Vieles wurde erreicht - noch mehr ist zu tun
Vor drei Jahren legte Kofi Annan seine "Agenda für weitere Veränderungen" der UNO vor. Dokumentation
Zur Ergänzung unseres Dossiers über die UN-Reform dokumentieren wir hier ein Papier, das Kofi Annan am 9. September 2002 der UN-Generalversammlung vorlegte: "Agenda für weitere Veränderungen". Darin wurde eine Zwischenbilanz über das bis dahin Erreichte gezogen, wobei die Reformen sich insbesondere auf den "inneren Dienstbetrieb", die Verwaltung und das Management der Vereinten Nationen bezogen, und ein Ausblick über die noch ausstehenden großen Reformschritte gegeben.
Im Folgenden dokuemntieren wir die Zusammenfasung des 32-seitigen Berichts, der in voller Länge als pdf-Datei hier herunter zu laden ist: Stärkung der Vereinten Nationen: Eine Agenda für weitere Veränderungen.
Stärkung der Vereinten Nationen: Eine Agenda für weitere Veränderungen
Bericht des Generalsekretärs*
Zusammenfassung
Vor zwei Jahren beschlossen die Mitgliedstaaten auf der Millenniums-Versammlung, die
Vereinten Nationen zu einem wirksameren Instrument für die Verfolgung der im Rahmen
der Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen festgelegten Prioritäten zu machen.
Die Notwendigkeit einer starken multilateralen Institution ist nie so deutlich zutage getreten
wie in der heutigen Ära der Globalisierung.
Vieles ist bereits erreicht worden. Die 1997 eingeleiteten Reformen hatten zum Ziel, die
internen Strukturen und die Kultur der Vereinten Nationen neuen Erwartungen und Herausforderungen
anzupassen. Seitdem wurden einige wichtige Erfolge verzeichnet – nicht
zuletzt die Millenniums-Erklärung selbst, die einen klaren Katalog von Prioritäten enthält,
einschließlich präziser, termingebundener Entwicklungsziele. Diese fungieren nun als gemeinsamer
grundsatzpolitischer Rahmen für das gesamte System der Vereinten Nationen.
Die Vereinten Nationen stehen an vorderster Front im Kampf gegen die Armut und die
HIV/Aids-Pandemie. Die Umsetzung des Berichts der Sachverständigengruppe für die
Friedensmissionen der Vereinten Nationen verbessert die Fähigkeit der Organisation, Friedenssicherungseinsätze
und Friedenskonsolidierungsmissionen zu dislozieren und zu steuern,
und sie hat gut auf neue und unerwartete Herausforderungen in Sierra Leone, im Kosovo
und in Osttimor reagiert. Die Vereinten Nationen beweisen größere Kohärenz, und
ihre verschiedenen Elemente arbeiten besser zusammen. Mit einem breiten Spektrum
nichtstaatlicher Akteure wurden fruchtbare Partnerschaften aufgebaut. Kurz, die Organisation
passt sich den Anforderungen der Zeit an und ist effizienter, transparenter und kreativer.
Weitere Veränderungen sind jedoch nötig. In diesem Bericht werden eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen
abgegeben, mit denen erreicht werden soll, dass die Organisation
ihre Aufmerksamkeit auf die von den Mitgliedstaaten festgelegten Prioritäten lenkt und
dass das Sekretariat bessere Dienstleistungen erbringt. Die zwischenstaatlichen Organe
müssen sich jedoch ebenfalls verändern. Die Generalversammlung wie auch der Wirtschafts-
und Sozialrat müssen Anpassungen vornehmen, wenn sie ihr Potenzial realisieren
wollen. Gleichzeitig müssen dem zum Stillstand gekommenen Prozess der Reform des Sicherheitsrats
neue Impulse gegeben werden. Das Arbeitsprogramm der Organisation als
Ganzes sollte zielorientierter sein und weniger, dafür aber produktivere Sitzungen und
weniger, dafür aber nützlichere Dokumente umfassen.
