Der Antisemitismus "benutzt negative Stereotypen und Charakterzüge" / Antisemitism "employs sinister stereotypes and negative character traits"
Eine "Arbeitsdefinition" von Antisemitismus durch das EUMC - EUMC-Working Definition of Anti-Semitism
Im Jahr 2005 veröffentlichte das European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC) eine Arbeits-Definition von Antisemitismus. Sie soll als praktischer Leitfaden für die Erkennung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle sowie für die Formulierung und Umsetzung gesetzgeberischer Maßnahmen gegen den Antisemitismus dienen. Verbindlich ist die Definition aber weder für die EU noch für andere Regierungen. Das US-Außenministerium veröffentlichte denn auch das Dokument mit dem ausdrücklichen Vorbehalt: "The recitation of the EUMC 'working definition' of anti-Semitism should not be construed as an acceptance of that definition, or the statements and examples thereunder, as United States policy." (http://www.state.gov/g/drl/rls/56589.htm).
Wir dokumentieren im Folgenden die "Arbeitsdefinition" in einer (inoffiziellen) deutschen Übersetzung sowie im englischen Original. Eine umfassende Kritik von Knut Mellenthin können Sie hier lesen: "Ausnahmeregeln für Israel".
D o k u m e n t i e r t
Arbeitsdefinition "Antisemitismus"
Dieses Dokument soll als praktischer Leitfaden für die Erkennung und Dokumentation antisemitischer Vorfälle sowie für die Erarbeitung und Umsetzung gesetzgeberischer Maßnahmen gegen den Antisemitismus dienen.
Arbeitsdefinition:
„Der Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und / oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.
Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein. Oft enthalten antisemitische Äußerungen die Anschuldigung, die Juden betrieben eine gegen die Menschheit gerichtete Verschwörung und seien dafür verantwortlich, dass „die Dinge nicht richtig laufen“. Der Antisemitismus manifestiert sich in Wort, Schrift und Bild sowie in anderen Handlungsformen, er benutzt negative Stereotype und unterstellt negative Charakterzüge.
Aktuelle Beispiele von Antisemitismus im öffentlichen Leben, in den Medien, Schulen, am Arbeitsplatz und in der religiösen Sphäre können unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:
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Der Aufruf zur Tötung oder Schädigung von Juden im Namen einer radikalen Ideologie oder einer extremistischen Religionsanschauung sowie die Beihilfe zu solchen Taten oder ihre Rechtfertigung.
- Falsche, entmenschlichende, dämonisierende oder stereotype Anschuldigungen gegen Juden oder die Macht der Juden als Kollektiv – insbesondere die Mythen über eine jüdische Weltverschwörung oder über die Kontrolle der Medien, Wirtschaft, Regierung oder anderer gesellschaftlicher Institutionen durch die Juden.
- Das Verantwortlichmachen der Juden als Volk für das (tatsächliche oder unterstellte) Fehlverhalten einzelner Juden, einzelner jüdischer Gruppen oder sogar von Nicht-Juden.
- Das Bestreiten der historischen Tatsache, des Ausmaßes, der Mechanismen (z.B. der Gaskammern) sowie der Vorsätzlichkeit des Völkermordes an den Juden durch das nationalsozialistische Deutschland und seine Unterstützer und Komplizen während des Zweiten Weltkrieges (Holocaust).
- Der Vorwurf gegenüber dem jüdischen Volk oder dem Staat Israel, den Holocaust übertrieben darzustellen oder erfunden zu haben.
- Der Vorwurf gegenüber Juden, sie fühlten sich dem Staat Israel oder angeblich bestehenden weltweiten jüdischen Interessen stärker verpflichtet als den Interessen ihrer jeweiligen Heimatländer.
Beispiele von Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Staat Israel und unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes können folgende Verhaltensformen einschließen, ohne auf diese beschränkt zu sein:
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Das Abstreiten des Rechts des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung, z.B. durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen.
- Die Anwendung doppelter Standards, indem man von Israel ein Verhalten fordert, das von keinem anderen demokratischen Staat erwartet und verlangt wird.
