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Krieg von Kalkar aus? Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erteilt Friedensbewegung eine Absage

Brief der VVN-BdA "beantwortet": Arbeit von Bundeswehr und NATO basieren "in vollem Umfang auf den Vorgaben unseres Grundgesetzes"


Die nordrhein-westfälische VVN-BdA hatte am 11. Juli an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in Düsseldorf einen Brief geschrieben, der am 7. August beantwortet wurde.
Wir dokumentieren im Folgenden den Wortlaut des Briefes aus der Friedensbewegung. Die Antwort der Staatskanzlei kann hier im Faksimile angesehen werden: "... Die Bundeswehr ist Teil unseres freiheitlichen und demokratzischen Rechtsstaates ..."
Der Brief aus der Friedensbewegung, zu der die VVN-BdA gehört, lautete:



Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!

Vom 12. bis 23. Mai dieses Jahres übte die Bundeswehr im seit langer Zeit größten Maßstab. Die Übung hieß JAWREX 2014, was soviel wie Vereinte taktische Luftkriegsübung (Joint Air Warfare Tactical Exercise) bedeutet. Entsprechend heutiger, vor zwei Jahren bei einer Militärtagung in Kalkar begründeten NATO-Regel war es eine Luftkriegsübung, denn die Kriege der Zukunft sind solche in der Luft, ob mit oder ohne Piloten an Bord. Über 4000 Soldaten und Offiziere mit 100 Flugzeugen nahmen teil. Ihr Einsatzgebiet: Mecklenburg-Vorpommern, nur wenige hundert KM von der Ukraine entfernt. Hinzu kamen noch die rund 800 Experten, die von Kalkar/Uedem am Niederrhein aus die Übung kommandierten. Also aus unserem Bundesland, das somit in die aktuelle bedrohliche Lage eingebunden war und noch ist.

Von hier werden schon jetzt Eurofighter und AWACS-Flugzeuge ganz nah an die russische Grenze herangeführt, und von Kalkar/Uedem soll ein Kampfdrohnenkrieg auch in aller Welt ermöglicht werden. 1600 Fachleute des Tötens werden dort stationiert. Sie dirigieren Eurofighter auch überm deutschen Luftraum, und bei einem permanenten Manöver starben am 23. Juni dieses Jahres im Sauerland/NRW zwei Piloten. Gleichartige Manöver werden von Kalkar aus in den baltischen Ländern ab April 2014 ständig durchgeführt.

In den Medien erfuhr man so gut wie nichts über die Kriegsspiele der Bundeswehr und NATO auf deutschem Boden. Was ist mit Kalkar? Im Herbst 2011 konnte man in Provinzzeitungen vom Niederrhein lesen: Von Kalkar aus wird durch die NATO künftig der gesamte Luftraum nördlich der Alpen observiert und „gesichert“. In ihm wird bewaffnet operiert – mit bemannten und unbemannten Flugobjekten. Dieser Luftraum umfaßt fast das gesamte Russland. Im - vorläufig virtuellen - Einsatz können Flugzeuge abgeschossen oder „Terroristen“ in weiter Ferne unschädlich gemacht werden. “Wenn die NATO Krieg spielt“, stand über dem Artikel.

Inzwischen erfuhren wir mehr – wieder durch ein Provinzblatt: „Der Luftwaffenstandort Kalkar wächst“ (Rheinische Post, Niederrhein-Ausgabe Kleve, 6. März 2014). Zur Vorgeschichte des exorbitanten Luftwaffenkommandos in Kalkar/Uedem gehört, dass die Luftwaffe die Zahl der Drohnenpiloten und antirussischen Raketenschirmbesatzungen auf 1000 Experten des Tötens verdoppelt hat und noch weitere 400 Arbeitsplätze für Mordkommandos und den antirussischen Raketenschirm plant, dessen Arm bis weit hinter Kiew und Moskau reicht. In kleinen afp-Meldungen wie in der Westfälischen Rundschau, 3. Februar 2012, war zu lesen: Die Bundesregierung habe dem Aufbau des Nato-Raketenschildes im rheinland-pfälzischen Ramstein zugestimmt und wolle Patriot-Raketen bereitstellen.

Ramstein und Kalkar stehen unter amerikanischem Oberbefehl, wie aus einer Mitteilung der Stadt Stuttgart vom 24.04.2014 hervorgeht. Dort wurde von Oberbürgermeister Fritz Kühn (Grüne) der US-Luftwaffengeneral Philip M. Breedlove empfangen, der „zuvor Kommandeur der US-Luftstreitkräfte in Europa und Afrika, der Nato-Luftstreitkräfte Ramstein und Direktor des Kompetenzzentrums der Nato-Luftstreitkräfte mit Sitz im nordrhein-westfälischen Kalkar“ war. Nunmehr sei er „Kommandeur des amerikanischen Europakommandos mit Sitz in Stuttgart (Eucom) und Oberbefehlshaber für Nato-Operationen (Saceur).“

Der Raketenschirm muß Russland beunruhigen. In Erinnerung rufen wir die alte Erkenntnis der Friedensbewegung: Raketen sind Magneten. Der Schirm entsteht in Ramstein – von wo aus die USA ihren Kampfdrohnenkrieg führen – und in Kalkar/Uedem, wo die Nato und die BRD den Drohnenkrieg vorbereiten. In Ramstein wie Kalkar kommandiert als oberster Kommandeur ein US-General.

Die Kriegsvorbereitungen dort, müssen auch im Zusammenhang mit der gefährlichen Entwicklung in der Ukraine gesehen werden.

Im Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 steht die Verpflichtung, daß das „vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.“ (Art. 2 Satz 3). Es sind unzählige Handlungen der Regierung bekannt, die dem widersprechen. Die Einrichtung des Luftkommandos in Kalkar gehört dazu.

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin!

In den gegenwärtigen zugespitzten Zeiten ist es unserer Meinung nach erforderlich, daß sich auch die Landespolitik mit dem Ringen um Frieden und der Verhütung von Kriegen befaßt – noch dazu wenn die Entwicklung – wie geschildert – eine besondere Gefährdung für unser Nordrhein-Westfalen bedeutet. Wir bitten Sie dringend, sich dieser Vorgänge anzunehmen und hoffen sehr, daß sie wie wir zu dem Schluß kommen, daß in Kalkar/Uedem ein Rückbau der Militäranlagen entsprechend dem Friedensauftrag des Grundgesetzes wie auch der Landesverfassung erfolgen muß. In Kalkar/Uedem muß abgerüstet werden; Das Luftkommando am Niederrhein muß aufgelöst werden.

Mit freundlichen Grüßen
VVN-BdA NRW

Lesen Sie die Antwort der Staatskanzlei:

"... Die Bundeswehr ist Teil unseres freiheitlichen und demokratischen Rechtsstaates ..."
Brief der Staatskanzlei von NRW an die VVN-BdA vom 7. August 2014 (pdf)




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