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Globaler Antisemitismusbericht 2004

Herausgegeben vom US-Außenministerium (Büro für Demokratie, Menschenrechte und Arbeitsfragen)

Im Folgenden dokumentieren wir im Wortlaut die Kurzfassung des vom US-Außenministeriums am 5. Januar 2005 herausgegebenen Globalen Antisemitismusberichts 2004 sowie den Deutschland betreffenden Teil des Berichts. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst. Wir werden uns bemühen, in nächster Zeit Stellungnahmen zu diesem Bericht einzuholen, da er in mancher Hinsicht der kritischen Kommentierung bedarf.


Zusammenfassung

I. Antisemitismus

Antisemitismus ist seit Jahrhunderten eine Geißel der Menschheit. Er fand seine weitreichendste und gewalttätigste Ausprägung im Holocaust, wo er für den Tod von Millionen Juden und das Leiden zahlreicher anderer verantwortlich war. Subtilere, weniger gewalttätige Formen des Antisemitismus haben Leben zerstört, religiöse Gemeinschaften dezimiert, soziale und politische Spaltungen verursacht und die Beziehungen zwischen Ländern sowie die Arbeit internationaler Organisationen kompliziert. In einer Welt, die durch immer engere Verflechtung gekennzeichnet ist, bedeutet der Antisemitismus eine unerträgliche Bürde.

Durch die Zunahme der Häufigkeit und Schwere antisemitischer Zwischenfälle seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts, die besonders in Europa zu beobachten ist, sieht sich die internationale Gemeinschaft gezwungen, ihr Augenmerk erneut verstärkt auf den Antisemitismus zu richten. Angriffe auf einzelne Juden und jüdische Einrichtungen ereigneten sich unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkrieges, wurden jedoch mit der Zeit weniger und waren eher Wandalismus und kriminellen Aktivitäten zuzuschreiben. In jüngster Zeit sind die Übergriffe jedoch zielgerichteter geworden und die Täter scheinen aus der speziellen Absicht heraus gehandelt zu haben, die Juden und das Judentum anzugreifen. Diese Übergriffe haben das Gefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens innerhalb der jüdischen Gemeinschaften beeinträchtigt.

Eine Definition des Antisemitismus ist immer wieder Gegenstand von unzähligen Diskussionen und Studien. Obwohl es keine universell akzeptierte Definition gibt, haben die Menschen allgemein eine klare Vorstellung davon, was mit diesem Terminus gemeint ist.

Im Rahmen dieses Berichts wird Antisemitismus als Hass auf Juden - auf Einzelpersonen oder die ganze Gemeinschaft - verstanden, der auf der Zugehörigkeit zur jüdischen Religion und/oder ethnischen Gruppe basiert. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, zwischen legitimer Kritik an der Politik und der politischen Handlungsweise des Staates Israel und antisemitischen Kommentaren zu unterscheiden. Die Dämonisierung Israels oder Schmähung israelischer Politiker, mitunter durch Vergleiche mit führenden Nazis und unter Verwendung von Nazisymbolen zum Zwecke der Karikatur, weist auf eine antisemitische Haltung hin und nicht auf eine gerechtfertigte Kritik der israelischen Politik in einer kontroversen Angelegenheit.

Der weltweite Antisemitismus ist auf vier Hauptquellen zurückzuführen:

Traditionelle antijüdische Vorurteile, die in Europa und in einigen anderen Regionen seit Jahrhunderten verbreitet sind. Sie werden vorwiegend von Ultranationalisten und anderen vertreten, die behaupten, dass die jüdische Weltgemeinschaft die Regierungen, die Medien, das internationale Geschäftsleben und die Finanzwelt kontrolliert.

Starke antiisraelische Vorbehalte, die die Grenze zwischen objektiver Kritik israelischer Politik und Antisemitismus überschreiten.

Antijüdische Gefühle, die von einem Teil der wachsenden muslimischen Bevölkerung in Europa zum Ausdruck gebracht wird und auf einer langjährigen Antipathie sowohl gegenüber Israel als auch gegenüber Juden basiert, sowie auf der muslimischen Gegnerschaft gegenüber den Entwicklungen in Israel und den besetzten Gebieten und seit kurzem auch im Irak.

Kritik sowohl an den USA als auch an dem Phänomen Globalisierung erstreckt sich auf Israel und die Juden im Allgemeinen, die mit beidem in Zusammenhang gebracht werden.

