Sicherung der Handlungsfähigkeit und Legitimation der Weltorganisation im 21. Jahrhundert
UN-Reformen zügig fortführen - Empfehlungen und Forderungen an die deutsche UN-Politik
Die DGVN, die sich als Organisation von Menschen mit weltbürgerlichem
Engagement versteht, dringt darauf, die globalen Herausforderungen zu bewältigen
und die Vereinten Nationen als Kern des politischen Systems der
Weltgesellschaft sowie zentralen Ort und Verkörperung des Multilateralismus
handlungsfähiger zum machen. Aus allen Völkern muss Druck auf ihre
Regierungen zur konstruktiven Mitarbeit im Sinne der Präambel der Charta
der Vereinten Nationen ausgeübt werden. Daher fordert die DGVN die
Bundesregierung zur konsequenten Weiterverfolgung vorhandener globalpolitischer
Ansätze und zu eigenen Initiativen auf, um auf diese Weise
auch ihrer eigenen Zielvorgabe eines glaubwürdigen und effektiven Multilateralismus
näher zu kommen. Die DGVN richtet dazu die nachfolgenden
30 Empfehlungen und Forderungen an die deutsche UN-Politik.
Die Empfehlungen wurden beschlossen von den Mitgliedern der DGVN
anlässlich ihrer 28. Ordentlichen Hauptversammlung
am 3. Dezember 2005 in Bonn.
[Sie können die Broschüre hier als pdf-Datei herunterladen.]
Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen
(DGVN), anknüpfend an die Vorstandserklärungen "Für eine internationale
'Kultur der Prävention' und eine Politik des globalen
Gemeinwohls" (2002) sowie "„Prioritäten für die künftige deutsche
UN-Politik" (1999), beschließen anlässlich ihrer 28. Ordentlichen
Hauptversammlung am 3. Dezember 2005 in Bonn zu Beginn der
16. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages nachfolgende
Vorschläge und Forderungen an die deutsche UN-Politik.
Die Weltgesellschaft steht sechzig Jahre nach Gründung der Vereinten
Nationen vor großen Herausforderungen, für deren Bewältigung die
Handlungsfähigkeit und Legitimation der Weltorganisation entscheidend
sind. Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten
Nationen haben die Hoffnungen geteilt, die auf den New Yorker Weltgipfel
im September 2005 gerichtet wurden.Das galt für das Festhalten an
der erfolgreichen Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele,das galt
für eine zukunftsfähige Reform der Weltorganisation.Diese Erwartungen
wurden in Vorbereitung des Weltgipfels durch Berichte der Hochrangigen
Gruppe für Bedrohungen,Herausforderungen und Wandel und des UNGeneralsekretärs
gestützt. Die Verhandlungen und das Gipfeldokument
blieben trotz einiger wichtiger Festlegungen hinter diesen Erwartungen
zurück.Reformdruck und Herausforderungen bleiben.
Enttäuschend ist,dass zu wenige konkrete Fortschritte erzielt wurden,um
-
Kriege,vor allem in den armen Ländern, einzudämmen;
- das Übermaß an Waffen zu reduzieren;
- Armut und Hunger zu beseitigen;
- die Probleme der immer ungerechter werdenden Verteilung von
Einkommen und Wohlstand zu lösen und
- Umweltzerstörung aufzuhalten.
Dies bleiben Weltprobleme, für die die Weltgesellschaft – so wie sie
derzeit als Staatengemeinschaft verfasst ist – bislang keine ausreichenden
Antworten gefunden hat.Vor allem gilt dies für die Nichtverbreitung und
die Abrüstung von Massenvernichtungswaffen, für den globalen Klimaschutz
und die institutionelle Reform der Vereinten Nationen.
Die DGVN,die sich als Organisation von Menschen mit weltbürgerlichem
Engagement versteht,dringt gemeinsam mit vielen anderen Menschen und
Organisationen in aller Welt darauf, die globalen Herausforderungen zu
bewältigen und die Vereinten Nationen als Kern des politischen Systems
der Weltgesellschaft handlungsfähiger zu machen.Nur durch ein weltweit
stärkeres Engagement lassen sich die seit Jahren anhaltenden Blockaden überwinden,um die Weltorganisation als zentralen Ort und Verkörperung
des Multilateralismus zu stärken.Von allen Völkern muss Druck auf ihre
Regierungen zur konstruktiven Mitarbeit im Sinne der Präambel der
Charta der Vereinten Nationen ausgeübt werden. Die DGVN fordert
die Bundesregierung zur konsequenten Weiterverfolgung vorhandener
globalpolitischer Ansätze und zu Initiativen auf, um auch ihrer eigenen
Zielvorgabe eines glaubwürdigen und effektiven Multilateralismus näher
zu kommen.
Die DGVN richtet dazu 30 Empfehlungen und Forderungen an die
deutsche UN-Politik, die sich auf
-
die Stärkung von Menschenrechten,Demokratie und Achtung
des Völkerrechts;
- Menschliche Sicherheit,Kriegsvermeidung und Frieden;
- faire globale Entwicklung,Umwelt- und Katastrophenschutz;
- die Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert und
- die nächsten Schritte der deutschen UN-Politik
beziehen.
I. Stärkung von Menschenrechten, Demokratie und der Achtung des Völkerrechts
1. Effektiver Menschenrechtsschutz
Die Würde des Menschen und der Schutz seiner unveräußerlichen Rechte
stehen im Zentrum und sind die Grundlage jeder auf dem Recht aufgebauten
politischen Ordnung und ihrer demokratischen Legitimation.Die
DGVN begrüßt daher ausdrücklich die Verständigung auf einen UN-Menschenrechtsrat.
