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"Durch den Klimawandel drohen nie da gewesene Rückschläge für die menschliche Entwicklung"

Pressemitteilung zum UNDP-Bericht "Den Klimawandel bekämpfen"

Pressemitteilung Nr 1. vom 27. November 2007

Brasilia, 27. November 2007. Der Klimawandel könnte zu nie da gewesenen Rückschlägen bei der Armutsbekämpfung, Ernährung, Gesundheit und Bildung führen. Deshalb sollte sich die Welt auf diese fatalen Wirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung konzentrieren, mahnt der Bericht über die menschliche Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Bali an. Der Bericht mit dem Titel „Den Klimawandel bekämpfen: Menschliche Solidarität in einer geteilten Welt“ zeigt deutlich die durch die Erderwärmung entstehenden Bedrohungen. In dem Bericht wird argumentiert, dass die Welt sich auf einen Scheidepunkt zu bewegt. Dies kann dazu führen, dass die ärmsten Länder der Welt und die ärmsten Bürgerinnen und Bürger dieser Länder in einer Abwärtsspirale gefangen gehalten werden. Hunderte Millionen Menschen wären dadurch mit Unterernährung, Wasserknappheit, Umweltbedrohungen und dem Verlust ihrer Lebensgrundlagen konfrontiert.

„Letztendlich bedroht der Klimawandel die gesamte Menschheit. Doch es sind die Armen – eine Gruppe, die keine Verantwortung für die ökologischen Schulden trägt, die wir anhäufen – die mit den unmittelbaren und schlimmsten menschlichen Kosten konfrontiert sind”, kommentierte UNDP-Administrator Kemal Derviş. Der Bericht erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt in den Verhandlungen zur Gestaltung eines multilateralen Übereinkommens für die Zeit nach 2012. Zu dem Zeitpunkt laufen die gegenwärtigen Verpflichtungen unter dem Kyoto-Protokoll aus. Er ruft dazu auf, ‘zweigleisig’ zu fahren und stringente Vorbeugungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Erderwärmung im 21. Jahrhundert nicht über zwei Grad Celsius ansteigen zu lassen, und gleichzeitig bei der Anpassung stärker international zu kooperieren.

Das Autorenteam ruft die entwickelten Länder auf, beim vorsorgenden Klimaschutz eine Führungsrolle zu übernehmen und die Emissionen an Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent zu senken, ausgehend vom Niveau von 1990. In dem Bericht wird eine Kombination aus der Besteuerung des CO2- Ausstoßes, stringenteren Emissionshandelsprogrammen, einer Regulierung des Energiesektors und internationaler Zusammenarbeit bei der Finanzierung des Transfers von Technologien mit niedrigem Kohlendioxid-Ausstoß befürwortet.

Die unterschiedlichen Fähigkeiten im Umgang mit der Erderwärmung verstärkten die Ungleichheiten zwischen Ländern und innerhalb einzelner Länder, warnt der Bericht.

Deshalb sollten die reichen Länder die Anpassung an den Klimawandel in den Mittelpunkt internationaler Partnerschaften zur Armutsbekämpfung stellen. „Wir raten nicht zum Verzweifeln, wir rufen zum Handeln auf”, merkte Hauptautor Kevin Watkins an und fügte hinzu: „Indem wir entschlossen zusammenarbeiten, können wir den Kampf gegen den Klimawandel gewinnen. Lassen wir zu, dass sich das Fenster der Gelegenheit schließt, so wäre dies ein moralisches und politisches Versagen, wie es in der Geschichte der Menschheit noch nie vorgekommen ist.” Er beschrieb die Verhandlungen von Bali als eine einmalige Gelegenheit, um die Interessen der Armen dieser Welt ins Zentrum der Klimaverhandlungen zu rücken.