II. Schikanen, Wandalismus und körperliche Gewalt

Europa und Eurasien

Das Phänomen Antisemitismus hat in Europa in den vergangenen Jahren beträchtlich zugenommen. Dabei sollte man jedoch berücksichtigen, dass viele europäische Länder über ein umfassendes System der Berichterstattung verfügen, wodurch Zwischenfälle genauer dokumentiert werden können als dies in anderen Ländern möglich ist. Aufgrund der beträchtlichen Unterschiede in den verschiedenen Berichtssystemen ist es nicht möglich, direkte Vergleiche mit anderen Ländern oder geografischen Regionen zu ziehen. Seit 2000 gab es vermehrt verbale Angriffe gegen Juden, wogegen Vorfälle von Wandalismus (z. B. Graffitis, Brandbomben auf jüdische Schulen, Schändung von Synagogen und Friedhöfen) drastisch zunahmen. Physische Übergriffe einschließlich Schlägen, Messerstechereien und anderen Formen der Gewaltanwendung gegen Juden sind in Europa merklich angestiegen und führten in einigen Fällen zu schwerer Körperverletzung und sogar zum Tode. Ebenfalls besorgniserregend ist eine zum Antisemitismus tendierende Haltung, die in einem Teil der linksorientierten Presse und unter einigen Intellektuellen vorherrscht.

Eine beunruhigende Zunahme antisemitischer Einschüchterung und Zwischenfälle ist in Europa weitverbreitet, obwohl signifikante Abweichungen in der Anzahl der Fälle und der Genauigkeit ihrer Erfassung zu berücksichtigen sind. Die Regierungen in den meisten europäischen Ländern betrachten das Phänomen Antisemitismus heutzutage als ein ernst zu nehmendes Problem für ihre Gesellschaft und zeigen ein größeres Interesse als bislang, sich dieser Angelegenheit zu widmen. Die von Wien aus operierende Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (European Monitoring Center for Racism and Xenophobia - EUMC) identifizierte Frankreich, Deutschland, Großbritannien und die Niederlande als die EU-Mitgliedstaaten, in denen eine merkliche Zunahme der Vorfälle zu verzeichnen ist. Da diese Länder über verlässliche Statistiken bezüglich antisemitischer Handlungen verfügen und einen aktiven Kampf gegen den Antisemitismus führen, waren ihre Erhebungen für das EUMC leicht zugänglich. Regierungen und führende Personen des öffentlichen Lebens verurteilten die Gewalt, verabschiedeten neue Gesetze und sorgten für eine aktive strafrechtliche Verfolgung und erzieherische Maßnahmen.

In Westeuropa sind es immer noch traditionsbewusste, rechte Gruppen, die für eine beträchtliche Anzahl der Übergriffe gegen Juden und jüdisches Eigentum verantwortlich sind; benachteiligte und unzufriedene Muslime waren in zunehmendem Maße verantwortlich für die meisten der übrigen Zwischenfälle. Es scheint wahrscheinlich, dass dieser Trend anhalten wird, da die Anzahl der Muslime in Europa wächst, während ihr Bildungsgrad und ihre wirtschaftlichen Aussichten begrenzt bleiben.

In Osteuropa, wo die muslimische Bevölkerung viel kleiner ist, waren Skinheads und andere Mitglieder radikaler politischer Randgruppen für die meisten antisemitischen Zwischenfälle verantwortlich. Der Antisemitismus blieb in Russland und Weißrussland sowie in der übrigen ehemaligen Sowjetunion ein ernstes Problem, wobei die meisten Vorfälle auf das Konto von ultranationalistischen und anderen weit rechts stehenden Kräften gehen. Das Stereotyp der Juden als Manipulatoren der globalen Wirtschaft ist nach wie vor ein fruchtbarer Boden auf dem antisemitische Aggression gedeihen kann. Aufklärung über den Holocaust, Toleranzerziehung sowie entsprechende Ausbildungsmaßnahmen für Lehrer stellen eine potenzielle langfristige Lösung des Antisemitismusproblems dar; jedoch wächst das Problem immer noch in stärkerem Ausmaß als die Maßnahmen Erfolge verzeichneten. Ende 2003 und auch im Jahr 2004 befanden sich einige Juden, besonders die, die in Europa leben, in dem Dilemma, entweder ihre Identität zu verbergen oder der Gefahr von Verfolgung und manchmal sogar ernster körperlicher Verletzungen bis zum Tod ausgesetzt zu sein. Die schwere psychische Belastung, in solch einer stetig schwieriger werdenden Umgebung zu leben, sollte nicht übersehen oder unterschätzt werden.

Naher Osten

Juden verließen die Länder des Nahen Ostens und Nordafrika in großer Anzahl um die Mitte des letzten Jahrhunderts herum, als ihre Situation zunehmend schwieriger wurde. Dieser Trend hält unvermindert an. Heute gibt es dort nur noch wenige Juden und nur wenige Zwischenfälle die Mitglieder der jüdischen Gemeinde betreffen, sind gemeldet worden. Dennoch existiert in Syrien ein virulenter Antisemitismus, dessen Weiterverbreitung durch Radio, Fernsehen, Zeitungen und andere Massenmedien von offizieller Seite geduldet und in manchen Fällen sogar gefördert wurde. Die antizionistische Propaganda der offiziellen und staatlich geförderten Medien bedient sich oftmals der Terminologie und Symbole des Holocaust, um Israel und seine politischen Führer zu dämonisieren. Diese Rhetorik überschreitet oft die Grenze legitimer Kritik an Israel und seiner Politik und nimmt unter dem Deckmantel des legitimen politischen Kommentars die Form antisemitischer Schmähung an. Zur gleichen Zeit stoßen Bemühungen, im Zuge eines sanktionierten historischen Diskurses den Holocaust zu leugnen und zu minimalisieren, in einigen Ländern des Nahen Ostens zunehmend auf offene Akzeptanz.