Dieser kann ein Fortschritt gegenüber der bisher bestehenden
UN-Menschenrechtskommission sein,wenn Mandat,Modalitäten
der Arbeit, Größe und Zusammensetzung im Sinne einer Stärkung des
Menschenrechtsschutzes ausgestaltet werden.Die Bundesregierung wird
aufgefordert, sich aktiv in die Verhandlungen um die Ausgestaltung dieses
Menschenrechtsrats und des internationalen Menschenrechtsschutzes
einzubringen.Dabei sollte die Bundesregierung folgende Ziele verfolgen:
Ansiedlung des Rates in Genf,Festlegung von Themenmechanismen und
Beibehaltung der Sonderberichterstatter,die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen,
offene Wahl der Mitglieder mit Zwei-Drittel-
Mehrheit der Generalversammlung, Beobachtung (Monitoring) ihrer
Menschenrechtspolitik während der Mitgliedschaft,Kompetenz zur Befassung
mit konkreten Ländersituationen. Die Bundesregierung ist weiterhin
aufgefordert, sich für die Reform der Menschenrechtsvertragsorgane
zu engagieren und zu einer Stärkung des Hochkommissariats für
Menschenrechte beizutragen. Sie sollte für eine bessere finanzielle Ausstattung
der Menschenrechtsorgane der UN eintreten.
2. Demokratie als zentraler Wert der Staaten und der Weltgesellschaft
Demokratische Strukturen und Verfahren sind mit der nachhaltigen
globalen Friedenssicherung und der Achtung von Menschenrechten eng
verbunden. Die friedliche Förderung von Demokratie und guter Regierungsführung
in allen Staaten zählt daher zu den zentralen Aufgaben
einer Staatengemeinschaft,die demokratisch sein will.Die DGVN begrüßt,
dass für die Bundesregierung in ihrer Außen- und Entwicklungspolitik die
Etablierung und Umsetzung demokratischer Prinzipien im Mittelpunkt
stehen.
3. Demokratie als Voraussetzung von Korruptionsbekämpfung
Weltweite demokratische Strukturen sind auch eine wichtige Voraussetzung
der Vorbeugung und Bekämpfung von Korruption. Die DGVN
betont in diesem Zusammenhang,dass Korruption in Mitgliedstaaten in
den zurückliegenden Jahren die Hauptquelle für Korruptionsverdächtigungen
im UN-System gewesen ist. Sie begrüßt das In-Kraft-Treten der
UN-Konvention gegen Korruption. Die Bundesregierung ist aufgefordert,
schnellstmöglich den Ratifizierungsprozess einzuleiten und auf
diese Weise zusätzlich zur Ächtung und Verfolgung von Korruption
beizutragen.
4. Fortentwicklung der "UN-Normen" für transnationale Unternehmen
Transnationale Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Macht und
ihren Einflussbereich bedeutend ausgebaut. Insbesondere in den Entwicklungsländern
sind sie mächtig geworden, ihre Unternehmensstrategien
beeinflussen das Leben vieler Menschen. Die Verantwortung transnationaler
Unternehmen im Bereich des Menschenrechtsschutzes, der Einhaltung
sozialer und ökologischer Mindeststandards und ihre Rolle bei der
Konfliktprävention sind somit zu globalpolitischen Herausforderungen
geworden. Ziel ist es, einen effektiven weltweiten Rahmen für Unternehmen
zu schaffen, der sie zur Achtung der Menschenrechte verpflichtet.
Bisherige Ansätze zur Einbindung von Unternehmen auf internationaler
Ebene – wie der Global Compact oder die OECD-Leitsätze zur gesellschaftlichen
Verantwortung von Unternehmen – eröffnen viel versprechende
Wege der Kooperation und haben manche gute Wirkung erzielt, wenngleich
ihre mangelnde Kontrolle zu deutlichen Legitimationslücken führt. Die in
der UN-Menschenrechtskommission begonnene Diskussion über UNNormen
für die Verantwortlichkeiten transnationaler Unternehmen
sollte deshalb offen und transparent weitergeführt werden. Die DGVN
fordert die Bundesregierung auf, im UN-Rahmen zu prüfen, inwieweit
derartige Normen international abgestimmt innerstaatliches Recht
oder Völkerrecht werden können.
5. Ratifizierung internationaler Abkommen
Glaubwürdiger Multilateralismus drückt sich auch in klarer Unterstützung
internationaler Abkommen aus,welche im Rahmen der Vereinten Nationen
geschlossen wurden. Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert,
für sämtliche internationalen Abkommen,die von Deutschland unterzeichnet,
aber noch nicht ratifiziert wurden,schnellstmöglich das Ratifizierungsverfahren
einzuleiten und einen Bericht über sämtliche international
getroffenen Vereinbarungen vorzulegen, die zur Unterzeichnung bzw. zur
Ratifizierung anstehen oder in den letzten fünf Jahren mit Vorbehaltserklärungen
ratifiziert wurden.
