Gedenken an Bali-Anschlag vor zehn Jahren
Strenge Sicherheitsvorkehrungen auf der indonesischen Insel
Von Thomas Berger *
Der 12. Oktober 2002 hat sich in Indonesien
ähnlich ins kollektive Gedächtnis
eingebrannt wie in den USA
der 11. September ein Jahr zuvor: Auf
der Insel Bali explodierten seinerzeit
Sprengsätze und töteten 202 Menschen
unterschiedlicher Nationalität.
Kurz vor den Gedenkfeiern zum
zehnten Jahrestag des Terroranschlags
von 2002 wurden auf der
indonesischen Ferieninsel die Sicherheitsmaßnahmen
verschärft. Dies geschah auch unter dem Eindruck
neuer Sprengstoffattacken
und der Festnahme diverser mutmaßlicher
Terroristen.
Am 12. Oktober 2002 war das
sonst so friedliche, ausgelassenturbulente
Urlaubsparadies im
mittleren Osten des Inselstaates
von zwei Bombenexplosionen in
der Stadt Kuta erschüttert worden.
Mehr als 200 Menschen, die meisten
ausländische Touristen, darunter
88 Australier, aber auch
viele Einheimische, fanden den
Tod.
Zehn Jahre später ist eine große
Erinnerungsfeier geplant. 4000
Gäste werden erwartet, davon allein
1000 aus Australien, angeführt
von Premierministerin Julia
Gillard. Doch nicht nur dies war
Anlass, bestimmte Einrichtungen
auf der Insel verstärkt zu bewachen
und mehr Polizisten als sonst
zum Streifendienst auf den Straßen
und an den Stränden zu schicken.
Die Furcht sitzt tief, dass etwas
Ähnliches wieder geschehen
könnte. Denn nicht nur Bali wurde
seither ein weiteres Mal – 2005 –
von einem Terrorakt erschüttert,
auch landesweit gab es etliche Anschläge
radikaler Untergrundgruppen.
Ketut Untung Yoga Ana, der
stellvertretende Polizeichef der
Tropeninsel, sagte der Tageszeitung
»Jakarta Globe«, dass man
etwa 1000 Beamte bereithalte, um
die Gedenkveranstaltung zu
schützen. Sie sollen sich eng mit
australischen Sicherheitskräften
abstimmen. Schließlich reist aus
Canberra nicht nur die Regierungschefin
an. Auch der konservative
Expremier John Howard,
der zum Zeitpunkt des Anschlags
amtierte, 25 Spitzenpolitiker, der
Polizeichef und weitere 690 Offizielle
werden aus dem südlichen
Nachbarland erwartet.
Die indonesische Polizei war in
jüngerer Vergangenheit selbst
mehrfach Ziel von Anschlägen. So
sprengte sich voriges Jahr in Cirebon
auf der Hauptinsel Java ein
Selbstmordattentäter in einer Moschee
in die Luft, die den Beamten
einer nahen Polizeiwache als Gebetsort
diente. 23 Menschen, die
meisten Angehörige der Sicherheitskräfte,
wurden teils schwer
verletzt. In der Großstadt Solo auf
Java gab es gleich drei Angriffe auf
Polizeiposten. Die Serie wird einer
Gruppierung zugeschrieben, deren
mutmaßlicher Bombenbastler
Muhammad Toriq sich kürzlich
der Polizei stellte und preisgab,
dass mindestens vier weitere Anschläge
im Großraum der Hauptstadt
Jakarta geplant gewesen seien.
Ziel wäre auch die Zentrale der
nationalen Polizei gewesen.
Yusuf Rizaldi, ein weiterer
mutmaßlicher Topterrorist, ließ
sich drei Tage nach seinem Kumpan
von den Sicherheitskräften im
Norden der Insel Sumatra festnehmen.
Die Aussagen beider
führten dazu, dass die Antiterroreinheit
der Polizei zehn weitere
Männer unter dem Vorwurf inhaftierte,
Mitglieder des Untergrundnetzes
zu sein. Zwei wurden
inzwischen wieder auf freien Fuß
gesetzt, die Anklage gegen sie ließ
sich nicht erhärten. Gleichwohl
zählen die Festnahmen zu den
größten Erfolgen Indonesiens im
Antiterrorkampf, seit einige Beteiligte
des Bali-Anschlags aufgespürt
und verurteilt wurden und
der meistgesuchte Bombenbauer
Noordin Mohammad Top 2009 bei
einem Schusswechsel mit der Polizei
starb.
Noordin Top wurden nicht nur
weitere Terrorakte zur Last gelegt,
er soll auch zu den Drahtziehern
des regionalen Netzes gehört haben.
Die radikale Jemaah Islamiyah
(JI), der neben dem Bali-Anschlag
viele weitere Attacken zugeschrieben
werden, soll Zellen in
Indonesien, Malaysia, Thailand,
Singapur und auf den Philippinen
unterhalten. Weder Politik noch
Polizei haben aber bisher stichhaltige
Beweise für die Existenz
eines straff organisierten Netzwerkes
vorlegen können, auch die
Stärke der JI ist ein Rätsel. Bei den
derzeit aktiven Gruppen handelt es
sich offenbar um lokale Einheiten,
die kaum über Kontakte zu einer
höheren Ebene verfügen.
* Aus: neues deutschland, Freitag, 12. Oktober 2012
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