Andere Regionen

Das Problem des Antisemitismus betrifft nicht nur Europa und den Nahen Osten, es gibt auch anderswo beunruhigende Anzeichen dafür. In Pakistan, zum Beispiel, einem Land ohne jüdische Bevölkerung, ist eine antisemitische Haltung, die von entsprechenden Artikeln in der Presse geschürt wird, weit verbreitet. Dieses Beispiel spiegelt das neuere Phänomen eines Antisemitismus in Ländern wider, wo es historisch und gegenwärtig nur eine kleine oder gar keine jüdische Bevölkerung gibt. In Australien wiederum hat der Grad der Einschüchterung und der Übergriffe auf Juden und jüdisches Eigentum sowie antizionistischer und antisemitischer Rhetorik etwas abgenommen. In diesem Jahr ereigneten sich in Neuseeland mehrere Fälle von Schändungen jüdischer Friedhöfe und andere Vorfälle. In der Region Nord- und Südamerika war in Kanada ein deutliches Ansteigen an Übergriffen auf Juden oder jüdisches Eigentum festzustellen, darüber hinaus kam es auch in den Vereinigten Staaten zu Manifestierungen von Antisemitismus. Es gab auffallende antisemitische Vorfälle in Argentinien und vereinzelte Zwischenfälle in einer Anzahl anderer lateinamerikanischer Staaten.

III. Medien

Die Vielfalt der Medien (Fernsehen, Radio, Printmedien und Internet) hat Vertreibern von antisemitischem Material umfassende Möglichkeiten eröffnet, ihre Propaganda ungehindert zu verbreiten. Gesetze, die auf durch Hass motivierte Vergehen und Straftaten anzuwenden sind, bieten hier etwas Schutz, doch die Vorkehrungen zum Schutz der Meinungsfreiheit, die in vielen westlichen Ländern existieren, engen den Spielraum für Maßnahmen, die die Regierungen vorbeugend ergreifen können, ein. Das Satellitenfernsehen kann leicht den Betreiber wechseln und Angebote im Internet überschreiten internationale Grenzen ohne oder mit nur sehr wenigen Hindernissen.

Im Juni organisierte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ein separates Zusammentreffen in Paris, wo das Problem der Intoleranz im Internet zur Sprache gebracht wurde. In Folge wurde der Beschluss zur "Förderung von Toleranz und Medienfreiheit im Internet" gefasst. Dieser Beschluss hat Verordnungscharakter und enthält sorgfältig formulierte Vorbehaltsklauseln, um Konflikte mit den verschiedenen Rechtssystemen, die innerhalb der OSZE-Länder existieren, zu verhindern. Darin werden die Teilnehmerstaaten aufgefordert, kriminelle Gewaltandrohungen, die auf Antisemitismus und andere Formen von Intoleranz im Internet zurückzuführen sind, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, sowie Bildungsprogramme auszuarbeiten, in denen Kinder über die sprachliche Manifestation von Hass und andere Formen von Vorurteilen aufgeklärt werden.

Kritiker Israels bedienen sich oftmals antisemitischer Darstellungen in Form von antijüdischen Bildern und Karikaturen, die den Staat Israel und seine Politik anzugreifen. Diese medialen Attacken können jeden Vorwand der Ausgewogenheit oder Tatsachenbasiertheit vermissen lassen und direkt auf die Dämonisierung Israels abzielen. Die Vereinigten Staaten sind in vielen Fällen ebenfalls Ziel dieser Angriffe, die von der Behauptung ausgehen, dass die Außenpolitik der Vereinigten Staaten in Israel gemacht wird oder dass die Medien und Finanzmärkte in den USA und der übrigen Welt von Juden kontrolliert werden. Während des US-Präsidentschaftswahlkampfes im Jahr 2004 veröffentlichte die arabische Presse zahlreiche Karikaturen in denen beide großen politischen Parteien in den USA mit Israel und dem israelischen Premierminister Ariel Sharon in Verbindung gebracht wurden.

"Die Protokolle der Ältesten von Zion", ein Text der bereits vor vielen Jahren als ein von zaristischen Geheimdienstagenten begangener Betrug entlarvt worden war, tauchte immer wieder in den Medien im Nahen Osten auf, und nicht etwa als Scherz, sondern als Tatsachenfeststellung. Das von der Regierung geförderte Fernsehen Syriens brachte eine längere Serie, die auf den Protokollen basierte. Die Darstellung erwähnte besonders den sogenannten "blood libel", den Vorwurf, dass Juden rituelle Morde an christlichen Kindern vornehmen, sowie die angebliche Kontrolle der Finanzmärkte durch die jüdische Gemeinschaft. Die unmissverständliche Zielrichtung des Programms war es, den Hass auf die Juden und auf Israel anzustacheln. Kopien der Protokolle und anderer, ähnlicher antisemitischer Fälschungen waren in den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens leicht erhältlich, ebenso wie in den ehemaligen Sowjetrepubliken und anderswo. Auch wurden Behauptungen, dass Juden hinter den Anschlägen des 11. September steckten, weithin verbreitet.

