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"Flugzeugträger" Grafenwöhr: Trainingsplatz für US-Eliteeinheiten

Ausbauplanung für "Antiterror-Krieg" - Stadt: "Es ist ruhiger geworden"

In letzter Zeit ist der Truppenübungsplatz Grafenwöhr wieder ins Gerede gekommen. Er soll zum Zweck des US-Krieges "gegen den Terror" ausgebaut werden. Ein heikles Thema vor dem Hintergrund der Versicherung der Bundesregierung, den drohenden Krieg gegen Irak nicht mittragen zu wollen.
Wir dokumentieren im Folgenden
  • einen Beitrag des Bayerischen Rundfunks vom 7. November 2002 über das US-Trainingscamp,
  • einen älteren Beitrag (Februar 2002) aus einer oberpfälzischen Internetzeitung zum selben Thema,
  • die Selbstdarstellung der Stadt Grafenwöhr, worin der Truppenübungsplatz in recht beschaulicher Art als ein Segen (Arbeitsplätze!) für die Menschen in der Region dargestellt wird.

Grafenwöhr soll ausgebaut werden

Der amerikanische Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz gilt schon jetzt als das wichtigste Trainingslager der amerikanischen Streitkräfte in Europa. Über 2500 Soldaten und deren Familienangehörige sind bislang auf dem ca. 23.000 Hektar großen Gelände stationiert. Doch die USA scheinen mit dem Trainingscamp noch Größeres vorzuhaben: In der US-Basis soll eine Spezialtruppe zum Kampf gegen den Terrorismus zusammengezogen werden. Den Planungen zufolge sollen dort demnächst alle in Deutschland bislang verstreut stationierten US-Spezialeinheiten zusammengelegt werden und eine weltweit agierende 'Schnelle Eingreiftruppe' bilden.

Weitere 3400 Soldaten werden erwartet Innerhalb der nächsten zwei Jahre werden in Grafenwöhr demnach weitere rund 3400 Soldaten mit ihren Familienangehörigen stationiert. Diese Einheit soll dann in der Lage sein, innerhalb weniger Tage überall in der Welt auch im Kampf gegen den Terrorismus eingesetzt zu werden. Dies berichtete die Zeitung 'Nürnberger Nachrichten' unter Berufung auf ein vertrauliches Schreiben. Damit würde Grafenwöhr zur zentralen Drehscheibe in Europa für amerikanische Militäreinsätze und - wie in diversen Medienberichten vermutet wird - die 'amerikanische Basis in Europa im Anti-Terror-Kampf und bei Einsätzen gegen Al-Kaida'.

Investitionen in Höhe von 1,2 Millionen Euro geplant

Geeignet dazu ist der Truppenübungsplatz Grafenwöhr allemal: Er liegt direkt an der Autobahn A9 und bietet den Anti-Terror-Soldaten auch mit dem nahegelegenen Nürnberger Flugplatz beste Standortbedingungen. Für den Bau des neuen Camps sind nun angeblich Investitionen in Höhe von ca. 1,2 Milliarden Euro geplant: 676 Mio. Euro sollen dabei in den Ausbau der militärischen Infrastruktur fließen, weitere 500 Mio. Euro in den Bau von Wohnungen, Strassen, Supermärkten und Kirchen für die US-Soldaten und ihre Angehörigen. Nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsminsteriums müssten für dieses neue Trainingscamp 80 Hektar Wald gerodet werden. Diese Pläne stossen bei der Bevölkerung jedoch auf Widerstand: Es hat sich bereits eine Bürgerinitiative formiert, die sich gegen drohende Lärmbelästigungen durch Militärübungen zur Wehr setzen will.

Pläne stossen auf Widerstand bei der Bevölkerung

Darüber hinaus drängen die USA angeblich auf den Verzicht der eigentlich obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfung, die nach deutschem Recht bei Großprojekten vorgeschrieben ist. Statt dessen soll nun anscheinend lediglich eine Umweltverträglichkeitsstudie erstellt werden, die weniger umfassend ist und daher auch schneller abgeschlossen werden kann. Auch dies nehmen die Anwohner von Grafenwöhr und der Nachbarstadt Auerbach mit Besorgnis zur Kenntnis. Denn der Truppenübungsplatz verursacht angeblich jetzt schon Umweltprobleme. Laut den Bürgermeistern der beiden Anliegergemeinden, Helmut Ott und Helmuth Wächter, habe die Stadt Auerbach bereits zwei Trinkwasserquellen wegen Verseuchung mit Sprengstoff-Chemikalien schließen müssen. Sollte die Antiterror-Brigade in Grafenwöhr neue biologische und chemische Waffen testen, befürchten beide Beeinträchtigungen für die Umwelt und sehen die Gesundheit ihrer Bürger gefährdet.