Der Bericht liefert Beweise für die Mechanismen, die die ökologischen Auswirkungen des Klimawandels auf die Armen verursachen werden. Die Autoren konzentrieren sich auf die 2,6 Milliarden Menschen, die mit weniger als zwei US-Dollar am Tag überleben müssen. Sie warnen, dass die Folgen des Klimawandels die über Generationen erzielten Fortschritte zuerst abschwächen und dann umkehren könnten. Unter anderem werden in dem Bericht Den Klimawandel bekämpfen folgende Gefahren für die menschliche Entwicklung identifiziert:
  • Der Zusammenbruch landwirtschaftlicher Systeme, da diese immer stärker Dürren, steigenden Temperaturen und unregelmäßiger auftretenden Niederschlägen ausgesetzt sind. Bis zu 600 Millionen Menschen zusätzlich könnten dadurch der Gefahr der Unterernährung ausgesetzt sein. Die semiariden Gebiete in Afrika südlich der Sahara, in denen sich die Armut besonders konzentriert, laufen Gefahr, bis 2060 etwa 26 Prozent ihrer Produktivität einzubüßen.
  • Zusätzliche 1,8 Milliarden Menschen werden mit Wasserknappheit konfrontiert sein. In Folge der schrumpfenden Gletscher und veränderten Niederschlagsmuster stehen große Gebiete in Südasien und Nordchina vor einer schlimmen ökologischen Krise.
  • Aufgrund von Überschwemmungen und Tropenstürmen könnten bis zu 332 Millionen Menschen an den Küsten und in niedrig gelegenen Regionen ihr Zuhause verlieren. Über 70 Millionen Bangladescher, 22 Millionen Vietnamesen und sechs Millionen Ägypter könnten von Überschwemmungen betroffen sein, die mit der Erderwärmung zusammenhängen.
  • Die Gesundheitsrisiken nehmen zu. Zum Beispiel könnten bis zu 400 Millionen Menschen mehr der Malaria-Gefahr ausgesetzt sein.
Ausgehend von den Ergebnissen neuerer Untersuchungen argumentieren die Autoren des Berichts über die menschliche Entwicklung, dass die potenziellen menschlichen Kosten des Klimawandels bislang untertrieben wurden. Sie weisen darauf hin, dass Klimaschocks wie Dürren, Überschwemmungen und Stürme, die mit dem Klimawandel häufiger und intensiver auftreten werden, bereits zu den stärksten Einflussfaktoren für Armut und Ungleichheit gehören – und dass sich durch die Erderwärmung die Auswirkungen noch verstärken werden.

„Für Millionen Menschen sind dies Ereignisse, die eine Einbahnstraße in die Armut darstellen und zu langfristigen, sich gegenseitig verstärkenden Benachteiligungen führen”, heißt es in dem Bericht. Sie bedrohen nicht nur Leben und verursachen Leid, sondern sie vernichten auch Vermögen, führen zu Unterernährung und dazu, dass Kinder aus der Schule genommen werden. In Äthiopien, so wird in dem Bericht festgestellt, sind Kinder, die in ihrer frühen Kindheit einer Dürre ausgesetzt waren, mit einer um 36 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit fünf Jahre später unterernährt – eine Zahl, die sich in zwei Millionen zusätzlichen Fällen von Unterernährung bei Kindern niederschlägt.

Der Bericht legt zwar den Schwerpunkt auf die unmittelbaren Bedrohungen für die Armen dieser Welt. Er warnt aber auch, dass ein Versagen im Umgang mit dem Klimawandel dazu führen könnte, dass zukünftige Generationen vor einer ökologischen Katastrophe stehen werden. Der Bericht beschreibt das Abtauen des westantarktischen Eisschilds, den Rückzug der Gletscher und die Belastungen mariner Ökosysteme als systemische Bedrohungen der Menschheit.

„Natürlich bestehen Unsicherheiten, doch angesichts der Risiken dieser Größenordnung ist Ungewissheit kein Grund dafür, nicht zu Handeln. Ehrgeizige Vorbeugungsmaßnahmen sind praktisch die Versicherung, die wir gegen potenziell sehr hohe Risiken abschließen müssen. Im Bericht Den Klimawandel bekämpfen geht es um unser heutiges Engagement für menschliche Entwicklung und es geht darum, eine Welt zu schaffen, die für unsere Kinder und deren Enkel ökologische Sicherheit bietet”, sagte Derviş.