Im November 2004, bekam die Al-Manar, eine vom Libanon aus operierende Fernsehstation, die offen antisemitisches Material veröffentlicht, von den französischen Behörden eine Satellitenlizenz für ein Jahr. Diese wurde kurz darauf wieder zurückgezogen, weil Al-Manar fortfuhr, antisemitisches Material zu bringen. Al-Manar existiert jetzt in Frankreich nicht mehr als Fernsehstation. Andere Fernsehstationen im Nahen und Mittleren Osten, die fragwürdige Inhalte senden, wie Al Dschasira und Al Arrabija, haben ihre französischen Lizenzen behalten.

IV. Maßnahmen der Regierungen

In Europa und anderen geografischen Regionen wurden sich viele Regierungen mehr und mehr der Bedrohung, die vom Antisemitismus ausgeht, bewusst, und sie sprachen sich in der Folge dagegen aus. Einige haben effektive Maßnahmen ergriffen, um den Antisemitismus zu bekämpfen, und von diesen haben mehrere Länder, einschließlich Frankreich, Belgien, und Deutschland, jetzt den Schutz für die Mitglieder der jüdischen Gemeinde und für jüdisches Eigentum verstärkt.

In den meisten Fällen war die Reaktion der Polizei auf antisemitische Vorfälle uneinheitlich. Die meisten Strafvollzugsbeamten haben keine spezielle Ausbildung im Umgang mit durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten, und noch weniger im Umgang mit antisemitischen durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten. Die Polizei hat diese Verbrechen manchmal als die Taten von Hooligans oder als geringfügige Straftaten abgetan, und nicht als Angriffe auf Juden aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder Religion oder als Taten gewertet, die begangen wurden, weil die Straftäter die Opfer mit der Politik des Staates Israel identifizierten.

In den Ländern, in denen Antisemitismus ein ernsthaftes Problem darstellt, ist spezielles Training für die Polizeikräfte und die Angehörigen der Justiz ein dringliches Anliegen. Viele Staaten haben immer noch keine Gesetze gegen durch Hass motivierte Vergehen und Straftaten, um gegen Verbrechen vorzugehen, die auf Antisemitismus basieren oder andere Verbrechen, die auf Intoleranz zurückzuführen sind. In einigen Fällen, wo solche Gesetze bereits existieren, ist eine striktere Anwendung erforderlich.

V. Multilaterale Maßnahmen

Antisemitismus ist ein globales Problem, das einen koordinierten multinationalen Lösungsansatz erfordert. Bis jetzt ist die OSZE, die sich aus 55 Teilnehmerstaaten aus Europa, Eurasien und Nordamerika, sowie den Kooperationspartnern aus dem mediterranen und asiatischen Raum zusammensetzt, diejenige Organisation, die die internationale Kooperation am effektivsten koordiniert. Die OSZE organisierte zwei bahnbrechende Konferenzen über Antisemitismus - im Juni 2003 in Wien und im April 2004 in Berlin. Es waren dies die ersten internationalen Konferenzen, bei denen man sich auf höchster Ebene ausschließlich mit dem Problem des Antisemitismus beschäftigte. Die Konferenz in Wien klassifizierte den Antisemitismus als Menschenrechtsanliegen.

Bei ihrem Treffen im Dezember 2003 in Maastricht zollten die Außenminister der OSZE-Staaten der Bedeutung der Antisemitismusproblematik politische Aufmerksamkeit auf höchster politischer Ebene. Dort fassten sie den formalen Beschluss, die Notwendigkeit des Kampfes gegen den Antisemitismus ins Zentrum ihrer Bemühungen zu stellen, indem sie das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (Office of Democratic Institutions and Human Rights - ODIHR) der OSZE als zentrale Stelle für Informationen über durch Hass motivierte Vergehen und Straftaten bestimmten. In Zusammenarbeit mit der OSZE arbeitet das ODIHR nun daran, Informationen über die Gesetzgebung bezüglich durch Hass motivierte Vergehen und Straftaten zusammenzutragen und die "besten Praktiken" auf den Gebieten des Strafvollzuges, des Kampfes gegen diese Art von Vergehen und Straftaten und der diesbezüglichen Aufklärung und Erziehung voranzutreiben. Das ODIHR erstellte außerdem ein Programm zur Förderung der Toleranz und Nichtdiskriminierung (Program on Tolerance and Non-Discrimination) und verfügt jetzt über einen Beauftragten, der sich ausschließlich dieser Angelegenheit widmet.