Quelle: Bayerischer Rundfunk, 7. November 2002, Sendung "querpunkt"

Der "Flugzeugträger"
Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird für eine Milliarde Euro ausgebaut


... Der US-Kongress hat das Gesamtprogramm genehmigt. Offenbar führt die Bedrohung durch die so genannten Schurkenstaaten wie den Irak zu großen militärischen Anstrengungen. Von der amerikanischen Rolle als "Weltpolizist" profitiert nun Ostbayern. Schon beim letzten Golfkrieg spielte Grafenwöhr als Nachschubbasis und Trainingslager eine große Rolle, jetzt wird der größte Truppenübungsplatz Europas mit einer zusätzlichen Brigade - etwa 3000 bis 4000 Soldaten - ausgestattet.

Damit müssen Gebäude - Kasernen, Wohnhäuser für die Familien, Infrastruktur - für ca. 8000 Personen im Raum Grafenwöhr/Vilseck buchstäblich aus dem Boden gestampft werden. Etwa drei Jahre lang wird jeden Tag für etwa eine Million Euro gebaut. Das wird eine gewaltige Flut von Aufträgen für die Region nach sich ziehen. Der Grafenwöhrer Raum, sonst mit weltlichen Gütern nicht reich gesegnet, wird zur Goldgrube, zum Eldorado Ostbayerns. Erwin Huber, der Chef der Bayerischen Staatskanzlei, hatte in einer CSU-Kreisversammlung in Grafenwöhr das gigantische Vorhaben bestätigt. 625 Millionen Euro werden in den Ausbau des Übungsplatzes gepumpt. Weitere 350 Millionen Euro sind für den Bau von Straßen, Kanälen und anderer Infrastruktur-Komponenten außerhalb des Schießplatzes vorgesehen.

In Grafenwöhr und anderen Anrainergemeinden werden 1600 Wohnungen entstehen. Schon jetzt ist etwa jede vierte Familie im Raum Grafenwöhr von den Amerikanern abhängig.

20.02.2002

Quelle: http://www.oberpfalznetz.de/zeitung/0,2123,32342-1,00.html
Bei dieser Internetzeitung handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt von:
Der neue Tag (Weiden), Amberger Zeitung, Sulzbach-Rosenberger Zeitung


Stadt Grafenwöhr - 22.03.02

Der Übungsplatz heute


Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr wurde durch die US-Armee zu einem der modernsten Übungsplätze in Europa ausgebaut. Hier lässt sich mit allen Waffengattungen üben.

Das Leben in und um Grafenwöhr und seinen Truppenübungsplatz ist heute ruhiger geworden. Die Amerikaner haben die Infrastruktur im Lager ausgebaut. Es sind eigene Wohnviertel, dazu Schulen, Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen entstanden, die den Soldaten und ihren Familien eine weitgehend autonome Versorgung im Lager ermöglichen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges ist auch die militärische Übungstätigkeit zurückgenommen worden. Der Lärmpegel, der mal fernere, mal nähere Geschützdonner, der Grafenwöhr über Jahrzehnte begleitet hat, hat merklich abgenommen. Die seither eingetretenen Reduzierungen in den Militärhaushalten dies- und jenseits des Atlantiks machen sich auch in Grafenwöhr bemerkbar.

Der Truppenübungsplatz ist nach wie vor der größte Arbeitgeber für das Umland, doch die Beschäftigtenzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Von einem Höchststand 1987 mit 3687 Beschäftigten fielen die Zahlen bis 1998 auf 2079. Die Menschen und die Gemeinden müssen sich nach alternativen Erwerbsmöglichkeiten umsehen. Davon zeugt das vor einigen Jahren eröffnete Gründerzentrum in Grafenwöhr und mehrere neuerschlossene Gewerbe- und Industriegebiete. Auch die geltenden rechtlichen Grundlagen haben sich auf dem Truppenübungsplatz verändert. Aus den amerikanischen Truppen, die den Platz zunächst nach Besatzungsrecht übernahmen, wurden über die Jahre Verbündete, die hier auch das Hausrecht ausübten. Seit 1956 sind wieder deutsche Truppen auf dem Truppenübungsplatz tätig, um deren Interessen sich über all die Jahre ein Bundeswehr-Verbindungskommando kümmerte.

Mit der Wiedererlangung der vollen Souveränität unseres Landes nach der Wiedervereinigung, wurde dieses Kommando 1997 zum sogenannten „Deutschen Militärischen Vertreter“ (DMV) umstrukturiert, dem gegenüber früher erweiterte Mitspracherechte eingeräumt wurden. Seither weht vor dem US-Hauptquartier im Lager neben der amerikanischen auch die deutsche Bundesflagge. Die Amerikaner, die seit 1945 autonom über alle inneren Belange des Truppenübungsplatzes bestimmen konnten, sind heute in wichtigen Fragen zur Rücksprache mit deutschen Behörden verpflichtet. So kann zum Beispiel eine Intensivierung und zeitliche Ausweitung der Schießtätigkeit heute nur noch mit Genehmigung des deutschen Bundesverteidigungsministeriums stattfinden.

Quelle: Homepage der Stadt Grafenwöhr:
http://www.grafenwoehr.de/home/index.asp?sid=&topnavid=5&navid=0&tid=1&bnavid=0&naid=196


Ein weiterer Bericht zu Grafenwöhr


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