Gefährliche Klimaänderungen vermeiden

Die Autoren des Berichts über menschliche Entwicklung rufen die Regierungen dazu auf, sich gemeinsam das Ziel zu setzen, gefährliche Klimaänderungen zu vermeiden.

Sie sprechen sich dafür aus, eine Schwelle von zwei Grad Celsius über dem Niveau von vor der Industrialisierung festzulegen. Das gegenwärtige Niveau liegt bei 0,7 Grad Celsius.

Der Bericht bezieht sich auf ein neues Klimamodell und schlägt ein ‘Kohlenstoffbudget für das 21. Jahrhundert’ vor, um diese Schwelle nicht zu überschreiten. Das Budget quantifiziert das Gesamtniveau der Treibhausgas- Emissionen, das diesem Ziel entspricht. In einem Modellversuch, der das Ausmaß der vor uns liegenden Herausforderung erfasst, werden die Risiken beschrieben. Ein „Weitermachen wie bisher“ bei den gegenwärtigen Trends könnte dazu führen, dass das gesamte Budget für das 21. Jahrhundert bereits 2032 ausgeschöpft sein wird, prognostiziert der Bericht. Die Autoren warnen, dass es bei den gegenwärtigen Trends wahrscheinlicher ist, dass die Welt die Schwelle von vier Grad Celsius überschreitet, als dass sie unterhalb der Schwelle von zwei Grad Celsius bleibt.

Der Bericht über die menschliche Entwicklung widmet sich einigen der entscheidenden Fragen, vor denen die Verhandlungsführer in Bali stehen werden. Zwar erkennen die Autoren an, dass auch die zunehmenden Emissionen der größten Entwicklungsländer eine Bedrohung darstellen. Doch sie argumentieren, dass die Regierungen des Nordens die stärksten und schnellsten Reduktionen in die Wege leiten müssen. Sie weisen darauf hin, dass die reichen Länder eine überwältigende historische Verantwortung für das Problem tragen, dass sie pro Kopf einen sehr viel größeren CO2-Fußabdruck hinterlassen, und dass sie die finanziellen und technologischen Fähigkeiten haben, zu handeln.

„Wenn die Menschen in der sich entwickelnden Welt pro Kopf in gleichem Maße CO2-Emissionen produziert hätten wie die Menschen in Nordamerika, so bräuchten wir die Atmosphäre von neun Planeten, um mit den Konsequenzen fertig zu werden”, kommentierte Watkins.

Der Bericht über die menschliche Entwicklung verwendet einen anschaulichen Rahmen für eine mit der Vermeidung gefährlicher Klimaänderungen zu vereinbarende Emissionsentwicklung und schlägt vor, dass
  • die entwickelten Länder die Emissionen von Treibhausgasen bis 2020 um 30 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent reduzieren sollten, ausgehend vom Niveau von 1990.
  • die Entwicklungsländer die Emissionen bis zum Jahr 2050 um 20 Prozent reduzieren sollten, ausgehend vom Niveau von 1990.
An diesen Bezugsgrößen gemessen stellen die Autoren fest, dass viele der Zielvorgaben, die sich die Regierungen der entwickelten Länder gesetzt haben, hinter den Anforderungen zurückfallen. Sie stellen auch fest, dass es den meisten entwickelten Ländern nicht gelungen ist, selbst die bescheidensten unter dem Kyoto- Protokoll vereinbarten Reduktionen – von durchschnittlich rund fünf Prozent, ausgehend vom Niveau von 1990 – zu schaffen. Selbst in den Fällen, in denen ehrgeizige Zielvorgaben festgelegt wurden, hätten, so der Bericht, nur wenige entwickelte Länder konkrete energiepolitische Handlungskonzepte mit den festgelegten Zielen zur Klimasicherheit in Einklang gebracht.