Auf ihrem Treffen in Sofia im Dezember 2004 begrüßten die Außenminister der OSZE- Staaten die Entscheidung ihres amtierenden Vorsitzenden, drei Sonderbeauftragte für Toleranzangelegenheiten zu ernennen, darunter auch einen Sonderbeauftragten für Antisemitismus, dessen Aufgabe es ist, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus umzusetzen, zu denen sich die Staaten verpflichtet haben. Zusätzlich nahmen die Außenminister das Angebot der spanischen Regierung an, eine dritte Antisemitismuskonferenz in Cordoba im Juni 2005 abzuhalten. Die Vereinten Nationen ergriffen auch wichtige Maßnahmen im Kampf gegen den Antisemitismus. Eine davon war die Abhaltung eines Seminars zum Thema Antisemitismus, bei dem UN-Generalsekretär Kofi Annan der Gastgeber war. Eine weitere Maßnahme war eine Resolution, die vom Dritten Komitee der Vereinten Nationen im November verabschiedet wurde und die für die Eliminierung aller Arten von religiöser Intoleranz, unter besonderer Einschließung des Antisemitismus plädierte.

Erziehung und Aufklärung bleibt weiterhin ein potenziell wirksames Gegenmittel gegen Antisemitismus und andere Formen von Intoleranz. Nach der ersten Konferenz in Stockholm im Jahr 1998, die aus Sorge über das abnehmende Wissen über den Holocaust, insbesondere unter den Angehörigen der jüngeren Generation, einberufen wurde, haben sich Schweden, Großbritannien und die Vereinigten Staaten entschlossen, bei der Lösung des Problems gemeinsam vorzugehen. Die Arbeitsgruppe für die internationale Kooperation zur Aufklärung über den Holocaust, dem Gedenken an ihn und seiner Erforschung (International Cooperation on Holocaust Education, Remembrance, and Research -ITf) war das Resultat dieses ersten Versuchs einer Problemlösung.

Heute nehmen 20 Länder am ITF teil, einer informellen internationalen Organisation, die auf der Basis des Konsenses operiert und auf einen Beamtenapparat verzichtet. Die ITF- Mitgliedsstaaten erklären sich bereit, die Deklaration des Stockholmer Internationalen Holocaustforums (Stockholm International Forum on the Holocaust) anzuerkennen und umzusetzen. Derzeit sind Argentinien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Tschechien, Ungarn und die Vereinigten Staaten Mitglieder des ITF. Dazu haben vier andere Länder (Estland, Griechenland, Kroatien und die Slowakei) eine Verbindung zum ITF.

VI. Maßnahmen der US Regierung zur Kontrolle und Bekämpfung des Antisemitismus

Die US-Regierung fühlt sich der globalen Kontrolle und Bekämpfung des Antisemitismus als einer wichtigen, die Menschenrechte und die Religionsfreiheit betreffenden Thematik, verpflichtet. Wie Präsident Bush bei der Unterzeichnung des Gesetzes zur weltweiten Überprüfung des Antisemitismus (Global Anti-Semitism Review Act) am 16. Oktober 2004 betonte: "Die Freiheit zu verteidigen heißt auch das Übel des Antisemitismus zu zerschlagen."

Jedes Jahr veröffentlicht das US Außenministerium den Internationalen Bericht über Religionsfreiheit (International Religious Freedom Report) und die Berichte über Menschenrechtspraktiken in den einzelnen Ländern (Country Reports on Human Rights Practices). Diese Berichte legen im Detail die Vorkommnisse und Trends bezüglich Antisemitismus in der ganzen Welt dar. Das amerikanische Außenministerium hat die einzelnen amerikanischen Botschaften angewiesen, bei ihren Länderberichten zu Menschenrechtspraktiken explizit auf Akte der Gewalt, die sich gegen Juden und jüdisches Eigentum richten, einzugehen, sowie die Maßnahmen darzulegen, die von den einzelnen Regierungen ergriffen werden, um dieser Form von religiöser Intoleranz und Vorurteilen vorzubeugen.

In den multilateralen Foren sprach sich das amerikanische Außenministerium dafür aus, den Anstieg des Antisemitismus und die Entwicklung konkreter Methoden zu seiner Bekämpfung zu beobachten. Das Ministerium war federführend bei der Einigung der OSZE, die beiden in Abschnitt V genannten Konferenzen zur Bekämpfung des Antisemitismus abzuhalten. Die beiden ehemaligen Bürgermeister von New York, Rudolph Giuliani und Edward Koch, führten die jeweiligen US-Delegationen bei den Konferenzen in Wien und Berlin an. Jeder von ihnen brachte seinen reichen Wissens- und Erfahrungsschatz zur Förderung von Respekt für Minoritäten in multikulturellen Gemeinschaften ein. Die wichtigsten NROs arbeiteten bei der Vorbereitung dieser Konferenzen aktiv mit dem Ministerium zusammen. In seiner bei der Konferenz in Berlin gehaltenen Rede sagte Außenminister Powell: "Wir dürfen nicht zulassen, dass antisemitische Verbrechen als unvermeidliche Nebenerscheinungen interethnischer Konflikte abgetan werden. Politische Meinungsverschiedenheiten rechtfertigen nicht körperliche Angriffe auf Juden auf der Straße, die Zerstörung von jüdischen Schulen oder die Schändung von Synagogen und Friedhöfen. Es gibt keine Rechtfertigung für Antisemitismus." Bei den Vereinten Nationen unterstützten die Vereinigten Staaten entsprechende, den Antisemitismus verurteilende Resolutionen, sowohl in der Generalversammlung als auch in der UN Kommission für Menschenrechte (UN Commission for Human Rights).

