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Schlupflöcher für Waffenhändler

Menschenrechtler beklagen zu schwachen UN-Vertragsentwurf

Von René Heilig *

Die internationale Gemeinschaft hat sich in New York auf einen ersten Entwurf für das geplante Abkommen zur Begrenzung des Waffenhandels verständigt. Nach Ansicht von zivilgesellschaftlichen Organisationen ist er zu zahm.

Konventionelle Waffen sind die wahren Massenvernichtungswaffen unserer Zeit. Durch ihren Missbrauch sterben jedes Jahr Hunderttausende Menschen, werden verletzt oder in Armut getrieben.

Eine der wichtigsten Ursachen: Es gibt keine verbindlichen internationalen Regeln, die den grenzüberschreitenden Handel einschränken. Die Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam und andere Nichtregierungsorganisationen forderten deshalb von den Verhandlungen, die am 2. Juli bei der UNO in New York begonnen haben, ein wirksames Abkommen zur weltweiten Kontrolle des Waffenhandels. Der müsse verboten werden, wenn in den Empfängerländern »systematisch die Menschenrechte verletzt, Angriffskriege geführt oder die soziale und die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigt werden«.

Nach dreiwöchigen Beratungen liegt nun ein zehnseitiges Papier vor, mit dem der Schwarzmarkt für Kleinwaffen ausgemerzt sowie verhindert werden soll, dass Gewehre und Pistolen in die Hände von Terroristen und Verbrecherorganisationen geraten. Damit würde vor allem Bürgerkriegsparteien der Nachschub versagt.

Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz monieren, dass die wichtigsten Paragrafen des Vertragsentwurfs große Schlupflöcher aufweisen. Mit dem Verhandlungsergebnis unzufrieden sind auch Oxfam, Amnesty International und die anderen Mitglieder der »Control Arms«-Kampagne. Der Entwurf sei »viel zu schwach, um seine humanitären Ziele zu erreichen«. Brian Wood von Amnesty International drängt US-Präsident Barack Obama und andere Staatschefs, bestehende Vertragslücken umgehend zu stopfen, denn noch in dieser Woche soll der Vertrag verabschiedet werden.

Die Rüstungskontrollkampagne »Control Arms« beanstandete, dass sich der Vertragsentwurf mehr auf Handelsvereinbarungen als auf humanitäre Ziele konzentriere. Die Liste größerer Waffensysteme sei »verwirrend« und lasse etwa unbemannte Drohnen aus. Sorge bereite auch, dass das Abkommen den Ländern erlauben würde, alle bereits vereinbarten Waffenlieferungen fortzusetzen. [Die 5 Schlupflöcher unten im Kasten!]

Eigentlich dürfte Deutschland keine Probleme mit dem Vertrag haben, denn dessen Exportrichtlinien verbieten Lieferungen an Diktaturen sowie in Kriegs- und Krisengebieten. Doch ein Blick in die an das UN-Kleinwaffenregister gemeldeten Exporte des Jahres 2011 zeigt das Gegenteil. Gewehre, Sturmgewehre, Maschinenwaffen gehen unter anderem an Saudi-Arabien, Indonesien, Afghanistan und in die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind die führenden Waffenexporteure und bestreiten weltweit rund 80 Prozent aller Lieferungen.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 26. Juli 2012

5 Major Loopholes That Need Closing in Draft Arms Trade Treaty

Yesterday Chair Moritan presented a consolidated draft text of the Arms Trade Treaty. Campaigners responded by saying it was riddled with loopholes and needed more work. Below are the top five loopholes that urgently need fixing:

1. Meaningless references to controlling parts and components and ammunition
References to controls on parts and components and ammunition are drafted so as to exclude them from the text’s provisions (i.e. the transfer criteria and reporting provisions). This means that under the Treaty they would still be used to violate human rights and international humanitarian law.

2. States can evade controls on weapons through gifting weapons or through military assistance programmes.
Because the text only applies to the “international trade in conventional arms” this means that weapons that are gifted or supplied through military assistance programmes would be exempt from the controls. This is a potentially huge loophole for states to exploit.

3. The rules governing arms exports allow states to ignore human rights.
The national assessment of the risk posed by arms exports allows states to supply arms to human rights abusers if there is the possibility that it may somehow “contribute to peace and security”.

4. States can make their own judgements irrespective of the criteria
The view of a state is given primacy over the obligations under the provisions of the draft text. Regardless of international law, this allows States to interpret the criteria in their own way. This will allow states to ignore serious negative consequences of an arms transfer.

5. Existing arms deals can’t be broken regardless of the behaviour of the recipient.
Russia is continuing to supply arms to Syria on the basis of existing arms contracts despite the egregious human suffering caused by these weapons. This draft text would legitimise this state of affairs.

Source: www.controlarms.org/




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