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Obama und Hu verbreiten vage Klima-Hoffnung

USA und China streben auf Gipfel in Kopenhagen ein Abkommen mit "sofortiger Wirkung" an

Countdown für Kopenhagen: 20 Tage vor Beginn des Weltklimagipfels in der dänischen Hauptstadt werden die Rufe nach konkreten Zusagen lauter.

US-Präsident Barack Obama kündigte in Peking an, die USA strebten in Kopenhagen ein Abkommen mit »sofortiger Wirkung« an. Einen Durchbruch im Klimaschutz erzielten die beiden größten Klimasünder, China und die USA, allerdings nicht. Obama und der chinesische Staats- und KP-Chef Hu Jintao bekräftigten in Peking, auf einen Erfolg des Klimagipfels hinarbeiten zu wollen. In einer gemeinsamen Erklärung sprachen sie sich für ein »rechtlich bindendes Abkommen« in Kopenhagen aus. Zusagen für eine Verringerung der Treibhausgase machten sie dabei nicht.

Das gemeinsame Ziel sei nicht ein teilweises Abkommen oder eine politische Erklärung, »sondern ein Abkommen, das alle Bereiche in den Verhandlungen abdeckt und sofortige praktische Wirkung hat«, betonte Obama. Chinas Präsident hob gleichwohl hervor, der Klimaschutz müsse nach »unseren jeweiligen Fähigkeiten« erfolgen. Umweltschützer zeigten sich enttäuscht und warfen Obama »Mangel an Führerschaft« vor. Die Zeit laufe ab. Das größte Hindernis für Kopenhagen sei, dass der US-Präsident keine konkreten Ziele nenne, kritisierte die Umweltorganisation Greenpeace. China und USA seien für 40 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich. Die Aussichten für Kopenhagen hatten sich beim Asien-Pazifik-Gipfel APEC am Wochenende in Singapur bereits deutlich verschlechtert.

Beim Thema Menschenrechte hätten sich China und USA auf die Fortsetzung des Dialogs geeinigt, so Obama und Hu vor der Presse in Peking. Obama betonte, »dass nach den grundlegenden Überzeugungen der USA alle Männer und Frauen fundamentale Menschenrechte besitzen«. Gleichzeitig bekräftigte er, dass die USA Tibet als Teil der Volksrepublik anerkennen, rief die chinesische Führung aber zum Dialog mit dem Dalai Lama auf. Durch die Gespräche über Menschenrechte und Religion sollen laut Hu das gegenseitige Verständnis verbessert und Gemeinsamkeiten ausgebaut werden.

Der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen sagte am Dienstag (17. Nov.) vor Umweltministern aus 40 Ländern in Kopenhagen, die Verpflichtungen zum Klimaschutz müssten in das Schlussdokument am 18. Dezember eingehen. Vertreten waren auch die USA, China und Indien. Rasmussen hatte am Sonntag mit Zustimmung maßgeblicher Staaten erklärt, dass ein juristisch bindendes Abkommen in Kopenhagen nicht mehr zu erreichen sei. Vor den Umweltministern setzte er sich dafür ein, dass nun eine Frist für bindende Vereinbarungen festgelegt wird. Bundesumweltminister Norbert Röttgen erklärte beim Vorbereitungstreffen in Kopenhagen, er sehe trotz der gesunkenen Erwartungen an den Klimagipfel einen weltweiten Willen zum Erfolg. Es gebe eine »konstruktive, auf Erfolg und Abschluss gerichtete Haltung« unter den 40 versammelten Umweltministern.

Als Beispiel nannte Röttgen die Ankündigung Brasiliens, mit einer Verpflichtung zu 36 bis fast 39 Prozent geringeren CO2-Emissionen gegenüber dem derzeitigen Stand deutlich über frühere Ankündigungen hinauszugehen. Auch Japan habe mit »substanziellen und überproportionalen Ankündigungen« für Finanzhilfen an ärmere Länder überrascht.

Südkorea legte am Dienstag (17. Nov.) erstmals ein Ziel für die Reduzierung der eigenen Treibhausgasemissionen fest. Die viertgrößte Volkswirtschaft Asiens will beim CO2-Ausstoß fast ein Drittel unter dem prognostizierten Niveau von 2020 bleiben. Das entspreche einer Verminderung um vier Prozent bis 2020 im Vergleich zu 2005, teilte das Präsidialamt mit. Obwohl es Zweifel am Erfolg des Gipfels in Kopenhagen gebe, werde Südkoreas freiwillige Selbstverpflichtung die internationale Gemeinschaft dazu anspornen, verantwortlich zu handeln, hieß es.