Szenarien bezüglich der zukünftigen Emissionen machen das Ausmaß der vor uns liegenden Herausforderung noch deutlicher. Es wird vorausgesagt, dass bei den gegenwärtigen Trends die CO2-Emissionen bis 2030 um 50 Prozent zunehmen werden – was gefährliche Klimaänderungen unvermeidlich machen würde. „Im Endeffekt steht das globale Energiesystem nicht im Einklang mit den ökologischen Systemen, die unseren Planeten am Leben erhalten”, kommentierte Watkins und fügte hinzu: „Beide in Einklang zu bringen erfordert grundlegende Veränderungen bei der Regulierung, den Marktanreizen und in der internationalen Zusammenarbeit.”

Der Bericht Den Klimawandel bekämpfen identifiziert ein Spektrum an politischen Handlungskonzepten, die erforderlich sind, um die Lücke zwischen den Erklärungen zur Klimasicherheit und den energiepolitischen Handlungskonzepten zur Vermeidung gefährlicher Klimaänderungen zu schließen. Zu den wichtigsten gehören:
  • Festlegung eines Preises für CO2-Emissionen. In dem Bericht wird argumentiert, dass sowohl die Besteuerung von CO2-Emissionen als auch Emissionshandelssysteme eine Rolle spielen müssen. Stufenweise steigende CO2-Abgaben wären ein wirkungsvolles Instrument, um die Anreize für Investoren strukturell zu ändern.
    Die Kombination von CO2-Abgaben und Emissionskontrollen sollte darauf abzielen, die Emissionen bis 2020 um rund 30 Prozent zu reduzieren. In dem Bericht wird auch betont, dass Abgaben auf CO2-Emissionen nicht bedeuten müssen, dass dadurch die Gesamtsteuerlast steigt, denn diese Abgaben könnten durch Lohnsteuererleichterungen ausgeglichen werden.
  • Strengere Regulierungsstandards. Der Bericht ruft die Regierungen auf, strengere Standards bei Fahrzeugabgasen, Gebäuden und elektrischen Geräten festzulegen und durchzusetzen.
  • Unterstützung der Entwicklung einer CO2-armen Energieversorgung. Der Bericht macht deutlich, wie der Anteil erneuerbarer Energien erhöht und das ungenutzte Potenzial bahnbrechender Technologien wie der Abscheidung und Sequestrierung von CO2 (CCS) besser ausgeschöpft werden kann.
  • Internationale Kooperation bei der Finanzierung und beim Technologietransfer. In dem Bericht wird festgestellt, dass die Entwicklungsländer sich nicht an einem Übereinkommen beteiligen werden, das keine Anreize zum Einstieg bietet und die Energiekosten in die Höhe zu treiben droht. Die Autoren befürworten die Einrichtung einer integrierten Klimaschutzfazilität (Climate Change Mitigation Facility – CCMF), durch die jährlich 15 bis 20 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden sollen, um zusätzliche Investitionen in CO2-arme Energien in Entwicklungsländern, die mit der Erreichung der gemeinsamen Klimaziele im Einklang stehen, zu finanzieren.


Der Bericht über die menschliche Entwicklung greift auf ökonomische Modelle zurück und unterstreicht die zentralen Erkenntnisse des Stern- Berichts. Er argumentiert, dass die Kosten der Stabilisierung der Treibhausgase bei 450 Teilen pro Million (ppm) bis 2030 auf durchschnittlich 1,6 Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts begrenzt werden könnten. „Zwar sind dies tatsächlich anfallende Kosten, doch die Kosten des Nicht-Handels werden sehr viel höher sein, egal, ob man sie in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder menschlicher Hinsicht misst” warnte Derviş. In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass die Kosten der Vermeidung gefährlicher Klimaänderungen weniger als zwei Drittel der derzeitigen globalen Militärausgaben ausmachen.

Übersehene Anpassungsbemühungen

Zwar betont der Bericht mittelfristig die zentrale Rolle von Vorbeugungsmaßnahmen, doch er warnt auch, die Anpassungsherausforderungen nicht zu unterschätzen. Er weist darauf hin, dass die Welt selbst mit stringenter Vorbeugung in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts unweigerlich mit einer anhaltenden Erwärmung rechnen muss. Der Bericht unterstreicht, dass eine Anpassung nötig ist, um zu verhindern, dass der Klimawandel der menschlichen Entwicklung größere Rückschläge versetzt.