Eine wichtige Lektion des Holocaust ist, dass Bigotterie und Intoleranz in der Zukunft zu Gräueltaten und Genoziden führen können, wenn die Regierungen und andere Bereiche der Gesellschaft nicht rechtzeitig gegensteuern. Die Vereinigten Staaten haben sich verpflichtet, auf bilateraler Ebene mit anderen Regierungen daran zu arbeiten, die Bemühungen zur Aufhaltung und Zurückdrängung des wachsenden Antisemitismus zu fördern. Präsident Bush bestätigte diese Verpflichtung bei seinem Besuch in Auschwitz-Birkenau im Jahr 2003 und sagte: "Diese Stätte ist eine ernüchternde Erinnerung daran, dass, wo immer wir Antisemitismus vorfinden, sei es in Europa, in Amerika oder an irgendeinem anderen Ort, sich die Menschheit zusammentun muss, um gegen diese finsteren Mächte anzukämpfen."

Die Botschaften der Vereinigten Staaten setzen diese Verpflichtung um, indem sie offen gegen antisemitische Handlungen und zu durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten Stellung beziehen. Die Botschafter und andere Diplomaten arbeiten mit den jüdischen Gemeinden vor Ort zusammen, um die umgehende strafrechtliche Verfolgung von durch Hass motivierten Vergehen und Straftaten zu ermutigen. In der Türkei kam es nach den Bombenangriffen auf die Neve Shalom Synagoge im November 2003 zu einer engen Zusammenarbeit zwischen der US-Botschaft und der jüdischen Gemeinde. Im Nahen Osten haben die amerikanischen Botschaften offiziell bei den Regierungen ihrer Gastgeberländer gegen vorherrschende Praktiken protestiert, die es den Institutionen des Landes erlauben, Antisemitismus zu verbreiten, zum Beispiel durch die populären Fernsehserien "Reiter ohne Pferd" und "Diaspora", die dem von alters her kolportierten Gerücht über den "blood libel" - den angeblichen Ritualmord von Juden an christlichen Kindern - neue Nahrung gibt, sowie die "Protokolle der Ältesten von Zion". Bilaterale diplomatische Schritte seitens der Vereinigten Staaten führten in einigen Fällen zum Erfolg, doch es muss mehr getan werden, um nationale politische Führungspersönlichkeiten zu ermutigen, sich entschieden gegen Antisemitismus und für auf Respekt und Toleranz aufbauende Gesellschaften auszusprechen.

Aufbauend auf die Erfolge, die bislang erzielt werden konnten, verstärkt das amerikanische Außenministerium gegenwärtig zusammen mit seinen Partnern seine Bemühungen auf globaler Ebene, sowohl die Überwachung als auch den Kampf gegen den Antisemitismus auf drei speziellen Gebieten auszubauen: Aufklärung und Bildung, Gesetzgebung, und Strafverfolgung. Das Ministerium wird fortfahren, die Entwicklung von Lehrplänen, die die Aufklärung über den Holocaust zum Inhalt haben, sowie entsprechendes Lehrertraining voranzutreiben. Eine erfolgreiche Initiative auf diesem Gebiet ist das jeden Sommer stattfindende Trainingsprogramm für Lehrer, das zum Teil von den US-Botschaften in Zusammenarbeit mit der Vereinigung amerikanischer Holocaustorganisationen (Association of American Holocaust Organizations -AHO) und dem amerikanischen Holocaust Gedenkmuseum (United States Holocaust Memorial Museum - USHMM) finanziert wurde. Bei dem im Oktober 2004 stattgefundenen Treffen zu Fragen der menschlichen Dimension (Human Dimension Meeting) der OSZE hielten die Vereinigten Staaten gemeinsam mit Frankreich ein Seminar über Methodik der Holocaustaufklärung in multikulturellen Gesellschaften ab. Die Vereinigten Staaten fördern darüber hinaus NROs bei ihren Bemühungen, Bildungsprogramme im Ausland voranzutreiben, die teilweise auf erfolgreichen Seminaren, die in den Vereinigten Staaten abgehalten wurden, aufbauen und Respekt für Individuen und Minderheiten vermitteln. Zusätzlich hat das amerikanische Außenministerium Bemühungen um mehr Toleranz im saudiarabischen Bildungssystem gefördert, unter anderem durch Sponsoring von Reisen für Religionserzieher in die Vereinigten Staaten, um sich dort über interreligiösen Unterricht zu informieren.

