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Artenvielfalt nimmt dramatisch ab

Asien und pazifischer Raum besonders stark gefährdet: Beispiel Bangladesch

Von Hilmar König *

Asien und die pazifische Region beuten ihre natürlichen Ressourcen stärker aus, als die Ökosysteme nachliefern können. Das hat die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) dieser Tage in einem Bericht festgestellt.

Die artenreichen Regenwälder auf Borneo, pazifische Korallenbänke, Lebensräume am Mekong und das östliche Himalaja-Gebirge sieht die ADB als besonders kritisch an. Problematisch ist die Lage aber auch in den Mangrovenwäldern Bangladeschs und Indiens sowie am gesamten Verlauf des Ganges von der Quelle im Himalaja bis zur Mündung in den Golf von Bengalen.

Die Schrumpfungsrate der Artenvielfalt ist dort doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. In vier Jahrzehnten ist der Living Planet Index, der die Gesundheit von Ökosystemen misst, global um 30 Prozent gesunken, im Asien-Pazifik-Raum jedoch um 64 Prozent. Um diesen alarmierenden Trend zu stoppen, sind laut ADB regionale Programme erforderlich. Die Experten errechneten, dass jeder in den Erhalt von Ökosystemen investierte Dollar einen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen von über 100 Dollar bringen würde.

Zu den hochgradig gefährdeten Ländern Asiens zählt Bangladesch, das zusammen mit dem angrenzenden Teil Indiens in den Sundarbans das mit ca. 10 000 Quadratkilometern Fläche größte zusammenhängende Mangrovengebiet der Welt besitzt. Seit 2001 Biosphärenreservat, breitet es sich in den miteinander verbundenen Deltas der mächtigen Ströme Ganges, Brahmaputra und Meghna aus. Die auf sumpfigen Küstenabschnitten wachsenden Bäume mit ihrem Geflecht aus Stelzwurzeln schützen die Strände vor Sturmschäden und Erosion durch Flutwellen. Selbst die verheerende Wucht von Tsunamis vermögen sie zu dämpfen. Sie gelten als »Kinderstube« für Krabben, Garnelen und Fische, bieten Lebensräume für andere Pflanzen sowie für seltene Vögel, Echsen und Schildkröten. In den Sundarbans lebt zudem der stark bedrohte Bengalische Tiger.

Übervölkerung, Raubbau, Industrieabwässer und illegales Abholzen sowie Auswirkungen des Klimawandels und steigender Meeresspiegel gefährden dieses Mangrovenökosystem. Aktuell geht eine zusätzliche Bedrohung von dem 1300-MW-Kohlekraftwerk in Bagerhat aus, das Bangladesch gemeinsam mit dem staatlichen indischen Energieunternehmen NTPC in der Nähe der Sundarbans errichten will. Die Nichtregierungsorganisation Transparency International Bangladesh und Umweltaktivisten mehrerer Gruppen protestieren gegen diese neue Gefahr für Flora und Fauna der Mangrovenwälder, die auch Existenzgrundlage für Hunderttausende Bangladeschi und Inder sind.

Lexikon: Mangroven

Als Mangroven bezeichnet man sowohl mehrere Arten von Gehölzen, die dank ihrer Salzresistenz in flachen, regelmäßig vom Meer überfluteten Küstenstandorten wachsen, als auch die von diesen Bäumen geprägten Küstenbiotope, die weltweit etwa 150 000 Quadratkilometer bedecken. Typisch für viele Mangrovenarten sind weitgefächerte Stelzwurzeln, teilweise auch Salzdrüsen, um überschüssiges Salz auszuscheiden. Einige Arten vermehren sich über bereits am Mutterbaum gekeimte Jungpflanzen.



* Aus: neues deutschland, Montag, 18. Juni 2012


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