Es müssten Vorkehrungen gegen die sehr reale Gefahr getroffen werden, dass die Vorbeugung womöglich nicht ausreichen könnte.

Der Bericht lenkt die Aufmerksamkeit auf die extremen ungleichen Fähigkeiten zur Anpassung. Die reichen Länder investieren in großem Stil in Systeme zum Schutz vor dem Klimawandel. Die Regierungen spielen dabei eine führende Rolle. Im Gegensatz dazu werde den Menschen in den Entwicklungsländern überlassen, „entweder unterzugehen oder mit ihren eigenen spärlichen Ressourcen zu schwimmen“, schreibt Desmond Tutu, Erzbischof von Kapstadt im Ruhestand, in dem Bericht. Dadurch entstehe eine Welt der „Anpassungs-Apartheid“.

„Niemand will die sehr realen langfristigen ökologischen Herausforderungen kleinreden, die der Klimawandel für die reichen Länder mit sich bringen wird”, kommentierte Watkins. „Doch in naher Zukunft konzentrieren sich die Anfälligkeiten nicht auf London oder den unteren Teil Manhattans, sondern auf die überschwemmungsgefährdeten Gebiete in Bangladesch und die dürreanfälligen Regionen in Afrika südlich der Sahara”.

Der Bericht über die menschliche Entwicklung zeigt, dass sich im Bereich der Anpassung nur langsam eine internationale Zusammenarbeit entwickelt. Nach dem Bericht beliefen sich die Ausgaben, die über multilaterale Anpassungsmechanismen abgewickelt wurden, auf bislang 26 Millionen US-Dollar. Das entspricht etwa dem, was Großbritannien in einer Woche für seinen Hochwasserschutz ausgibt. Die gegenwärtigen Mechanismen stellen niedrige Beträge zu hohen Transaktionskosten bereit, sagen die Autoren.

Der Bericht befürwortet Reformen, darunter:
  • zusätzliche Finanzierung, um die Infrastruktur ‘klimasicherer’ zu machen und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Die Regierungen des Nordens sollen bis 2015 dafür 86 Milliarden US-Dollar bereitstellen (rund 0,2 Prozent des voraussichtlichen Bruttoinlandsproduktes).
  • mehr internationale Unterstützung für Afrika südlich der Sahara zur Verbesserung der Klimabeobachtung und des öffentlichen Zugangs zu meteorologischen Informationen.
  • Integration der Anpassungsplanung in umfassendere Strategien zur Minderung der Armut und extremer Ungleichheiten, darunter auch in die Strategiedokumente zur Armutsbekämpfung (PRSPs).
Der Bericht Den Klimawandel bekämpfen kommt zu dem Schluss: „Eine der bittersten Lektionen, die uns der Klimawandel erteilt, ist die Erkenntnis, dass das kohlenstoffintensive Wirtschaftswachstum und der damit verbundene ungezügelte Konsum in den reichen Ländern ökologisch nicht tragbar sind”. Doch die Autoren argumentieren, dass es, „die richtigen Reformen vorausgesetzt, noch nicht zu spät ist, die Treibhausgasemissionen auf ein tragbares Niveau zu reduzieren, ohne auf Wirtschaftswachstum zu verzichten. Wachsender Wohlstand und Klimasicherheit sind keine unvereinbaren Zielsetzungen.”

ÜBER DIESEN BERICHT:

Der Bericht über die menschliche Entwicklung bietet einen Rahmen für Debatten über einige der dringendsten Herausforderungen der Menschheit. Er ist ein unabhängiger Bericht, der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) in Auftrag gegeben wird. Der Hauptautor des Berichts über die menschliche Entwicklung 2007/2008 ist Kevin Watkins. Ferner beinhaltet der Bericht Sonderbeiträge von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, New Yorks Bürgermeister Michael R. Bloomberg, der Sprecherin zum Klimawandel in der Arktis Sheila Watt-Cloutier, der früheren norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland, des Erzbischofs Desmond Tutu sowie der Direktorin des Zentrums für Wissenschaft und Umwelt Sunita Narain.