- Das Verwenden von Symbolen und Bildern, die mit traditionellem Antisemitismus in Verbindung stehen (z.B. der Vorwurf des Christusmordes oder die Ritualmordlegende), um Israel oder die Israelis zu beschreiben.
- Vergleiche der aktuellen israelischen Politik mit der Politik der Nationalsozialisten.
- Das Bestreben, alle Juden kollektiv für Handlungen des Staates Israel verantwortlich zu machen.
Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.
Antisemitische Taten sind Straftaten, wenn sie als solche vom Gesetz bestimmt sind (z.B. die Leugnung des Holocausts oder die Verbreitung antisemitischer Materialien in einigen Ländern).
Straftaten sind antisemitisch, wenn die Angriffsobjekte, seien es Personen oder Sachen - wie Gebäude, Schulen, Gebetsräume und Friedhöfe – deshalb ausgewählt werden, weil sie jüdisch sind, als solche wahrgenommen oder mit Juden in Verbindung gebracht werden.
Antisemitische Diskriminierung besteht darin, dass Juden Möglichkeiten oder Leistungen vorenthalten werden, die anderen Menschen zur Verfügung stehen. Diese Diskriminierung ist in vielen Ländern verboten.
Original: EUMC
Übersetzung durch das EUROPEAN FORUM ON ANTISEMITISM
Working Definition of Anti-Semitism
Working definition:
"Anti-Semitism is a certain perception of Jews, which may be expressed as hatred toward Jews. Rhetorical and physical manifestations of anti-Semitism are directed toward Jewish or non-Jewish individuals and/or their property, toward Jewish community institutions and religious facilities."
In addition, such manifestations could also target the state of Israel, conceived as a Jewish collectivity. Anti-Semitism frequently charges Jews with conspiring to harm humanity, and it is often used to blame Jews for "why things go wrong." It is expressed in speech, writing, visual forms and action, and employs sinister stereotypes and negative character traits.
Contemporary examples of anti-Semitism in public life, the media, schools, the workplace, and in the religious sphere could, taking into account the overall context, include, but are not limited to:
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Calling for, aiding, or justifying the killing or harming of Jews in the name of a radical ideology or an extremist view of religion.
- Making mendacious, dehumanizing, demonizing, or stereotypical allegations about Jews as such or the power of Jews as a collective - such as, especially but not exclusively, the myth about a world Jewish conspiracy or of Jews controlling the media, economy, government or other societal institutions.
- Accusing Jews as a people of being responsible for real or imagined wrongdoing committed by a single Jewish person or group, or even for acts committed by non-Jews.
- Denying the fact, scope, mechanisms (e.g., gas chambers), or intentionality of the genocide of the Jewish people at the hands of National Socialist Germany and its supporters and accomplices during World War II (the Holocaust).
- Accusing the Jews as a people, or Israel as a state, of inventing or exaggerating the Holocaust.
- Accusing Jewish citizens of being more loyal to Israel, or to the alleged priorities of Jews worldwide, than to the interests of their own nations.
Examples of the ways in which anti-Semitism manifests itself with regard to the state of Israel taking into account the overall context could include:
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Denying the Jewish people their right to self-determination (e.g., by claiming that the existence of a State of Israel is a racist endeavor).
- Applying double standards by requiring of it a behavior not expected or demanded of any other democratic nation.
- Using the symbols and images associated with classic anti-Semitism (e.g., claims of Jews killing Jesus or blood libel) to characterize Israel or Israelis.
- Drawing comparisons of contemporary Israeli policy to that of the Nazis.
- Holding Jews collectively responsible for actions of the state of Israel.
However, criticism of Israel similar to that leveled against any other country cannot be regarded as anti-Semitic.
Anti-Semitic acts are criminal when they are so defined by law (e.g., denial of the Holocaust or distribution of anti-Semitic materials in some countries).
Criminal acts are anti-Semitic when the targets of attacks, whether they are people or property--such as buildings, schools, places of worship and cemeteries--are selected because they are, or are perceived to be, Jewish or linked to Jews.
Anti-Semitic discrimination is the denial to Jews of opportunities or services available to others and is illegal in many countries.
Source: http://fra.europa.eu/fra/material/pub/AS/AS-WorkingDefinition-draft.pdf
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