, in: Faschingeder Gerald, Fischer Karin, Jäger Johannes, Strickner Alexandra (Hrsg.): Bewegung macht Geschichte. Globale Perspektiven für Gesellschaftsveränderung, Seite 7 - 16, Mandelbaum Verlag, Wien 2003.
  • Galtung Johan: Die Konflikttransformation in Nahen und Mittleren Osten und die Rolle der Europäischen Union am Beginn des 21. Jahrhunderts, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg.): Europa Macht Frieden. Die Rolle Österreichs, Seite 282 - 286, Agenda Verlag, Münster 2003.
  • Greif Wolfgang: Von Porto Alegre über Florenz und Hallein nach Paris. Die emanzipatorische Dynamik globaler und europäischer Sozialforen, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg.): Schurkenstaat und Staatsterrorismus. Die Konturen einer militärischen Globalisierung, Seite 193 - 203, Agenda Verlag, Münster 2004.
  • Hämmerle Pete, Roithner Thomas (Hrsg): Dem Rad in die Speichen fallen. Stimmen von FriedensnobelpreisträgerInnen und das Österreichische Netzwerk für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit. Ein Arbeitsbuch, Wien 2003.
  • Haydt Claudia, Pflüger Tobias, Wagner Jürgen: Globalisierung und Krieg, ATTACBasisTexte 5, VSA Verlag, Hamburg 2003.
  • Krippendorff Ekkehart: Kritik der Außenpolitik, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000.
  • Mader Gerald: Zur Erneuerung einer europäischen Friedenspolitik. Ein Europa ohne militärische Ambitionen, in: Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung, Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg.): Von der sozialen zur militärischen Sicherheit? Die Rolle der Neutralität im 21. Jahrhundert, Seite 53 - 60, Wien 2001.
  • Österreichischer Gewerkschaftsbund (Hrsg.): Globale Vernetzung - globale Aktion, Wien 2003, Seite 5ff., in der Reihe: Österreichischer Gewerkschaftsbund (Hrsg.): Menschen sind unsere Stärke. Arbeit in einem sozialen Europa, Verlag des ÖGB, Materialien zum ÖGB-Bundeskongress, Wien 2003.
  • Pecha Andreas, Roithner Thomas, Walter Thomas (Hrsg.): Friede braucht Bewegung. Analysen und Perspektiven der Friedensbewegung in Österreich, 2. Auflage, Wien 2002.
  • Richter Horst-Eberhard: Heilung einer Krankheit, in: Horst-Eberhard Richter (Hrsg.): Kultur des Friedens, Psychosozial-Verlag, (Dokumentation IPPWN-Kongress "Kultur des Friedens", 8. - 10. Dezember 2000 in Berlin) Gießen 2001.
  • Rohmann Gabriele: Von Porto Alegre nach Florenz, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Seite 16 - 19, Nr. 1/03, Bonn 2003.
  • Roithner Thomas: Zwischen "humanitärer Intervention" und aktiver Gewaltfreiheit. Die Zukunft der österreichischen Friedensbewegung, Seite 225 - 231, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg): Wie sicher ist Europa? Perspektiven einer zukunftsfähigen Sicherheitspolitik nach der Jahrtausendwende, Agenda Verlag, Münster 2001.
  • Roithner Thomas: Global Cop - Der transatlantische Streit um die Militärhegemonie, in: Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (Hrsg.): Schurkenstaat und Staatsterrorismus. Die Konturen einer militärischen Globalisierung, Seite 66 - 91, Agenda Verlag, Münster 2004.
  • Spinant Daniela: Top EU military: EU force fully ready in 10 years, in: http://www.euobserver.com, 22.1.2002.
  • Strutynski Peter: Über die Schwierigkeiten, aus einer Anti-Kriegs-Stimmung eine Friedensbewegung zu machen, in: Österreichische Friedensdienste (Hrsg.): Widerstand dem globalen Krieg - Allianzen für den Frieden bilden, Seite 4 - 9, 2003.
  • Ziegler Jean: Die neuen Herrscher der Welt und ihre globalen Widersacher, Bertelsmann, München 2003.
  • Zumach Andreas: UNO, OSZE, EU, WEU, NATO - konkurrierende Organisationen für den Frieden in Europa?, in: Evangelische Akademie Bad Boll (Hrsg.): Quo Vadis Europa? Europa als Friedensmacht?, Protokolldienst 20/01, Seite 29 - 38, Bad Boll 2001.
* Thomas Roithner, Wien. Mitarbeiter im Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK). Der Beitrag beruht auf einem längeren Manuskript, das Roithner auf der STOP-Konferenz in Stadtschlaining 2004 vorgestellt hat.


Zurück zur Seite "Pazifismus, Friedensbewegung"

Zur Seite "Friedensbewegung"

Zurück zur Homepage