Der Bericht wird in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt und jedes Jahr in mehr als 100 Ländern präsentiert. Weitere Informationen finden Sie auf der Website http://hdr.undp.org/en/reports/global/hdr2007-2008.


Empfehlungen:

1 Einen multilateralen Rahmen zur Verhinderung gefährlicher Klimaänderungen gemäß dem Kyoto-Protokoll für die Zeit nach 2012 entwickeln
  • Es sollte ein Schwellenwert für gefährliche Klimaänderungen vereinbart werden, der um zwei Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau liegt.
  • Die Zielvorgabe für die Stabilisierung der CO2-Äq.-Konzentrationen in der Atmosphäre sollte auf 450 ppm festgesetzt werden (die Kosten werden auf 1,6 Prozent des durchschnittlichen globalen BIPs bis 2030 geschätzt).
  • Es sollte ein globaler nachhaltigen Emissionspfad festgelegt werden, der darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 auf die Hälfte des Niveaus von 1990 abzusenken.
  • Die Zielvorgaben gemäß dem laufenden Kyoto-Verpflichtungszeitraum sollten von den Industrieländern umgesetzt und es sollte vereinbart werden, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 weiter zu reduzieren, und zwar um mindestens 80 Prozent, wobei eine Senkung von 20-30 Prozent schon bis 2020 erfolgt sein muss.
  • Die größten Emittenten unter den Entwicklungsländern sollten bei den Emissionen einen Verlauf anstreben, dass diese im Jahr 2020 ihren Höchststand erreichen und dann bis 2050 um 20 Prozent sinken.
2 Politische Maßnahmen für die Erstellung nachhaltiger Kohlenstoffbudgets – den Handlungskatalog des Klimaschutzes umsetzen
  • In allen Industrieländern sollte ein nationales Kohlenstoffbudget festgelegt werden, das Zielvorgaben für den Reduzierung der Gesamtemissionen gegenüber dem Bezugsjahr 1990 in der Gesetzgebung des jeweiligen Landes verankert.
  • Durch Besteuerung oder Emissionshandelsprogramme, die sich jeweils mit den Zielen des nationalen Kohlenstoffbudgets decken, sollte ein Preis für CO2-Emissionen festgesetzt werden.
  • Im Jahr 2010 sollte eine CO2-Besteuerung in der Größenordnung von 10–20 US–Dollar pro Tonne eingeführt werden, die dann jedes Jahr stufenweise angehoben wird, bis man bei 60–100 US–Dollar pro Tonne CO2 angekommen ist.
  • Es sollten Emissionshandelsprogramme verabschiedet werden, die zum Ziel haben, die CO2-Emissionen bis 2020 um 20–30 Prozent zu senken, wobei bis zum Jahr 2015 90–100 Prozent der Zertifikate versteigert werden sollen.
  • Die Einnahmen aus der CO2-Besteuerung und dem Handel mit Emissionszertifikaten sollten dazu verwendet werden, progressive, ökologisch ausgerichtete Steuerreformen zu finanzieren, wobei Steuerermäßigungen auf Arbeitskosten und Investitionen gewährt werden, um Anreize für die Entwicklung von Technologie mit geringerem CO2-Ausstoß zu schaffen.
  • Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union sollte dahingehend reformiert werden, dass die Quoten gesenkt, der Anteil der versteigerten Zertifikate erhöht und unverdiente Gewinne für den privaten Sektor eingeschränkt werden.
  • Durch sogenannte Einspeisevergütungen und die Regulierung des Marktes, sollte ein günstiges Umfeld für erneuerbare Energien geschaffen werden, mit der Zielvorgabe, bis zum Jahr 2020 einen Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung von 20 Prozent zu erreichen.
  • Die Energieeffizienz sollte erhöht werden, indem gesetzliche Vorgaben für Elektrogeräte und Gebäude eingeführt werden.