6. Internationale Strafgerichtsbarkeit ausbauen
Die DGVN begrüßt nachdrücklich das deutsche Engagement bei der
Einrichtung und Gestaltung des Internationalen Strafgerichtshofs und der
„Justice Rapid Response Initiative“.Die Bundesregierung wird aufgefordert,
dieses konsequente Engagement aufrecht zu erhalten und auf diese Weise
dazu beizutragen,der wegweisenden Idee internationaler Strafgerichtsbarkeit
schrittweise zur universellen Unterstützung in der Staatengemeinschaft
zu verhelfen.Dies gilt vor allem,weil der Internationale Strafgerichtshof im
Abschlussdokument des Weltgipfels unerwähnt bleibt.Die Bundesregierung
wird des Weiteren aufgefordert, einen Erfahrungsbericht über die Anwendung
des Völkerstrafgesetzbuchs vorzulegen.
II. Menschliche Sicherheit, Kriegsvermeidung und Frieden
7. Innovative Friedens- und Sicherheitskonzeptionen sowie -strategien entwickeln
Zu den zentralen Fortschritten des Berichts der Hochrangigen Gruppe für
Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel zählt die Einsicht in die
neuen Bedrohungen,denen sich die Weltgesellschaft heute gegenübersieht
und eine daraus abgeleitete Forderung nach gleichrangiger Behandlung
von "weichen" und "harten" Bedrohungen der internationalen Sicherheit.
Die DGVN begrüßt erste Konkretisierungen dieser neuen Situation, wie
etwa den vom Human Security Centre in Vancouver erarbeiteten Bericht
zur Menschlichen Sicherheit 2005. Die Bundesregierung ist aufgefordert,
an der konzeptionellen Entwicklung und praktischen Umsetzung des
Konzepts menschlicher Sicherheit in führender Position mitzuarbeiten.
8. Prävention von Konflikten und Schutzverantwortung
Den neuen Gefahren für die internationale Sicherheit durch globalen
Terrorismus,Proliferation von Massenvernichtungswaffen und organisierte
Kriminalität sowie durch hierin verstrickte Regime ist mit entschiedenen Maßnahmen der Konfliktprävention durch die Staatengemeinschaft
zu begegnen. Wo friedliche Prävention sich als unzureichend
erweist, sind als letztes Mittel gegebenenfalls auch Zwangsmaßnahmen
anzuwenden.Das Selbstverteidigungsrecht als defensive Strategie gemäß
Artikel 51 der Charta darf unter Berufung auf die Notwendigkeit präventiven
Handelns jedoch nicht in eine offensiv-vorbeugende Strategie
präemptiver Selbsthilfe umgedeutet werden. Den klaren Worten der
Hochrangigen Gruppe für Bedrohungen, Herausforderungen und Wandel,
dass es keinen Anlass zur Ausweitung oder Einschränkung des
Anwendungsbereichs des Artikels 51 der Charta gebe,ist uneingeschränkt
zuzustimmen. Allein der Sicherheitsrat besitzt die Kompetenz und
Legitimation zu militärischer Prävention, wenn mildere Mittel versagen
und die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Es ist zu bedauern, dass diese
Kernaussagen des Berichts der Hochrangigen Gruppe im Ergebnisdokument
des Weltgipfels 2005 einer vagen Formelkompromiss-Sprache
geopfert worden sind. Erfreulich ist hingegen, dass im Schlussdokument
die Verpflichtung der internationalen Gemeinschaft verankert ist, in
Fällen von Völkermord, ethnischer Säuberung und anderen schweren
Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung eines Landes zu intervenieren,wenn
die nationalen Behörden ihrer Schutzverantwortung nicht nachkommen.
Wenn außerhalb des Anwendungsbereichs von Artikel 51 als letztes
Mittel militärische Zwangsmaßnahmen ergriffen werden sollen, ist
allein der Sicherheitsrat befugt,die hierfür erforderlichen Entscheidungen
– gestützt auf Kapitel VII der Charta – zu treffen.
9.Terrorprävention und -bestrafung im Rahmen einer demokratischen Ordnung und auf Basis des Rechts
Die Prävention und die Bestrafung der Akteure des internationalen
Terrorismus haben im Rahmen einer demokratischen und dem Völkerrecht
entsprechenden Ordnung zu geschehen.Dafür ist bei der internationalen
Terrorismusbekämpfung die zunehmende völkerrechtliche Rechtssetzungsfunktion
des Sicherheitsrats transparenter zu gestalten. Im
Abschlussdokument des Weltgipfels ist es nicht gelungen,eine Terrorismusdefinition,
wie sie im Bericht der Hochrangigen Gruppe für Bedrohungen,
Herausforderungen und Wandel vorgeschlagen wurde, aufzunehmen.
Die DGVN fordert die Bundesregierung auf, international für diese
Definition zu werben.
10. UN-geführte Missionen stärker unterstützen
Deutschland beteiligt sich in starkem Maße im Bereich von UN-mandatierten
Friedenseinsätzen. Die DGVN begrüßt dieses Engagement
ausdrücklich und fordert die Bundesregierung auf, die Unterstützung
UN-geführter Friedensoperationen neben der Beteiligung an UNmandatierten
Missionen aufzuwerten. Auch in der Beteiligung an der
Lösung von Regionalkonflikten, die sich scheinbar nicht direkt auf Deutschlands Sicherheitsinteressen auswirken, spiegelt sich die Akzeptanz
des erweiterten Spektrums von Bedrohungen wider, vor denen die
Weltgesellschaft heute und morgen steht. Für die wohlhabenderen Regionen
der Welt – und damit auch für Deutschland – folgt daraus zwar
keine unmittelbare Verpflichtung zu einer vermehrten Truppenstellung
für UN-geführte Friedensmissionen, aber doch zumindest eine Verantwortung,
zu deren deutlicher logistischer und finanzieller Unterstützung
beizutragen.
