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Nachfragedämpfer für das rote Gold

Die Kupferpreise sind auf 7000 Dollar je Tonne gefallen – dies trifft besonders Chile hart

Von Knut Henkel *

Nach Jahren des Booms sind die Kupferpreise längst wieder im Fallen begriffen. Trotz höherer Förderung landen weniger Devisen in den Kassen der Förderländer.

Chile ist der weltweit wichtigste Exporteur von Kupfer. 2,78 Millionen Tonnen haben die chilenischen Minen laut dem nationalen Statistikinstitut im ersten Halbjahr produziert. Der Juni war mit 482 252 Tonnen sogar einer der produktivsten Monate überhaupt. Kein Wunder, denn die Produktionskapazitäten wurden angesichts der gestiegenen Nachfrage besonders aus Asien in den letzten Jahren hochgefahren. 2012 importierte allein China 4,65 Millionen Tonnen – rund ein Viertel der weltweiten Förderung – so viel wie nie zuvor.

Doch seit Jahresbeginn sind nicht nur die Bestellungen aus China rückläufig, sondern auch aus Indien und anderen Regionen der Welt. Folgerichtig gibt der Weltmarktpreis nach, der Anfang 2011 sein Allzeithoch von gut 10 000 US-Dollar pro Tonne erreicht hatte. Danach ging es bergab wegen der Euro-Krise und der dort lahmenden Konjunktur. Die Preise für das rot-gelbe Metall pendelten zwischen 7200 und 8500 Dollar. Das spekulative Geld war, so heißt es beim größten europäischen Kupferanbieter, Aurubis, aus dem Markt geflüchtet. Die rückläufige Nachfrage aus China, Indien, Thailand und anderen asiatischen Ländern, die mittlerweile für rund 60 Prozent des weltweiten Bedarfs verantwortlich sind, sorgen dafür, dass die Preise weiter nachgeben – derzeit liegen sie um die 7000 Dollar pro Tonne.

Für den starken Preisrückgang von rund 23 Prozent seit Jahresbeginn mitverantwortlich ist auch die für China gesenkte Wachstumsprognose von IWF und Weltbank. Weniger Wachstum bedeutet weniger Kupfernachfrage. Dies sorgt bei den Anbietern – neben Chile auch Indonesien, die USA und Peru – für lange Gesichter.

Trotz zunehmender Förderung landen derzeit weniger Devisen in den Kassen. Ein Phänomen, das auch bei anderen Rohwaren zu beobachten ist und zahlreiche Länder Lateinamerikas trifft. Ob Silber, Gold, Sojabohnen und Kaffee – alle diese Produkte werden zu niedrigeren Kursen gehandelt. Dies könnte einen konjunkturellen Dämpfer für die Region nach sich ziehen, denn 74 Prozent der Exporte entfallen auf Rohwaren. Lateinamerika hatte seit 2002 überproportional von der hohen Nachfrage aus Asien nach Industriemetallen und Lebensmitteln profitiert. Ein Konjunktureinbruch dort hat ökonomische Folgen für die Länder zwischen Feuerland und Rio Grande. Viele hängen nach wie vor von einem oder einigen wenigen Exportprodukten maßgeblich ab. In Venezuela ist es Erdöl, in Bolivien Erdgas, in Paraguay sind es Sojabohnen und in Peru Gold, Silber, Kupfer und Blei. Ein Dilemma, unter dem selbst die Konjunkturlok Lateinamerikas zu leiden hat: Brasilien. Eisenerz, Kaffee, Orangen und Soja dominieren mehr als die Hälfte der Exporte. Die Herausforderung in Brasilia wie auch in Santiago de Chile oder Caracas lautet: Diversifizierung.

* Aus: neues deutschland, Samstag, 10. August 2013


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