Mit einem Aufruf zum Engagement von Städten beim Kampf gegen die Erderwärmung begann am Dienstag (17. Nov.) ein Klimakongress in Hamburg. Besserer Schutz des Klimas könne in den Städten zugleich die Wirtschaft stärken und die Lebensqualität der Bewohner verbessern, sagte der EU-Generaldirektor für Energie und Transport, Matthias Ruete.

* Aus: Neues Deutschland, 18. November 2009


Großmacht mit Geheimnissen

Von Kurt Stenger **

Wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in Kopenhagen stehen die Zeichen auf -- totale Flaute. Trotz zahlloser Vorbereitungstreffen auf Arbeitsebene gibt es noch nicht einmal einen vagen Rahmen für das eigentlich von allen Staaten gewünschte neue Klimaschutzabkommen. Dabei ist seit Jahren klar, was die Kernpunkte von Kyoto II sein müssen, um die Erderwärmung auf noch einigermaßen beherrschbarem Niveau zu halten.

Wieder einmal richten sich die meisten Blicke gen Washington. Wenn man US-Präsident Barack Obama in den letzten Wochen beobachtete, gibt es natürlich einen riesigen Fortschritt gegenüber seinem Amtsvorgänger zu konstatieren. Ganz klar möchte er den Klimaschutz voranbringen. Allerdings tritt er nicht wie ein Hauptplayer der Verhandlungen auf, sondern eher wie ein Moderator. Irgendwie will er vor allem den anderen Riesen China in das Boot holen, in dem er selbst noch nicht sitzt. Doch welchen Reduktionszielen sich die USA als einer der beiden größten Treibhausgasemittenten verpflichtet fühlen und welche Finanzhilfen für Entwicklungsländer bereitgestellt werden sollen, bleibt bislang ein Geheimnis.

Anderen, etwa der in dieser Frage längst zerstrittenen EU, wird es leicht gemacht, ihrerseits in voller Deckung nach Kopenhagen zu reisen. Bewegung wird es wohl erst dann geben, wenn die Großmacht USA ihre Geheimnisse lüftet.

** Aus: Neues Deutschland, 18. November 2009 (Kommentar)


Verhandlungen »auf gleicher Augenhöhe«

Obama in China: Klimaabkommen in Kopenhagen angestrebt. Hu warnt vor »allen Formen des Protektionismus« ***

Zweieinhalb Stunden konferierten am Dienstag (17. Nov.) der chinesische Präsident Hu Jintao und sein US-Amtskollege Barack Obama. Bei der anschließenden Pressekonferenz in der Großen Halle des Volkes in Peking erklärte Obama, daß beide Länder auf dem Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember ein umfassendes Abkommen anstreben. Entgegen früherer Äußerungen meinte er, es müsse eine Einigung erzielt werden, die »unmittelbare Auswirkungen« habe und nicht nur eine »politische Absichtserklärung« sein solle. Hu stellte diesbezüglich allerdings klar, daß die Zusammenarbeit der beiden Staaten auf Basis des Prinzips »gemeinsame, aber unterschiedliche Verantwortung« geschehen müsse. Damit sprach er die Erwartung vieler Drittweltländer aus, daß die westlichen Staaten ihrer ökonomischen Potenzen und ihres Anteils an der globalen Umweltbelastung entsprechende Leistungen erbringen müßten.

Hut beurteilte ebenso wie Obama die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Washington und Peking sehr positiv. Ein »zweiter Durchlauf des strategischen ökonomischen Dialogs« soll umgehend vorbereitet werden und bereits im kommenden Sommer in Peking stattfinden. »Wir sind beide der Meinung«, erklärte Hu, »daß wir Handelsstreitigkeiten sauber behandeln müssen, indem wir auf gleicher Augenhöhe miteinander verhandeln«. Er habe Obama gesagt, »daß unter der gegenwärtigen Situation sowohl China wie auch die USA alle Formen von Protektionismus unterlassen sollen«.

Bei dem Treffen der beiden Staatschefs ging es auch um die Atomprogramme Nordkoreas und des Irans. Obama sagte, Teheran müsse zeigen, daß sein Atomprogramm friedlich und transparent sei. Anderenfalls »wird es Konsequenzen geben«. Zudem seien sich China und die USA einig, daß die Weiterverbreitung von Atomwaffen unterbunden werden und Nordkorea sein Nuklearwaffenprogramm aufgeben müsse. Obama erklärte erneut, daß Menschenrechte von allen respektiert werden müßten. (AFP/AP/jW)

*** Aus: junge Welt, 18. November 2009


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