11. Handlungsfähige Kommission für Friedenskonsolidierung einrichten
Mit der im Abschlussdokument des Weltgipfels beschlossenen Kommission
für Friedenskonsolidierung soll die Staatengemeinschaft handlungsfähiger
gemacht werden,um nach Beendigung von Konflikten einen nachhaltigen
Friedens- und Entwicklungsprozess einzuleiten.Dies wird jedoch
nur gelingen, wenn die Kommission mit den nötigen Ressourcen und
einem ausreichenden Mandat ausgestattet wird, um in Post-Konflikt-
Situationen wirksam und nachhaltig einzugreifen.Bei der Zusammensetzung
der Kommission ist das Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau
zu beachten und die Mitwirkung von Nichtregierungsorganisationen zu
ermöglichen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich aktiv in die
bevorstehenden Verhandlungen zur Ausgestaltung dieser Kommission
einzubringen und sich an deren Etablierung mit konkreten Zusagen
materiell und personell zu beteiligen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
Friedenskonsolidierung und Konfliktprävention notwendig zusammenhängen.
12.Wirksame Abrüstungsstrategien
Noch immer existieren auf der Welt zu viele Truppen und Waffen –
Kleinwaffen, Landminen sowie atomare Sprengköpfe und andere
Massenvernichtungswaffen. All dies reicht aus, um die Menschheit
mehrmals auszulöschen. Die Verbreitung von Waffen an staatliche und
nichtstaatliche Akteure stellt eine sehr ernstzunehmende Bedrohung dar,
welche sich am wirkungsvollsten im Rahmen der Vereinten Nationen
bewältigen lässt.Die DGVN fordert die Bundesregierung auf, innerhalb
der Vereinten Nationen weiter aktiv gegen die Aushöhlung des Nichtverbreitungsregimes
für Kernwaffen einzutreten und sich für die Entwicklung
wirksamer Strategien zur Verhütung von Proliferation einzusetzen.
Die DGVN fordert die Bundesrepublik auf, Initiativen zur weltweiten
Eindämmung und Kontrolle von Waffenexporten – einschließlich von
Kleinwaffen – zu ergreifen sowie diesbezügliche deutsche Regelungstatbestände
strikt zu beachten und EU-weiten und internationalen Regelungsbeständen
Nachdruck zu verleihen. Dazu gehört die Ächtung von
Landminen. Deutschland muss bei all dem vorbildlich sein.Weltweit
muss die Abrüstung der Waffen mit einer Reduzierung von Truppen
einhergehen.
III. Faire globale Entwicklung, Umwelt- und Katastrophenschutz
13. Millenniums-Entwicklungsziele ernst nehmen, 0.7%-Ziel umsetzen
In seinem Mitte März 2005 vorgelegten Bericht hat der UN-Generalsekretär
die Staats- und Regierungschefs der entwickelten Länder an ihre
Verpflichtung erinnert,Zeitpläne zur Erreichung des Zieles der Bereitstellung
von 0,7 % ihres Bruttonationaleinkommens für die öffentliche
Entwicklungshilfe bis 2015 aufzustellen. Dementsprechend sollen sie
spätestens 2006 mit maßgeblichen Erhöhungen beginnen und 2009
mindestens 0,5 % erreichen. Deutschland gibt gegenwärtig etwa 0,29 %
des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe aus, hat sich
allerdings verpflichtet,diesen Betrag bis 2010 auf 0,51 % und bis 2015 auf
0,7 % zu erhöhen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, diese Ankündigung
entsprechend ihrer Selbstverpflichtung umzusetzen und eine
substanzielle Erhöhung der Entwicklungshilfe vorzunehmen. Unabhängig
davon sollte sich die Bundesregierung zusätzlich aktiv an der Konzeption
und Ausgestaltung neuer Instrumente zur Entwicklungsfinanzierung
– etwa einer internationalen Finanzfazilität,einer Flugbenzinsteuer,einer
Flugticket- oder der Tobinsteuer – beteiligen, um die Millenniums-Entwicklungsziele
wie vereinbart bis 2015 zu erreichen. Die Ziele lassen sich
nur verwirklichen,wenn es auch zu einer Änderung der Welthandelsordnung
zugunsten der Entwicklungsländer kommt.Die Verwirklichung der
Millenniums-Entwicklungsziele gehört in den größeren Zusammenhang
der globalen Verpflichtung auf die Ergebnisse der Weltkonferenzen zur
nachhaltigen Entwicklung, globalen sozialen Fragen, Bevölkerung und
Gleichstellung der Frau.
14. Multilaterale Entwicklungszusammenarbeit ausweiten
Im Bereich der Entwicklungspolitik ist die Wirksamkeit multilateraler
Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung. Die vom Haushaltsausschuss
des Bundestages eingeführte starre Deckelung von Haushaltsmitteln
des Bundes für multilaterale Zusammenarbeit auf 30 % hat in
den vergangenen Jahren zu einer drastischen Mittelkürzung bei den
freiwilligen Beiträgen für das UN-System geführt, da die deutschen
Beiträge an andere multilaterale Institutionen – wie die Weltbank,
regionale Entwicklungsbanken oder die Europäische Union – durch
mehrjährige Zusagen feststehen. Der Bundestag sollte deshalb die
geltende, starre Beschränkung von Haushaltsmitteln für die multilaterale
Zusammenarbeit aufheben,damit die deutsche Entwicklungspolitik
im multilateralen Rahmen der UN glaubhafter gestaltet werden kann.