Abschnitt II: Tun, was wichtig ist. Die Vereinten Nationen müssen ihre Tätigkeiten nach den von der Millenniums-Erklärung und den Weltkonferenzen des letzten Jahrzehnts festgelegten
Prioritäten ausrichten. Tätigkeiten, die nicht länger relevant sind, müssen eingestellt
werden, wohingegen die Vereinten Nationen im Hinblick auf neue Fragen beziehungsweise
Fragen, die neue Dringlichkeit gewonnen haben – wie die Globalisierung und
ihre Auswirkungen auf die Entwicklung, die Verfolgung der Millenniums-Entwicklungsziele,
die Konfliktprävention und die Bekämpfung des Terrorismus –, ihr Wissen vertiefen,
zielgerichteter arbeiten und wirksamer tätig werden müssen. Viele weitere Bereiche
verdienen ebenfalls stärkere Aufmerksamkeit.
Der Generalsekretär wird einen gründlich
überarbeiteten Programmhaushaltsplan für den Zweijahreszeitraum 2004-2005
vorlegen, der den neuen Prioritäten der Organisation Rechnung trägt.
Auf spezifische Anfragen der Generalversammlung hin werden zudem in Abschnitt II
zwei Bereiche detaillierter behandelt:
-
Die Förderung und der Schutz der Menschenrechte sind eine grundlegende Voraussetzung
für die Verwirklichung der in der Charta enthaltenen Vision einer gerechten
und friedlichen Welt. Bei der durchgängigen Integration der Menschenrechte im gesamten
System der Vereinten Nationen wurden gute Fortschritte erzielt. Es bedarf
jedoch weiterer Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit der Organisation in diesem
Bereich: die Kapazitäten, über die die Vereinten Nationen verfügen, um
einzelnen Ländern beim Aufbau wirksamer Menschenrechtsinstitutionen behilflich
zu sein, werden verstärkt werden; die Verfahren der Vertragsorgane
werden überprüft werden, um die Berichterstattungspflichten zu vereinfachen;
das System der besonderen Verfahren (Berichterstatter, Arbeitsgruppen usw.)
wird überprüft werden, mit dem Ziel, seine Wirksamkeit durch die Sicherstellung
größerer Konsistenz zu erhöhen, und es wird bessere Unterstützung erhalten;
und das Management des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten
Nationen für Menschenrechte wird gestärkt werden. Der Bericht unterstreicht
außerdem, welche Bedeutung der Menschenrechtskommission zukommt und dass
sie an ihrer Aufgabe festhalten muss, bessere Menschenrechtsstandards auf der ganzen
Welt zu fördern.
-
Die Hauptabteilung Presse und Information leidet auf Grund zu vieler Aufgaben
und Aufträge unter einer Zersplitterung ihrer Bemühungen. Sie wird eine neue
Struktur erhalten, um besser in der Lage zu sein, kohärente Kommunikationsstrategien
auszuarbeiten und die neuen Medien- und Kommunikationstechnologien zu
nutzen. Im Laufe der nächsten drei Jahre wird eine umfassende Evaluierung
der Wirkung und der Kostenwirksamkeit aller Tätigkeiten der Hauptabteilung
vorgenommen werden. Das bestehende Netz der Informationszentren der Vereinten
Nationen wird gestrafft und um regionale Informationszentren gruppiert
werden, wobei Westeuropa den Anfang macht. Der Generalsekretär wird
außerdem Verbesserungen des Managements der Bibliotheken der Vereinten
Nationen und des Publikationsprogramms des Sekretariats in die Wege leiten.