Die Wurzeln des Antisemitismus gehen tief und die Vereinigten Staaten unterschätzen die Schwierigkeit nicht, das seit Neuestem beobachtbare Wiederaufleben dieser uralten Geißel zurückzudrängen. Die Legislative und Exekutive in den USA bilden zusammen mit den NROs eine wichtige Gemeinschaft in der Fortsetzung ihrer überaus notwendigen Bemühungen, kreative Wege zu finden, um den Antisemitismus zu kontrollieren, einzudämmen, und schließlich zu stoppen.

Deutschland

Ungefähr 87.500 Menschen sind Mitglieder jüdischer Gemeinden und machen somit 0,1 Prozent der Bevölkerung aus. Presseberichten zufolge nimmt die Anzahl der Juden an der Bevölkerung des Landes rapide zu. Seit 1990 sind mehr als 100.000 Juden aus der ehemaligen Sowjetunion ins Land gekommen; weniger aus anderen Ländern. Nicht alle Neuankömmlinge schließen sich Gemeinden an, was die Differenz zwischen der Gesamtzahl und der Zahl der Gemeindemitglieder erklärt.

Obwohl der auf religiösen Doktrinen und traditionellen Vorurteilen gegen Juden basierende Antisemitismus fortbesteht, sind Akademiker und andere der Meinung, dass in Deutschland eine neuere, nichttraditionelle Form von Antisemitismus entsteht. Diese Form treibt Antisemitismus als Teil eines umfassenderen Feldzugs gegen Globalisierung, Kapitalismus, Zionismus und Ausländer voran. Laut Bericht des Bundesverfassungsschutzes für das Jahr 2003 fiel die Gesamtzahl der erfassten antisemitischen Verbrechen auf 1.199 (von 1.515 im Jahre 2002). Die darin enthaltene Anzahl der Gewaltverbrechen stieg jedoch von 28 auf 35 und die Zahl der Schändungen von jüdischen Friedhöfen, Synagogen oder Gedenkstätten von 78 auf 115.

Am 22. Juli bedrohte ein 15-jähriger Junge in Hagen zusammen mit zwei anderen Jungen Synagogenbesucher mit einem Messer und äußerte antisemitische Bemerkungen.

Am 31. Juli lief ein junger Mann mit einem aufgenähten Davidstern eine Straße in Pankow entlang, einem Vorort von Berlin, als ein Rechtsextremer ihm eine Broschüre der Nationaldemokratischen Partei (NPD) in die Hand drückte. Nachdem der junge Mann die Broschüre fallen lies, versuchte der Rechtsextreme, ihn zu würgen und auf den Boden zu werfen. Das Opfer erlitt leichte Verletzungen und die Polizei konnte den Täter verhaften.

Im August erhielt die Zionistische Organisation Frankfurt einen Augenzeugenbericht, dass vier Männer einen englischsprachigen orthodoxen Juden in der Frankfurter Innenstadt belästigt hätten. Laut dem Bericht riefen die Männer: "Sie haben vergessen, deine Eltern in die Gaskammer zu schicken" und schubsten das Opfer, bis es auf den Boden fiel. Die Männer flohen danach sofort vom Tatort. Die Polizei wollte die Identität des Opfers und weitere Informationen nicht herausgeben.

Im Juni wurde ein alter jüdischer Friedhof in Düsseldorf geschändet. Fünfundvierzig Grabsteine wurden mit Hakenkreuzen, SS-Zeichen und judenfeindlichen Slogans beschmiert. Weitere jüdische Friedhöfe, wie zum Beispiel in Bochum, Nickenich und Bausendorf, wurden während des Berichtzeitraums mutwillig beschädigt. Die Polizei konnte die Täter nicht identifizieren.

Am 23. September demonstrierten 350 Menschen im Landkreis Neunkirchen (Saarland) gegen die Schändung des jüdischen Friedhofs in der Hermannstraße Anfang des Monats. Der Friedhof wurde bei der Schändung laut der Polizei nahezu vollständig zerstört. Wandalen hatten die Gräber in der Hermannstraße seit 1971 zehnmal überfallen, davon zweimal während des Berichtzeitraums. Der Vorfall ereignete sich nach dem merklichen Wahlerfolg der politisch weit rechts stehenden NPD in Neunkirchen (5,6 Prozent) und dem benachbarten Völklingen (9,7 Prozent) in den saarländischen Landtagswahlen am 5. September.

Während des Berichtzeitraums organisierte die rechtsextreme NPD zwei Demonstrationen in Bochum unter dem Motto: "Stoppt den Bau der Synagoge - gebt die 4 Millionen den Menschen!".