Die Beiträge für UN-Fonds und Programme sollten auf das vor wenigen
Jahren noch übliche Niveau angehoben werden. Auch gegenüber dem
UN-System sollte künftig mit verbindlichen mehrjährigen Zusagen
operiert werden.
15. Globalen Umwelt- und Klimaschutz stärken
Die Umweltkatastrophen der jüngeren und jüngsten Vergangenheit lassen
eine verstärkte und vorausschauende internationale Umweltpolitik immer
dringlicher werden. Die DGVN begrüßt ausdrücklich die Aufwertung,
welche diese globale Herausforderung im Rahmen der Vereinten Nationen
in den letzten Jahren erfahren hat. Mit dem Kyoto-Protokoll wurden
erstmals verbindliche Ziele für die Verringerung des Ausstoßes klimaschädlicher
Treibhausgase der beteiligten Industriestaaten vereinbart.Allerdings
ist die Zukunft des internationalen Klimaschutzes offen, da unter
anderem die USA als bislang größter Verursacher klimaschädlicher
Emissionen die Klimaschutzkonvention ablehnen, und die getroffenen
Vereinbarungen zunächst nur bis 2012 gelten.Die Bundesregierung wird
aufgefordert, eigene Verpflichtungen diesbezüglich zu erfüllen, andere
Regierungen aufzufordern und ihnen gegebenenfalls zu helfen, dasselbe
zu tun,sowie sich in den laufenden Kyoto-II-Prozess weiter einzubringen.
Die institutionelle Verankerung globaler Umweltpolitik hat in den vergangenen
30 Jahren zu einer Fragmentierung von diversen UN-Organen und
einer Vielzahl zwischenstaatlicher Ausschüsse und Arbeitsgruppen mit
Profilüberschneidungen und Synergieverlusten geführt.Die Bundesregierung
ist aufgerufen, die Schaffung einer UN-Sonderorganisation für die
Querschnittsaufgabe „Globale Umweltpolitik“ (United Nations Enviromental
Organisation – UNEO), die das bestehende UN-Umweltprogramm
(UNEP) ablösen könnte,weiterhin zu unterstützen.
16. Migration positiv gestalten
Am 5.Oktober 2005 wurde in New York der Bericht der Weltkommission
für Internationale Migration vorgelegt. Erstmals liegen nun umfassende
Handlungsprinzipien vor, wie Migration global entwicklungsfördernd
gestaltet werden kann.Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür
einzusetzen, dass aus den Empfehlungen des Berichts globalpolitische
Maßnahmen werden.
17. Einrichtung eines Hilfsfonds für Katastrophenhilfe
Die jüngste Erdbebenkatastrophe in Pakistan und Indien hat nicht
annähernd jene Hilfsleistungen zur Folge, die einer solidarischen
Weltgesellschaft angemessen sind. Der umfangreichen Hilfe nach der
Tsunami-Katastrophe Ende 2004 steht jetzt nachlassende Hilfsbereitschaft
gegenüber.Die Bundesregierung wird deshalb aufgefordert,sich aktiv für
die Einrichtung eines Hilfsfonds beim UN-Amt für die Koordinierung
humanitärer Angelegenheiten (OCHA) einzusetzen,dessen Finanzmittel
schnell verfügbar sind und so auch das Katastrophenmanagement von
OCHA verbessern.Die Bundesregierung wird weiter aufgefordert, sich an
der Finanzierung dieses Fonds angemessen beteiligen und in Deutschland
wissenschaftliche Kapazitäten für Katastrophenmedizin zu schaffen.
IV. Die Vereinten Nationen im 21. Jahrhundert
18. Charta der Vereinten Nationen fortentwickeln
So zeitgemäß das Gründungsdokument der Vereinten Nationen mit
seinem in der Präambel niedergelegten Anspruch weltgesellschaftlichen
Engagements („Wir, die Völker“) ist, bleibt die Charta auch ein Produkt
der Nachkriegszeit, das in seinen institutionellen und prozeduralen
Bestimmungen dringend an die staatlichen und gesellschaftlichen
Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts angepasst werden muss. Das gilt
vorrangig für die Reform des Sicherheitsrats, der Generalversammlung
und des Wirtschaft- und Sozialrats (ECOSOC).Weiter sollten die Rechte
zivilgesellschaftlicher Organisationen gestärkt, die Rechte und Pflichten
des Privatsektors aufgezeigt sowie eine parlamentarische Dimension der
Vereinten Nationen möglich gemacht werden.Über die Beseitigung obsoleter
Bestimmungen,insbesondere der Hinweise auf „Feindstaaten“ in den
Artikeln 53,77 und 107 sowie den funktionslos gewordenen Treuhandrat,
ist im Abschlussdokument des Weltgipfels schon Konsens erreicht worden.
Die DGVN nimmt zur Kenntnis, dass die Mitgliedstaaten auf dem
Weltgipfel noch nicht einig werden konnten, die hier aufgezeigten,weitergehenden
Änderungen der Charta zu beschließen und fordert die Bundesregierung
auf, darauf hinzuwirken.