Abschnitt III: Den Mitgliedstaaten besser dienen. Zur Abwicklung ihrer täglichen Arbeit
ist die Organisation auf Unterstützung in Form von Hintergrundmaterial und Dokumenten,
Einrichtungen und Dolmetschdiensten für ihre Sitzungen sowie Berichten und
Aufzeichnungen über ihre Erörterungen angewiesen. In Abschnitt III werden Maßnahmen
zur Verringerung der Anzahl der jährlich vorgelegten Berichte und zur Erleichterung
eines zielorientierteren und umfassenderen Ansatzes in Bezug auf die erörterten
Fragen beschrieben. Darüber hinaus wird aufgezeigt, wie die Planung und Betreuung
von Sitzungen maßgeblich verbessert werden kann, namentlich durch den verstärkten
Einsatz von Informationstechnologien.
Abschnitt IV: Besser zusammenarbeiten. Dieser Abschnitt befasst sich damit, wie die
Koordinierung zwischen den Teilbereichen der Organisation sowie zwischen ihnen und
der Zivilgesellschaft verbessert werden kann.
Seit 1997 wurden wichtige Schritte unternommen, um eine wirksame Koordinierung zwischen
den verschiedenen Stellen der Vereinten Nationen sicherzustellen, die in einem bestimmten
Land tätig sind. Im Rahmen eines bis 2003 auszuarbeitenden Umsetzungsplans
werden die in jedem Land tätigen Organisationen, Fonds und Programme der
Vereinten Nationen nunmehr in der Lage sein, ihre Ressourcen zusammenzulegen
und gemeinsame Programme durchzuführen; gemeinsame Datenbanken und Wissensnetzwerke
werden aufgebaut werden; die residierenden Koordinatoren in größeren
und mittelgroßen Ländern werden eigenes Personal erhalten; und in Postkonfliktländern
werden die Planung, Budgetierung und Mittelmobilisierung für alle
operativen Tätigkeiten der Vereinten Nationen integriert werden.
Wenn die einzelnen Funktionen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Institutionen
der Vereinten Nationen besser koordiniert und wirksamer gemacht werden sollen, müssen
sie zunächst klar definiert werden. Bis September 2003 wird ein Dokument ausgearbeitet,
das klären soll, wer im Bereich der technischen Zusammenarbeit was zu tun hat.
Die Management- und strategischen Planungskapazitäten der Hauptabteilung Wirtschaftliche
und Soziale Angelegenheiten werden verstärkt werden, und die Unterstützung,
die das Sekretariat der Generalversammlung und dem Wirtschafts- und
Sozialrat bei ihrer Behandlung der auf Afrika bezogenen Fragen gewährt, wird besser
koordiniert werden.
Im vergangenen Jahrzehnt hat das Zusammenwirken zwischen den Vereinten Nationen
und der Zivilgesellschaft erheblich zugenommen. Tausende von nichtstaatlichen Organisationen
haben heute förmlichen Konsultativstatus. Mit ihren Beiträgen haben sie die Debatten
bereichert und das Ergebnis zahlreicher zwischenstaatlicher Beratungen beeinflusst.
Im Laufe dieser Entwicklung sind jedoch Probleme aufgetreten. Es ist an der Zeit, eine
Bestandsaufnahme vorzunehmen und nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie die Beziehungen
besser organisiert werden können. Der Generalsekretär wird eine Gruppe
hochrangiger Persönlichkeiten einberufen, die diesbezügliche Empfehlungen abgeben
soll.
Die Beziehungen zwischen den Vereinten Nationen und dem Privatsektor haben sich im
Laufe der letzten Jahre ebenfalls um ein Beträchtliches weiterentwickelt, namentlich
durch die Initiative des Globalen Paktes und die Einrichtung vieler auf Zusammenarbeit
gestützter Partnerschaften mit Unternehmen und Stiftungen, insbesondere der Stiftung für
die Vereinten Nationen. Es wird ein Büro für Partnerschaften eingerichtet, um diese
Aktivitäten unter einem Dach zusammenzufassen.
Abschnitt V: Die Mittel den Prioritäten zuweisen. Das derzeitige Planungs- und Haushaltsverfahren
der Vereinten Nationen ist komplex und arbeitsintensiv. Es umfasst drei
verschiedene Ausschüsse, eine umfangreiche Dokumentation und Hunderte von Sitzungen.