  • Durch strengere Kraftstoffverbrauchsnormen in der Europäischen Union, mit einer Zielvorgabe von 120 Gramm CO2 pro Kilometer bis zum Jahr 2012 und 80 Gramm CO2 pro Kilometer bis zum Jahr 2020, und striktere Normen für das Verbrauchsverhalten aller Fahrzeuge eines Herstellers (Corporate Average Fuel Economy Standards – CAFE) in den Vereinigten Staaten sowie die Einführung einer Besteuerung des Flugverkehrs sollten die durch den Verkehr verursachten CO2- Emissionen gesenkt werden.
  • Es sollten verstärkt Finanzierung sowie Anreize und Fördermittel für die Entwicklung bahnbrechender Technologien bereitgestellt werden, wobei der Abtrennung und Speicherung von CO2 (CCS) besonderes Augenmerk zukommt. Die Vereinigten Staaten sollten sich zum Ziel setzen, bis zum Jahr 2015 30 CCS-Demonstrationsanlagen in Betrieb zu nehmen, und auch die Europäische Union sollte sich Vergleichbares vornehmen.
3 Die Rahmenbedingungen der internationalen Zusammenarbeit stärken
  • Die internationale Zusammenarbeit sollte ausgebaut werden, um den Zugang zu moderner Energieversorgung zu verbessern und die Abhängigkeit von Biomasse, der Hauptenergiequelle für etwa 2,5 Milliarden Menschen, zu verringern.
  • Durch verstärkte Reformen des Energiesektors, gekoppelt mit Finanz- und Technologietransfer, sollte die Zuwachsrate der Kohlendioxidemissionen in den Entwicklungsländern gesenkt werden.
  • Es sollte eine Klimaschutzfazilität (CCMF) eingerichtet werden, mit der pro Jahr zwischen 25 und 50 Milliarden US–Dollar mobilisiert werden, die zur Förderung des Übergangs zu geringerem CO2-Ausstoß in den Entwicklungsländern benötigt werden, und die aus einer Mischung von Zuschüssen, konzessionärer Hilfe und Risikogarantien für Investitionen im Rahmen von Programmen zur Reform des Energiesektors in einzelstaatlicher Verantwortung besteht.
  • Mittels des Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung und andere Flexibilitätsbestimmungen des Kyoto-Protokolls sollte die Finanzierung der Verringerung von CO2-Emissionen auf Projektbasis in einzelstaatliche Strategien auf Programmund Sektorbasis zur Förderung des Übergangs zu geringerem CO2-Ausstoß eingebunden werden.
  • Die internationale Zusammenarbeit im Kohlebereich sollte erheblich gestärkt und es sollten Anreize für die Entwicklung und Einführung der IGCC- (Gasturbinenanlagen mit vorgeschalteter Brennstoffvergasung) und CCS-Technologie geschaffen werden.
  • Es sollten weltweit Anreize für den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung der Regenwälder entwickelt werden.
  • Die Finanzierung der Verringerung von CO2-Emissionen sollte über den Klimaschutz im industriellen Bereich hinaus auch auf Landnutzungsprogramme – wie Waldschutz und die Sanierung von Weideland – ausgeweitet werden, die den Armen konkret nützen.
4 Die Anpassung an den Klimawandel in den Mittelpunkt des Kyoto-Rahmens für die Zeit nach 2012 und der internationalen Partnerschaften zur Armutsbekämpfung stellen
  • Es sollte eingestanden werden, dass die Welt auf einen Klimawandel in beträchtlichem Umfang zusteuert, dass selbst strenge Klimaschutzmaßnahmen frühestens Mitte der 30er Jahre dieses Jahrhunderts einen nennenswerten Effekt auf die durchschnittliche Temperaturänderung haben werden, und dass die Durchschnittstemperaturen weltweit sogar unter günstigen Bedingungen bis zum Jahr 2050 weiter ansteigen werden.
  • Die Fähigkeit der Entwicklungsländer zur Einschätzung von Klimawandelrisiken und zur Einbindung der Anpassung in alle Aspekte der einzelstaatlichen Planung sollte gestärkt werden.
  • Die G8-Zusagen für die Stärkung der meteorologischen Überwachungskompetenz in Afrika südlich der Sahara sollten durch Partnerschaften im Rahmen des Globalen Klimabeobachtungssystems (GCOS) eingelöst werden.