19. Erweiterung des Sicherheitsrats
Die Erweiterung des Sicherheitsrats um neue ständige und nichtständige
Sitze zählt zu den zentralen Reformaufgaben im System der Vereinten
Nationen. Die Tatsache, dass mit Afrika und Lateinamerika ganze
Erdteile sowie mit Indien der bevölkerungsreichste demokratische Staat der
Welt nicht mit ständigen Sitzen im zentralen Entscheidungsgremium
der Vereinten Nationen vertreten sind, verleiht dessen Beschlüssen auf
Dauer nicht mehr jene Legitimation, die einer Weltorganisation mit
Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden in globaler Verantwortung
für eine nachhaltige Entwicklung angemessen ist.Die Bundesregierung wird
aufgefordert,weitere Schritte zu unternehmen, um bei der seit über zehn
Jahren diskutierten Sicherheitsrats-Erweiterung zu einem Ergebnis zu gelangen,
das eine bessere Integration Afrikas, Lateinamerikas und Asiens im
Sicherheitsrat umfasst. Im Rahmen einer solchen Erweiterung ließe sich
auch ein ständiger deutscher Sitz legitimieren. Ein gemeinsamer EU-Sitz
sollte das Ziel einer über die intergouvernementale Koordinierung hinaus
weiter entwickelten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)
sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Abschaffung des Verbots der
Wiederwahl oder eine Verlängerung der Amtszeit nicht-ständiger Mitglieder
möglich. Parallel zur Debatte um die Erweiterung des Sicherheitsrats
lassen sich dessen Arbeitsmethoden verbessern. Bewährte informelle
Verfahren sollten festgeschrieben werden.Die Bundesregierung wird aufgefordert,
den am 3. November 2005 von mehreren Staaten vorgelegten
Resolutionsentwurf für mehr Transparenz zu unterstützen.
20. Mehr Handlungsmöglichkeiten in der globalen Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik
Der ECOSOC in seiner heutigen Form,Arbeitsweise und Gestaltungsmöglichkeit
wird den globalen wirtschaftlichen und sozialen Zielen nach
Kapitel IX der Charta nicht gerecht. Der angestrebte „Zustand der Stabilität
und Wohlfahrt“, der „zwischen den Nationen freundliche und
freundschaftliche Beziehungen“ hervorbringen soll, ist keineswegs
gesichert und im Gegenteil durch weltwirtschaftliche Ungleichheiten
bedroht. Die bestehende internationale Wirtschafts- und Finanzordnung
ist dementsprechend fortzuentwickeln und kohärenter zu machen. Das
erfordert kurzfristig die Umsetzung der auf dem Millenniumsgipfel
beschlossenen ECOSOC-Reform sowie eine verstärkte Zusammenarbeit der
G8/G20 mit den UN. Konkrete Kooperationsvorschläge sollten in einer
Multi-Stakeholder-Arbeitsgruppe der betroffenen internationalen Institutionen
erfolgen. Dazu sollte sich die Bundesregierung innerhalb der EU
abstimmen.Der Vorsitz Deutschlands bei den G8 im Jahr 2007 bietet dazu
eine Gelegenheit, deutliche Impulse zu setzen. Langfristig ist eine Weiterentwicklung
des ECOSOC zu einem „zweiten Sicherheitsrat“ erforderlich,
der für wirtschaftliche, soziale und ökologische Aufgaben zuständig ist.
Die Vernetzung dieses zweiten Sicherheitsrats mit den UN-Sonderorganisationen
und anderen internationalen Organisationen im Wirtschafts-,
Finanz-, Sozial- und Umweltbereich vor allem dem Internationalen
Währungsfonds, der Weltbank, der Welthandelsorganisation und der
Internationalen Arbeitsorganisation ist in der Charta zu verankern und in
den Satzungen der einzelnen Organisationen zu präzisieren.Seine Zusammensetzung
muss global repräsentativ sein,wobei die Einwohnerzahl und
die Wirtschaftskraft der beteiligten Staaten und Regionen zu gewichten sind.
21. Stärkere Einbeziehung nichtstaatlicher Akteure
Nichtstaatliche Akteure globaler Politik sind Organisationen der Zivilgesellschaft
und der private Sektor.Das Recht auf politische Teilhabe steht
allen Bürgern demokratischer Gesellschaften zu. In demokratischen
Staaten wird es verfassungsmäßig verbürgt. Es ist unter anderem
durch die Vereinigungsfreiheit realisierbar. Auf globaler Ebene haben
Nichtregierungsorganisationen viel erreicht,dieses Recht wahrzunehmen.
Der Anstieg der bei den UN mit Beobachterstatus akkreditierten Nichtregierungsorganisationen
ist dafür ein deutliches Zeichen.Ihre Einbeziehung
sollte auf der Grundlage des Cardoso-Berichts über die Reform der
Beziehungen zwischen den Vereinten Nationen und der Zivilgesellschaft
gestärkt werden.Für Wirtschaftsunternehmen des Privatsektors gilt auch
global Unternehmensfreiheit. Das erfordert Transparenz und effektive
Strukturen globaler Wirtschaft. Unternehmen sind aber einzubinden in
Verpflichtungen auf die Menschenrechte und den Umweltschutz sowie
auf die Absage an Kriege. Der Global Compact – eine Idee des Generalsekretärs
– hat dazu wichtige Leitlinien gesetzt.