Vertreter der jüdischen Gemeinde verliehen ihrer Enttäuschung darüber Ausdruck, dass führende Vertreter anderer Glaubensgemeinschaften und einige der Politiker auf Kommunal- und Bundesebene nicht stärker gegen Antisemitismus Stellung bezogen. Im Oktober 2003 verglich CDU-Bundestagsabgeordneter Martin Hohmann die Handlungen der Juden während der Russischen Revolution öffentlich mit denen der Nazis während des Holocausts. Die Rede führte zu einem Strafantrag wegen mutmaßlicher Aufhetzung und Beleidigung und der Eröffnung von Ermittlungen. Hohmann wurde im November 2003 von der CDU-Bundestagsfraktion und im Juli von der hessischen CDU ausgeschlossen. Führende Politiker aller großen Parteien stellten wiederholt fest, dass die Neonazigruppen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Ordnung seien und forderten die beständige Aufmerksamkeit der Strafverfolgungsbehörden. Andererseits machten einige Beobachter die Aktionen im Nahen Osten für den wachsenden Antisemitismus verantwortlich.

Die jüdische Gemeinde Frankfurt kritisierte stark, dass einige islamische Vertreter auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober sich antisemitisch verhielten. Jüdische Vertreter führten als Beispiel offen abgebildete antisemitische Texte wie im Falle des saudiarabischen Buchs "Terror and Zionist Thinking" an, auf dessen Umschlag eine Person mit einem Totenkopf und einem Davidstern in einer Blutlache steht.

Der in Aachen ansässige islamistische Al-Aksa-Verein, der 2002 von Innenminister Otto Schily wegen seiner finanziellen Unterstützung der Terrororganisation Hamas verboten worden war, legte gegen das Verbot beim Bundesverfassungsgericht im August 2002 Revision ein. Im Juli entschied das Gericht, das Verbot bis zum Abschluss des Verfahrens auszusetzen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigte am 3. Dezember in einer letztinstanzlichen Entscheidung das Verbot des Al-Aksa-Vereins.

Neun Mitglieder der Kameradschaft Süd, einer Bande von Neonazis aus Süddeutschland, wurden angeklagt, 2003 einen Bombenanschlag auf die Baustelle eines geplanten jüdischen Gemeindezentrums in der Münchner Innenstadt geplant zu haben. Die erste von zwei Gerichtsverhandlungen, bei der drei jugendliche Mädchen und zwei Männer angeklagt sind, begann im Oktober. Zum Schutz der jugendlichen Angeklagten wurde die Öffentlichkeit von diesem Prozess weitgehend ausgeschlossen. Das Verfahren gegen den mutmaßlichen Anführer Martin Wiese und drei Mitglieder seines inneren Führungskreises begann im November.

Die Verbreitung von Propaganda geächteter Organisationen sowie von rassischen Hass schürenden, den Nationalsozialismus unterstützenden und den Holocaust verleugnenden Erklärungen sind unrechtmäßig, und die Behörden versuchten, den Zugang zu ihrer Ansicht nach gefährlichem Material im Internet zu sperren. Im März durchsuchte die Polizei in einer deutschlandweiten Aktion mehr als 300 Wohnungen nach rechtsextremen CDs und anderen verbotenen Musikprodukten, um diese sicherzustellen. Niedersachsen leitete rechtliche Schritte gegen einige der rechtsextremen Musikbands ein, deren Zahl innerhalb des Bundeslandes wächst und deren Lieder zu Gewalt aufrufen oder fremdenfeindliche oder rassistische Texte aufweisen. 2003 wurden Mitglieder der Berliner Neonazi-Band "Landser" wegen der Gründung einer kriminellen Vereinigung zu Freiheitsstrafen von 21 Monaten auf Bewährung bis hin zu 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt.

Schätzungen deutscher Regierungsvertreter zufolge gab es über 1.000 Internetseiten mit ihrer Ansicht nach verwerflichem oder gefährlichem rechtsextremistischem Inhalt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Gesetze des Landes gegen Rechtsradikalismus auf Personen angewendet werden können, die nationalsozialistisches Material auf Internetseiten stellen, die den Nutzern zur Verfügung stehen, selbst wenn die Website auf einem ausländischen Server liegt.

Im April war die Regierung Gastgeber einer historischen Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zum Thema Antisemitismus. Mit der nachdrücklichen Unterstützung der Regierung resultierte die Konferenz in einer Erklärung, in der die OSZE-Mitgliedstaaten aufgerufen wurden, eine Reihe konkreter Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus umzusetzen.

Die Behörden führten einen Reihe von Programmen zur Förderung der Toleranz durch, die sich vornehmlich auf Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit konzentrierten. Regierungsbehörden arbeiteten mit Nichtregierungsorganisationen bei der Formulierung und Verwaltung dieser Programme zusammen. Diese Maßnahmen enthielten die Förderung von Bildungsprogrammen, die nicht nur den Antisemitismus bekämpfen, sondern auch an den Holocaust erinnern und Toleranz und Respekt allen Religionen gegenüber ermutigen, sie dienen der Sammlung und Verwaltung von Informationen über antisemitische Vorfälle und andere Hassverbrechen sowie der Ausarbeitung von besten Praktiken. Hamburg hat mit der aktiven Beteiligung der islamischen Gemeinschaft damit begonnen, religionsübergreifenden Unterricht an öffentlichen Schulen anzubieten, und nennt dies das "Hamburger Modell".

Originaltext: Report on Global Anti-Semitism

Quelle: http://usinfo.state.gov


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