  • Gefährdete Menschen sollten dazu befähigt und es ihnen ermöglicht werden, sich an den Klimawandel anzupassen, indem ihre Widerstandskraft durch Investitionen in soziale Sicherung, Gesundheit, Bildung und andere Maßnahmen gestärkt wird.
  • Die Anpassung sollte in Strategien zur Armutsbekämpfung einbezogen werden, die sich mit Gefährdungen im Zusammenhang mit Ungleichheiten auf der Grundlage von Besitz, Geschlecht, geographischem Standort und anderen Indikatoren für Benachteiligung befassen.
  • Bis zum Jahr 2016 sollten mindestens 86 Milliarden US–Dollar an neuen und zusätzlichen Finanzmitteln für die Anpassung bereitgestellt werden, indem Mittel von den Reichen an die Armen transferiert werden, um den Fortschritt in Richtung auf die Millenniums-Entwicklungsziele zu gewährleisten und zu verhindern, dass im Zeitraum nach 2015 eine Negativwende bei der menschlichen Entwicklung eintritt.
  • Mit Finanzmitteln in Höhe von zwei Milliarden US–Dollar sollten bis 2016 im Rahmen von Regelungen wie dem Zentralen Nothilfefonds der UN und der bei der Weltbank angesiedelten Globalen Fazilität für Katastrophenvorsorge und Wiederaufbau die multilateralen Vorkehrungen für das Eingreifen bei klimabedingten Notsituationen ausgeweitet werden. Dazu gehört auch, den Wiederaufbau nach Katastrophen zu fördern, um für die Zukunft die Widerstandskraft zu stärken.
  • Über die Entwicklungshilfe hinaus sollte das Arsenal an innovativen Finanzierungsmechanismen – dazu zählen unter anderem die CO2-Besteuerung, Abgaben auf die bei Emissionshandelsprogrammen zugeteilten Quoten, eine Besteuerung des Flugverkehrs und weiterreichende Maßnahmen – für die Mobilisierung von Mitteln für die Anpassung erprobt werden.
  • Die gegenwärtige Struktur zweckgebundener multilateraler Fonds, die bislang nur in geringem Maße Mittel zur Verfügung gestellt haben (bis dato 26 Millionen US– Dollar und weitere 253 Millionen US–Dollar in Vorbereitung, bei hohen Übergangskosten) sollte gestrafft und der Schwerpunkt der Finanzierung von der Projekthin zur Programmbasis verschoben werden.
  • Die Strategiedokumente zur Armutsbekämpfung (PRSPs) sollten genutzt werden, um auf einzelstaatlicher Ebene die Kosten einer Ausweitung bestehender Programme zu veranschlagen und die Bereiche zu ermitteln, die bei der Gefährdungsminderung Vorrang haben müssen.
Aus der deutschen Zusammenfassung des Berichts über die menschliche Entwicklung 2007/2008. Zusammenfassung, S. 36-38

ÜBER UNDP:

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) ist das weltweite Entwicklungsnetzwerk der Vereinten Nationen. Es will Menschen helfen, ihrem Bedarf an Entwicklung zu entsprechen und sich ein besseres Leben aufzubauen. Wir sind in 166 Ländern vertreten und arbeiten mit Regierungen, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft verlässlich zusammen, um diesen bei der Ausarbeitung eigener Lösungen für globale und nationale entwicklungspolitische Herausforderungen zu helfen. Weitere Informationen über UNDP finden Sie auf der Website: www.undp.org

Der Bericht über die menschliche Entwicklung erscheint in deutscher Sprache und wird herausgegeben von der DEUTSCHEN GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN (DGVN), Zimmerstraße 26/27, D-10969 Berlin, Telefon: (030) 259375-0, Telefax: (030) 259375-29, E-Mail: info@dgvn.de, Internet: www.dgvn.de

Der Bericht ist zu beziehen über den
UNO-Verlag Vertriebs- und Verlags-GmbH, August-Bebel-Allee 6, D-53175 Bonn;
Telefon: (0228) 94902-0, Telefax: (0228) 94902-22,
E-Mail: info@uno-verlag.de,
Internet: www.uno-verlag.de




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