22. Für eine Parlamentarische Versammlung bei den Vereinten Nationen
Gewaltenteilung und Legitimität in demokratischen Gesellschaften
schließen unverzichtbar eine parlamentarische Vertretung der Bevölkerung
ein.Die DGVN begrüßt und unterstützt daher den Beschluss des Deutschen
Bundestages zur parlamentarischen Dimension im System der Vereinten
Nationen vom 16. Juni 2005. Sie ist jedoch der Überzeugung, dass die
Kooperation der Interparlamentarischen Union und der Vereinten Nationen
in der bisherigen Art und Weise nicht ausreichend ist. Die DGVN
begrüßt und unterstützt in diesem Sinne die Entschließung des Europäischen
Parlaments zur Reform der Vereinten Nationen vom 9. Juni 2005,
in der das Europäische Parlament zur Einrichtung einer Parlamentarischen
Versammlung der Vereinten Nationen innerhalb der UN-Strukturen
aufgerufen hat. Die DGVN ist der Auffassung, dass parlamentarische
Mitwirkung und Kontrolle auf der Ebene der Vereinten Nationen mittelfristig
in Form einer Parlamentarischen Versammlung innerhalb des
UN-Systems institutionalisiert werden soll. Sie fordert den Bundestag
und die Bundesregierung auf, die Einrichtung einer Parlamentarischen
Versammlung bei den Vereinten Nationen eingehend zu prüfen.
V. Deutsche UN-Politik: Die nächsten Schritte
23.Obligatorische Gerichtsbarkeit anerkennen
Eine friedliche Weltordnung kann nur entstehen, wenn das geltende
Völkerrecht stärker als bisher Beachtung findet. Die Bundesregierung
bleibt deshalb von der DGVN auch weiterhin aufgefordert, sich der
Gerichtsbarkeit des Internationalen Gerichtshofs generell im Voraus zu
unterwerfen. Nach der Fakultativklausel gemäß Artikel 36 Absatz 2 des
Statuts können die Vertragsstaaten jederzeit erklären,dass sie die Zuständigkeit
des Gerichtshofs als obligatorisch anerkennen.Diese Unterwerfung
unter die Zuständigkeit des Gerichtshofs erweitert dessen Möglichkeiten
und erhöht das Gewicht dieses Hauptrechtsprechungsorgans der UN.
Zu den bislang 65 Staaten, die diese Unterwerfungserklärung abgegeben
haben, zählen u.a. Ägypten, Dänemark, Großbritannien, Indien, Japan,
Kanada,Mexiko,Norwegen,Polen,die Schweiz und Spanien.Deutschland
würde mit einer Unterwerfungserklärung anderen UN-Mitgliedstaaten,
die dies ebenfalls noch nicht getan haben, ein Beispiel zur Stärkung der
Vereinten Nationen geben. Die Bundesregierung sollte die notwendigen
Schritte hierfür so rasch wie möglich in die Wege leiten.
24. Mitgliedschaftsbeiträge ordnungsgemäß entrichten
Nach den Bestimmungen der Finanzordnung der Vereinten Nationen
müssen die Mitgliedstaaten ihren Pflichtbeitrag zum ordentlichen UNHaushalt
pünktlich und vollständig bis zum 30. Januar eines jeden Jahres zahlen. Im Jahr 2005 haben 34 Staaten dies getan, darunter Dänemark,
Frankreich,Kanada,Norwegen,Russland,Schweden und die Schweiz.Die
Bundesregierung zahlt in zwei Raten Anfang und Mitte des Jahres und ist
aufgefordert, künftig von dieser Zahlungsweise Abstand zu nehmen.
Stattdessen sollte sie der UN-Haushaltsordnung genüge tun und den
Jahresbetrag nach Aufforderung durch den Generalsekretär vollständig
entrichten.Auch dies wäre ein Beispiel zu Stärkung der Vereinten Nationen
mit Vorbildcharakter für andere UN-Mitgliedstaaten. Überdies
sind Bundesregierung und Bundestag aufgefordert, säumige Mitgliedstaaten
zur Erfüllung ihrer völkerrechtlich verbindlichen Beitragspflichten
zu drängen.
25. Unterausschuss Vereinten Nationen stärken
Die Vereinten Nationen sehen sich immer wieder Vorwürfen der Ineffektivität
und Intransparenz ausgesetzt.Neben zahlreichen Reformschritten
im Sekretariat hat der Generalsekretär deshalb die UN-Mitgliedstaaten
aufgefordert, durch Koordinierung ihrer UN-Politik ebenfalls einen Beitrag
zur systemweiten Kohärenz und Transparenz zu leisten.Deutschland
kommt dieser Aufforderung nicht zuletzt durch die Arbeit des Unterausschusses
Vereinte Nationen des Deutschen Bundestages nach, dessen
Aufgabe in der parlamentarischen Begleitung der UN-Politik der Bundesregierung
und im direkten Dialog mit Repräsentanten des UN-Systems
liegt.Die DGVN hat diese parlamentarische Begleitung der deutschen UNPolitik
stets mit großem Interesse verfolgt.Durch seine Arbeit hat der Unterausschuss
mittlerweile wichtige Grundlagen für eine parlamentarische
Bearbeitung multilateraler Verhandlungsprozesse gelegt.Die DGVN hält
es für angebracht, auch weiterhin einen institutionellen Rahmen für die
Begleitung der UN-Politik vorzusehen.Nur auf diese Weise kann der Bundestag
in dem parlamentarischer Kontrolle schwer zugänglichen,
ressortübergreifenden Feld multilateraler Außenpolitik seine Aufgaben
wahrnehmen. Um der Arbeit des Unterausschusses zu einer größeren
Resonanz in der Öffentlichkeit zu verhelfen und die Transparenz der
deutschen UN-Politik weiter zu stärken, ist der Unterausschuss aufgefordert,
künftig grundsätzlich öffentlich zu tagen und häufiger Anhörungen
zu veranstalten.Der Bundestag sollte sich regelmäßig in Plenarsitzungen
mit Fragen der Vereinten Nationen befassen.
