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Islamischer Staat droht Putin

Terrororganisation will den Dschihad auf den russischen Nordkaukasus ausdehnen

Von Irina Wolkowa, Moskau *

In den Reihen des Islamischen Staates (IS) sollen bereits 2000 Bürger Russlands kämpfen. Moskau sieht den IS als »tödliche Gefahr«.

Das Video ist echt und inzwischen von der russischen Aufsichtsbehörde für Telekommunikation Roskomnadsor gesperrt – es könnte schlafende Hunde wecken. Denn die Führung der Terrororganisation Islamischer Staat droht darin, den Dschihad – den Heiligen Krieg gegen »Ungläubige« – auch auf den russischen Nordkaukasus auszudehnen. Was russische Geheimdienstler dabei besonders verstört: Die Extremisten verfügen offenbar über eine Art Luftwaffe. Denn das Video wurde im Cockpit eines – fliegenden – Kampfjets aufgenommen.

Ein weiteres wurde in einem Auto gedreht und enthält persönliche Drohungen an Kremlchef Wladimir Putin. »Dein Thron«, so der Originalton, »wankt bereits. Er wird bei unserer Ankunft endgültig fallen.« Und weiter: »Wisse, o Wladimir Putin, dass wir die Flugzeuge, die Du Baschar (al-Assad – die Red.) geschickt hast, durch die Gnade Allahs jetzt gegen Dich selbst einsetzen werden.«

Zwar schoss Tschetschenen-Präsident Ramzan Kadyrow umgehend verbal zurück: Wer es wagt, Russland zu bedrohen und den Namen des Präsidenten so im Munde zu führen, tönte er in seinem Instagram-Account, werde dort »liquidiert«, wo er die Tat beging. In Syrien oder in Irak also. Kadyrow rechnet offenbar auf Unterstützung der mehrere Millionen zählenden tschetschenischen Diaspora im Nahen Osten.

In Tschetschenien selbst, sagte er bei Radio Echo Moskwy, würden die Extremisten nicht Fuß fassen können. Bei den Restbeständen der Untergrundkämpfer in den Bergen handle es sich nicht um Gotteskrieger, sondern um »gewöhnliche Kriminelle ohne Ideale«.

Die anderen Herrscher im russischen Nordkaukasus haben ihre Gebiete weniger fest im Griff, kämpfen mit hoher Arbeitslosigkeit und anderen sozialen Problemen sowie ungelösten ethnischen Konflikten zwischen Volksgruppen, die zur Sowjetzeit in künstlichen Verwaltungseinheiten zwangsvereinigt wurden. Um der Misere daheim zu entgehen, kämpfen junge Männer aus der Region, vor allem aus Dagestan, seit Ende der Sowjetunion weltweit – von Afghanistan über Kosovo bis zum Maghreb – für ein Kalifat: einen sozial gerechten islamischen Gottesstaat,

Die Terrororganisation Islamischer Staat ist für Michail Margelow, Chef des Außenpolitischen Ausschusses im Senat, eine »tödliche Gefahr« nicht nur für Moskau, sondern für ganz Europa. In seinen Reihen würden derzeit bereits über 2000 Bürger Russlands kämpfen. Darunter auch aus den muslimischen Regionen an der Wolga, wo extremistische Seitenrichtungen des Islam bisher nicht salonfähig sind.

Auf einer IS-Karte mit Gebieten, in den das Terrornetzwerk aktive Gruppen unterhält, sind Kaukasus und Wolga fett schraffiert dargestellt. IS-Zellen, so Alexander Ignatenko vom Institut für Religion und Politik gegenüber der Moskauer Tageszeitung »Nesawissimaja Gaseta«, würden im gesamten, religiös durchmischten Süden Russlands tätig sein. Auf ihr Konto gehe unter anderem der Doppelanschlag in Wolgograd Ende vergangenen Jahres.

* Aus: neues deutschland, Freitag 5. September 2014


Al Quaida gründet Ableger in Asien

Ziel ist ein »Kalifat« in Myanmar, Bangladesch und Teilen Indiens **

Al-Qaida-Führer Aiman al-Sawahiri hat die Gründung eines neuen Ablegers des Terrornetzwerks auf dem indischen Subkontinent bekannt gegeben. Ziel sei die Errichtung eines »Kalifat« in Myanmar, Bangladesch und Teilen von Indien, sagte al-Sawahiri nach Angaben des auf die Überwachung islamistischer Webseiten spezialisierten US-Unternehmens Site in einem am Mittwoch verbreiteten Video. Die Organisation mit dem Namen »Kaidat al-Dschihad« solle die »künstlichen Grenzen« zwischen den muslimischen Bevölkerungen in der Region durchbrechen.

»Diese Einheit wurde nicht erst heute aufgestellt, sondern ist das Ergebnis der gesegneten Bemühungen von mehr als zwei Jahren, um die Mudschaheddin auf dem indischen Subkontinent in einer einzigen Einheit zu versammeln«, sagte al-Sawahiri.

Der Al-Qaida-Führer rief die muslimische Gemeinschaft auf, den Kampf gegen die Feinde aufzunehmen. Als Anführer des neuen Ablegers wurde demnach ein pakistanischer Islamist namens Asim Umar bestimmt. Die tatsächliche Schlagkraft der Einheit ist unklar.

Seit ihrer Gründung Ende der 1980er Jahre verübte Al-Qaida zahlreiche Terroranschläge. Das Terrornetzwerk führte insbesondere am 11. September 2001 die Attacken mit Passagierflugzeugen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington aus, bei denen fast 3000 Menschen getötet wurden. In den vergangenen Jahren wurde die Führungsriege des Terrornetzwerks im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet allerdings durch US-Drohnenangriffe deutlich dezimiert.

Im Mai 2011 erschoss eine US-Spezialeinheit den Al-Qaida-Gründer Osama bin Laden in seinem Versteck im pakistanischen Abbottabad. Von diesen Rückschlägen konnte sich die Organisation bisher nicht erholen. Derzeit steht Al-Qaida im Schatten der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS), die ganze Landstriche in Syrien und im Irak unter ihre Kontrolle gebracht und dort ein »Kalifat« ausgerufen hat.

** Aus: neues deutschland, Freitag 5. September 2014


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