Zu den in Abschnitt V vorgeschlagenen Änderungen gehören ein mittelfristiger
Plan, der sich auf nur zwei (anstatt gegenwärtig vier) Jahre erstreckt und der mit
dem ein Jahr vor der Einbringung des eigentlichen Haushaltsplans vorgelegten Rahmen-
Haushaltsplan kombiniert wird. Das Haushaltsdokument selbst wäre weniger detailliert
und mehr strategisch ausgerichtet und gäbe dem Generalsekretär ein gewisses
Maß an Flexibilität, um bei Bedarf Mittel umzuschichten. Der Bericht enthält außerdem
die Empfehlung, dass die zwischenstaatliche Überprüfung der Pläne und Haushalte
fortan ausschließlich im Fünften Ausschuss der Generalversammlung vorgenommen
werden soll anstatt wie bisher zwischen diesem Organ und dem Programm-
und Koordinierungsausschuss aufgeteilt zu werden (was zu einer großen Menge unnötiger
Doppelarbeit führt). Es werden Maßnahmen ergriffen, um die Friedenssicherungshaushalte
zu straffen und die Verwaltung der zahlreichen Treuhandfonds zu
verbessern, über die die Mitgliedstaaten freiwillige Beiträge zur Ergänzung des ordentlichen
Haushalts zur Verfügung stellen.
Abschnitt VI: Die Organisation und ihre Mitarbeiter: Investitionen in Leistung und Qualität. Schließlich werden in diesem Bericht Vorschläge unterbreitet, die sicherstellen
sollen, dass die Vereinten Nationen auf qualifizierte, flexible und gut geführte Mitarbeiter
zählen können. Diese neuen Initiativen haben den Zweck, die Mobilität der Bediensteten
zwischen verschiedenen Standorten, Funktionen und sogar Organisationen zu fördern und zu belohnen, die Möglichkeiten für Bedienstete des Allgemeinen Dienstes
zu erweitern (die fortan, wie ihre Kollegen im Höheren Dienst, offiziell als internationale
Beamte bezeichnet werden), den Mitarbeitern die Vereinbarkeit von Berufs-
und Privatleben zu erleichtern, die Organisation zu verjüngen, die Eigenverantwortlichkeit
der Führungskräfte zu erhöhen, die Vereinten Nationen verstärkt in
die Lage zu versetzen, mit HIV/Aids am Arbeitsplatz umzugehen, interne Streitigkeiten
zwischen Leitung und Personal besser beizulegen und die Vereinten Nationen
in die Lage zu versetzen, ein konkurrenzfähigeres Besoldungs- und Sozialleistungssystem
anzubieten.
***
Die in diesem Bericht beschriebenen Maßnahmen summieren sich zu einer ganz anderen
Art des Vorgehens als bisher. Sie werden sich weder automatisch noch über Nacht durchführen
lassen. Spezifische Organisationseinheiten und Personen werden den Auftrag erhalten,
den Wandel zu steuern, insbesondere in denjenigen Hauptabteilungen, die sich am
meisten verändern werden. Es müssen Mittel für die Umschulung der Bediensteten, deren
Arbeitsplätze betroffen sein werden, und für Investitionen in die Informationstechnik, die
eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg vieler der vorgeschlagenen Maßnahmen
ist, vorgesehen werden. Der Generalsekretär ersucht die Mitgliedstaaten, dem gesamten
Paket ihre nachdrückliche Zustimmung zu erteilen.
* Dieser Bericht wurde im Zuge der vom Generalsekretär vorgenommenen umfassenden Überprüfung der Tätigkeit der Vereinten Nationen erstellt, weshalb seine Vorlage dementsprechend zurückgestellt werden musste.
Quelle: Website der UNO, Stärkung der Vereinten Nationen: Eine Agenda für weitere Veränderungen.
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