26. Erfolgreiche Koordination der UN-Politik in der Bundesregierung und auf EU-Ebene
Die UN-Politik der Bundesregierung muss auf Kabinettsebene abgestimmt
werden.So lässt sich eine widerspruchsfreie deutsche UN-Politik
erreichen. Die Verantwortung, Vorbereitung und Federführung der
UN-Politik und die Delegationsleitung bei internationalen Konferenzen
liegt beim Auswärtigen Amt. Diese verbesserte Koordination sollte auch
genutzt werden, um die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der
EU im Bereich der Vereinten Nationen zu stärken.
27. UN-Einrichtungen in Deutschland ausbauen, insbesondere UNO-Stadt Bonn stärken
Die Bundesregierung sollte sich aktiv für die Stärkung aller UN-Standorte
in Deutschland und insbesondere der UNO-Stadt Bonn einsetzen. Dabei
dürfte sich ein Sitzstaatenabkommen für bereits in Bonn angesiedelte,
internationale Institutionen positiv auf die Bewerbung Deutschlands um
Ansiedlung weiterer UN-Einrichtungen auswirken.In diesem Rahmen ist
die Bundesregierung außerdem aufgefordert,den Bundestagsbeschluss zur
Einrichtung einer internationalen Agentur für erneuerbare Energien in
Bonn in absehbarer Zukunft umzusetzen.Die DGVN spricht sich außerdem
für eine Erweiterung der Repräsentanz des Informationszentrums der
Vereinten Nationen an den Standorten Bonn und Berlin aus.
28. Erhöhung der Zahl deutschen Personals im UN-System
Die DGVN setzt sich für eine angemessene personelle Vertretung Deutschlands
auch bei höheren Positionen in den UN-Organisationen ein und sieht
darin zugleich einen Weg, um den UN-Gedanken deutschlandweit zu
stärken und weltbürgerliches Engagement zu fördern.Die Bemühungen
der Bundesregierung zur Behebung der früheren Unterrepräsentanz
zeigen bereits erste Erfolge, sollten jedoch künftig noch wirksamer und
systematischer betrieben werden.Die Bundesregierung wird aufgefordert,
ihr Engagement fortzuführen und Schwachstellen zu beseitigen. Dazu
gehört auch eine verbesserte Koordination der deutschen Personalpolitik
in den internationalen Organisationen durch die deutschen Botschaften
vor Ort.Bestehende laufbahnrechtliche Hindernisse für den Wechsel von
nationalen Beamten in den Dienst internationaler Organisationen und
umgekehrt sind zu beseitigen.
***
29.Auch in Zukunft ein würdiger Generalsekretär
Die DGVN würdigt die Leistungen des siebten Generalsekretärs der
Vereinten Nationen. In schwierigen Zeiten hat sich Generalsekretär
Kofi Annan durch die Inhalte und den Stil seiner Amtsführung außerordentlich
um die Weltorganisation verdient gemacht. Dazu zählt die
Öffnung der UN für die Herausforderung der Globalisierung,die Verwirklichung
von Reformen innerhalb des Sekretariats,das mutige Erheben der
Stimme gegen Marginalisierung und Instrumentalisierung der Vereinten
Nationen sowie der vorbildliche Einsatz für die Rechte der Schwächsten
in der Welt, insbesondere in Afrika.Die Bundesregierung ist aufgefordert,
sich in die Debatte um die Nachfolge Annans einzuschalten und so auf die
Wahl eines würdigen Nachfolgers oder einer würdigen Nachfolgerin
hinzuwirken.Eine Entscheidung über die Nachfolge Annans solltätestens
drei Monate vor Ablauf der Amtszeit des Generalsekretärs erfolgen
und damit nach dem gleichen Verfahren,wie es seit dem Jahr 2003 bei der
Wahl des Präsidenten der Generalversammlung praktiziert wird.Die DGVN
regt die Bundesregierung an, sich mit einem entsprechenden Verfahrensvorschlag
einzubringen.
30. Die UN gemeinsam nach innen und außen stärken
Der Bundestag und die Bundesregierung werden von der DGVN dazu
aufgerufen und dabei unterstützt, nicht nachzulassen, die Vereinten
Nationen auf allen Ebenen,nach innen und nach außen,als alternativlose
völkerrechtliche Institution zur Lösung globaler Herausforderungen und
Vermeidung von Kriegen zu stärken. Die UN werden heute mehr denn
je gebraucht.Beiträge zu ihrer Verbesserung lohnen sich im wohlverstandenen
Eigeninteresse jedes Mitgliedstaats. Multilaterale Verpflichtung
anstelle von Marginalisierung und Instrumentalisierung der Vereinten
Nationen ist ein Gebot der Stunde. Das Engagement für die Ziele der
Vereinten Nationen erlaubt keinen Stillstand.Im Jahr des 100.Geburtstags
Dag Hammarskjölds erinnert die DGVN an die Worte aus dem letzten
Jahresbericht des zweiten UN-Generalsekretärs vor der Generalversammlung:
"Das Bemühen, mit Hilfe der UN einen Weg zu finden, auf dem die
Weltgesellschaft Schritt für Schritt einen Zustand organisierter Zusammenarbeit
im Rahmen der Charta erlangt, wird entweder wachsen oder
zerfallen."
Quelle: Website der DGVN: www.dgvn.de (pdf-Datei)
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