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"Wir wollen zum Eingreifen für den Frieden ermuntern"

Die Kampagne "Lernen für den Frieden" will den Einfluß der Bundeswehr auf Schulen zurückdrängen. Ein Gespräch mit Peter Förster


Peter Förster ist in der Kampagne »­Lernen für den Frieden« aktiv.


Sie sind Mitbegründer der im Juni gestarteten Kampagne »Lernen für den Frieden«. Welches Ziel verfolgen Sie damit?

Schulen und Hochschulen müssen ihren Beitrag für eine menschenwürdige und friedliche Entwicklung der Welt leisten. Dafür sollen die Bildungseinrichtungen strikt zivil ausgerichtet werden; der Einfluß von Rüstungsindustrie und Militär muß abgeschafft werden. Wir treten damit für eine gesellschaftliche Entwicklung ein, die von Aufklärung, Solidarität und der Autorität von Argumenten geprägt ist. Jeder kann auf unserer Website Unterschriftenlisten ausdrucken und sich beteiligen.

Bisher sind nur 2200 Unterschriften zusammen gekommen. Warum nur so wenig?

Immerhin ist schon in einigen Städten gesammelt worden. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, daß viele Menschen die Versuche der Militarisierung von Bildung und Wissenschaft ablehnen, aber unsicher sind, ob sich daran etwas ändern läßt. Wir haben uns bewußt dafür entschieden, daß man nur auf ausgedruckten Listen und nicht online unterschreiben kann, weil wir auf Gespräche mit den Mitmenschen setzen. Wir wollen sie zum Eingreifen für Frieden und sozialen Fortschritt ermutigen. Wir brauchen einen Mentalitätswechsel, jeder kann damit bei sich selbst beginnen.

Sind Aktionen geplant, um die Kampagne voranzutreiben?

Die unterschriebenen Listen wollen wir am 5. Dezember der Kultusministerkonferenz in Bonn übergeben. Für diesen Tag planen wir auch eine Kundgebung, auf der Homepage werden wir dazu Näheres bekanntgeben. Bis dahin wollen wir mindestens 10000 Unterschriften gesammelt haben. Das ist der Stand der bisherigen Überlegungen; wer weiter informiert werden will, kann sich mit einer Mail in unseren Newsletter eintragen.

In vielen Schulordnungen der Bundesländer ist eine Erziehung zum Frieden bereits vorgesehen. Gibt es in diesen Ländern keine Unterschriftensammlung?

Unterschriften können in der ganzen Bundesrepublik gesammelt werden, jeder darf unterzeichnen. Als Schlußfolgerung aus dem Sieg über den Faschismus wurde das Thema »Frieden« – auch als Ziel und Aufgabe von Bildung! – sogar in Landesverfassungen und in dem von Deutschland ratifizierten UN-Sozialpakt berücksichtigt. Schulen und Hochschulen haben die Aufgabe, mündige Persönlichkeiten heranzubilden, die sich für eine friedliche Welt einsetzen.

In vielen Bundesländern wurden allerdings Kooperationsvereinbarungen mit der Bundeswehr abgeschlossen; Jugendoffizieren wird so ermöglicht, in den Schulen Unterrichtstunden zu halten, Einfluß auf die Ausbildung von Referendaren zu nehmen und so die aktuellen Kriege zu legitimieren und für den Soldatenberuf zu werben. Diese Vereinbarungen müssen aufgekündigt werden. »Friedensbildung« kann nicht von Angehörigen einer kriegführenden Armee vermittelt werden.

Die gegenwärtige Krise erfaßt doch unser gesamtes Bildungssystem: Es wird zu wenig dafür ausgegeben, deswegen ist es von externen Geldgebern abhängig. Der Konkurrenz- und Leistungsdruck nimmt so zu, daß man ihm nur noch durch stupide Paukerei begegnen kann – für alle Beteiligten ist das sehr aufreibend.

Das muß dringend anders werden. Gerade jetzt kommt es darauf an, sich kritisch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen auseinanderzusetzen. Die soziale Ungleichheit muß ebenso abgeschafft werden wie das zerstörerische Konkurrenzprinzip. Nur Frieden schafft Frieden.

www.lernenfuerdenfrieden.de

Interview: Michael Schulze von Glaßer

* Aus: junge Welt, Freitag, 27. September 2013


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